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Full text of "Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe"

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SITZUNGSBERICHTE 


DER KAISERLICHEN 


AhADENIE DER WISSENSCHAFTEN, 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


FÜNF UND FÜNFZIGSTER BAND. 


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WIEN. 
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. 


IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE 
DER WISSENSCHAFTEN. 


1867. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


-MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN 
CLASSE 


DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


LV. BAND. I. ABTHEILUNG. 
Jaurcanc 1867. — Herr leıs V. 


(Mit 66 Cateln amd 2 Yalzschnitten.) 


WIEN. 
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEKEI. 


IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE 
DER WISSENSCHAFTEN. 


1867. 


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INHALT. 


1. Sitzung vom 3. Jänner 1867: Übersicht 
v. Zepharovich, Nachtrag zu meinen köystallfögrähhisehen 
Mittheilungen im 43. und 52. Bande dieser Berichte . 
Steindachner,, Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei 
Rockhampton in Ost-Australien. (Mit 1 Tafel und 


=aHolzsehnittenäjpis. Urs. n 43V 2 re), SUR 
Reuss, Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wie- 
liezka in Galizien. (Mit 8 Tafeln.). ....... - 
Lipsky, Beiträge zur Kenntniss des feineren Baues des Darm- 
Banals: (Mit 2. Bafeln.),.. 2 0... ms) 
II. Sitzung vom 10. Jänner 1867: Übersicht . er 
ZI. Sitzung vom 17. Jänner 1867: Übersicht. . . . . . . 
Unger , Botanische nl auf dem Gebiete der Ei 
Beseichte- VE. „0.0.2 2... ER 
IV. Sitzung vom 31. Jänner 1867 : Übersicht. . ... . ee 
V. Sitzung vom 7. Februar 1867: Übersicht... . ..... 
Reuss, Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligo- 
eane (Mit scEaleln.) .........*.20..0.0. 


Freih. v. Ettingshausen, Die Kreideflora von N in 
Sachsen, ein Beitrag zur Kenntniss der ältesten Dieo- 
tyledonengewächse. (Mit 3 Tafen.) ...... 

Steindachner,, Herpetologische Notizen. (Mit 4 Tafeln.) . 


VI. Sitzung vom 14. Februar 1867: Übersicht . Ir 
Reuss, Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias 
Österreichs. (Mit 1 Tafel.) 


VII. Sitzung vom 28. Februar 1867: Übersicht . . . . 
Tschermak, Quarzführende Plagioklasgesteine Re 
Graber, Zur Entwickelungsgeschichte und Köprodkaond 

fähigkeit der Orthopteren. (Mit 4 Tafeln.) . 
Boue, Über eine neu entdeckte Höhle im tertiären Conglo- 
werate in Gamfaben 1 00 DISHIUN 5. 


VEIE. Sitzung vom 14. März 1867: Übersicht . 
Karrer, Zur Foraminiferenfauna in Österreich. (Mit 3 Tafeln 
und einer Übersichtstabelle.) 
Jelinek, Über die Stürme des November und Dee 1866. 
(Mit 4 Tafeln.) 


Seite 


VI 


IX. Sitzung vom 21. März 1867: Übersicht... 2...» 
Boue, Beiträge zur Erleiehterung einer geographischen Auf- 
nahme der europäischen Türkei. (Mit 2 Tafeln.) . » 
Tschermak, Die kobaltführenden Arsenkiese Glaukodot und. 
Danalt. x. 0 a0 nn ne N Re lese ee 
Fitzinger, Versuch einer natürlichen Anordnung der Nage- 
thiere (Rodenha) Ur rer er ; 
Freih. v. Ettingshausen, Die fossile Flora des Tertiir-Beckens 
von,Bilin. III. Diheilz 2.200 2.2 2, u Sn ern 
Steindachner, Iehthyologische Notizen (IV.) (Mit 6 Tafeln). 


X. Sitzung vom 4. April 1867: Übersicht . . . . . . ; 
Kner, Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Kenn 
Dechenii Beyr. (Mit 10 Tafeln.) . 
Steindachner , Über einige neue und seltene Meeresfische aus 
China, ....,.,.l.2l20 =& EIN ausser ar Para Pr 
Langer, Über das Eyaipigefäßsgstim des Frosehes. (Mit 3 
Tafeln.) ! ee 
— Lionardo da Vinci, der Erle me stellen der a 
Lage des menschlichen Beckens 2 
Unger, Kreidepflanzen aus Österreich. (Mit 2 Tafeln.) . 
v. Biesiadecki, Untersuchungen über die Gailen- und a 
gefäße der Menschenleber in Ent ie Zuständen. 
(Mit 1 Tafel.) . ee ee ee 


XI. Sitzung vom 11. April: 1867: Übersicht 


XII. Sitzung vom 25. April 1867: Übersicht 
Schwarz, Über eine Methode doppelter Färbung mikroskonee 
scher Objeete, und ihre Anwendung zur Untersuchung 
der Musculatur des Darmtraktes der Milz, Lymph- 
drüsen und anderer Organe. (Mit 5 Tafeln.) 
XIII. Sitzung vom 9. Mai 1867: Übersicht . 
XIV. Sitzung vom 16. Mai 1867: Übersicht . une 
Steindachner , Ichthyologische Notizen (V). (Mit 3 Tafeln.) 
Kner, Be zu den fossilen Fischen von Raibl. (Mit 1 
Tafel.) . SER ee 
XV. Sitzung vom 23. Mai 1867: Übersicht . .... . 
Bericht über die Coneurrenzsehrift für den am 28. Decemik 
1865 ausgeschriebenen Preis aus dem Gebiete der 
Mineralogie . . . 


— über die Donentrenzeehan für en am 30. Mai 1864 aus- 


geschriebenen Preis aus dem Gebiete der Geologie 


Seite 


401 


403 


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453 


516 
517 


337 
540 
585 
593. 
637 


642 


655 
667 
669 


671 
695 


698 
701 


718 


123 


726 


1%8 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 


MA'THEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


LV. BAND. 


ERSTE ABTHEILUNG. 
T. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, 


Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


Sitzb. d. mathem -naturw. Cl. LV, Bd. I. Abth. 1 


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I. SITZUNG VOM 3. JÄNNER 1867. 


Der Secretär legt folgende Einläufe vor: 

Eine Coneurrenzschrift für die am 28. December 1865 ausge- 
schriebene Preisaufgabe aus dem Gebiete der Mineralogie, mit dem 
Motto: „Nunguam otiosus“. 

Eine Bewerbungsschrift für die am 30. Mai 1864 ausgeschrie- 
bene Preisfrage aus der Geologie, mit dem Motto: 

„Nie war Natur und ihr lebendiges Fließen 

Auf Tag und Nacht und Stunden angewiesen; 

Sie bildet regelnd jegliche Gestalt, 

Und selbst im Großen ist es nieht Gewalt.“ 
Göthe. 


Ein Dankschreiben des Herrn Prof. Dr. Fr. Rochleder für die 
ihm gewährte Subvention von 300 fl. 

Ein Dankschreiben des Herrn Prof. Dr. R. Maly in Olmütz für 
die ihm bewilligte Subvention von 250 fl. 

Eine Abhandlung: „Über Quereitrin“ nebst einer für den An- 
zeiger bestimmten vorläufigen Notiz von Herrn Prof. Dr. Fr. Roch- 
leder. 

„Mittheilungen aus dem chemischen Laboratorium in Innsbruck“ 
von Herrn Prof. Dr. H. Hlasiwetz. 

Einen „Nachtrag zu den krystallographischen Mittheilungen im 
43. und 52. Bande der Sitzungsberichte“* von Herrn Prof. Dr. V. 
Ritter v. Zepharovich in Prag. 

Eine Abhandlung: „Über das Verhalten von Zink und Zinkoxyd“ 
von Herrn A. Siersch, Magister der Pharmacie und Stipendisten 
für Chemie an der k. k. Universität zu Lemberg. 

Endlich eine Abhandlung: „Zur Entwickelungsgeschichte und 
Reproductionsfähigkeit der Orthopteren“ von Herrn Vitus Graber, 
stud. phil. zu Innsbruck“. 

Herr Prof. Dr. R. Kner legt eine Abhandlung: „Über die als 
Xenacanthus Dechenii Beyr. bekannte fossile Fischgattung“ vor. 

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Derselbe überreicht ferner eine Abhandlung: „Über einige 
Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Roeckhampton in OÖst-Australien“, 
von Herrn Dr. Fr. Steindachner. 

Herr Prof. Dr. J. Redtenbacher übergibt die „Chemische 
Analyse des Mineralwassers in Mödling bei Wien“ von Herrn Dr. 
Ed. Schwarz. 

Herr Dr. S. Stricker legt eine Abhandlung des Herrn Dr. A. 
Lipsky aus Kiew vor, betitelt: „Beiträge zur Kenntniß des feineren 
3aues des Darmkanals“. 

Herr F. Unferdinger legt folgende vier Abhandlungen vor: 

1. „Die Summe der harmonischen und Arcustangens-Reihe mit 
alternirenden Zeichengruppen“. 


2. „Uber einige mit dem Laplace’schen verwandte bestimmte 


Integrale“. 
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3. Die Grenze des Ausdruckes ET + ao +...4+ an 
für m — oo“. 
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A. „Beweis Fi RE der unendlichen Reihe — — lage 4 —... 
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wenn , =1-+ a an reg 
n 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Akademie der Wissenschaften, König]. Preuss., zu Berlin: Monats- 
bericht. August 1866. Berlin; 8°. 

— — Königl, Bayer., zu München: Sitzungsberichte. 1866. 1. 
Heft 4; 1866. II. Heft 1. München; 80, 

— Königl. gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt: Jahrbücher. 
Neue Folge. Heft IY—V. Erfurt, 1866; 8°. 

Annalen der Chemie u. Pharmacie von Wöhler, Liebig u. 
Kopp. N. R. Band LXIV. Heft 1—2. Leipzig & Heidelberg, 
1866; 89. 

Annales des mines. VI® Serie, Tome IX., 1" Livraison de 1866. 
Paris; 89, | 
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 4. Jahrg. 

1866, Nr. 24; 5. Jahrg. 1867. Nr. 1. Wien; 80, 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1620 — 1621. Altona, 1866; 40, 

Breslau, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1865/6. 
49 & 80, 


5 


Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXIM. Nrs. 23—24. Paris, 1866; 40 

Cosmos. 2° Serie. XV® Annde, 4° Volume, 24°—-26°. Livraisons. 
Paris, 1866; 8% 

Gesellsehaft, österr., für Meteorologie: Zeitschrift. I. Band. 
Wien, 1866; 80. 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXVIIL. Jahrg. Nr. 51 
bis 53. Wien, 1866; 8°. 

Jahrbueh, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer von Vor- 
werk. Band XXVI, Heft 3—4. Speyer, 1866; 8°. 

Jahrbücher der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erd- 
magnetismus. Von C. Jelinek und C. Fritsch. Neue Folge, 
I. Band. Jahrgang 1864. (der ganzen Reihe IX. Band.) Wien, 
1866; 4°. 

Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie von H. Will. 
Für 1865. 2. Heft. Giessen, 1866; 8». 

Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. XVI. Jahrg. Nr. 36. Wien, 
1866; 4°. 

Leseverein, Akademischer, an der k. k. Universität in Wien: 
V. Jahresbericht, 1865—66. Wien; 80. 

Marburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften, 1865/6. 
Av & 80, 

Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg. 
1866. XI. Heft. Gotha; 40°. x 
Moniteur scientifique. 240° Livraison. Tome VIII’, Annde 1866. 

Paris; 40. 

Prym, Friedrich, Zur Theorie der Funetionen in einer zweiblättri- 
gen Fläche. (Denkschr. der Schweiz. Naturf. Ges. 22. Bd.) 
Zurich, 1866; 49. | 

Reader. Nrs. 207—209, Vol. VII. London, 1866; Folio. 

Reichsforstverein, österr.: Monatsschrift für Forstwesen. XVI. 
Band, Jahrg. 1866. October-Heft. Wien; 8°. 

Soeiete& des Seiences naturelles de Neuchatel: Bulletin. Tome VII. 
2° Cahier. Neuchatel, 1866; 8°. 

— Linneenne de Bordeaux: Actes. Tome XXV. (5° Serie: Tome 
V.) Paris & Bordeaux, 1864; gr. 8°. 

Society, The Chemical: Journal. Ser. 2, Vol. IV. July-September 

1866. London; 80, 


6 

Verein, naturhist.-medizinischer, zu Heidelberg: Verhandlungen. 
Band IV. 3; 8%. 

Wiener medizin. Wochenschrift. XVI. Jahrg. 1866. Nr. 101—104. 
XVIl. Jahrg. 1867. Nr. 1. Wien; 4°. 

Wochen-Blatt derk. k. steierm. Landwirthschafts - Gesellschaft. 
XV. Jahrg. Nr. 30. Gratz, 1866; 40. 

Würzburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 
1865/6. 40 & 8°. 

Zeitschrift für Chemie ete. von Beilstein, Fittig und Hüb- 
ner. IX. Jahrg. Neue Folge. II. Band. 18.—23. Heft. Leipzig, 
1866; 8% 


Zepharovich. Nachtrag zu meinen krystallogr. Mittheilungen ete. Ä 


Nachtrag zu meinen krystallographischen Mittheilungen im 
43. und 52. Bande dieser Berichte. 


Von dem ce. M. V. Ritter v. Zepharovich. 


Zweifach ameisensaures Kupferoxyd (43. Band, 1861, S. 548). 
Die von K. v. Hauer aufgestellte Formel: CuO.2C,;,HO, + 4HO 
gründet sich nur auf die Ermittlung eines Bestandtheiles, des 
Kupferoxydes, welches mit 26-7 Proc. bestimmt wurde. Eine voll- 
ständigere Analyse zur Nachweisung der wohl ungewöhnlichen For- 
mel des Salzes war daher wünschenswerth; Prof. Th. Wertheim 
hatte, auf meine Bitte, eine solche begonnen und mir darüber Fol- 
gendes mitgetheilt: „In 0:1844 Grm. der Krystalle wurden 0:0690 
Kupferoxyd gefunden, hieraus ergibt sich das Atomgewiceht des Salzes 
— 10626 und es stellt sich mithin als eine Unmöglichkeit dar, dafs 
dasselbe 2 Äquivalente Ameisensäure auf 1 Äquivalent Kupferoxyd 
enthalte. Nimmt man in dem Salze auf 1 Äquivalent Kupferoxyd, 
1 Äquivalent Ameisensäure an, so würde der gefundene Kupfergehalt 
am besten mit der Formel CuO.C, HO,-+ 3HO stimmen; diese For- 
mel verlangt nämlich 38:28 Proc. Kupferoxyd, während nach dem 
obigen Versuche 37-42 Proc. gefunden wurden.“ 

Die mit dem Reste meines geringen Vorrathes von Kryställchen 
vorgenommene Wasserbestimmung ist leider mißlungen, daher die 
Formel des Salzes — in welchem Wertheim eine ansehnlich 
größere Menge Kupferoxyd als v. Hauer fand — noch immer frag- 
lieh. Wiederholte Versuche die gemessenen Krystalle wieder darzu- 
stellen, führten zu keinem Resultate; ich erhielt unter verschiedenen 
Umständen stets die von Heußer untersuchten Krystalle des 
CuO.C, HO,;, + 4HO. 


Ss v. Zepharovich. Nachtrag zu meinen krystallogr. Mittheilungen etc. 


Kohlensaures Kali -Natron, KO.CO, + Na0.CO,;, + 12HO und 
Santonin, O5 H,s 0, (52. Band, 1865, S. 237 und 248) Krystalle der 
beiden Substanzen wurden —- ich hatte dies übersehen — bereits 
früher gemessen, und zwar erstere durch Marignac (Ann. d. min. 
[5] 12. Band, 1857, S. 57), letztere durch v. Lang (diese Ber. 
31. Band, 1858, S. 118). Die Ergebnisse dieser Messungen und der 
meinigen sind in befriedigender Übereinstimmung. 


Steindachner. Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse ete. 9 


Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Rockhampton 
in Ost- Australien. 


Von Dr. Franz Steindachner, 


Assistenten am k. k. zoologischen Museum. 


(Mit 1 Tafel und 2 Holzschnitten.) 


1. Art Ambassis Ägassizii nov. spec. 
D. 1-47 | 1/5; A. 2/5; L. lat. e. 23—26; L. tr. 131). 


Char. Kopflänge 3mal, Körperhöhe ce. 2!/,mal, zweiter Stachel der 
ersten Dorsale 31/,mal in der Körperlänge ohne Schwanzilosse 
enthalten. Von den drei Stacheln der Anale ist der zweite am 
stärksten, der dritte am längsten; letzterer gleicht ferner dem 
Stachel der zweiten Dorsale an Länge, ist aber kürzer als der 
zweite oder selbst der dritte Stachel der ersten Dorsale. Der 
Vordeckel trägt am hinteren und unteren freien Rande, so wie 
zunächst dem Winkel der Präopereularleiste zahlreiche, deutlich 
sichtbare Zähnchen; das Interopereulum ist zunächst dem hin- 
tern Ende des untern Randes, der Präorbitalknochen endlich 
am ganzen freien Rande gezähnt. 

Die Mundspalte erhebt sich in schiefer Richtung nach vorne 
und oben und ist von geringer Länge; die Schnauze ist nur 
halb so lang wie das Auge, dessen Durchmesser sich zur Kopf- 
länge (ohne den häutigen dreieckigen Anhang des Kiemen- 
deckels) wie 1:25/, verhält. Unter den Augen liegen zwei 
Reihen von Schuppen auf den Wangen. Die Stirnbreite beträgt 
etwas mehr als 2/, der Augenlänge. Die Profillinie des Kopfes 
erhebt sich in gerader Linie ziemlich steil bis zur ersten Dor- 
sale, deren liegender Stachel unter den Schuppen verborgen 
ist. Eine Reihe kleiner Schuppen liegt längs der Basis der bei- 
den Rückenflossen und der Anale; die Spitzen der zwei läng- 
sten, ersten Gliederstrahlen der Ventrale erreichen zurückgelegt 
nahezu die Basis des ersten Analstachels. Die bräunliche Grund- 


10 Steindachner. 


farbe des Körpers wird gegen den Bauch heller; die Schuppen 
sind am hintern Rande etwas dunkler gefärbt als in der Mitte 
und im vordern Theile. Eine silbergraue Längsbinde mit einem 
sehwärzlichen Längsstriche in der Mitte zieht vom obern Ende 
des Kiemendeckels zur Schwanzflosse. Eine breite, von schwärz- 
liehen Pünktehen gebildete Binde liegt auf der Ventrale hinter 
dem Stachelstrahle; auch die Flossenhaut der beiden Rücken- 
flossen und der Anale ist zunächst den Strahlenenden schwärz- 
lich punktirt. 


2. Art Apogon australis nov. spec. 
D. 71/a; A. 8/s5 L. lat. 24—25 (absgq. sq. in p. eaud.); L. tr. 18. 


In der Zeichnung des Körpers erinnert diese Art an Apogon 
lineatus T. Schleg., da über die Seiten desKörpers 8—9 schwarze 
Querstreifen herabziehen, welche circa in halber Körperhöhe von 
einer bleifarbigen Längsbinde gekreuzt werden, doch unterscheidet 
sie sich von letzterwähnter Art aus Japan durch die viel bedeutendere 
Höhe der kurzen, gedrungeneren Körpergestalt, so wie der ersten 
Rückenflosse. 

Char. Die Kopflänge ist eirca 23/,mal, die größte Körperhöhe 2mal 
in der Körperlänge ohne Caudale enthalten. Nur der freie Rand 
des Vordeckels ist gezähnt, die Vordeckelleiste aber zahnlos, 
hiedurch nähert sich diese Art bereits den Apogonichtys-Arten. 
Die Mundspalte ist lang, von sehr geringer Breite und schief 
nach vorne und oben gestellt. Das Auge gleieht an Länge einem 
Drittel des Kopfes oder der Breite des Kiemendeckels (ohne den 
häutigen Anhang). Der Präorbitalknochen ist am untern Rande 
deutlich gezähnt; nur zwei Schuppenreihen liegen auf den 
Wangen zwischen dem Auge und der Vordeckelleiste. Die Profil- 
linie des Kopfes erhebt sich in steiler Richtung (viel steiler als 
bei A. lineatus) bis zum Beginne der ersten Dorsale und ist 
nur in der Augengegend schwach eingedrückt. Von den sieben 
Stacheln der ersten Dorsale ist der zweite am längsten und 
stärksten und eirca 2/, der größten Leibeshöhe gleich; der erste 
Stachel derselben Flosse ist etwas länger als der letzte, aber 
kürzer als der vorletzte. Zunächst dem hintern, schwach eon- 
vexen Rande der ersten Dorsale liegt eine ziemlich breite 
schwarze Binde. Auch die zweite Dorsale, welche nicht die 


Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Rockhampton ete. 44 


Höhe der ersten Rückenflosse erreicht und die Anale sind zu- 
nächst dem freien Rande der Strahlen etwas dunkler gefärbt als 
im übrigen Theile. 

Der zweite und dritte Analstachel gleichen sich an Länge 
und Stärke, sind aber kürzer als der zweite Stachelstrahl der 
ersten Dorsale und circa 2mal in der Körperhöhe enthalten. 
Die Schwanzflosse ist hinten eingebuchtet und an den Winkeln 
abgerundet. Der hintere Rand jeder Rumpfschuppe ist dunkel- 
braun gesäumt; die Grundfarbe des Körpers ist ein helles Braun, 
die Bauchseite ist silberfarben. 


> 3. Art Apogonichthys Gzlliz nov. spec. 
Taf. I, Fig. 1. 


Char. Kopflänge gleich ‘/;, Körperhöhe 2/,—5/;, der Totallänge; 
Mundspalte sehr lang, schief nach oben und vorne gerichtet; 
Augendiameter gleich der Schnauzenlänge; Caudale abgerundet; 
Dorsale mit sechs Stacheln, von denen der erste am kürzesten, 
der zweite am höchsten und stärksten ist. Anale am untern 
Rande abgerundet, mit acht Gliederstrahlen; zweite Dorsale 
eben so hoch wie die Anale, mit neun Gliederstrahlen. Körper- 
färbung bräunlich mit Silberreflex; die beiden Dorsalen, die 
Anale und Caudale sehr fein schwarz punktirt und zwar am 
dichtesten zunächst dem freien Rande der Strahlen; Ventrale im 
mittleren Theile schwärzlieh, an den Rändern weißlich. Kurze, 
sehwärzliche Binden laufen strahlenförmig vom Augenrande aus; 
unter diesen zieht die oberste, welche am längsten-und zugleich 
am schärfsten ausgeprägt ist, vom hintern Augenrande über 
den obern Kiemendeckelrand bis zum Beginne der Seitenlinie, 
welche 27—28 Schuppen durehbohrt; Rumpf mit breiten, 
Querbinden - ähnlichen großen Flecken von dunkelbrauner 
Färbung. 


Gatt. Lepidoblennius nov. gen. 


Char. Körpergestalt wie bei Blennius; Rückenflossen 2, deutlich 
von einander geschieden; die erste mit zahlreichen, bieg- 
samen Stacheln, die zweite Dorsale wie die Anale von ein- 
fachen gegliederten Strahlen gebildet, stachellos; nur der letzte 
Strahl der zweiten Dorsale und der Anale ist zuweilen gespal- 


12 Steindachner. 


ten: Peetorale sehr stark entwickelt, mit einfachen dieken 
Gliederstrahlen in der untern Hälfte der Flosse; Ventrale 
jugulär mit zwei dieken und einem dünneren einfachen Glieder- 
strahle; Kiemenöffnung mit sechs Kiemenstrahlen; deutlich ent- 
wiekelte Pseudobranehien; eine Binde zahlreicher, feiner Zähn- 
chen im Zwisehen- und Unterkiefer und einer Außenreihe dieht 
an einander gestellter, viel längerer, etwas gebogener Zähn- 
chen; Rumpf deutlich beschuppt; Schuppen eyeloid. 


4. Art Lepidoblennius haplodaciylus n. spec. 
Taf. I, Fig. 2, 3. 


Char. Kopflänge eirca '/,, Körperlänge ?/,,; der Totallänge; Stirn- 
profil steil zum vordern Mundrande abfallend, Kopf mäßig com- 
primirt, Stirnbreite gleich halber Augenlänge; ein kleines, 
sefranstes Tentakel am vordern Nasenloche; Peectorale lang, 
fächerförmig gestaltet mit fünf bis sechs einfachen, sehr dieken 
Strahlen in der untern Hälfte, circa 4mal in der Totallänge 
enthalten. Die drei ersten Stachelstrahlen der langen ersten 
Dorsale stehen weiter von einander entfernt als die übrigen und 
bilden eine Art Vorflosse, welche unmittelbar hinter dem Hinter- 
haupte beginnt. Die Höhe dieser drei ersten Stacheln ist so wie 
die der Dorsalstrahlen überhaupt beiMännchen viel bedeutender 
als bei den Weibchen; die zweite Dorsale ist bei Weibchen 
wie es scheint höher als die erste, bei Männchen dagegen min- 
der hoch. Die Anale wird mit Ausnahme der drei bis vier letz- 
ten verbundenen Strahlen von fast vollkommen isolirt stehenden, 
einfachen, sehr dieken ungegliederten Strahlen (Taf. 1, Fig. 3) 
gebildet, da die Flossenhaut von der hintern Spitze jedes Anhet- 
tungsstrahles zur Basis des darauffolgenden Strahles zieht; nur 
bei den drei bis vier letzten Analstrahlen reicht die Flossenhaut 
weiter hinab, der letzte Analstrahl ist außerdem getheilt. Die 
Randstrahlen der Caudale, welche am hintern Rande schwach 
abgerundet ist, sind einfach, die übrigen getheilt. 

Der Rumpf ist vollständig mit kleinen Schuppen bedeckt; 
die Seitenlinie durchbohrt eirca ‚62 Schuppen, von denen die 
vordersten durch ihre Größe sich von den benachbarten aus- 
zeichnen. Sämmtliche Flossen mit Ausnahme der Ventrale sind 
mit mehreren regelmäßigen Reihen abwechselnd heller und 


Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Rockhampton ete. 13 


dunkler Fleckehen geziert, welche auf der Peetorale und 
Caudale in querer, auf der Anale in horizontaler, auf den 
beiden Rückenflossen endlich in schiefer Riehtung laufen und 
bei alten Individuen minder lebhaft gefärbt sind als bei jungen 
Exemplaren. 

Fünf schwarze, mehr oder minder scharf ausgeprägte, 
sroße rundliche Flesken liegen im obersten Höhendrittel der 
Rumpfseiten; zahlreiche, schwach gebogene Streifen von ähn- 
licher Färbung nehmen die beiden übrigen Höhendrittel des 
Rumpfes ein; zunächst unter der Seitenlinie liegen grosse, weiße, 
rundliche Flecken, welche bei manchen Exemplaren aber nur 
schwach ausgeprägt sind, über der Seitenlinie endlich viel zahl- 
reichere, gleichfalls reinweiße Punkte. Ein schwarzer Fleck 
auf der grauschwarzen Flossenhaut der Vorflosse zwischen dem 
zweiten und dritten Stachel der ersten Dorsale. 


D. 17/11—12, A. 19; P. 14—15; V. 3; E. late,62. 


5. Art Eleotris lineolatus nov. spec. 


Char. Kopf breit, sehr stark deprimirt, auf der Oberseite ganz flach; 
Kopflänge etwas mehr als 3mal, Caudale und Pectorale (von 
ovaler Gestalt) circa 5°/;mal in der Totallänge; Körperhöhe 
fast 2mal, größte Kopfbreite zwischen den Deckelstücken 
13/,mal in der Kopflänge enthalten. Keine Gaumen- oder Vomer- 
zähne; Unterkiefer stark vorstehend; Stirnbreite gleich der 
Schnauzenlänge oder zwei Augendiameteru. Oberseite des Kopfes 
mit Ausnahme der Schnauze mit kleinen Schuppen besetzt; 
Schuppen auf den Wangen kleiner als die übrigen Schuppen 
des Kopfes; 62 Schuppen längs der Seitenlinie mit Ausschluß 
der Schuppen auf der Schwanzflosse. Rückenseite dunkelbraun, 
gegen den Bauch heller; Schuppen der Körperseiten mit einem 
schwärzlichen Fleck in der Mitte, wodurch zahlreiche Längs- 
linien in der Richtung der Schuppenreihen sich bilden. Bauch- 
flossen einfärbig, hell gelbbraun, zweite Dorsale und Caudale 
undeutlich gefleckt. 


DEOU SA 15T. latı 02, 


Ein großes Exemplar von fast 10 Zoll Länge. 


14 Steindachner. 


Gatt. Neosilurus nov. gen. 


Char. Körpergestalt gestreckt, stark eomprimirt; Schnauze nasen- 
förmig die kleine, unterständige, bogenförmig gekrümmte 
Mundspalte überragend; Kieferzähne klein, konisch, in geringer 
Zahl; Zähne am Vomer, keine auf den Gaumenbeinen; jederseits 
ein Nasen-, ein Eck- und zwei Unterkieferbarteln ; Dorsale von 
einem Knochenstrahl und mehreren Gliederstrahlen gebildet, 
mit kurzer Basis; keine Fettflosse; Anale sehr lang, mit der 
Caudale verschmolzen; Peetorale mit einem Knochenstrahl ; 
Ventrale nur von biegsamen Strahlen gebildet und vor dem 
Beginne der Dorsale eingelenkt; Porus pectoralis vorhanden; 
Kopfhaut weich und zart, ohne Granulirungen. 


6. Art Neosilurus Hyrtlii nov. spec. 
Taf. 1, Fie. 4, 5. 


Char. Kopflänge nahezu 51/,mal, Körperhöhe 53/,mal in der Total- 
länge, Augendiameter 2mal in der Schnauzenlänge enthalten. 
Kopfbreite etwas mehr als 12/,;mal, Höhe der Dorsale 13/,mal in 
der Kopflänge. Dorsal- und Peetoralstachel am hinteren Rande 
gezähnt, doch mit einer dieken Haut umgeben, so daß die Zähne- 
lung erst nach Hinwegnahme der letzteren sichtbar wird. Peeto- 
rale etwas länger als die Dorsale; Ventrale 5/;, der Pectorallänge 
gleich. Die größte Breite des Rumpfes steht der Hälfte der Körper- 
höhe etwas nach; der Rumpf nimmt gegen die Schwanzspitze 
rasch an Höhe und zugleich an Breite ab. Die Mundspalte ist 
klein, bogenförmig gerundet, unterständig, (s. Taf. I, Fig. 5) und 
wird von der konischen Schnauze weit überragt. Zähne sind so- 
wohl in den Kiefern als auch am Vomer vorhanden, koniseh und 
liegen im Zwischen- und Unterkiefer zwischen Papillen fast ganz 
verborgen. Gaumenzähne fehlen. Die Barteln sind mäßig lang; die 
längsten, äußeren Unterkieferbarteln reichen zurückgelegt über 
das Auge hinaus, doch nicht bis zum hintern Kopfende; die 
Spitze der zurückgelegten Nasenbarteln erreichen die Mitte des 
Auges. Der Kiemendeckel ist gestreift, der Oceipitalfortsatz sehr 
schmal und lang. Die Rückenseite zeigt eine dunkelviolette Fär- 
bung, welche gegen die Bauchseite ins Silbergraue übergeht, 
doch überall sehr zart violett punktirt ist. Die Seiten des Kopfes 


Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Rockhampton ete. 15 


sind silbergrau mit stahlblauem Schimmer, die unpaarigen 
Flossen bräunlich, die Ventrale ist schmutzig gelblich. 

Seitenlinie etwas über halber Höhe des Körpers hinlaufend; 
System der Kopfeanäle stark entwickelt. 


D. 1/4; V. 12: P. 1/10; C. et A. c. 106-110. (A, c. 80—82.) 


7. Art Anguilla Reinhardtii nov. spec. 

In der Körpergestalt hat diese Art viele Ähnlichkeit mit Ang. 
Aucklandiü, doch ist die Schnauze stärker zugespitzt, länger und 
sehmäler (siehe Fig. a), die Zahnbinden in den Kiefern sind schmäler, 
die Vomerbinde (s. Fig. 5) aber ist breiter 
als bei letztgenannter Art. Die Kopflänge, 
bis zur Kiemenspalte gerechnet ist eirca 
61/,mal in der Totallänge, die größte 
Körperhöhe 2mal in der Kopflänge enthal- 
ten. Der Augendiameter gleicht der Hälfte 
der Stirnbreite oder 3/, der Schnauzen- 
länge, die größte Kopfbreite kommt nahe- 
zu der halben Kopflänge gleich, Die Mund- 
winkel fallen um die Länge eines Auges 
hinter den hintern Augenrand. Die Anale 
beginnt ziemlich weit hinter der Dorsale, 
nämlich um die Länge des Kopfes zwi- 
sehen dem obern Ende der Kiemenspalte 
und der hintern Nasenöffnung. Der Körper 
ist sehr dunkel rothbraun, die Unterseite 
des Kopfes und der Bauch schmutzig- 
fleischfarben; die Porenmündungen der 
Seitenlinie bilden gelbe Punkte. Außer- 
dem ist der ganze Körper mit Ausnahme 
der Bauchseite mit zahlreichen länglichen 
vder runden, kleinen Flecken von schwar- 
zer Färbung übersäet. Die freien Ränder 
der Caudale, Dorsale und Anale sind weiß- 
lich gesäumt. Beschuppung wie bei Ang. 
Aucklandii. 

Totallänge des beschriebenen Exemplares 21 1/,”. 

Entfernung der Dorsale von der Spitze des Unterkiefers 7’ 3” 


a 


1 b Steindachner. Uber einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse etc. 


Entfernung der Anale von der Spitze des Unterkiefers 97 11” 
Kopflänge 3” 41/, 

Kopfhöhe 1” 6 

Länge des ovalen Auges nahezu 4” 

Schnauzenlänge nicht ganz 8”". 


S. Art Strabo nigrofaseiatus Kn. Steind. 


(Nematocentris splendida Peters.) 


Bei Männchen sind die letzten Strahlen der zweiten Dorsale und 
der Anale, ferner die Ventralen und die mittleren Strahlen der ersten 
Dorsale nicht unbedeutend länger als bei Weibchen. Bei Exemplaren 
von 3” 7” in der Totallänge beträgt die Körperhöhe 141/,”’, die 
Kopflänge 9”. Über die basale Hälfte der zweiten Rückenflosse und 
der Anale laufen 2—3 Reihen dunkel purpurrother Flecken, der 
übrige Theil eben dieser Flossen, so wie die ganze erste Dorsale 
zeigt hell earminrothe, sehr schmale Querstreifen. Die Spitzen beider 
Dorsalen und der äußere Strahl der Ventrale sind schwärzlich violett, 
die vier inneren Strahlen der Ventrale und die ganze Schwanzflosse 
schmutzig rothviolett. Unter der silbergrau eingefaßten schwärzlichen 
oder nur einfärbig silbergrauen Längsbinde, welche über die fünfte 
Längsschuppenreihe des Rumpfes zieht, liegen häufig noch bei 
älteren Exemplaren schmälere und zugleich schwächer vortretende 
schwarzgraue Längsbinden (zwischen je zwei aufeinander folgenden 
Längsschuppenreihen), welehe in der vorderen Längenhälfte des 
Rumpfes sich zuweilen in runde Flecken auflösen. Der mittlere Theil 
der in der untern Körperhälfte liegenden Schuppen zeigt lebhaften 
Silberglanz oder einen Stich ins Rosenrothe. Stirne und Schnauze 
sind schuppenlos, zwischen dem Auge und der ungezähnten Vorder- 
leiste liegt eine Reihe von Schuppen, ebenso an der Basis der Anale. 


1. D. 174-5; 2.D. 1/10—11; A. 1/18; V. 1/5; P. 1/12; 
L. Jat. 32—33; L. transv. 121/,—131/,. 


Steindachner Fische aus den Fitzroy Ehrsse. 


AusdR.k.Hof u.Staatsdr 
Sitzungsb.der k.Akad.d.W. math.naturw.C1.LV. Bd LAbth 1867. 


as 


La 
a 


Reuss. Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka etc. 117% 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka 
in Galizien. 


Monographisch dargestellt 


von dem w. M. Prof. Dr. A. E. Reuss. 


(Mit 8 lithographirten Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1866.) 


A. Allgemeine Betrachtungen. 


Lange Zeit hindurch haben über die Entstehungsweise der Stein- 
salzablagerungen sehr irrige Ansichten geherrscht, indem man, ver- 
führt durch die auffallenden Unregelmäßigkeiten der Lagerungsver- 
hältnisse, den fast allgemein beobachteten Mangel organischer Reste 
und durch das Vorkommen des Chlornatriums in vuleanischen 
Regionen, nicht zögerte, die allgemein anerkannten plutonischen 
Theorien auch auf dieses Gebiet zu übertragen. Noch im Jahre 1848 
konnte Karsten !) die Ansicht aussprechen, dafs die plutonische 
Bildungsweise des Anhydrites und Steinsalzes in hohem Grade wahr- 
scheinlich sei. Während er diese Entstehung für die alpinen Stein- 
salzlager als unzweifelhaft aufrecht hielt, war er doch gezwungen, 
für jene am Nordrande der Karpathen, welche sich als Verstei- 
nerungen führend erwiesen hatten, trotz ihrer Übereinstimmung in 
vielen der übrigen Verhältnisse eine abweichende Bildungsart, d. h. 
die sedimentäre zuzugestehen. Nur allmälig brachen sich hier, wie 
in anderen geologischen Gebieten richtigere genetische Ansichten 
die Bahn und vorzüglich Dr. Gust, Bischof gebührt das Verdienst, 
durch die in seinem an Thatsachen überaus reichen Lehrbuche der 
chemischen und physikalischen Geologie niedergelegten Erfahrungen 
die Rückkehr zu den alten Irrthümern fernerhin unmöglich gemacht 
zu haben. 

Insbesondere sind es zwei Steinsalzablagerungen, welche durch 
die Erscheinungen, die sie darbieten, wenngleich in sehr verschie- 


1) Karsten’s Archiv 1848. Bd. 22, Hft. 2, p. 554. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 2 


18 Reuss 


denen Riehtungen, am meisten dazu beitrugen, das Dunkel aufzuhellen, 
das so lange über der Genese der Steinsalzablagerungen schwebte. 
Es sind jene von Stassfurth bei Magdeburg und von Wieliezka in 
Galizien. Ersteres lehrt uns die allmälige gesetzliche und vollständige 
Reihenfolge der Ablagerungen in einer abgeschlossenen Meeressalze 
führenden Wasseransammlung, vom Gypse an bis zu den salzigen 
Absätzen der nach dem Herauskrystallisiren des Chlornatriums übrig- 
gebliebenen Mutterlauge hinauf, kennen, so wie auch den Verlauf 
und die Art der in den schon gebildeten Sehichten durch ununter- 
brochene ehemische Processe bewirkten Um- und Neubildungen. 
Dagegen gibt uns das Steinsalzlager von Wieliezka sehr erwünschten 
und erschöpfenden Aufschluß über die ursprüngliche Quelle, aus 
welcher das Steinsalz und die begleitenden Salze abzuleiten sind. 
Die in dem Steinsalze selbst und in den sie begleitenden salzhaltigen 
Thonen in Millionen begrabenen organischen Reste, welche bei wei- 
tem vorwiegend Meeresthieren angehören, lassen keinen Zweifel 


I} 


darüber übrig, daß die Salze einst in ferner Zeit in demselben Meere 


gelöst sein mußten, welches für längere oder kürzere Zeit den Wohn- 
ort der fossilen Thiere bildete. Das genauere Studium dieser Petre- 
facten gestattet uns ferner, nicht nur im Allgemeinen die geologische 
Periode, sondern selbst jenen engeren Abschnitt derselben zu be- 
stimmen, in welchem die Thiere gelebt haben und ihre Leiehen in 
der sich bildenden salzigen Ablagerung eingeschlossen worden sind. 
Diese Verhältnisse ertheilen dem Steinsalzlager von Wieliezka in der 
genannten Beziehung den Vorrang vor allen anderen, in denen es 
bisher noch nicht gelungen war, Versteinerungen aufzufinden, und 
sein Studium gewinnt dadurch eine hervorragende Bedeutung. 

Das Auftreten von Versteinerungen, selbst von größeren Dimen- 
sionen, mitten im mehr weniger reinen Steinsalze, hat schon früh- 
zeitig Aufmerksamkeit erregen und die Naturforscher zu weiteren 
Untersuchungen anregen müssen. Einzelne Pflanzenreste waren es, 
deren zuerst Erwähnung geschah. So beschreibt schon Graf Stern- 
berg die Frucht eines Wallnußbaumes (Juglans salinarum Stbg.) !) 
aus dem Wieliezkaer Steinsalze.e Das Vorkommen zahlreicher 
Coniferenzapfen und anderer Früchte habe ich mehrfach ange- 
deutet?2). Am 5. Mai 1847 legte Göppert der Breslauer Gesell- 

1) Graf Sternberg, Versuch einer Flora der Vorwelt, 1. 4. pag. 40. 


?) Reuss in Haidinger’s gesammelten naturwiss. Abhandl. II. 1. pag. 16. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 19 


schaft für vaterländische Cultur mehrere Arten von Pflanzenresten 
ebendaher vor (nebst zwei Arten von Juglans zweierlei Zapfen von 
Coniferen und fossiles Ho!z von dreierlei Art) 1). Eine ausführliche 
Monographie sämtlicher dort aufgefundener Pfianzenreste hat end- 
lieh Unger ?) geliefert und darin 15 Speeies (10 Arten von Früch- 
ten und 5 Arten bituminisirten Holzes) beschrieben. 

Der im Salze und Salzthone vorkommenden fossilen Thierreste 
gedenkt schon 1842 Hrdina in seiner Geschichte der Wieliezkaer 
Saline 3), wenn er sie gleich irriger Weise durchaus von Süßwasser- 
thieren ableitet. Etwas ausführlicher bespricht sie zuerstPhilippi®). 
Ein Theil derselben ist der Gattung nach, nur wenige werden der 
Species nach bestimmt; doch sind auch diese Bestimmungen sehr 
unzuverlässig und größtentheils irrig, woran ohne Zweifel die geringe 
Menge und der schlechte Erhaltungszustand des untersuchten Mate- 
riales die Schuld trägt. Die 14 namhaft gemachten Foraminiferen- 
species werden zum Theile irriger Weise mit den von Römer be- 
sehriebenen Formen identifieirt, was bei der ungenügenden Charac- 
terisirung der letzteren und der noch in der Wiege liegenden Kennt- 
niß der Foraminiferen überhaupt nicht sehr befremden kann. Über- 
dies wurden noch 6 Arten von Bryozoen, Stacheln von Echinus, eine 
kleine stielrunde Serpula, 7 Species von Bivalven, 8 Arten von 
Gasteropoden und endlich 3 Species von Cytherina angeführt. 

Im Jahre 1848 habe ich eine gründlichere Untersuchung der 
fossilen Fauna von Wieliezka begonnen, wozu der damalige Salinen- 
direetor, Gubernialrath Russegger, reichliches und in bestimmten 
Tiefenhorizonten gesammeltes Material lieferte, welches mir durch 
Vermittlung der k. k. geologischen Reichsanstalt zukam. Leider 
wurden diese Aufsammlungen nicht vollständig durchgeführt und so 
blieb auch meine Untersuchung im Drange anderer Arbeiten unvoll- 
endet liegen. Nicht geringen Antheil an dieser Unterbrechung hatte 
jedoch auch die damals noch sehr unvollständige, aber zum Behufe 
der Vergleichung unentbehrliche Kenntniß der fossilen Mollusken des 


1) Übersicht der Arbeiten und Veränder. der schles. Geseilsch. für vaterländ. Cultur 
1847, p. 73. 

2) Denkschr. der k. Akad. der Wissensch. I, pag. 311 —322. Taf. 25. 

3) J. M. Hrdina, Gesch. d. Wieliezkaer Saline mit einer geognost. Beschr. u. s. w. 
Wien, 1842, pag. 103, 106. 

*) Leonh. u. Bronn’s Jahrb. 1843. Hft. 5, p. 308. 


> 


20 Reuss 


Aa 


Wiener Beekens. Diesem Mangel wurde seither dureh das der baldi- 
gen Vollendung entgegensehende treffliche Werk des Herrn Directors 
Dr. Hörnes großentheils abgeholfen. 

Doch wurde auch schon damals der große Reichthum der Wie- 
liezkaer Fauna klar. Denn trotz der noch nicht vollendeten und auf 
ein spärlicheres Material beschränkten Untersuchung, vermochte ich 
schon 1848 die große Zahl von beiläufig 230 Thierspecies aus dem 
Salzlager von Wieliezka anzuführen, unter welchen sich 153 Arten 
von Foraminiferen — darunter etwa 52 neue — befanden t). Wenn 
nun gleich manche der damals aufgenommenen Species sich bei 
genauerer Prüfung nicht vollkommen stichhaltig gezeigt haben, so 
sind dagegen durch die Untersuchung reichlieheren Materiales 2) 
wieder nicht wenige früher nicht beobachtete hinzugekommen, so 
daß eine bedeutende Vermehrung der Artenzahl eingetreten und 
die fossile Fauna von Wieliezka zu einer ungeahnten Fülle ange- 
wachsen ist. 

Es würde dies noch in weit höherem Grade der Fall sein, wenn 
die Untersuchung der Petrefacten von Wieliezka nicht mit so bedeu- 
tenden Schwierigkeiten verknüpft wäre und die Bestimmung der- 
selben nicht selten der erforderlichen Sicherheit ermangelte oder 
selbst ganz unmöglich wäre. Besonders die im Steinsalze selbst ein- 
gebetteten Fossilreste befinden sich in der Regel in einem sehr man- 
gelhaften Erhaltungszustande. Mit Ausnahme der sehr kleinen Indi- 
viduen haben sie nur winzige Bruchstücke hinterlassen und sind über- 
dies oft durch fortgesetzte Einwirkung der concentrirten Salzlösung 
vielfach angefressen und unkenntlich geworden. Auch im Salzthone 


1) Sitzb. d. k. Akad. der Wissensch. 1848, pag. 173. — Berichte über die Mittheil. 
von Freunden d. Naturwissensch. in Wien. Bd. 3. 1848, pag. 419. -—— G. Bischof, 
Lehrb. der chem. u. physical. Geol. 1. Aufl. II. 3, pag. 1671; 2, Aufl. Il. p. 15, 16. 
Ein Theil der neuen Foraminiferenspecies wurde schon im ersten Bande der Denk- 
schriften der k.k. Akad. d. Wissensch. in Wien, p. 365— 388. Taf. 46 —51 bekannt 
gemacht. 

?) Ich ergreife hier die Gelegenheit, meinem hochverehrten Freunde Herrn Director 
Dr. Hörnes meinen Dank auszusprechen für die vielseitige Unterstützung und 
Förderung, die er meiner Arbeit zu Theil werden ließ; so wie auch dem Salinen- 
Director in Wieliczka Herrn Freiherrn v. Geramb, dessen Liberalität hauptsäch- 
lich die weitere Ausdehnung meiner Arbeit ermöglichte, und Herrn Markscheider 
Ott in Wieliczka, der mit besonderem Eifer sich die Aufsammlung von Petrefacten 


angelegen sein ließ. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. | 


findet man gewöhnlich nur die diekschaligeren Arten besser erhalten; 
von den übrigen trifft man ebenfalls nur größere oder kleinere 
Trümmer an. Ein hauptsächliches Hinderniß stellt aber die Be- 
schaffenheit der Schalen selbst, weiche im Salze oder in den das- 
selbe begleitenden Thonen zur Ablagerung gelangten, einer genauen 
Bestimmung entgegen. Wie noch später erörtert werden soll, be- 
sitzen die Versteinerungen von Wieliezka, mit sehr wenigen Aus- 
nahmen, sehr kleine Dimensionen, sind oft von wahrhaft zwerghaftem 
Wuchse. Der bei weitem größte Theil der Mollusken hat seine Exi- 
stenz nicht so lange fortgesetzt, als zur vollständigen Ausbildung 
seiner Schalen erforderlich gewesen wäre. In den meisten Fällen hat 
man es mit winzigen unausgebildeten Brutexemplaren zu thun, 
deren Bestimmung um so mißlicher ist, als man bisher den Jugend- 
zuständen der Molluskenschalen nur eine geringe Aufmerksamkeit 
zuzuwenden gewöhnt war, so dafs es an dem zur gewissenhaften 
Vergleichung unentbehrlichen Materiale nicht selten fehlte. Diese 
Verhältnisse mögen entschuldigen, wenn manche der gemachten Be- 
stimmungen den wünschenswerthen Grad von Schärfe entbehren. 

Diese in der letzten Zeit vorgenommenen wiederholten Unter- 
suchungen haben die Zahl der mit Sicherheit oder doch mit der 
größten Wahrscheinlichkeit bestimmten fossilen Thierspecies des 
Steinsalzlagers von Wieliezka bis auf 274 gesteigert. Ohne Zweifel 
aber ist seine Fauna eine weit reichere, denn abgesehen davon, daß 
ihre Kenntnißß überhaupt noch keineswegs als abgeschlossen zu be- 
traehten ist und die Untersuchung beinahe jeder Sendung neuen 
Materiales immer wieder neue Thierformen zum Vorschein brachte, 
mußte auch eine beträchtliche Anzahl der gefundenen Fossilreste bei 
Seite gelegt werden, ohne zu ihrer voliständigen systematischen 
Kenntniß gelangt zu sein. Bei manchen derselben konnte nur die 
Gattung, welcher sie angehören, ermittelt werden; eine weit größere 
Anzahl aber entzog sich durch den überaus mangelhaften Erhaltungs- 
zustand der bisher gefundenen Reste jeder klareren Erkenntniß. 

Am zahlreichsten und zugleich am vollständigsten erhalten sind 
die Foraminiferen. Sie bilden 60 Pet. der gesamten mir bekannten 
Fauna von Wieliezka und sind in manchen Salzthonen, besonders 
solehen, die keine Ausscheidungen von Gyps und keine zu reich- 
liehen Sandbeimengungen enthalten, in ungemeiner Menge zusammen- 
gehäuft. Die sehr gute Erhaltung ihrer Schalen beweist, daß ihre 


22 Reuss 


Bedeekung dureh den kalkig-thonigen Schlamm rasch, ohne vorher- 


UVPV 
gt 


gangene langwierige Abrollung, eingetreten sei. 


Ebenso wohl erhaltene Schalen bieten die Ostraeoden dar — 
10 Pet. der Gesamtzahl —, welehe dureh ihre kleinen Dimensionen 
den verändernden Einflüssen ebenfalls leichter entgingen, als Thiere 
von größerem Umfange. Nur findet man ihre beiden Klappen ge- 
wöhnlieh von einander gesondert. 

Am meisten entstellt durch chemische und mechanische Ein- 
flüsse sind die Bryozoen, deren zarte und zerbrechliche Colonieen nur 
sehr kleine, oft völlig unkenntliche Bruchstücke hinterlassen haben. 
Daher beträgt die Zahl der bestimmten Formen auch nur 8:4 Pet. 
der Gesamtsumme der Wieliezkaer Versteinerungen. 

Auch die etwas größeren Bivalven und Gasteropoden unterlagen 
sehr leicht der Zertrümmerung, besonders wenn sie dünnschalig 
waren und die Schalen im Verlaufe der Zeit durch Caleination an 
Festigkeit verloren hatten. Erstere bilden 95, leiztere 15 Pet. der 
gesamten Zahl der Petrefacten. 

Die Anthozoen haben nur eine verhältnißmässig große Species — 
die größte der Wieliezkaer Versteinerungen — geliefert. Die Ptero- 
poden zählen drei sehr kleine Formen; die Decapoden sind bisher 
nur in einer brachyuren Species von sehr beschränkten Dimensionen 
aufgetreten. Auf dieselbe Zahl beschränken sich die Reste der Cirri- 
pedier. Die vorgefundenen Reste von Echiniden, Anneliden und 
Fischen , letztere meist auf sehr vereinzelte und kleine Haifischzähne 
eingeschränkt, sind entweder zu sehr zertrümmert oder characteristi- 
scher Merkmale entbehrende Theile, so daß jeder Versuch ihrer 
genaueren Bestimmung vergeblich war. 

Ich lasse nun das Verzeichniß aller von mir in der Salzabla- 
gerung von Wieliezka bisher beobachteten fossilen Thierreste folgen. 
Aus demselben wird sich am leichtesten das geologische Niveau er- 
geben, welchem dieses Salzlager angehört. Zu diesem Behufe sind 
die für die vorzunehmende Vergleichung wichtigsten anderweitigen 
Fundorte der angeführten Versteinerungen, theils im Wiener Becken, 
theils außerhalb desselben, in die tabellarische Übersicht aufge- 
nommen worden. Man findet darin den Schlier von Oitnang; die 
Sande von Grund, Grußbach und Pötzleinsdorf; ferner als Repräsen- 
tanten der Tegelstufe des Wiener Beckens den Tegei von Baden und 
Möllersdorf, von Vöslau, von Grinzing und von Rudelsdorf in Böhmen, 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 23 


letztere den höheren Schichten angehörig und sich in mancher Be- 
ziehung dem Leithakalk anschließend. Der petrefactenreiche Tegel 
von Lapugy in Siebenbürgen scheint dagegen dem tieferen und 
höheren Niveau des Tegel zugleich zu entsprechen, daher die ganze 
Tegelreihe zu repräsentiren. Es wäre jedoch möglich, daß derselbe 
sich in der Folge in mehrere übereinander liegende Schichten mit 
etwas abweichenden Faunen trennen ließe. 

Von den Fundorten des Leithakalkes und der seinem unteren 
Theile angehörigen Tegel sind besonders Gainfahrn und Nußdorf 
bei Wien, Niederleis in Österreich, Steinabrunn in Mähren und 
Eisenstadt in Ungarn in der tabellarischen Zusammenstellung hervor- 
gehoben. Sämtliche eben genannte Localitäten gehören dem marinen 
Schiehteneomplexe an. Seine Glieder bilden in paläontologischer Be- 
ziehung eine fortlaufende Reihe und sind nirgend durch eine scharfe 
Grenze geschieden. Nur allmälig stellt sich im Verlaufe derselben 
eine Umwandlung ihrer Fauna ein. 

Über dieser marinen Gruppe folgen erst die brakischen 
Cerithiensehiehten, von deren Fundorten nur Kostel in der Tabelle 
berücksichtigt worden ist. 

Die übrigen Rubriken umfassen endlich noch das Unter-, Mittel- 
und Oberoligoeän, die Mioceänschichten anderer Länder außerhalb 
Österreich, das Plioeän und zuletzt jene Species, welche noch in den 
heutigen Meeren lebend gefunden werden. 

Endlich ist zum Behufe schärferer Beurtheilung noch ersicht- 
lich gemacht worden, welche Species im Salzthone, welche im Stein- 
salze selbst und welche in beiden zugleich gefunden worden sind. 
Übrigens darf nieht verschwiegen werden, dafs manche aus den bis- 
herigen Beobachtungen, welche in der nachstehenden Tabelle großen- 
theils ihren Ausdruck gefunden haben, gezogenen Schlüsse, wenn- 
gleich nicht der Hauptsache nach, in der Folge noch mancherlei 
Änderungen erfahren werden, indem die weitere Fortsetzung der 
schwierigen Untersuchung ohne Zweifel in den Beobachtungsresul- 
taten allerlei Modificationen herbeiführen wird t). 


- 


1) In der Tabelle bezeichnet ce das sehr häufige, e das häufige Vorkommen, nr = 
nicht selten, r — selten, rr — sehr selten. Durch ein einfaches Kreuz (+) wird 
das Vorkommen in der betreffenden Schichte überhaupt, durch das doppelte Kreuz 


(+-F) aber das häufige Vorkommen in derselben angedeutet. 


In 
en 


Rjeiu.siis; 


Haplophragmium erassum Rss. 
Olavulina communis d’Orb. 
Plecanium abbreviatum d’Orb. sp. 


„ var. subangulata d’Orb. 
gramen dOrb. sp. 

Mariae d’Orb. sp. 

„ var. wermis Rss. . 
deperditum d’Orb. sp... 
spinulosum Rss. . . » 
serratumRss. . . File 
laevigatum d’Orb. sp. ale 
nussdorfense d’Orb. sp. 

pala Cziz. sp. 


Cor a rugulosa Rss. - 


” 


” 


DheataVz12.5p. 2 “1 
foliacea Phil. sp. . 


Biloculina amphiconica Rss. 


simplex d’Orb. 

lunula d’Orb. 

clypeata d’Orb. 

bulloides Orb. 

ventruosa Rss. . 

globulus Born. . u 
VUrDOUEANSIS, Par Ne 
contraria d’Orb. 


Spiroloculina excavata d’Orb. 


> 


” 


badenensis d’Orb. 
tenuissima Rss. 


Triloculina tricarinata d’Orb. . 


gibbadOrh.. ... 

enoplostoma Rss. var. laevigata 
Born. 2 

var. grammostoma R: ss. 

inflata d’Orb. 

inornata d’Orb. 

oculina d’Orb. 

consobrina d’Or fh 


Ouingueloculina OR d’ Orb. 


” 


pauperata d’Orb. 
Hauerina d’Orb. 
tenuis C2iz. . . 
Ungerana d’Orb.. 
plicatula Rss. . 
Mayerana d’Orb.. . 
Aknerana d’Orb.. . 
Iriangularis d’Orb. . 
pygmaea Rss. 
regularis Rss. . 


Salzthon 


Steinsalz 


5 


Tr. 


Tr. 
IT. 


rr. 


Ottnang 


Grund 


Grußbach, 
Baden, 


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Lapugy 


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. Vöslau 


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Grinzing 


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25 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 


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26 


DR II IND nn 


Quinqueloculina obliqua Rss. 
„ suturalis Rss. . 
„ Boueana d’Orb.. 
„ econtorta d’Orb. . 
„ Sehreibersi d’Orb. 
„ Josephina d’Orb. 
„ foeda Rss. L 
Peneroplis austriaca d’ Orb. sp. 
„ Haueri d’Orb. sp. 
Vertebralina sulcata Rss.. 
Alveolina melo F. et M. sp. 
Acieularia miocaenica Rss. . 
Lagena globosa Mont. ...... 
„ elavata d’Orb. var. acicularis 
Rss. 
„ Haidingeri iii. s- Dr 
„ tenuis Born. 5 
„ geometricaRss. . 
Fissurina carinata Rss. 
„ laevigata Rss. 
„ apiculata Rss. 
Nodosaria rudis d’Orb. 
» longiscata d’Orb. 
„ irregularis d’Orb.. 
„ Adolphina d’Orb. . 
„ siphonostoma Rss... . » - 
„ consobrina d’Orb. . 
„ elegans d’Orb. SEEN 
‚"BoueanadOxh: 17.2.2: . 
„ebifar eata\d Orb... .. 
Glandulina laevigata d’Or b.. 
„ obtusissima Rss. 
„ aequalis Rss. . 
„ disereta Rss. 
Rhabdogonium minutum Rss. 
Flabellina incrassata Rss. 
Amphimorphina Hauerana Neug eb. 
Cristellaria calcarRss. sp.var. calcar 
d’Orb. 
„ rostrata Rss. 
„ Husseggeri Rss. . 
» inornata d’Orb. sp. . 
„ simplex d’Orb. sp. 
Pullenia bulloides d’Orb. sp. e 
„ compressiuscula Rss. var. quin- 
queloba Rss. A 
»„ „» ‚ar. quadrılobaRss... . 
Polymorphina gibba d’Orb. 


Reuss. 


Salzthon 


IT. 
rt. 


Steinsalz 


Tr. 
IT. 


Tr. 


Ottnang 


++ 


Grund 


Grußbach , 
Baden, 


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Lapugy 


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Vöslau 


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Grinzine 


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Rudelsdorf 


Pötzleinsdorf 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 


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Pliocän 


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Lebend 


+++ +... 0.0.0.0... 


SR 


28 


Reuss. 
5 
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= 
OD 
Polymorphina aequalis d’Orb. ö 
„ tinaequalis Rss. h . 
„ depauperata Rss. . IT. 
„ .sororiaRss. . DR. 
»„ leprosaRss.. . rr. 
„ problema d’Orb. IT. 
„ oblonga d’Orb. ER. 
„ foveolata Rss. . 5 
„  ZeuschneriRss. Dr. 
„ semitecta Rss. b 
ovata d’Orb.. 5 s IT. 
Sphaeroidina austriaca d' Orb. © 
Uvigerina pygmaea d’Orb. Sc. 
„ semiornata d’Orb. IE: 
„ urnula d’Orb. . c. 
„ asperula Cziz.. e. 
Bulimina pyrula d’Orb. rT. 
„ ovata d’Orb. ER. 
„ teneraRss. . . 1. 
» pupoides d’Orb. Tr. 
„  elongata d’Orb. c. 
„ aculeata d’Orb. nr. 
Buchana d’Orb. > c. 
Virgulina Schreibersana Ü ziz. sc. 
Chilostomella ovoidea Rss. IT. 
Allomorphina trigona Rss. nr. 
Cassidulina punctata Rss. Tr: 
„  oblonga Rss. pr: 
Bolivina antiqua dOrb. sc. 
Textilaria carinata d’Orb. c. 
„ Pronniana d’Orb. Dr: 
„ peclinata Rss. . . ER c. 
Globigerina bulloides d’Or b. C. 
„ triloba Rss. » Tr. 
Orbulina universa d’Orb. ; Er. 
Truncatulina lobatula W a Ik. sp» . sc. 
„»  Ungerana d’Orb. sp. c. 
„  Dutemplei d’Orb. sp. a 
sa HaaoıngerudOrb. sp. % » 2: Tr. 
Discorbina planorbis d’Orb. 2 \ e. 
„..ı stelatahss.%:.,|.. ; Er. 
„ squamula Rss.' Ef. 
„  obtusa d’Orb. sp. . fe 
„»  platyomphala Rss. ; 
„  complanata d’Orb. sp. . : 
„ eryptomphala Rss. Dr. 
arcuatahss. . .» : % 
Pulvinulina Haueri d’Or B er + IT. 


Steinsalz 


Tr. 


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Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien, 


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. . . 
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WC Karin de. ie, ur de 


30 


ORIG — 


„.' Boueuna d'Orh.'sp... . . : 
„»  Kalembergensis d’Or b. ER 

si manaLssıe — . 

» Partschana d’ Orb. sp. 
Rotalia Beccarii L. sp. 

„ Soldanü d’ Orb. ... 
Nonionina Soldanii d’Orb. 

„ perforata d’Orb. . 

„ communis d’Orb.. 
Polystomella erispa Lam.. . 

„»„ Fichteliana d’Orb. . . . 
Amphistegina Hauerina d’Orb. 
Heterostegina costata d’Orb. 
Caryophyllia salinariaRss. . . - 
Spatangus sp. 

Serpula sp. . 
Canda granulifera Rss. sp. 


Salicornaria marginata Goldf. sp. 


„ rhombifera Goldt. sp. 
Cellaria Michelini Rss. . . 
Lepralia Heckeli Rss. 
Celleporaria globularis Br. 
Eschara undulata Rss. . . 

„ polymorpha Rss. 

„  Grotriani Rss.. 
Hemieschara geminipora Rss. 
Flustrellaria texturata Rss. 
Vincularia tetragona Goldf. z 
Crisia Hörnesi Rss. se 

„ EdwardsiRss. 

».. Hauer Bsis. ... : .% 
Berenicea subseriata Rss. a 
Tubulipora congesta Rss. 
Entalophora pulchella Rss. 
Hornera verrucosa Rss. 
Crisina pertusa Rss. sp. . 
Heteropora stellulata Rss. 

„ globulus Rss. 

„ radiata Busk. sp. 
Ceriopora sp. 3 
Cultellus papyraceus Rss. . 
Corbula gibba UV]. sp. 

„  earinata Duj. 

Ervilia pusilla Phil. . 

„ podolica Eichw. . 
? Tellina donacina Lam. 

? Venus multilamella Lam. 


Pulxinulina cordiformis Costa sp. . 


Reuss. 


Salzthon 


IT. 
Tr. 


ce. 


Steinsalz 


IT. 


Ottnang 


Grußbach , 


Grund 
Baden, Möl- 


lersdorf 


Lapugy 


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Vöslau 


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Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 


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Circe minima Mont. sp. . Tr. +-1+1I+]J + 
Cardium papillosum Poli. nr. |ır. +|. .1+ 
Lucina exigua Eiehw.. . Tr. ee: 

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Spaniodon nitidus Rss. Dh lee : - i 
Solenomya Doderleini May. . rr . |)++1 + i : 4 N 
Cardita scalaris So w. : Ä nr. +1I+1+ R E 
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Leda fragilis Cheman. sp. nr. | er, 
Limopsis anomala Eichw. tr. | Tr. > #4] #& | # 
Arca sp. afl. lacteae L. ; ER. 2 ! i - 
Modiola Hörnesi Rss. ce. | e. . | + 
Pecten denudatus Rss. . nr. ++] . 

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Ostrea navicularis Broch. r.| - + 
Ostrea sp. Er 0Te : 
Cleodora spina Res. Kr» 

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Spirialis valvatina Rss. Dr. ; ; 

Dentalium tetragonum Breh. rr. | tr. 4 | + 

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» incureum Ren. . tr. | m +1 + . 
Serpulorbis intortus Lam. sp. Ir 5 E ur 
Caecum glabrum Mont. sp. r. : . 

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Rissoa Moulinsi d’Orb.:. Er oGr. | + 

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„ veliscensis Schwtz. r. i 

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Skenea simplex Rss. . i el IR. 

Bithynia Frauenfeldi Nörn. sp . sn 

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„ immutata Frfld. sp. = r. € 
Nematura Schwartzi Frfeld. e IT. == 
Eulima fitigera Rss. ee - ee . . 
Odontostoma plicatum M ont. sp. ee ein. 2. 2a 
Turbonilla gracilis Breh sp. are re Hl Fer . 

„ turrieula Eichw. a Sal Er: + \ + I 

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Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 


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Mittel-Oligo- 


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Bulla eonulus Desh. . . 


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miliarıs Breh., . 


Philine punetata Adams . 
Planorbis Reussi Hörn 
Trochus patulus Broch. 


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Natica helieina Breh. . 


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Cerithium seabrum Ol. 


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Schwartzi Hörn.. 


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Conus fuscocingulatus Bronn. 


Bairdia arcuata v. M. sp. - 


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erystallina Rss. 
neglecta Rss. . 
Onaelisahesse  : 
trichospora Rss. . 


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Kostelensis Rss. . 
angulataRss. . . 
galeata Rss. sp. . 
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hastala ass. 2... 
clathrata Rss. . . 
canaliculata Rss. . 
daedalea Rss. . . 
carinellaRss. . . 
denudala Rss. . . 
plicatula Rss. sp. 

verrucosa Rss. . 


Edwardsi Röm. sp. 


coronataRöm. . 

bituberculata Rss. 
friquetra Rss. . . 
asperrima Rss. . 
coelacantha Rss. . 


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Microdium nodulosum Rss. 


Gadusasp, 


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Die fossile Fauna der St insalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 


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36 Reuss. 


Daß die Salzablagerung von Wieliezka in Galizien sich von den 
alpinen Salzstöcken dureh ein weit jüngeres Alter unterscheide und 
der tertiären Periode angehöre, ist schon lange erkannt und ausge- 
sprochen worden. Ich habe überdies schon im Jahre 1848 die Ver- 
muthung geäußert, daß dieselbe dem österreichischen Leithakalke 
zu parallelisiren sei. Doch fehlte es bisher immer noch an einer 
festen paläontologischen Begründung des geologischen Niveau’s, in 
welches das Steinsalz von Wieliezka innerhalb des Complexes der 
Tertiärschichten zu versetzen ist. Jetzt aber, da eine reichere Fülle 
sicher bestimmter Versteinerungen darin nachgewiesen worden ist, 
dürfte es weniger gewagt erscheinen, sich diesem Versuche mit 
Hoffnung auf den gewünschten Erfolg zuzuwenden. 

Ein flüchtiger Blick auf die voranstehende Tabelle lehrt, daß 
das Salzlager von Wieliezka in Beziehung auf seine Fossilreste die 
größte Übereinstimmung mit den mioeänen Schichten des Wiener 
Beckens darbietet und daher in Betreff seines Alters ohne Zweifel in 
dieselbe Abtheilung der Tertiärperiode zu versetzen ist. Man über- 
zeugt sich davon leicht durch einen Blick auf nachfolgende Zusammen- 


stellung. 
Bei Wieliezka 1) wurden bisher beobachtet: 


Zahl N Zahl der im 


Eng i Procent- 
der Species |der Wieliczka Wien. Becken 


im Ganzen | eigenthünli- 
chen Species 


beobachteten Zahl 
Species 


Foraminiferen . 
Anthozoen .' ."..'. 
Beyozoen. Tee 
Conchiferen . . 
Bteropoden ., . 2°. 
Gasteropoden. . . 


Ostraeoden. . . . 
Cimwipeden.... .. . 
Decapoden . . . . 


1) In den Sammlungen findet man oft im körnigen Steinsalze, ja selbst in schönen 
Drusen klarer Salzhexaeder zahlreiche 1—1,4” lange, rothbraune wohlerhaltene 


Käfer eingeschlossen, deren schon Rendschmidt Erwähnung thut (Leonh. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 3 


Unter diesen 274 Arten müssen bisher 45 als dem Salzlager 
von Wieliezka eigenthümlich betrachtet werden. 

Von den 229 Arten der Wieliezkaer Versteinerungen, welche 
schon früher anderwärts beobachtet worden sind, kommen daher 204 
auch in den Mioeänschichten des Wiener Beckens vor. Wieliezka 
hat mithin 76 Pet. seiner Fossilreste mit den letzteren gemeinschaft- 
lich, ja ihre Zahl dürfte sich in der Folge noch etwas erhöhen, — 
ein offenbarer Beweis der großen Übereinstimmung beider in Bezie- 
hung auf ihre Bildungsperiode. 

Es frägt sich nun, welchem Gliede der ausgedehnten Schichten- 
reihe des Wiener Beckens die Steinsalzablagerung von Wieliezka 
vorzugsweise gleichzustellen sei. Diese schärfere Altersbestimmung 
kann nur durch eine genauere Prüfung und Vergleichung der darin 
gefundenen Fossilreste erlangt werden. Doch darf in dieser Bezie- 
hung nicht allen Abtheilungen derselben ein gleicher Werth zuerkannt 
werden. 

Meine Untersuchungen über die fossilenForaminiferen haben 
dargethan, daß eine nicht geringe Anzahl der mioeänen Species bis in 
das Oligocän, besonders in das daran überaus reiche Mitteloligocän 
hinabreicht. Eine noch beträchtlichere Anzahl sehen wir durch alle 
Glieder des Miocän bis in das Plioeän aufsteigen; ja selbst die heutigen 
Meere beherbergen nicht wenige lebende Arten, die auf keine Weise 
von miocänen Formen unterschieden werden können. 

Richten wir unsere Aufmerksamkeit speciell auf die miocänen 
Bildungen des Wiener Beckens, so treten uns, abgesehen von dem 
einem anderen Niveau angehörigen thonigen Schlier (z. B. von Ott- 
nang), vorzugsweise drei verschiedene Schichtenfacies entgegen: der 
Tegel, die Sande und der Leithakalk mit seinen mergeligen tegel- 
artigen Zwischenbildungen. Es ist leicht zu begreifen, daß die Sande 


Jahrb. für Mineralogie 1839, p. 630). Schilling unterzog sie einer näheren 
Untersuchung und bestimmte sie als Pfönus salinus Schill. (Übers. der Arbeiten 
und Veränderungen der schles. Gesellsch. für vaterl. Cultur 1844, p. 175.). Nach 
Herrn Direetors L. Redtenbacher gefälliger Mittheilung sind sie eine Varielät 
des Pf. crenatus Paykull. Sie liegen stets im regenerirten Steinsalze, welches 
durch Herabtropfen von Salzlösung entsteht und sind keineswegs als Versteinerun- 
gen zu betrachten, sondern gehören der jetzigen Schöpfung an. Offenbar wurden 
sie zufällig von außen in die Steinsalzgruben eingeschleppt, wo sie sich zahlreich 
vermehren und in Menge leben. Durch Zufall gerathen sie nun auch in das sich 


neu bildende Steinsalz und werden von demselben umschlossen. 


« ) 
38 Reuss. 


in den meisten Fällen nur eine sehr beschränkte Zahl von Foramini- 
(eren umschließen können, da die sie sehr leieht durehdringenden, 
stets Kohlensäure führenden Meteorwasser diese winzigen Kalkschalen 
selbst, wo sie ursprünglich in reicherem Masse vorhanden waren, 
rasch aufzulösen und hinwegzuiühren vermochten. Es bleiben daher 
nur die Etagen des Tegels und des Leithakalkes übrig, welche eine 
größere Fülle von Foraminiferen darbieten können. Und auch in der 
letztgenannten enthalten die festen Leithakaike und Leithakalk-Con- 
olomerate entweder keine Foraminiferenschalen oder nur vereinzelte 
undeutliche Spuren derselben, da sie durch die Krystallisation des 
kohlensauren Kalkes größtentheils verschwinden oder doch unkennt- 
lich werden mussten. Daher finden wir sie nur in den mergeligen 
Schichten, die den unteren Theil der Leithakalkgruppe bilden und 
auch oft dem festen Leithakalke eingelagert erscheinen (Tegel des 
Leithakalkes), in größerer Menge und in wohlerhaltenem Zustande 
aufbewahrt. 

Beide diese Etagen aber — Tegel und Leithakalk — haben 
die vorwiegende Anzahl der Foraminiferen gemeinschaftlich, und ihr 
Unterschied liegt weniger in der Verschiedenheit der einzelnen in 
ihnen eingebetteten Species, als vielmehr in der abweichenden quan- 
titativen Entwicklung, zu welcher die Arten in dem einen oder dem 
anderen Gliede gelangt sind. Auf diese Weise sehen wir vom Badener 
Tegel an durch den oberen Tegel (von Vöslau, Grinzing, Rudelsdorf 
u. s. w.) bis zum Leithakalk eine allmälige Umwandlung der 
Foraminiferenfauna eintreten, ohne daß sich irgendwo eine scharfe 
Grenze ziehen ließe. Man muß, um Irrthümer möglichst zu vermei- 
den, bei Beurtheilung des Alters nicht die einzeinen Species, sondern 
vielmehr die Gesamtphysiognomie der Foraminiferenfauna in das 
Auge fassen. 

Von den 114 Foraminiferenspecies von Wieliezka, welche auch 
aus dem Wiener Becken bekannt sind, kommen 76 — mithin 66 
Pct. — im Tegel und Leithakalk zugleich vor. Ausschließlich im 
Leithakalk sind bisher 11 Arten, nur im Tegel 26 Arten angetroffen 
worden. Im Allgemeinen würde daher Wieliezka mit dem Tegel 101 
Arten — 90 Pet. —, mit dem Leithakalk 85 Arten — 76 Pet. — 
gemeinschaftlich besitzen. Bei flüchtiger Betrachtung würden diese 
Zahlenverhältniße unbedingt für die Übereinstimmung des Salzlagers 
mit dem Tegel geltend gemacht werden können. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wicliezka in Galizien. 39 


Erwägt man dagegen, daß unter den dem Tegel und Leithakalke 
gemeinschaftlichen Species acht nur bis in den oberen Tegel herab- 
steigen; daß eine nicht unbeträchtliche Anzahl derselhen im Leitha- 
kalke oder doch im oberen Tegel ihren hauptsächlichen Sitz hat, 
im Badener Tegel aber nur in geringer Individuenzahl auftritt; daß 
endlich von den bisher nur in dem Tegel des Wiener Beckens beob- 
achteten 26 Arten 13 ausschließlich dem oberen Tegel, dagegen 
nur 5 dem unteren Tegel angehören, so dürfte der Schluß gerecht- 
fertigt erscheinen, daß die Foraminiferenfauna der Steinsalzablage- 
rung von Wieliezka mit jener der unteren Schichten des Leithakalkes 
und des oberen Tegels die größte Analogie verraihe. Von der im 
Allgemeinen weit ärmeren Fauna des Schliers weicht sie in manchen 
nicht unwesentlichen Zügen ab. 

Erwähnt muß übrigens noch werden, daß von den Wicliezkaer 
Foraminiferen 7 Arten bis in das Unteroligocän, 31 Arten bis in das 
MitteJoligocän, 8 nur bis in das Oberoligocän herabsteigen. 6 Spe- 
cies sind mir sogar bisher nur aus dem Septarienthon bekannt gewor- 
den. Doch unterliegt es kaum einem Zweifel, daß sie in der Folge 
auch in miocänen Schichten des Wiener Beckens und anderer Gegen- 
den werden gefunden werden. Ebenso ist es vorauszusetzen, daß die 
Zahl der bisher auch lebend beobachteten Arten (29) eine beträcht- 
liche Zunahme erfahren wird, wenn fortgesetzte Untersuchungen 
unsere Kenntniß der Foraminiferenfauna der europäischen Meere 
werden vervollständigt haben. 

Die fossilen Reste der Anthozoen haben sich bisher nur auf 
eine einzige Species beschränkt, die den Einzeln-Korallen und zwar 
den Caryophylliden angehört. Merkwürdig ist es, daß sie nur im 
körnigen, bisweilen sehr klaren Steinsalze eingewachsen gefunden 
wird. Im Salzthone ist noch keine Spur davon wahrgenommen wor- 
den. Es mag sein, dafs die während der offenbar langwährenden 
Concentrationsdauer der Salzlösung bis zu beträchtlicher Größe 
herangewachsenen Caryophyllien bei beginnender Krystallisation des 
Salzes theilweise die Centralpunkte bildeten, um welche der Ansatz 
des Salzes besonders leicht und rasch von Statten ging. 

Die Bryozoen von Wieliezka sind zum größten Theile (18 
Speeies = 80 Pet.) mit solchen des Wiener Beckens identisch. Von 
ihnen liegt die vorwiegende Mehrzahl — 14 Species — im Leithakalk, 
drei zugleich im Tegel und Leithakalk und nur eine Art (Lepralia 


40 Reuss. 


Heckeli Rss.) wurde bisher ausschließlich im Tegel beobachtet. Zu 
einer Parallelisirung der Schichten dürften aber hier die Bryozoen 
sich um so weniger eignen, als jene des Wiener Beckens beinahe 
durehgehends dem Leithakalk angehören. Es ist dies auch leicht zu 
erklären, indem der Leithakalk als eine an der Meeresküste, dem 
Hauptsitze der Bryozoen, entstandene Bildung zu betrachten ist. Nur 
selten und vereinzelt, entweder Molluskenschalen überrindend oder 
zufällig eingeschwemmt, trifft man sie im Tegel, dessen Bildung in 
weiterer Entfernung von den Küstenlinien, im offenem Meere vor sich 
gegangen ist. Das ziemlich häufige Vorkommen der Bryozoen im 
Steinsalzlager von Wieliezka wird höchstens den Schluß gestatten, 
dafs dasselbe seine Entstehung ebenfalls in der Nähe der Meeresküste 
gefunden hat. Übrigens wurde schon an anderen Orten mehrmals 
Erwähnung gethan, daß die Bryozoen zur Bestimmung des relativen 
Alters der verschiedenen Tertiäretagen eine weniger geeignete An- 
wendung finden, weil eine beträchtliche Zahl durch mehrere dersel- 
ben ihre Existenz ungefährdet fortgesetzt hat und daher ihnen ge- 
meinschaftlieh ist. 

Einen geringen Anspruch auf Bedeutung in der vorerwähnten 
Richtung können auch die Östracoden erheben. Auch sie scheinen 
sich dem Wechsel der Verhältniße sehr leicht accommodirt zu haben 
und reichen daher oft durch mehrere Abschnitte der Tertiärperiode 
hindurch. Im Wiener Becken findet man sie in großer Anzahl, vor- 
zugsweise in manchem Tegel zusammengehäuft, und besonders die 
Arten der Gattung Bairdia gehören in der Mehrzahl und in der größ- 
ten Individuenfülle demselben an. Die Cytheren liegen theils im 
oberen Tegel, theils in den Tegelschichten des Leithakalkes. Im 
festen Leithakalke sind ihre kleinen Schalen aus dem bei dem Fora- 
miniferen geltend gemachten Grunde nicht erhalten. Übrigens schei- 
nen sie, gleich den lebenden Östracoden, den vorwiegend thonigen 
Schlammgrund des Tegels zum Wohnsitze vorgezogen zu haben. Von 
den 19 Arten, welche Wieliezka mit dem Wiener Becken gemein- 
sehaftlieh besitzt, hat der Leithakalk ausschließlich nur zwei, der 
Tegel aber neun geliefert. Ebenso viele Arten sind in beiden zugleich 
beobachtet worden. 

Eine viel größere Wichtigkeit für die Parallelisirung der salz- 
führenden Schichten von Wieliezka erlangen die Conchiferen und 
Gasteropoden schon dadurch, daß in Folge der gründlichen Bearbei- 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 41 


tung, die diese Thierelassen, selbst in ihren kleinsten Formen, für 
das Wiener Becken gefunden haben, eine sorgfältige und detaillirte 
Vergleichung ermöglicht wird. 

Von den 26 Bivalven von Wieliezka, die ich bisher zu be- 
stimmen vermochte, kommen 22 auch im Wiener Becken vor; doch 
ist es wahrscheinlich, daß auch Peeten scabridus Eiehw., P. Eich- 
waldi Rss. und Spaniodon nitidus Rss. in der Folge darin noch 
werden nachgewiesen werden. Ervilia podolica Eichw. gehört den 
Cerithienschiehten an, in welchen sie an verschiedenen Localitäten 
in Menge zusammengehäuft erscheint. Drei Arten (Eryeina ambigua 
Nyst., E. austriaca Hörn. und Modiola Hörnesi Rss.) sind vor- 
zugsweise im Sande von Grußbach, Grund und Pötzleinsdorf zu 
Hause. Pecten denudatus Rss. und Solenomya Doderleini Mey. 
charaeterisiren durch ihr massenhaftes Auftreten insbesondere den 
Schlier von Ottnang, während sie, namentlich die letztgenannte, bei 
Wieliezka, so wie in den übrigen Schichten des Wiener Beckens, nur 
sehr vereinzelt auftreten. Die bei weitem größere Anzahl der Wie- 
liezkaer Bivalven hat ihr Hauptlager in den höheren Schichten des 
Wiener Beckens. Nur eine Species (Astarte triangularis Mont. 
sp.) ist bisher nur aus dem Leithakalk bekannt. Zwölf Arten sind 
dem Tegel und Leithakaik gemeinschaftlich. Vier Arten (Tellina 
donacina L., Venus marginata Hörn., Eryceina ambigua Nyst. 
und austriaca Hörn.) sind vorzugsweise im Tegel und Sand zu 
Hause, doch erheben sie sich auch bis in die oberen Tegelschich- 
ten. Mehrere Arten erreichen, was die Individuenzahl betrifft, im 
Leithakalk den Höhenpunkt der Entwicklung. 

Faßt man endlich die einzelnen Localitäten des Vorkommens in 
das Auge, so überzeugt man sich, daß von den 21 im Wiener Becken 
überhaupt vorgefundenen Arten die beträchtliche Anzahl von 12 Arten 
in den Schichten des Leithakalkes von Steinabrunn in Mähren beob- 
achtet worden ist. Der Sand von Grund und Grußbach hat 17, 
jener von Pötzleinsdorf ebenfalls 10 Species dargeboten, während im 
Badener Tegel nur 7 Species angetroffen worden sind. 

Zu noch bestimmteren Resultaten führt die specielle Betrachtung 
der Gasteropoden, deren Vorkommen Wieliezka mit den Schichten 
des Wiener Beckens theilt. Ihre Zahl beläuft sich auf 31. Jedoch 
müssen einige derselben bei der Vergleichung zuvor ausgeschieden 
werden. So z. B. Bithynia immutata Frfld., die in dem brakischen 


42 Re. s[s. 


Tegel des Raaber Bahnhofes und von Mauer beobachtet wurde, und 
Planorbis Reussi Hörn., welehe nur der Süßswasserkalk des Eich- 
veliefert hat. Beide 


\ 


kogels zwisehen Mödling und Gumpoldskirehen 
können in der Wieliezkaer Fauna nur als eingeschwemmte Fremd- 
linge angesehen werden. Es bleiben daher zur Vergleichung 29 Arten 
übrig. Von diesen ist nur eine — Trochus angulatus Biehw. — 
aussehließlieh in dem Leithakalke des Wiener Beckens. eine andere 
— Actaeon pinguis Orb. — in diesem und in dem Sande von 
Grund und Grußbach angetroffen worden. Fünf Species hat bisher 
nur der Tegel und zwar eine derselben ausschließlich der obere 
Tegel dargeboten. Dagegen liegen 22 Arten zugleich im Tegel und 
Leithakaik, so daß mithin die Gesamtzahl der im Leithakalk ge- 
sammelten Species 24 beträgt. Von diesen hat der schon früher 
erwähnte Fundort — Steinabrunn in Mähren — 23 geliefert. 

Die einzige Cirripedienspeeies — Poecilasma miocaenica Rss. 
— ist bisher nur aus dem Leithakalke von Podjarkow in Galizien 
bekannt gewesen !), während die kleine Krabbe, bis jetzt auf 
Wieliezka beschränkt, nicht zur Vergleichung dienen kann. 

Faßt man nun diese in Betreff der einzelnen Thierelassen 
erhaltenen Resultate, so weit sie überhaupt mit einander vergleichbar 
sind, zusammen, so gelangt man, wenn dieselben gleich noch manches 
zu wünschen übrig lassen, doch zu dem Resultate, dafs die Steinsalz- 
ablagerung von Wieliezka in paläontologischer Beziehung die größte 
Analogie mit den jüngeren marinen Miocänschichten des Wiener 
Beckens verräth. Am sichersten kann sie jenen Schichten gleichge- 
stellt werden, welche in das Niveau der dem Leithakalke angehörigen 
Tegellagen und des obern Tegels gehören. Denn es läßt sich eine 
sehr große Übereinstimmung ihrer Fauna mit jener des Leithakalkes 
von Steinabrunn und anderer Localitäten von gleichem Alter nicht 
verkennen, während sie jener der tieferen Sehichten des Wiener 
Beckens bei weitem ferner steht. 

Mit dem Schlier von Ottnang hat Wieliezka zwar zwei auf- 
fallende Formen gemeinschaftlich, nämlich Solenomya Doderleini 
May., die in den Jüngeren Schiehten des Wiener Beckens nur sehr 
selten auftritt, und den im letzteren bisher noch nicht beobachteten 


1) Erst im Veilaufe meiner Arbeit habe ich sie auch in den gypsführenden Schichten 


der Umgebung von Troppau angetroffen. 


. - n > . =C . B # le s 
Die fossile Fauna der Steinsatzablagerung von Wieliezka in Galizien. 43 


Peeten denudatus Rss., weicht aber in anderen Beziehungen viel- 
fach davon ab. Es dürfte daher die von Herrn Prof. Suesst) aus- 
gesprochene Vermuthung, daß die Salzablagerungen Galiziens und 
die lange Reihe von Salzquellen, welche die Karpathen begleitet, dem 
Schlier zufallen möchten, kaum gerechtfertigt sein. 

Noch weit entfernter ist die Ähnlichkeit mit den Cerithienschich- 
ten, welche nur durch das Auftreten einiger, sonst die genannten 
Sehichten eharacterisirenden Petrefacten angedeutet wird. Freilich 
wird die Flora des benachbarten Swoszowice von O. Heer der Flora 
von Tokay und Szagadat gleichgestellt, also gerade in jene sarmatische 
Sehichtengruppe versetzt, während die Flora von Wieliezka der 
helvetischen Stufe angehören soll 2). Es fehlt jedoch bisher die 
Bestätigung jener Ansicht durch fossile Thierreste. Es liegt bisher 
eine einzige Pectenschale vor, deren schon Zeuscehners) Erwäh- 
nung thut. Er zieht sie irriger Weise zu P. Lilli Pusch.—=P. sca- 
bridus Eichw. Denn sie unterscheidet sich von der im Salzthone 
von Wieliezka häufig vorkommenden Species aufiallend und gehört 
offenbar in die Gruppe des P. polymorphus Br. und adspersus 
Lamk. Eine nähere Bestimmung ist jedoch nicht zulässig, da die 
Schale nur mit ihrer Innenseite frei liegt, an der Außenseite aber 
mit dem festen schwefelhaltigen Gebirgsgesteine untrennbar zusam- 
menhängt. Die von Zeuschner ebenfalls erwähnten, mit Schwefel 
gefüllten Schneckenschalen, die angeblich der Gattung Natica ange- 
hört haben sollen, waren schon zu Zeuschner’s Zeit verloren 
gegangen. 

Die den gesamten Nordrand der Karpathen begleitenden, aber 
auch anderwärts verbreiteten Ölschiefer dagegen, für welehe Schim- 
per den Namen Amphisylenschiefer in Vorschlag bringt, gehören 
einem weit älteren Niveau an. Sie zeigen sehr zahlreiche und bedeu- 
tende Lagerungsstörungen und liefern Petroleum und Ozokerit in 
beträchtlicher Menge. Überdies sind sie durch häufige Fischreste, 
sowie durch Einschlüsse von Menilitopalen characterisirt, weßhalb 


1) E. Suess Untersuchungen über den Charakter der österreichischen Tertiär- 
ablagerungen I. p. 63. Aus den Sitzb. der k Akad. d. Wissensch. Bd. 54. I. Abtlı. 

2) 0. Heer Untersuchungen über das Klima und die Vegetationsverhältnisse des 
Tertiärlandes 1860, p. 98, 99. 

3) Geognostische Beschreibung des Schwefellagers von Swoszowice bei Krakau in 


Haidinger's gesammelten naturw. Abhdlg. II. 1, p. 175. 


AA BEBHUNSESE 


man sie auch von jeher in der Menilitschiefergruppe zusammenfaßte. 
Nach neueren Untersuchungen dürften sie wohl in das Mitteloligocän 
zu stellen sein t). 

Herr Markscheider Ott in Wieliezka sendete von Bogusice, 
eine Viertelstunde nördlich von Wieliezka, Bruchstücke eines groben 
kalkigen Sandsteines ein, welcher neben zahlreichen kleinen Kalk- 
eoneretionen und Geschieben auch größere Geschiebe von Quarz und 
Sehiefern führt und dadurch stellenweise conglomeratartig wird. 
Auch Petrefaeten liegen nicht selten darin, aber meistens nur in Frag- 
menten. Es ließen sich darunter Pecten flabelliformis Brocchi, 
Steinkerne von Peetunculus (wahrscheinlich von P. pilosus L.) und 
ungelaltete Deckelschalen einer Auster erkennen ließen. Die erst- 
genannte Versteinerung macht es höchst wahrscheinlich, daß das 
Gestein dem wahren Leithakalke angehört und daher den salzführen- 
den Schichten von Wieliezka aufgelagert ist. 

Bei genauerer Betrachtung der tabellarischen Zusammenstellung 
der Versteinerungen von Wieliezka drängt sich noch eine andere 
Frage auf, nämlich, welche Versteinerungen im Salzthone und welche 
im Steinsalze eingebettet vorkommen; ob eine wesentliche Verschie- 
denheit zwischen beiden obwalte, und durch welche Verhältniße diese 
etwa herbeigeführt werde. Daß eine solehe bedeutendere Verschie- 
denheit nicht Statt haben könne, geht schon aus den Lagerungsver- 
hältnıssen des Steinsalzes hervor. Denn dasselbe bildet, nach 
mancherlei unwesentlichen Characteren mit verschiedenen Namen 
bezeichnet, bald mehr weniger unregelmäßige Schichten, welche mit 
eben solchen Lagen von Salzthon, Gyps und Anhydrit wechseln, bald 
größere und kleinere Nester und völlig regellose trümmerartige 
Massen, welche in den bisweilen sandigen Thon eingebettet sind. 
Nirgend läßt sich eine regelmäßige Reihenfolge nachweisen. Der 
durch das Auflösen des Salzes erhaltene Rückstand liefert auch überall 
dieselben Petrefactenspecies, wenn man von den sehr seltenen, stets 
vereinzelten Vorkommnissen absieht. 

Zu denselben Beobachtungen bietet der Salzthon Gelegenheit. 
Ich habe reichliches Material untersucht, welches von 10. zu 10 


1) Fr. Posepny im Jahrb. der k.k. geol. Reichsanstalt 1865, Bd. 15, pag. 351. ff. — 
Prof. £. Sueß& Untersuchungen über den Char. d. österr. Tertiärablagerungen I, 
pag. 52, 54 ff. In den Sitzb. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 54. — Sandberger, 
im Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1866. XVI. Verhdigen. p. 24. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 45 


Klaftern Tiefe ausgehoben war, und überall habe ich eine sehr große 
Übereinstimmung in der Foraminiferenfauna, die wegen ihrer allge- 
meineren Verbreitung allein zu Rathe gezogen werden konnte, ge- 
funden. Die in den einzelnen Schlämmproben wahrgenommenen 
Abweichungen beschränkten sich auf solehe, wie man ihnen überall 
in unmittelbar aneinander grenzenden Schichten einer Ablagerung 
oder selbst in verschiedenen Regionen derselben Schichte begegnet. 
Nirgend gab sich eine bestimmte, der Schichtenfolge entsprechende 
Aufeinanderfolge der Fossilreste zu erkennen, so dafs man in paläon- 
tologischer Beziehung sich genöthigt sieht, die Steinsalzablagerung 
von Wieiiezka als ein zusammenhängendes untrennbares Ganzes zu 
betrachten. 

Die Vertheilung der Petrefacten im Salzthone und Steinsalze, 
wie sie sich bisher herausgestellt hat, ergibt sich aus nachstehender 
Übersicht. 


Im Salzthon Im Steinsalz In beiden 


allein allein zugleich 


Foraminiferen . 
Amlozoen 1.0....'. ... — 
BevozBen ana: Nerr). 1 18 4 


Davene 2 . 2:00 ya 11 

BrEspoden .;. . .... ... = 3 — 
Basteropaden . . . . . . 13 15 13 
Banaeadn.: 2... .. 21 6 1 
Eirsipeden ... '.. 


Decapoden 


Die Vergleichung der im Salzthon und im Steinsalz eingeschlos- 
senen Versteinerungen lehrt vor Allem, dafs die letzteren in der Regel 
viel schlechter erhalten, mehr abgerieben und zertrümmert sind. Die 
Ursache liegt am Tage. Die im Salzthone enthaltenen organischen 
Reste wurden rasch von dem kalkigen Thonschlamm, welcher sich 
aus dem Wasser, in dem er suspendirt war, mehr weniger schnell 
niederschlug, eingehüllt und vor weiterer Zerstörung geschützt. 
Dagegen mußte ein längerer Zeitraum vergehen, bis das Meeres- 
wasser einen so hohen Grad der Concentration erreichte, daß das 
Steinsalz aus demselben herauszukrystallisiren vermochte. Während 


Ab Reuuss. 


dieser Zeit wurden die längst abgeslorbenen organischen Wesen in 
den mehr weniger stürmiseh bewegten Wässern vielfach hin und her 
geworlen und dabei abgerollt, zertrümmert und die zarieren ohne 
Zweifel gänzlich zerrieben. Dadurch wird es erklärt, daß die vor- 
wiegende Menge besonders der sehr zerbreehlichen Foraminiferen 
und Ostracoden im Salzthone gefunden wird. Im Steinsalz sind nur 
die stärkern Widerstand leistenden ktieselschaligen oder mit eompac- 
ter porzellanartiger Schale versehenen erhalten, so wie jene, welche 
überhaupt eine diekere, dem kugeligen sieh mehr nähernde Schale 
besitzen. Ebenso trifft man im Steinsalz nur kleine diekschaligere 
Gasteropoden und Bivalven, letztere besonders mit beiden vereinigten 
Klappen, wodurch in den meisten Fällen die Untersuehung des 
Schloßes vereitelt wird. Von den übrigen sind im Salze fast stets 
nur unbestimmbare Trümmer vorhanden. Aus dem Salzthone aber, 
in welchem sie öfters noeh im Zusammenhange liegen, lassen sich 
die vereinzelten, durch Caleination sehr zerbreehlich gewordenen 
Sehalen nur sehr selten vollständig auslösen. Übrigens ist bei den im 
Steinsalze eingebetteten Fossilresten die chemische Einwirkung der 
eoncentrirten Salzlösung auf die Schalensubstanz nieht außer Acht 
zu lassen, denn man findet dieselbe nieht selten an der Oberfläche 
rauh, glanzlos, angefressen, ja selbst tief erodirt, durehlöchert und 
auf mannigfache Weise unkemntlich gemacht. 

Daß die Bryozoenreste vorwiegend dem Steinsalze angehören 
und nur sehr vereinzelt im Salzthone vorkommen, mag mit der schon 
früher hervorgehobenen Erscheinung im Zusammenhange stehen, daß 
die Reste dieser Thierclasse überhaupt in den kalkig-thonigen Tegel- 
ablagerungen nur eine seltene Erscheinung sind. — 

Abgesehen von der Bestimmung des relativen Alters, gewährt 
die Petrefactenführung des Steinsalzlagers von Wieliezka, wie schon 
früher angedeutet wurde, noch den unschätzbaren Vortheil, daß sie 
uns einen vollkommen sicheren Aufsehluß über seine Entstehung und 
dadurch zugleich über die Bildung der Steinsalzablagerungen über- 
haupt bietet. Die Gegenwart zahlreicher, zum Theil sehr wohlerhal- 
tener Reste von Meeresthieren wird nur durch die Voraussetzung 
erklärlich, daß das Salz samt den begleitenden Mineralsubstanzen 
in dem Meerwasser gelöst war und aus diesem, gleich den organischen 
Resten, abgesetzt worden ist. Es erscheint daher als das nach dem 
Verdunsten des Wassers übriggebliebene Residuum. Eine andere 


Ad 
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 41 


Erklärungsweise wird durch das Dasein der fossilen Reste geradezu 
ausgeschlossen. Es wird dies auch von allen neueren Geologen un- 
bedingt anerkannt. 

Daß eine Steinsalzbildung im offenen Meere nicht zu Stande 
kommen könne, unterliegt keinem Zweifel, da in demselben niemals 
eine solehe Coneentration der Salzlösung eintreten kann, daß das 
Herauskrystallisiren des Salzes ermöglicht würde. Dieselbe kann nur 
in einem abgeschlossenen kleineren Meeresbecken erfolgen, in 
welchem der Zutritt neuen Wassers ganz oder doch zeitweilig auf- 
gehoben wird und mithin die Verdunstung des wässerigen Lösungs- 
mittels ein beträchtliches Übergewicht über die neue Zufuhr erlangt. 
Auffallende Beispiele dieses Vorganges liefern uns die zahlreichen 
größeren und kleineren Salzseen, deren Verhältniße durch oftmalige 
Schilderungen zu bekannt sind, als daß sie hier einer wiederholten 
Erörterung bedürften t). 

Inwiefern die Lage von Wieliezka in der Meeresenge, welche, 
zwischen den Jurakalken des Krakauer Gebietes im Norden und den 
Karpathen im Süden eingeschlossen, das österreichisch - mährisch- 
schlesisehe Tertiärmeer mit dem galizisch-polnisehen verband, einen 
besonderen Einfluß auf die Salzbildung ausübte, muß ich unentschie- 
den lassen. Ganz ohne Einfluß dürfte dieser Umstand kaum gewesen 
sein, wenn man gleich den aus den eigenthümlichen Verhältnißen 

-Z. B. des mittelländischen Meeres und dem im Meere mit der Tiefe 
zunehmenden Salzgehalte vom Lyell u. a. gezogenen Schlüßen nicht 
beistimmen kann. 

Die Bildung solcher abgesperrten Merresbecken kann entweder 
durch längs den Meeresküsten erfolgte partielle Hebungen oder 
durch Vorlagerung von Sandbarren u. dgl. hervorgebracht werden. 
Auch in unserem Falle haben ohne Zweifel solche Agentien gewirkt, 
denn das Steinsalzlager von Wieliezka liegt gleich den übrigen Salz- 
ablagerungen am Nordrande der Karpathen längs der Küste des 
Tertiärmeeres, welches einst die Ebene von Galizien und eines Thei- 
les des angrenzenden Polens überfluthete und dessen Uferrrand dureh 
den Verlauf der Karpathen klar angedeutet wird. 


1) Man findet solche Schilderungen unter anderen in G. Bischof’s Lehrbuch der 
chemischen und physikalischen Geologie. 2. Auflage. I. Cap. 5. B; II. Cap. 18, 
pag. 49 —77, sowie in Fr. Mohr’s Geschichte der Erde 1866, p. 32 —43. 


48 Reuss 


Diese Abschliefßsung kann aber keine vollständige oder doch 
keine ohne Unterbreehung andauernde gewesen sein, denn sonst 
mülste man, um die Entstehung eines Salzlagers von der Mächtigkeit 
des Wieliezkaer zu erklären, ein Meer von beispielloser Tiefe vorraus- 
setzen, — eine Annahme, die sich, insbesondere in der Nachbar- 
schaft der Meeresküste, nicht rechtfertigen ließe. Die absperrenden 
Dämme dürften sieh vielmehr zu einer Höhe erhoben haben, welche 
die Überfluthung zur Zeit hoher und stürmischer Meeresfluthen wenig- 
stens theilweise gestattete, oder es mnßten doch einzelne Canäle vor- 
handen sein, durch welche der zeitweilige Eintritt des Meeres in das 
Becken ermöglicht wurde. Dadurch geschah die Zufuhr immer neuen 
Salzmateriales und das Anwachsen der Salzablagerung schritt allmälig 
fort. Diese Zunahme fand darin kein Hinderniß, daß das neu einströ- 
mende Meereswasser jedesmal einen Theil des schon gebildeten 
Salzniederschlages wieder auflösen mußte. Das Gelöste kam in der 
Folge bei fortschreitender Verdunstung, vermehrt durch die Menge 
des neu hinzugekommenen Salzes, doeh wieder zum Absatze. 

Es ist leicht einzusehen, daß diese Vorgänge sich oftmals 
wiederholen mußten, um endlich im Laufe der Zeit eine mächtige 
Salzablagerung aufzubauen. Die gegen diese Vorstellung der „ab- 
und zulaufenden Meere“ erhobenen Bedenken !) vermögen ihre Rich- 
tigkeit wenigstens in der hier bezeichneten Richtung nicht zu er- 
schüttern, denn das Steinsalzlager von Wieliezka gibt uns unwider- 
legliche Beweise dafür an die Hand. 

Schon das Vorhandensein von organischen Resten in sehr ver- 
schiedenem Niveau der Ablagerung setzt eine Wiederholung der 
Wasserzufuhr außer Zweifel. In einer so eencentrirten Salzlösung, 
wie sie zum Herauskrystallisiren des Salzes erfordert wird, konnte 
das organische Leben offenbar nicht gedeihen. Eine allmälige Abla- 
gerung von Thierversteinerungen, deren zum Theile wohlerhaltener 
Zustand auf einen raschen Absatz hindeutet, kann also nur darin 
seine Erklärung finden, daß mit dem Wasser zugleich stets neue das- 
selbe bewohnende Thiere dem abgeschlossenen Becken zugeführt 
wurden, um dort ın kurzer Frist abzusterben und theils im Schlamme 
abgelagert, theils erst später vom krystallisirenden Salze umschlossen 
zu werden. 


I) Volger, das Steinsalzgebirge von Lüneburg. 1865, pag. 14. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 49 


Der Wechsel von Salzthon mit Lagen bald reineren, bald un- 
reineren Salzes bietet uns einen zweiten Beweis für die ausgespro- 
chene Ansieht. Jedes neue Eindringen der muthmaßlich stürmisch 
aufgeregten Meeresfluthen brachte zugleich eine beträchtliche Menge 
suspendirter Schlammtheile mit sich, welche sich auf mechanischem 
Wege ahsetzten, ehe es zur chemischen Ansscheidung des Salzes 
kommen konnte. Nur die feinsten Theilchen blieben noch durch län- 
gere Zeit im Wasser suspendirt und wurden von dem krystallisiren- 
den Salze umschlossen. Daß in späterer Zeit, nach vollendeter Ab- 
lagerung der Schichten, innerhalb derselben durch die ohne Unter- 
laß eindringenden Gewässer neue Lösungen und Absätze von man- 
cherlei Substanzen stattfinden und dadurch Regenerätionen der Salz- 
masse, Veränderungen in der Mächtigkeit und Lage der Schichten, 
Krümmungen, Hebungen und Senkungen derselben herbeigeführt 
werden mußten, ist von selbst verständlich. Auch die Imprägnation 
der abgelagerten Thone mit Salz und ihre Umbildung zu Salzthonen 
ist in diese spätere Periode zu versetzen. Durch die Combination 
wenngleich langsam, doch ununterbrochen wirkender Agentien kam 
allmälig eine sehr wesentliche Änderung der räumlichen und qua- 
litativen Verhältnisse und endlich die jetzige Unregelmäßigkeit der 
Lagerungsverhältnisse des Steinsalzlagers zu Stande. Auch die zer- 
stückte trümmerartige Beschaffenheit des Grünsalzes von Wieliezka 
dürfte viel eher durch solche Vorgänge, besonders durch eine spätere 
theilweise Wiederauflösung der schon gebildeten Salze zu erklären 
sein, als durch eine consecutive mechanische Zertrümmerung des Salz- 
lagers, worauf schon Schafhäutl im Allgemeinen hingedeutet hat. 

Aber in eine umfassendere und tiefer eingehende Prüfung der 
einzelnen zum Theile höchst merkwürdigen geognostischen Verhält- 
nisse von Wieliczka einzugehen, ist hier weder am geeigneten Platze, 
noch ohne vorausgehende länger fortgesetzte sorgfältige Localunter- 
suchungen durchführbar. 

Auch die oftmalige Wiederkehr von Anhäufungen von Gyps oder 
von Anhydrit, in welchen der erstere sich theilweise umgewandelt hat, 
findet in den angegebenen Verhältnissen ihre Erklärung. Da bei fort- 
sehreitender Concentration des Meerwassers sich jedesmal der 
schwefelsaure Kalk zuerst ablagern mußte, ist bei Wiederholung des 
Concentrationsprocesses auch der wiederholte Absatz von Gyps eine 
unerläßliche Thatsache. Freilich wird ein nicht unbeträchtlicher 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 4 


50 Reuss. 


Theil des jetzt vorhandenen Gypses dem am Ende jeder Ablagerungs- 
periode und in noch späterer Zeit eintretenden Austausche der leich- 
ter löslichen Salze der Ablagerung gegen das ohne Unterlaß zuge- 
führte Kalksulfat seinen Ursprung verdanken, — ein Vorgang, der 
bei allen Salzablagerungen eintritt und auf den besonders Volgert) 
aufmerksam gemacht hat. Zur Bildung eines anhydritischen Hutes ?) 
d.h. zum Absatze von beträchtlicheren Gyps- und Anhydritmassen 
über der Steinsalzablagerung ist es bei Wieliezka ebenso wenig 
gekommen, als bei den übrigen Salzstöcken Galiziens und bei jenen 
Siebenbürgens. Das Fehlen derselben, so wie grosser Mengen von 
Sulfaten und Chloriden, wie wir diese in so ausgezeichneter Ent- 
wicklung im Hangenden des Steinsalzes von Staßfurth beobachten, 
liefert den klaren Beweis, daß bei Wieliezka die nach dem Heraus- 
krystallisiren des Natriumehlorids zurückgebliebene Mutterlauge nicht 
ebenfalls der Verdunstung unterlegen ist. Selbst das Steinsalz von 
Wieliezka hat sich durch die vorgenommenen Analysen als sehr arm 
an Salzen der Mutterlauge erwiesen. Es liegt mithin der Schluß 
nahe, daß, ehe noch der Verdunstungsproceß vollständig beendet 
und nachdem das abgelagerte Steinsalz durch abgelagerte Thon- 
schichten vor der Wiederauflösung geschützt war, die Mutterlauge 
durch einen neuen stärkeren Meereseinbruch oder durch süsses 
Wasser verdünnt, nach irgend einer Richtung ihren Abfluß gefunden 
habe. 

Es wurde schon früher angedeutet, daß die Gypsschichten ver- 
steinerungsleer sind und auch der Salzthon, wo er reicher an Gyps 
erscheint, keine oder nur sehr sparsame und kleine organische Reste 
führt. Offenbar hat der Gypsabsatz stattgefunden, ehe noch das 
Meerwasser eine dem organischen Leben durchaus verderbliche Zu- 
nahme des Salzgehaltes erfahren hatte. 

Dieser deletere Einfluß gibt sich auf mehrfache Weise zu er- 
kennen. Die organischen Wesen, welche durch jeden neuen Meeres- 
ausbruch in die abgeschlossene Bucht zugleich mit suspendirten 
unorganischen Theilchen eingeführt wurden, konnten ihr Leben nur 
so lange fristen, als der Salzgehalt des Wassers nicht zu sehr gestei- 
gert wurde. Sobald die Concentration der Salzlösung einen zu hohen 


1) L. ce. p. 14. 
2) Volger l.e. p. 13 fi. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 51 


Grad erreicht hatte, mußten sie rasch absterben und in den zugleich 
sich niedersehlagenden Schlamm- und Sandtheilehen begraben oder 
später von dem krystallisirenden Steinsalze umschlossen werden. Daher 
finden wir die Reste der Mollusken, welche gegen die Einwirkung 
des Salzes am empfindlichsten waren, nur an sehr vereinzelten 
Stellen im Salzthone liegen, aber da in sehr großer Individuenzahl 
zusammengehäuft. Eine viel weitere und gleichmäßigere Verbreitung 
genießen die Foraminiferen und Ostraeoden, welche den erhöhten 
Salzgehalt des Wassers viel länger ertragen zu haben scheinen und 
daher erst später und mehr allmälig seinem verderblichen Ein- 
flusse unterlagen. Es wird dadurch das Vorhandensein von Fossilresten 
dieser Thierelassen in beinahe allen Salzthonen, sowie in dem mei- 
sten Steinsalze, mit Ausnahme des erst später durch Regeneration 
gebildeten, erklärt. 

Ein anderer Einfluß der eoncentrirten Salzlösung gibt sich in 
der Beschaffenheit der meisten beobachteten Petrefacten zu erken- 
nen. Die eben erwähnte größere Accommodationsfähigkeit der Fora- 
miniferen und Ostracoden läßt schon von vorne herein erwarten, 
daß ihre Entwicklung und ihr Wachsthum auch unter den herrschen- _ 
den abnormen Verhältnissen mehr normal gewesen sein werde. Und 
wirklich zeigen die gefundenen fossilen Reste derselben keine bemer- 
kenswerthe Abweichung in Größe und Form von den gleichen Arten 
aus den Schichten anderer Localitäten, welche sich voraussichtlich 
in Meeren von normalem Salzgehalte gebildet haben. Auch die Bryo- 
zoen scheinen von der regelmäßigen Entwicklung kaum abzuweichen. 
‚Wenigstens zeigen die kleinen abgeriebenen Bruchstücke, welche 
das Steinsalz von Wieliezka umschließt, durchaus normale Größen- 
und Formverhältnisse. 

Desto deutlicher treten die Spuren eines störenden Einflusses 
an den gefundenen Conchiferen und Gasteropoden hervor. Schon 
früher wurde die beinahe durchgängige Kleinheit der durch Aus- 
waschen aus dem Salzthone und Steinsalze gewonnenen Schalen als 
ein sehr auffallendes Merkmal hervorgehoben. Bisweilen kommt auch 
noch eine verhältnißmäßig größere Dünne derselben hinzu, obwohl 
dieses Kennzeichen bei weitem weniger in die Augen fällt. Die 
Erklärung unterliegt keiner Schwierigkeit. Man hat es theilweise mit 
junger Brut zu thun, welche, plötzlich in ein dem Leben feindliehes 
Medium versetzt, sieh nieht nur nicht weiter zu entwickeln ver- 

Me 


52 Reuss. 


moechte, sondern rasch abstarb. Oder wo das Absterben nicht so- 
gleich erfolgte, trat doch kein gedeihliches Wachsthum ein; die 
Individuen entwickelten sich nur langsam und unvollkommen, bis sie 
endlieh doch auch unterlagen. Ähnliche Wirkungen treten bekannt- 
lieh auch bei sehr vielen Mollusken ein, wenn sie in ein sehr aus- 
gesüßtes Gewässer, das des dem Leben und Gedeihen angemessenen 
Salzgehaltes entbehrt, versetzt werden. Jedoch scheint die Einwir- 
kung nieht auf alle Arten gleich intensiv gewesen zu sein, denn die 
Schalen mancher, z. B. von Nucula nucleus stehen an Größe den in 
den tertiären Schichten anderer Gegenden vorkommenden nicht nach. 
Einzelne normal gebildete Schalen dürften endlich von Individuen 
abstammen, welche schon in entwickeltem Zustande aus dem nach- 
barlichen Meere in das salzige Becken versetzt worden sind. 

Unter den zahlreichen Versteinerungen, welche offenbar rein 
marinen Ursprungs sind, werden im Salzlager von Wieliezka auch 
einige Arten angetroffen, von denen dieser Ausspruch nicht gilt, die 
daher auf complieirtere Verhältnisse hindeuten. Vor allen ist Planor- 
bis Reussi Hörn. zu erwähnen, der bisher nur im Süßwasserkalke 
vom Eichkogel bei Wien bekannt gewesen war und gleich anderen 
Planorbis-Arten nur im süßen Wasser gelebt haben kann. Sein Auf- 
treten im Salzlager von Wieliezka setzt nothwendig voraus, daß ein 
Zufluß von süßem Wasser in das salzige Becken stattgefunden haben 
muß, in welchem die Ablagerung der salzführenden Schichten vor 
sich ging. 

Noch viel bestimmter wird dies dargethan durch die Gegenwart 
zahlreicher Pflanzenreste, welche stellenweise in Menge zusammen- 
gehäuft im Spizasalze eingeschlossen vorkommen. Der Salzthon ent- 
hält nur seltene und unbedeutende Spuren davon (von bituminisirtem 
Holze). 

Unger beschreibt in der schon früher genannten Monographie 
der fossilen Flora von Wieliezka zwei Arten von Coniferenzapfen 
(Pinites, Steinhauera), eben so viele Arten von Coniferenholz (Peuce, 
Taxosxylon), je zwei Species von Früchten von Castanea und Quer- 
cus, drei Species von Wallnüssen, eine Art von Birkenholz (Betuli- 
nium) und zwei Arten von Buchenholz (Fegonium), zu welchen 
noch eine sehr seltene Hülsenfrucht hinzukommt, die die größte 
Verwandtschaft mit Cassia-Früchten besitzt. Es sind dies durch- 
gehends ausgezeichnete Landpflanzen, welche also auf dem Fest- 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 53 


lande in der Nachbarschaft der Küste vegetirt haben müssen. Sie 
deuten zugleich auf eine Baumvegetation hin, welche mit der nord- 
amerikanischen die größte Analogie verräth. 

Aus der Beschaffenheit der fossilen Reste schließt Unger), 
dafs dieselben im frischen Zustande in das salzhaltige Wasser gelangt 
sind, daß sie, noch ehe sie gänzlich vom Salze durchdrungen waren, 
von der krystallinischen Salzmasse umschlossen und erst später im 
Verlaufe langer Zeit in Braunkohlensubstanz umgebildet wurden. Es 
stimmt dies sehr wohl mit der Raschheit überein, mit welcher Salz- 
massen aus vollkommen gesättigten Lösungen herauszukrystallisiren 
vermögen, besonders wenn fremde Körper vorhanden sind, welche, 
die Oberfläche vermehrend, dem anschießenden Salze zur Unterlage 
dienen. 

Auch an Arten fehlt es in der Fauna von Wieliezka nicht, die 
ihren Wohnsitz in brakischen Wässern zu haben pflegen, wie die 
Bythinia-Arten, Nematura und muthmaßlich manche der Ostracoden. 
Sie lebten wahrscheinlich an der Einmündung eines Süßwasser- 
laufes in das salzige Becken oder in benachbarten Ansammlungen 
süßen Wassers, welche nur durch eine unvollständige und vorüber- 
gehende Communication mit dem letzteren verbunden waren. Bythi- 
nia immutata Frfld. sp. soll jetzt noch in gesalzenen Pfützen bei 
Odessa, so wie an den Küsten des caspischen Meeres leben. 

Interessant ist das Vorkommen einiger Molluskenspeeies in 
Wieliezka, welche anderwärts die Cerithienschichten oder, wie sie 
Prof. Suess ?) neuerlichst zu benennen geneigt ist, die sarmatische 
Schichtenstufe characterisiren helfen. Es sind Bythinia Frauenfeldi 
Hörn. sp. und Ervilia podolica Eichw. Sie müssen offenbar bei 
Wieliezka schon zu Ende der Periode der marinen Miocänschichten 
gelebt haben, ehe sie in dem nachbarlichen Volhynien und Podolien und 
im Wiener Beeken in den Cerithienschichten auftraten. Sie gehören 
daher, wie manche andere in diesem Schichteneomplexe vorkommende 
Conehylien, demselben nicht ausschließlich an, sondern reichen in 
die älteren Schichten der marinen Stufe herab, wie dies wenig- 
stens in Betreff der Bythinia Frauenfeldi auch schon anderwärts 
beobachtet worden ist. 

Su Ere: 1. p. 313. 


2) Über die Bedeutung der sogenannten brakischen Stufe oder der Cerithienschichten 


pag. 15. In den Sitzuugsber. d. k. Akad. d. Wissensch, Bd. 34. 


54 Reuss. 


So erwünseht nun die Aufschlüsse sind, welche sich aus den von 
mir vorgenommenen Untersuchungen in Betreff des relativen Alters 
des Wieliezkaer Steinsalzlagers ergeben, so bleibt doch selbst in 
paläontologischer Beziehung, auf welche ich mich hier allein be- 
sehränken mußte, noch manche dunkle Stelle aufzuhellen, noch 
mancher Zweifel zu lösen. Es werden dazu noch umfassendere For- 
sehungen erfordert, welche nicht nur die in den Bergbauen selbst 
wahrnehmbaren Verhältnisse, sondern auch den geognostischen Bau 
der angrenzenden Gebietstheile zum Gegenstande haben. 

Einen interessanten Aufschluß in letzterer Beziehung hat die 
jüngste Zeit gebracht. Schon lange ist das Vorkommen von Gyps- 
lagern bei Kathrein in N. von Troppau !) in den sich in den Thälern 
der Oppa, Oder und Weichsel ausbreitenden Tertiärschichten be- 
kannt, und man war immer geneigt, dieselben mit den salzführenden 
Schiehten von Wieliezka in ein gleiches Niveau zu versetzen. Es 
fehlte aber bisher an paläontologischen Beweisen dafür. Erst die 
neueste Zeit hat auch diese an die Hand gegeben. Auf den Feldern 
von Kathrein wurde ein neuer Versuchbau auf Gyps eingeleitet, und 
zu diesem Zwecke wurde ein Schurfschacht bis zu 15 Klaftern abge- 
teuft und dann noch 7° 2 tief gebohrt. In größere Tiefe wurde die 
Bohrung nicht fortgesetzt, da man bis dahin kein zweites Gypslager 
angefahren hatte. Nach einer gefälligen Mittheilung des Herrn Gym- 
nasialprofessors. Em. Urban wurde nachstehende Schichtenreihe 
durchsunken: 


Dammerdei wien... ass ei‘ 
Lehm. du Jen a. ade 
Sand) ea aa: Hu 


Schotter «3/4. u ah Eee 
Blauer Letien 4.4 ws a ra 


Mergeliiu un un ia ae 
GYP8 2. las 
Schwarzer Tegel... An... , ei 
Muschelführender Kalkstein . .. — — 1 
Schwarzer. Tegel... .. ans 0 


Muschelführender Kalkstein . .. — — 4 


1) Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1851. IH. 2, pag. 160. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 55 


Darunter folgt wieder schwarzer Tegel, in welchem noch 7° 2’ 
tief ohne Unterbrechung gebohrt wurde. Da kein zweites Gypslager 
erreicht wurde, stand man von der Fortführung des Baues ab. Die 
Schichten sind sämtlich unter 8° gegen Süden geneigt. 

Von den an Versteinerungen reichen kalkigen Zwischenschichten 
hat Herr Prof. Urban Proben eingesendet. Die diekeren Schichten 
stellen einen etwas mergeligen, licht aschgrauen Kalkstein dar, der 
mit zahllosen Schalen von Modiola Hörnesi Rss. erfüllt ist, welchen 
nur sehr vereinzelte Schalen anderer Arten eingestreut sind. Das 
ganze Gestein gewinnt dadurch ein conglomeratartiges Ansehen. Die 
dünneren Schichten bestehen aus einem festeren graulichweißen 
dichten, ebenfalls etwas mergeligen Kalkstein und sind auf der 
einen Seite vollkommen ebenflächig, während sie auf der andern 
Fläche dicht gedrängte, meist in dichten Eisenkies umgewandelte 
Petrefaeten enthalten. Ich beobachtete nebst der schon erwähn- 
ten M. Hörnesi Rss. noch Pecten scabridus Eichw., Ervilia 
pusilla Phil., dasselbe feingerippte kleine Cardium, welches 
auch wenngleich immer in schlechtem Erhaltungszustande im 
Wieliezkaer Salzthone liegt, Brut einer Auster und endlich die 
auch bei Wieliezka häufigen Scutalklappen von Poecilasma mio- 
caenica Rss. 

Überdies liegen darin zahlreiche Foraminiferen, meistens von 
sehr kleinen Dimensionen, wie Cornuspira af. Reussi Born., Bilo- 
culina ventruosa Rss., B. amphiconica Rss., B. bulloides d’Orb. 
nebst var. truncata und gracilis Rss., Quinqueloculina pauperata 
dOrb., O0. Aknerana d’Orb., Q. Ungerana d’Orb., Q. suturalis 
Rss., Dentalina Adolphina d’Orb., Glandulina laevigata d’Orb. 
und aequalis Rss., Cristellaria inornata d’Orb., Pullenia bulloides 
d’Orb. sp., Polymorphina depauperata Rss., P. ovata d’Orb., 
P. problemad’Orb., P. spiratan. sp., Sphaeroidina austriaca d’Orb., 
Bulimina elongata dOrb., B. Buchana d’Orb., Uvigerina asperula 
Cziz., Truncatulina sp., Pulvinulina Partschana d’Orb. sp., Noniv- 
nina Soldanii d’Orb. und Polystomella Fichteliana d’Orb. 

Die Mergelkalke von Kathrein haben daher nicht nur fast sämt- 
liche Versteinerungen mit Wieliezka gemeinschaftlich, sondern auch 
in ihren relativen Zahlenverhältnissen, besonders in dem schaaren- 
weisen Auftreten von Modiola Hörnesi gibt sich die größte Über- 
einstimmung zu erkennen. Man darf daraus wohl schließen, daß 


56 Reuss. 


beide Schichtengruppen demselben geologischen Niveau angehö- 
ren !). Es wird in der Folge gewiß gelingen, diese Identität noch 
an anderen Punkten der Tertiärschichten westlich von Wieliezka 
nachzuweisen. 

Viel deutlicher lassen sich die salzführenden Schichten nach 
Osten am Nord- und Südrande der Karpathen verfolgen, da sie ihre 
Gegenwart an vielen Punkten durch das Vorhandensein von Stein- 
salzlagern und Salzquellen verrathen. Jedoch war es bisher nicht 
möglich, in denselben, gleichwie in den übrigen Salzlagern anderer 
Formationen, organische Reste unzweifelhaft nachzuweisen und da- 
durch auf paläontologischem Wege ihr Alter festzustellen, so groß 
die Aufmerksamkeit auch sein mochte, die man diesem Gegenstande 
schenkte. Alle bisher in dieser Richtung gemachten Angaben ent- 
behren die wünschenswerthe Sicherheit. 

Die im Steinsalze von Ischl und von Olezkaja Saschtschita in 
Algier angetroffenen fossilen Hölzer sind leider keiner genaueren 
Untersuchung und Bestimmung unterzogen worden. 

Marcel de Serres und Joly ?) wollen in dem rothen und 
graulichen, ja selbst m dem farblosen Steinsalze von Cardona in 
Spanien zahlreiche Infusorien gefunden haben. Sie leiten selbst die 
Färbung des Salzes von der Gegenwart der Monas Duvaliı Joly 
ab, derselben Species, welche, anfänglich weiß, später grün und im 
Alter purpurfarbig werdend, noch jetzt die Salzsümpfe von Montpellier 
roth färbt. Diese Ansicht hat aber, selbst wenn man die Gegenwart 
von Infusorien im Steinsalze zugibt, wenig Wahrscheinlichkeit, da es 
kaum glaublich ist, daß dieselbe Species, welche wir in den Salz- 
sümpfen der Jetztzeit beobachten, unter ähnlichen Verhältnissen schon 
in ferner Vorzeit massenhaft gelebt habe und uns in erkennbarem 
Zustande erhalten worden sei. Es bleibt immer noch die Vermuthung 
übrig, daß die Infusorien erst später in die Gesteinmasse hinein- 
gelangt seien oder dal® man es mit regenerirtem Steinsalze zu thun 
gehabt habe. 


1) Das sich im tieferen Niveau des Baues ansammelnde Wasser soll nach den erhal- 
tenen Mittheilungen etwas salzig gewesen sein, was auf einen wenn auch geringen 
Salzgehalt der durchfahrenen Schichten hinweisen würde. 

?) L’institut 1842, pag. 26%. — Leonh. u. Bronn’s Jahrb. f. Mineral. 1841, 
pag. 263. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 57 


Dasselbe gilt von den Infusorien und Diatomaceen, welche 
Schafhäutl !) in dem rothen Steinsalze und Salzthone der Alpen 
beobachtet zu haben angibt. 

Ich vermochte weder in dem rothen alpinen, noch in dem tertiä- 
ren ein organisches Pigment nachzuweisen. Überall blieb nach dem 
Auflösen des Salzes neben anderen zufälligen Beimengungen eine 
mehr weniger beträchtliche Menge rothen Eisenoxydes zurück, nicht 
in regelmäßigen krystallinischen Blättchen und Schuppen, wie wir 
sie im rothen Kieserite u. s. w. von Staßfurth finden, sondern in voll- 
kommen formlosem Zustande. Das Eisen konnte sowohl vor dem 
Löthrohre als auch auf nassem Wege mit Sicherheit nachgewiesen 
werden. Das Pigment des rothen Steinsalzes finden wir demnach in 
demselben rothen Eisenocher wieder, welcher auch den rothen Gyps 
und Anhydrit, die rothen Mergel und Sandsteine verschiedener For- 
mationen u. s. w. färbt. 

Dadurch verliert auch die Angabe Schafhäutl's, der das in 
dem Salzthone des Salzkammergutes gefundene Schwefeleisen von 
Infusorien ableitet, ihren Halt. Die feingeschlämmte Salzthonmasse 
soll unter dem Mikroskope aus Überresten von Infusorien zusammen- 
gesetzt erscheinen, die theils zu Gaillonella, theils zu Monas gehö- 
ren. Die Resultate meiner Untersuchungen stehen mit diesen An- 
sichten nicht im Einklange. Das Schwefeleisen im Salzthone hat 
offenbar denselben Ursprung, wie der in anderen sedimentären 
Schichten gefundene Eisenkies. Organische Reste konnte ich nir- 
gends wahrnehmen. 

Ebenfalls problematisch ist noch die Gegenwart organischer 
Einschlüsse im rothgefärbten Carnallit mancher Steinsalzablagerung. 
Zuerst will Göbel solche in Carnallitknollen des Steinsalzes von 
Maman im südlichen Aderbeitjan (Persien) gefunden haben. Derselbe 
hinterlief® bei dem Auflösen in Wasser ein beinahe gleiches Volumen 
einer rothen schleimigen Masse, in welcher Göbel mittelst des 
Mikroskopes nebst zahllosen feinen Nadeln und dunkeln runden und 
hexagonalen Körperchen auch Pilzzellen und Diatomeenpanzer erkannt 
haben will. Er hielt diese Knollen deshalb für Spongien. Dasselbe Ge- 
webe nebst Coseinodiseusschalen beobachtete Göbel später auch im 
Carnallit von Staßfurth. Auch G. Rose, Kindt, Karsten und 


1) Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 51, 1844, p. 263. 


58 Reuss. 


Sehimper glaubten darin vegetabilische Zellen zu erkennen, die sie 
aber bald von einer holzartigen Pflanze, vielleicht einer Cycadee, bald 
von einem Sphagnum, bald von einer Öseillarie ableiteten. 

Wegen dieser divergenten Ansichten wiederholte Prof. Cohn in 
Breslau die Untersuchung. Auch er erhielt durch Auflösen des Car- 
nallits schleimige Klümpehen, deren Hauptmasse durch sehr zarte 
und lange röthliche bis farblose Fäden gebildet wird, welche sich an 
den Enden verdünnen. Wegen der ausnehmenden Feinheit und des 
großen Aschengehaltes derselben zögert jedoch Cohn, sich für ihre 
organische Natur zu entscheiden. Im bejahenden Falle ständen sie 
jedoch den Fäden der Algengattung Yygrogrocis am nächsten, welche 
salzreiche Mineralquellen und verschiedene, selbst jedem anderen 
organischen Leben absolut tödtliche Lösungen bewohnt. Er würde 
sie dann mit dem Namen 7. Bischofi bezeichnen t). 

Mit der größten Wahrscheinlichkeit dagegen konnte man erwar- 
ten, organische Fossilreste in den Steinsalzablagerungen von Sieben- 
bürgen, welche mit jenen am Nordrande der Karpathen einen beinahe 
zusammenhängenden Zug bilden, sowie in jenen der Marmarosch am 
südlichen Abfalle der Karpathen aufzufinden. Doch waren alle bis in 
die neueste Zeit von mir in dieser Beziehung angestellten Unter- 
suchungen erfolglos. Erst jetzt, als mir durch die Güte des Herrn 
Montan-ExpeetantenFr.Posepny reicheres Material zu Gebote stand, 
glückte es mir, im siebenbürgiscehen Salze Versteinerungen, wenn auch 
in sehr geringer Anzahl, nachzuweisen. Am reichlichsten fand ich sie in 
einem unreinen grauen Steinsalze der Thordaer Saline, welches aus den 
oberen Teufen stammte. Der nach dem Auflösen des Salzes zurück- 
bleibende sehr spärliche und feine Rückstand enthält nebst einzelnen 
Sandkörnchen und Bröckehen grauen Thones, Trümmer von kleinen 
Muschelschalen, die ihrer Sculptur nach von einem feingerippten 
Cardium abstammen dürften, sowie sehr seltene und kleine Gehäuse 
von Gasteropoden, Fragmente von Spatangus-Stacheln, welche 
mit jenen aus dem Salze von Wieliezka vollkommen übereinstimmen, 
und endlich Foraminiferen. Von den gefundenen drei fragmentären 
Schneckengehäusen gehört eines der Turbonilla pusilla Phil. an. 
Von den fünf Exemplaren von Foraminiferen lassen sich zwei als 


1) Dreiundvierzigster Jahresbericht der schlesiseh. Gesellsch. für vaterl. Cultur 1866, 
p- 54—56. 


Die fessile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 59 


Polystomella erispa Lam., drei als Truncatulina Dutemplei d’Orb. 
sp. bestimmen. 

Auch in einer der von Herrn Posepny gefälligst eingesandten 
Proben aus dem Salzlager von Maros-Ujvar !) habe ich kleine Fossil- 
reste, wenngleich in sehr geringer Menge, entdeckt, und zwar in einem 
wenig verunreinigten, schwach graulichweißen körnigen Steinsalze, 
welches aus der V. Grube, 60 Klaftern unter Tages, stammt. Der 
nach der Lösung zurückbleibende Rückstand lieferte nebst unbestimm- 
baren kleinen Fragmenten einer dünnschaligen glatten Bivalve und 
der Spitze des Gehäuses eines Cerithium (vielleicht €. scabrum Ol.) 
eine geringe Anzahl wohlerhaltener Foraminiferen. Es waren drei 
Schalen von Globigerina triloba Rss. und zwei von Gl. bulloides 
d’Orb. Die bisher im siebenbürgischen Salze nachgewiesenen Petre- 
faeten sind mithin durchgehends Species, welche auch im Salze von 
Wieliezka vorkommen. Wenn es nun in Folge dieser Beobachtungen 
schon bei flüchtiger Betrachtung keinem Zweifel unterliegen kann, 
daß die Steinsalzlager der neogenen Tertiärformation angehören, 
wird es dadurch überdieß® höchst wahrscheinlich gemacht, daß sie 
mit der Salzablagerung von Wieliezka im Alter vollkommen überein- 
stimmten, daher mit dieser in das gleiche geologische Niveau gestellt 
werden müßen. Es findet dadurch eine längst gehegte und auch 
schon mehrfach ausgesprochene Ansicht 2), welehe sehon durch das 
Auftreten des Salzes mitten in neogenen Tertiärgebilden höchst 
wahrscheinlich gemacht wurde, zum ersten Male ihre volle Bestäti- 
gung. Denn bisher boten weder die sehr verwirrten und wenig auf- 
geschlossenen Lagerungsverhältnisse einen sicheren Aufschluß, noch 
standen zur Bestätigung der gehegten Vermuthungen Petrefaeten zu 
Gebote. Das als Einschluß im Salze von Vizakna und Thorda 3) beob- 
achtete bituminöse Holz hatte in dieser Beziehung keinen Werth. Es 


1) EineProbe unreinen, mit Gyps und Mergelmasse gemischten Salzes aus der V. Grube 
von Maros-Ujvar hinterließ nach der Auflösung zahlreiche, kaum 0'5”’ große, 
rundum ausgebildete Krystalle gelblichen Caleites, theils einfache R., theils Durch- 


kreuzungszwillinge desselben, während eine andere zahllose winzige, aber regel- 


ui 


P Pi B 
mäßig entwickelte Gypsnadeln (@ . oP. Row und ae oP. or») 


lieferte. 
?) Fr. v. Hauer u. Dr. Stache, Geologie Siebenbürgens, pag. 102 ff. 
5) Fr. v. Hauer u. Dr. Stache I. c. pag. 107. 


60 Reuss. 


ist übrigens zu hoffen, daß jetzt nach gegebenem ersten Anstoße 
sich, gleiehwie in Wieliezka, unsere Kenntniß der organischen Reste 
des siebenbürgischen Steinsalzes bald in erfreulicher Weise erwei- 
tern wird. 

Bei Maros-Ujvar war man im Schurfschachte Nr. 7 in einer 
Tiefe von 81/, Klaftern in dem über der Palla 1) liegenden Schotter auf 
einen Block kalkigen Conglomerates gestossen, welches in graulich- 
gelbem bröcklichem Kalkeäment neben kleinen Kalksteingeschieben 
viele meist zerbrochene Schalen von Conchiferen und Gasteropoden 
umschloß. Der Species nach bestimmbar waren: Corbula carinata 
Duj. und €. gibba Ol., Ervilia pusilla Phil. (die häufigste der 
Versteinerungen), /socardia cor L., Avicula phalaenacea Lam. 
(Brut?), Bulla truncata Adams, Bullina Lajonkaireana Bast., 
Serpulorbis intortus Lam. sp., Natica helicina Breh., Trochus 
patulus Breh., T. turricula Eichw., T. fanulum Gmel., T. (Mo- 
nodonta) angulatus Eiehw., Delphinula rotellaeformis Grat?, 
Turritella Archimedis Brongn., Buccinum coloratum Eiehw. und 
Cerithium pictum Bast. Nebstdem beobachtete ich nicht näher be- 
stimmbare Arten von Vermilia, Cardium, Venus, Pecten u. s. w. Alle 
diese fossilen Reste lassen das Gestein als dem Leithakalke angehörig 


_ 


erkennen. 
Erst nach Beendigung der vorstehenden Untersuchungen erhielt 


ich, durch gefälligeVermittlung der k. k. geolog. Reichsanstalt und durch 
die Güte des Herrn k. k. Bergrathes Göttmann in Marmaros-Szi- 
geth, reichliche Proben Salzthones von drei Salinen in der Marmaros, 
von Sugatag, Slatina und Ronäszek, zur Untersuchung. Auch lieferte 
der Schlämmrückstand bei sorgfältiger Prüfung organische Reste, 
wenngleich in sehr geringer Zahl. Am reichlichsten traf ich sie im 
Salztıone von Sugatag. Derselbe enthielt Bruchstücke eines glatten 
Peeten, der ohne Zweifel mit P, denudatus Rss. identisch ist, Stein- 
kerne einer kleinen Bithynia, welche wohl auf B. curta Rss. bezo- 
gen werden möchten, und endlich Foraminiferen: Biloculina amphi- 
conica Rss., B. bulloides d’Orb. var. truncata Rss. und var. trun- 
cata gracilis Rss.; Quinqueloculina Aknerana d’Orb., Bulimina 
Buchana d’Orb. und elongata d’Orb. 


1) Fr. v. Hauer u. Dr. Stache, Geologie Siebenbürgens, pag. 108. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 61 


Die Salzthone von Slatina haben nur vereinzelte Forminiferen 
dargeboten und zwar Globigerina bulloides d’Orb., Nonionina Boue- 
ana d’Orb. und Glandulina laevigata d’Orb., nebst sehr seltenen 
Schalen von Cythere hastata Rss. In den Salzmergeln von Ronä- 
szek 1) fand ich Dieotyledonenblätter, Bruchstücke des schon mehrfach 
erwähnten glatten Pecten, @lobigerina bulloides d’Orb., Gl, triloba 
Rss., Bulimina Buchana d’Orb., Glandulina laevigata d’Orb., 
Polystomella Fichteliana d’Orb. und Biloculina bulloides d’Orb., 
sämtlich, wie im Salzthone gewöhnlich, von sehr kleinen Dimensionen. 
Häufig liegen darin überdies in Schwefelkies verwandelte Kerne einer 
Spirialis, die ich von Sp. ventricosa So wby.?2) nicht zu unterscheiden 
vermag, welche schon von Philippi fossil in den Tertiärschichten 
Sieiliens beobachtet worden ist. 

Alle diese Petrefacten kommen auch im Steinsalzlager von 
Wieliezka vor und gehören theilweise zu den für dasselbe characte- 
ristischen Formen. Trotz ihrer beschränkten Anzahl genügen sie zum 
Beweise, daß auch den Salzablagerungen der Marmarosch ein glei- 
ches Alter mit jenen von Wieliezka zuerkannt werden müsse. 

Es ist ferner im hohen Grade wahrscheinlich, daß auch die Stein- 
salzlager der Wallachei demselben geologischen Horizonte angehören 
werden. Jedoch gelang es mir bisher nicht, das zu einer umfassen- 
deren Untersuchung nöthige Material zu erlangen. 

Erwägt man die von Hamilton, Tschichatscheff und 
Loftus bei ihren Untersuchungen in Kleinasien und längs der 
türkisch-persischen Grenze gewonnenen Resultate etwas genauer, so 


1) Nach den die erhaltene Sendung begleitenden schriftlichen Bemerkungen beob- 
achtet man in der Saline von Ronäszek vom Tage aus nachstehende Aufeinander- 
folge von Gesteinen: 

Bettenite en lo te ade en a ran AO 
SHLZUNON Eee Be lgeinen, oa ee ege  de 


imremesSalzschichte "1a, 2) ae nen 11 
Wieibese Salzen 1 vorne ol ee 1 
Reinessgrauesi SalzWy WIN. HDMI ir 5 
mit Sand vermengtes Salz. . . 2... A 


in einer Ausdehnung von 3° Länge und 3° Breite. Diesem ist die untersuchte 
Probe vom Franeisei-Schachte entnommen. 

?) Souleyet revue zoolog. 1840, p. 236; Voyage de la Bonite II, pag. 216. T. 13, 
Fig. 11—16. — Rang et Souleyet hist. nat. des moll. pteropodes, pag. 63. 
T. 14. Fig. 15—18. — Scaea stenogyra Philippi enum. moll. Sieil. II, p. 164. 
T. 25. Fig. 20. 


62 Reuss. 


daß die Schichten ihrer gypsführenden Reihe demselben geologischen 
Horizonte angehören mögen. Mit Gewißheit läßt sich dies aber von den 
gyps- und salzführenden rothenMergeln im russischen Armenien behaup- 
ten. welehe nachAbieh's Untersuehungen mit dem Supranummuliten- 
kalke, der nach seinen Versteinerungen dem Leithakalke entsprechen 
dürfte, im innigsten Zusammenhange stehen. Und so sind wir in den 
Stand gesetzt, Schichten vom Niveau des Wieliezkaer Steinsalzlagers, 
überall mehr oder weniger Gyps und Salz führend, von Schlesien 
in Westen südostwärts über die Grenze unseres Welttheils bis nach 
Persien und an den Kaukasus zu verfolgen. 

Wir erhalten dadurch, um mit Abich !) zu sprechen, einen 
Überbliek über den außerordentlichen geographischen Umfang, auf 
welchem innerhalb der miocänen Periode und zumal gegen das Ende 
derselben die Bedingungen für die Bildung einer Gyps und Steinsalz 
einschließenden sandigen Formation vorgeherrscht haben. 


B. Specielle Aufzählung der beobachteten Fossilreste. 


EI. FORAWMEINEFHREERN. 
1. Mit kieseligier7 Schale 


a) Lituolidea. 


Haplophragmium Rss. 

l. H. erassum Rss. (Taf. 1, Fig. 1, 2). 

Bisher sind mir von dieser Species nur die Nonioninen-Formen 
bekannt geworden, welche gleich dem AH. /atidorsatum Born. sp., 
HA. Jeffreysi W ill. sp. und anderen Arten dieser Unterabtheilung von 
Lituola einer großen Nonionina täuschend ähnlich sehen, aber in 
der kieseligen Beschaffenheit der Schale davon abweichen. 

Das bis 2-1 Millim. große, sehr rauhe Gehäuse ist beinahe kreis- 
rund, diek, mit breitem rundem Rücken und engem, aber deutlichem 
Nabel. Es besteht aus 5—6 geraden dreieckigen gewölbten Kammern, 
die durch ziemlich tiefe Natheinschnürungen gesondert werden. 
Die Septalfläche der letzten Kammer ist niedrig, halbmondförmig, 


1) Abich, Über das Steinsalz und seine geologische Stellung im russischen Arme- 


nien. Petersburg, 1857, pag. 23 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 63 


gewölbt. Die Mündung eine halbmondförmige Spalte, die den vor- 
letzten Umgang beinahe in seiner ganzen Ausdehnung umfaßt. 

Das ähnliche A. latidorsatum Born. sp.) aus dem Septarien- 
then hat einen noch breiteren, fast flachen Rücken, einen undeut- 
liehen Nabel, flache Kammern, sehr seichte Nathfurchen und eine 
höhere beinahe vierseitige Septalfläche der letzten Kammer. 

Nonionina Jeffreysi W ill. 2) ist viel stärker zusammengedrückt, 
hat zahlreichere Kammern, gebogene Näthe und eine hohe Septal- 
fläche. 

Unsere Species liegt nicht häufig im Steinsalze. 


b) Uvellidea. 


Clavulina d’Orb. 

1. Cl. communis d’Orb. 

Orbigny Foram. foss. du bassin tert. de Vienne pag. 196. Taf. 12, Fig. 1. 

Das obere Ende ist bei Orbigny unrichtig gezeichnet, es ist 
beinahe gerade abgestutzt, nur wenig gewölbt, und an wohlerhalte- 
nen Exemplaren bildet die centrale kleine rundliehe Mündung eine 
kurze und dünne röhrige Verlängerung, die wegen ihrer Dünnwan- 
digkeit in den meisten Fällen abgebrochen ist. 

Gemein im Salzthon. Häufig im miocänen Tegel von Grußbach, 
Baden und Vöslau, sowie im Leithakalk von Nußdorf. Erscheint sehr 
selten auch im Mitteloligoeän und reicht durch das Pliocän bis in die 
jetzige Schöpfung. 


Plecanium Rss. 

l. Pi. abbreviatum d’Orb. sp. 

Textilaria abbreviata d’Orb. For. foss. du bass. tert. de Vienne pag. 249. 
Taf. 15, Fig. 7— 12. — Textilaria subüngulata d’Orb. ]. e. pag. 247. 
Taf. 15, Fig. 1-—3. 

Sie ist ziemlich gemein im Steinsalze und Salzthone, besonders 
die kurze Varietät. Im Wiener Becken findet sie sich im Tegel von 
Baden, Grinzing und Vöslau (hier besonders häufig), im Leithakalk 
von Nußdorf u. s. w., überdies im Schlier von Ottnang. 

Textilaria subangulata d’Orb. halte ich von Pl. abbreviatum 
nicht für verschieden, denn die Höhe des Gehäuses und der letzten 


1) Bornemann die mikroskop. Fauna des Septarienthones von Hermsdorf bei Berlin 
pag. 35. Taf. 5, Fig. A. 


2) Williamson on the ree. foraminifera of great Britain pag. 34. Flg. 72. 73, 


64 Reuss. 


Kammern ist grossem Wechsel unterworfen. Mit zunehmender Höhe 
pflegt das Gehäuse am unteren Ende spitziger zu werden. Auch ist 
die Öffnung bei Pl. abbreviatum keineswegs immer eine lange Quer- 
spalte und bei Pl. subangulatum halbrund, wie Orbigny dieselbe 
abbildet; es findet darin vielmehr eine große Abwechslung statt und 
im Allgemeinen nimmt mit der Dieke des Gehäuses die Länge der 
Mündungsspalte zu. Bei Pl. subangulatum pflegt sie überhaupt nicht 
so kurz zu sein, wie wir sie bei Orbigny dargestellt finden. 

Auch Textilaria Partschi Cziz.t) ist sehr ähnlich, und ich 
halte sie nur für eine Form von Pl. abbreviatum mit queren Nähten 
und gerundeten Seitenrändern. Solche Formen kommen sehr selten 
auch in Wieliezka vor. 


2. Pl. gramen d’Orb. sp. 
Textilaria gramen d’Orb. |]. e. pag. 248. Taf. 15, Fig. 4—6. 
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Wiener Becken im 
Tegel und Leithakalk. 


3. Pl. Mariae d’Orb. sp. (Taf. 1, Fig. 5—7). 
Textilaria Mariae d’Orb. |]. e. pag. 246. Taf. 14, Fig. 29—31. 

Gemein im Salzthon und Steinsalz, so wie im Tegel (Baden, 
Vöslau u. a.), selten im Leithakalk. 

Die Orbigny’sche Abbildung passt nur auf einzelne sehr sel- 
tene Individuen; in den meisten Fällen ist das Gehäuse nicht so dick» 
die einzelnen Kammern sind weniger gewölbt, die Stacheln von sehr 
wechselnder Länge und meistens nicht so gerade auswärts gekehrt, 
wie in der Orbigny’schen Abbildung, sondern der Richtung der 
Kammern selbst folgend. Sehr oft werden die Stacheln äußerst kurz 
oder fehlen auch ganz. Die Gehäuse besitzen in letzterem Falle 
zwar scharfe, aber ganz oder doch theilweise unbewehrte Seiten- 
ränder. Solche Exemplare, welche ebenso häufig vorkommen, wie 
bewehrte, stellen die Textilaria artieulata d’Orb. (l. ec. p. 250. 
Taf. 15, Fig. 16—18) dar, welche also nur als var. inermis des Pl. 
Mariae aufzufassen ist. Dieser Abänderung gehören auch die abge- 
bildeten Individuen an. 


!) Czizek, Beitrag z. Kenntn. der foss. Foraminiferen des Wiener Beckens. Wien 
1847, pag. 12. Taf. 13, Fig. 22—?24. (Im zweiten Bande v. Haidinger’s ge- 


samm. naturwiss. Abhdlg.) 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 65 


Bisweilen wird das Gehäuse sehr lang und schmal und man 
zählt in jeder Längsreihe 11—12 niedrige Kammern, die, selbst 
nieht gewölbt, nur dureh lineare, wenngleich in der Regel sehr deut- 
liche Nahtfurchen gesondert werden. Doch verwischen sich diese 
bisweilen auch an kürzeren Exemplaren. 

4. Pl. deperditum d’Orb. sp. 

Textilaria deperdita d’Orb.]. e. pag. 244. Taf. 14, Fig. 23—25. 

Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im oberen Tegel (Vöslau) 
und im Leithakalk. 

5. Pl. spinulosum Rss. (Taf. 1, Fig. 3). 

Unter den zahlreichen Formen von Plecanium kommen solche 
vor, welehe sich nach den bisherigen Erfahrungen weder mit P1. 
Mariae d’Orb., noch mit Pl. serratum Rss. vereinigen lassen. Sie 
sind durehgehends kleiner, bald mehr in die Länge gezogen und 
schmäler, bald kürzer und breiter, oben stumpf zugespitzt, nach 
unten sich viel langsamer zuspitzend, aber nicht in eine scharfe Spitze 
auslaufend, wie bei Textilaria acuta Rss., in der Mitte der Seiten- 
flächen am dieksten und stumpf gekielt, gegen die Ränder sich zu- 
schärfend. Jederseits 7—S sehr niedrige etwas schräge Kammern; 
nur die letzten erreichen eine etwas bedeutendere Höhe. Am Aussen- 
rande krümmen sie sich etwas nach abwärts und endigen in einen 
feinen abwärts gerichteten Dorn, der jedoch oftmals sehr klein wird 
und bisweilen ganz verkümmert. Die Nähte stellen sehr schmale und 
seichte, etwas schräge und gebogene Furchen dar, die sich mitunter 
völlig verwischen. Die Mündung eine ziemlich kurze Querspalte. Die 
Rauhigkeiten der Schalenoberfläche sind sehr fein. 

Textilaria pectinata Rss. unterscheidet sich durch das keil- 
förmige, am oberen Ende beinahe abgestutzte Gehäuse und die noch 
niedrigeren geraden fast queren Kammern, die in gerade auswärts 
gerichtete Dornen endigen. 

Bei Pl. Mariae kann nur die var. inermis in Vergleich gezogen 
werden. Diese besitzt aber höhere Kammern, tiefere schrägere Nähte; 
auch fehlen ihr die sehr feinen abwärts gerichteten dornigen Spitzen. 
Überdies ist ihr Gehäuse länger. Jedoch schließen sich die Formen 
des Pl. spinulosum mit verkümmerten Dornen an manche kleine 
Formen des Pl. Mariae nahe an, ohne daß ich jedoch bisher un- 
zweifelhafte Übergänge hätte auffinden können. 

Die Species ist nur selten im Salzthone vorgekommen. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. h) 


66 Reuss. 


6. Pl. serratum Rss. (Taf. 1, Fig. 4). 

Breit-keilförmig, unten zugespitzt, oben abgestutzt, an den 
Seitenrändern stark zusammengedrückt und grob sägezähnig, so daß 
neben dem sieh allmälig erhebenden, flach gerundeten Rücken eine 
flache breite Längsfurche berabläuft. Die zahlreichen Kammern sind 
niedrig, viel breiter als hoch, wenig schräge, bisweilen schwach 
gebogen, durch deutliche aber sehr schmale Nahtfurchen gesondert. 
Jede Kammer endet am äußeren Rande in einen bald größeren, bald 
kleineren, spitzigen oder stumpfen, gewöhnlich etwas herabgekrümm- 
ten Sägezahn. Die letzten Kammern oben abgestutzt, beinahe flach. 
Die Mündung eine in einer starken Depression liegende Querspalte. 
Die Schalenoberfläche ist mit feinen Rauhigkeiten besetzt. 

Nicht gar selten im Salzthon und Steinsalz. 


7. Pl. laevigatum d’Orb. sp. 

Teztilaria laevigata d’Orb.]. e. pag. 243. Taf. 14, Fig. 14—16. 

Sie ist meistens stärker zusammengedrückt als in der d’Or- 
bigny'schen Abbildung und wenigstens im unteren Theile des 
Gehäuses scharfrandig. Bisweilen findet dies aber in der gesamten 
Ausdehnung des Seitenrandes statt. Sie steht offenbar dem P/. Mariae 
var. inermis sehr nahe. 

Sie wurde nur sehr selten im Salzthon gefunden. Im Wiener 
Becken kommt sie vorzugsweise im Leithakalke vor, 


8. Pl. nussdorfense d’Orb. sp. 

Teztilaria nussdorfensis d’Orb. ]. e. pag. 243. Taf. 14, Fig. 17—19. 

Sie liegt nur selten im Salzthone, im Wiener Becken eben so 
selten im Leithakalke. Gewöhnlich erscheint sie weniger zusammen- 
gedrückt, als Orbigny sie darstellt. Die fast queren ungleichen 
Kammern, das unregelmässige, am oberen Ende beinahe abgestutzte, 
am unteren stumpfe Gehäuse unterscheiden die Species von P!. lae- 
vigatum d’Orb. 


9. Pl. pala Cziz. sp. 

Teztilaria pala Cziz. Beiträge z. Kenntn. der foss. Foraminif. d. Wiener 
Beckens. pag. 12. Taf. 13, Fig. 25—29 im zweiten Bande von Haidin- 
ger’s gesamm. naturw. Abhdlg. 

Zeichnet sich durch das breite, fast keilförmige, oben abge- 
stutzte, unten kurz zugespitzte Gehäuse aus. Jedoch pflegt es nicht 
immer so stark zusammengedrückt zu sein, als Czizek es abbildet. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 67 


Immer ist es aber an den Seitenrändern gekantet. Die Kammern sind 
sehr niedrig, im inneren Theile quer, im äusseren sanft herabgebogen, 
die Näthe sehr schmal und seicht. Die Schalenoberfläche rauh. 

Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Auch im Tegel und 
Leithakalke des Wiener Beckens tritt sie nur selten auf. 


2. Foraminiferen mit kalkiger porenloser Schale. 
a) Miliolidea. 
o.) Cornuspiridea. 


Cornuspira M. Schultze. 


1. C. rugulosa Rss. 

Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 18, pag. 22. 

ar Ike. 1. 

Sehr selten im Salzthone. Ebenso selten in den Thonen von 
Landwehrhagen bei Minden, welche neben einzelnen dem Septarien- 
thone eigenthümlichen Formen eine größere Anzahl von miocänen 
Arten führen. 


2. 0. plicata Cziz. sp. 
Operculina plicata Czizek in Haidinger’s gesamm. naturwiss. Abhdle. II. 
pag. 146. Taf. 13, Fig. 12, 13. 


Sehr selten im Salzthon. Im Wiener Becken im Tegel. 


3. C. foliacea Phil. sp. 
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch, Bd. 25, pag. 121. 
Taf. 1, Fig. 8, 9. — Spirillina foliacea Williamson on the ree. foram. 
of great Brit. pag. 91. Taf. 7, Fig. 199, 200. 
Sehr selten im Salzthone, sowohl die regelmäßige, als die helm- 
förmige Varietät (var. cassis). Sie reicht einerseits bis in das Unter- 
oligoeän hinab, anderseits bis in die lebende Schöpfung herauf. 


ß) Miliolidea genuina. 
Biloculina d’Orb. 

l. B. amphiconica Rss. (Tat. 1, Fig. 8). 
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissenseh. I. pag. 382. Taf. 49, 
Fig. 5. — B. ringens carinataW illiamson |. e. pag. 19, Fig. 172—174. 
Der peripherische Rand ist gewöhnlich sehr stark eomprimirt, 
so daß er beinahe geflügelt erscheint. Am untern Ende des Gehäuses 
zeigt dieser Saum bisweilen eine kurze Spitze oder einige kleine 
Kerben. Die Mündung stellt eine enge lange Querspalte ohne Zahn dar, 


B# 


68 Reuss. 


Von diesen typischen Formen findet ein allmäliger Übergang in 
regelmäßig stark gewölbte Formen mit scharfwinkligem, aber nicht 
sellügeltem Rande Statt, deren Mündung ebenfalls eine lange enge, 
an den Enden aber umgebogene Querspalte bildet, wodurch ein sehr 
breiter aber kurzer Zahn entsteht. Der die vorletzte Kammer um- 
fassende Randsaum der letzten Kammer ist sehr schmal und im ganzen 
Umfange gleiehbreit. Diese Formen, die ich früher mit dem Namen 
B. platystoma bezeichnete, nähern sich der B. Zunula d’Orb., von 
welcher sie sich jedoch durch den schmäleren Randsaum, die engere 
Mundspalte und den kürzeren aber breiteren Zahn unterscheiden. 
ich habe eine solche Form T. 1, Fig. 8 abgebildet. 

B. amphiconica, welehe im Septarienthon, so wie im miocänen 
Tegel des Wiener Beckens selten gefunden wird und noch in den 
heutigen Meeren der gemäßigten Zone lebt, kömmt selten im Salz- 
thone und Steinsalze von Wieliezka vor. Auch fand ich sie in den 
gypsführenden Mergeln von Kathrein in Norden von Troppau und in 
den Salzthonen von Sugatag in der Marmaros. 


2. B. simplex d’Orb. 
d’Orbignyl. e. pag. 264. Taf. 15, Fig. 25—27. 
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leitha- 
kalk des Wiener Beckens. 


ö. B. lunula d’Orb. 
d’Orbienyl.e. pag. 264. Taf. 15, Fig. 22—24. 
Selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und seltener im 
Leithakalk des Wiener Beckens. 


4. B, elypeata d’ Orb. 
d’Orbigny.e. pag. 263. Taf. 15, Fig. 19—21. 
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens. 


9. B. bulloides d’Orb. (Taf. 2, Fig. 1, 2). 
d’Orbigny in ann. des se. nat. 1826. Tableau method. des cephalop. 
pag. 133. Nr. 1. Taf. 16, Fig. 1—4. — Modeles IV. Nr. 90. — B. inor- 
nata d’Orb. Foram. foss. du bass. tert. de Vienne. pag. 266. Taf. 16, 
Fig. 7—9. — B. ringens typica Williamsonl. e. pag. 79. Fig. 169 — 
171. — B. peruviana d’Orb. voy. dans l’Amer. meridionale. Foramini- 

feres. pag. 69. Taf. 9, Fig. 1—3. 

Gehört in die Gruppe der B. ringens Lam., die durch den schma- 
len nieht gekielten, sondern mehr weniger gerundeten Umschlagssaum 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 69 


der letzten Kammer characterisirt ist. Das stark gewölbte kugelige 
Gehäuse ist bald kreisrund, bald etwas verlängert und dann gewöhn- 
lieh unten etwas breiter, eiförmig. Die tief eingesenkte Nath bildet 
eine regelmäßige Bogenlinie. Die vorletzte Kammer ist am unteren 
Ende bald regelmäßig gerundet, bald beinahe abgestutzt (var. trun- 
cata). Das untere Ende der letzten Kammer verlängert sich bis- 
weilen in 1—3 kleine Zähne (var. dentata). Die Mündung ist rund 
oder etwas quer-elliptisch, der Zahn bald sehr klein, einfach, bald 
am Ende deutlich zweispaltig. Dieser Umstand kann daher keinen 
Speciesunterschied bedingen und B. Dulloides und B. inornata, 
welehe sich eben nur durch die Form des Zahnes unterscheiden 
sollen, können nicht als gesonderte Species betrachtet werden. An 
manchen wohlerhaltenen Exemplaren beobachtet man einige gegen 
das untere Ende ausstrahlende Streifen. 


B. peruviana d’Orb. von den Küsten von Peru unterscheidet 
sich von B. inornata gar nicht. 


B. subsphaerica d’ Orb. von den Küsten von Cuba und Jamaica 
(Foraminiferes de File de Cuba pag. 162, T. 8, Fig. 26, 27) weicht 
nur durch den an den Seiten etwas vortretenden Umschlag der vor- 
letzten Kammer und durch den nicht zweispaltigen, sondern 7-förmi- 
gen Zahn ab. 


B. bulloides findet sich sehr selten im Salzthon und Steinsalz. 
Auch im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens kömmt sie nur 
selten vor. Sie lebt noch jetzt in gemäßigten und wärmeren Meeren. 
Ziemlich häufig liegt sie samt ihren Varietäten in den gypsführenden 
Mergeln von Kathrein bei Troppau, sehr selten dagegen im Salzthon 
von Sugatag und von Slatina in der Marmaros. 


6. B. ventruosa Rss. (Taf. 1, Fig. 9). 


Sie nähert sich schon einigermaßen dem Typus der B. con- 
traria d’ Orb., indem sie seitlich stärker zusammengedrückt ist, als 
von vorne nach hinten. Daher erscheint sie in der Vorderansicht 
eiförmig, in der Seitenansicht beinahe schief-kreisförmig. Beide 
sichtbare Kammern sind sehr bauchig, die vorletzte aber in viel 
kleinerem Umfange sichtbar als die letzte. Die gebogene Nath ist 
sehr fein. Hinter derselben verläuft auf der letzten Kammer ein 
stärker gebogener seichter furchenartiger Eindruck. Die letzte 
Kammer zeigt am Mündungsende einen halbrunden Ausschnitt, der 


70 Reuss 


aber durch die weit hinabgebogene vorletzte Kammer bis auf eine 
enge Spalte verschlossen wird. 

Sehr selten im Salzthon und in den gypsführenden Mergeln von 
Kathrein bei Troppau. 

7. B. globulus Born. 

Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 6. 

Eine mitteloligocäne Species, die sehr selten auch im Salzthon 
gefunden wird. 

8. B. larvata Rss. (Taf. 2, Fig. 3). 

Eine sehr kleine Species von eigenthümlichem Ansehen. Die 
letzte Kammer ist groß, sehr breit-elliptisch, dem kreisförmigen sich 
nähernd, gewölbt, mit scharfem breit umgesehlagenem Saum. Die 
vorletzte Kammer dagegen ist sehr klein und tritt nur als ein ver- 
kelirt-lanzettförmiger, unten stark verschmälerter, gewölbter Wulst 
in der Mitte der Vorderseite der letzten Kammer hervor, so daß sie 
den sehr breiten ebenen Randsaum frei läßt. Am Mündungsende zieht 
sich der Rand der vorletzten Kammer weit in die Höhe und verengert 
daher lippenartig die Mündung zu einer kurzen engen Querspalte. 

Sehr selten im Salzthone. 


9. B. contraria d Orb. (Taf. I, Fig. 10). 
d’Orb.1. e, pag. 266. Taf. 16, Fig. 4—6. 

Die Species ist stets an der starken seitlichen Compression des 
Gehäuses, dem halbrunden Zahn und der dadurch bedingten halb- 
mondförmigen Mündung zu erkennen. Der Umriß des Gehäuses ist 
aber einem sehr großen Wechsel unterworfen. Bisweilen breitet sich 
dasselbe in querer Richtung aus, so daß diese Dimension fast doppelt 
so groß wird als die verticale (var. paradoxa — Taf. 1, Fig. 10). — 
Von dieser abnormen Form kann man alle möglichen Zwischenstufen 
zur typischen Form mit fast kreisrunder Seitenansicht beobachten. 

Sie findet sich selten im Salzthon nnd Steinsalz. Im Tegel (bei 
Baden häufig) und im Sand von Pötzleinsdorf. 


Spiroloculina d’Orb. 


l. Sp. excavata d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 271. Taf. 16, Fig. 19—21. 
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leitha- 


kalk des Wiener Beckens. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 71 


2. Sp. badenensis d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 270. Taf. 16, Fig. 13—15. 


Sehr selten im Steinsalz. Im Tegel und Leithakalk. 


3. Sp. tenuissima Rss. (Taf. 1, Fig. 11). 

Diese sehr kleine Species ist der Sp. canaliculata d’Orb. 
(l. e. pag. 269, Taf. 16, Fig. 10—12) ähnlich, weicht aber durch 
den regelmäßiger elliptischen Umriß, die beinahe gleichen stumpf 
zugespitzten beiden Enden des sehr dünnen Gehäuses und die ge- 
rundeten, nicht längsgefurchten Seitenränder ab. Man zählt jeder- 
seits drei schmale mit einer engen aber ziemlich tiefen Längsfurche 
gezierte und durch lineare Nathfurchen gesonderte Kammern. Die 
lineare Mittelkammer ragt gewölbt hervor. Die kleine rundliche 
Mündung ist zahnlos. Häufig im Salzthon. 


Triloculina d’Orb. 
l. Tr. tricarinata d’Orb. (Taf. 2, Fig. 4). 
d’Orbigny in ann. des. se. nat. 1826. pag. 133. no. 7. — Modeles no. 94. 

Sie zeichnet sich durch ihre Gestalt vor allen andern Trilocu- 
linen-Arten aus. In der Seitenansicht ist sie breit-elliptisch. an bei- 
den Enden stumpf zugespitzt, fast regelmäßig dreikantig, mit scharfen 
dünnen Randkanten und beinahe gleichen, von oben nach unten ge- 
wölbten, von einer Seite zur andern ausgeschweiften Seitenflächen. 
Die Mittelkammer tritt in großer ‚Ausdehnung sichtbar hervor; die 
Seitenkammern dagegen bilden nur einen schmalen Saum. Ihre 
Flächen sind rinnenartig seicht ausgehöhlt, mit feinen unregelmäßi- 
gen queren Anwachsstreifen. Die Näthe linear. Die Mündung klein, 
quer-länglich mit an der Spitze abgestutztem und ausgebreitetem 
Zahn. 

Orbigny stellt an dem Modelle seiner B. fricarinata aus dem 
rothen Meere zwar einen einfachen dicken Zahn dar. Da aber alle 
anderen Kennzeichen vollkommen übereinstimmen und die erwähnte 
Form des Zahnes auch durch Verletzung desselben entstanden sein 
kann, so glaube ich doch die sehr seltenen fossilen Exemplare aus 
dem Salzthone mit der lebenden Species vereinigen zu müssen. Im 
_ Wiener Becken ist dieselbe bisher noch nicht beobachtet worden. 

2%. Tr. gibba d’Orb. 


d’Orbigny ]. e. pag. 274. Taf. 16, Fig. 22—24. — Tr. austriaca d’Orb. 
l. e. pag. 275. Taf. 16, Fig. 23—27. 


‘ 
72 euss. 


Über die Zusammengehörigkeit beider Orbigny’scher Species 
wurden sehon an einem anderen Orte die erforderlichen Gründe bei- 
gebracht. (Reuß in d. Sitzungsber. d. kais, Akad. d. Wiss. Bd. 50, 
pag. 16, Taf. 1, Fig. 4). 

Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Überdies im Tegel 
und Leithakalk (sehr häufig bei Steinabrunn), oberoligoeän und 
lebend. 


3. Tr. enoplostoma Rss. 


Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25. Die Foraminif., 
Anthoz. u. Bryoz. d. deutsch. Septarienthones pag. 7. 


a) var. laevigata. 
Bornemann |, ce. pag. 46. Taf. 8, Fig. 5. 


Sehr vereinzelt kommen auch Formen vor, welehe mit der Bor- 
nemann'schen Tr. laevigata völlig übereinstimmen. Nur ist der 
klappenartige Zahn nicht halbrund, sondern gerundet-dreieckig, wie 
ihn Bornemann bei seiner Biloculina globulus (]. e. T. 8, Fig. 3) 
abbildet. Jedoch ist dies ein variabler Charaeter, indem bei Tr. eno- 
plostoma die Form und Größe des Zahnes überhaupt einem sehr 
großen Wechsel unterworfen ist. 

Daß Tr. laevigata Born. von Tr. enoplostoma Rss. nicht 
scharf getrennt werden kann, habe ich schon an einem anderen Orte 
dargethan. (R euß die For., Anthoz. u. Bryoz. d. deutsch. Septarien- 
thones pag. 7, 8). 

Sehr selten im Salzthone von Wieliezka. 


£) var. grammostoma Rss. (Taf. 2, Fig. 5). 

In den wesentlichsten Merkmalen kömmt sie mit der typischen 
mitteloligocänen Species überein. Jedoch ist sie viel größer und bei- 
nahe kugelig. Die Mündungsspalte ist sehr verlängert und sichel- 
föürmig, der Zahn auf eine sehr schmale Lippe redueirt. In letzter 
Beziehung nähert sie sich der var. valvularis Born. aus dem Sep- 
tarienthone. Diese unterscheidenden Merkmale scheinen mir jedoch 
nicht bedeutend genug, um zur Aufstellung einer gesonderten Spe- 
cies zu berechtigen. Ich betrachte daher die jedenfalls sehr ausge- 
zeichnete, im Salzthone nur sehr selten vorkommende Form als bloße 


Varietät der Tr. enoplostoma. 


SI 
) 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 


4. Tr. inflata d’Orb. 
d’Orbignyl. e. pag. 278. Taf. 17, Fig. 13—15. 


Sie gehört vorzugsweise dem Leithakalke an und tritt nur selten 
im Tegel auf. Sehr selten erscheint sie im Salzthon und im Stein- 


salz von Wieliezka. 


5. Tr. inornata dOrb 
d’Orbigny |. e. pag. 279. Taf. 17, Fig. 16—18. 

Vorzugsweise im Leithakalke, selten im Tegel. Eben so selten 
im Steinsalz und Salzthon von Wieliezka. 

Tr. deeipiens Rss. (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. I, pag. 382, 
Taf. 49, Fig. 8) aus dem Tegel von Grinzing ist damit identisch. In 
Fig. a und 5, |. ec. ist das obere Ende viel zu breit abgestutzt, was 
eine viel größere Mündung voraussetzen würde. 


6. Tr. oculina d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 277. Taf. 17, Fig. 7—9. 
Sehr selten im Steinsalz. Der peripherische Rand ist nicht 
immer so scharf gekielt, wie ihn die Orbigny sche Abbildung dar- 
stellt. Im Wiener Becken liegt sie im Tegel (Baden, Grinzing)). 


7. Tr. consobrina d’Orb. 
d’Orbigny. ce. pag. 277. Taf. 17, Fig. 10—12. 
Sehr selten im Steinsalz und Salzthon. Selten im Tegel des 
Wiener Beckens, häufiger im Leithakalk. 


Tr. nitens Rss. (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. I, pag. 383, 
Taf. 49, Fig. 10) dürfte wohl auch hierher zu rechnen sein, denn nicht 
bei allen Exemplaren kann ich den am freien Ende ausgebreiteten 
Zahn wahrnehmen. Er ist bisweilen einfach, lamellar. Die Gestalt 
des oberen Endes der letzten Kammer ist wandelbar, bald abgestutzt, 
wie bei der typischen Form von Tr. consobrina, bald zur kurzen 
dieken Röhre verlängert. 

Auch Tr. nitens findet man sehr selten im Salzthon. 

Quinqueloculina d’Orb. 

l. @. Haidingeri d’Orb. 

d’Orbignyl.c. pag. 289, Taf. 18, Fig. 13—13. 


Diese dem Tegel des Wiener Beckens zukommende Art habe 
ich nicht selten im Salzthon und Steinsalz von Wieliezka gefunden. 


Reuss. 


I 
En 


2, Q. pauperata d’Orb. 
d’Orbigny l. e. pag. 286. Taf. 17, Fig. 22—24. 

Nieht selten im Salzthon, selten im Steinsalz. Im Leithakalk 
von Nußdorf und in den gypsführenden Mergeln von Kathrein bei 
Troppau. 

3. Q. Hauerina d’Orb. 

d’Orbignyl.e. pag. 286. Taf. 17, Fig. 25 —27. 

Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Sowohl im Tegel, als 

auch im Leithakalk des Wiener Beckens. 


4. Q. tenuis Cziz. 
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 385. Taf. 50, 
Fig. 8. 
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel des Wiener Beckens. Über- 
dies im Mitteloligocän. 


5. @. Ungerana d’Orb. 
d’Orbignyl. e. pag. 291. Taf. 18. Fig. 2?2—-24. 
Nieht selten im Salzthon, sehr selten im Steinsalz. Im Scehlier 
von Ottnang, im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens, im gyps- 
führenden Mergel von Kathrein bei Troppau. 


6. @. plicatula Rss. (Taf. 3, Fig. 2). 

Diese kleine Species wird von den übrigen zahlreichen Quin- 
queloculina-Arten leieht durch ihre Sceulpturverhältnisse unterschie- 
den. Sie ist in der Seitenansicht breit-oval, stark zusammengedrückt, 
oben schief abgestutzt, unten breit gerundet, an den Rändern scharf 
und schwach gekerbt. Die Seitenflächen der Kammern sind wenig 
gewölbt und ganz oder doch in ihren äußeren zwei Drittheilen mit 
feinen radialen Furchen verziert, durch welche die Ränder fein ge- 
kerbt werden. Die Mediankammern sind nur in geringem Umfange 
sichtbar, die Näthe deutlich vertieft. Die Mündung ist klein, halb- 
rund, großentheils durch einen einfachen Zahn ausgefüllt. 

Die Species kömmt nur selten im Steinsalz vor. Überdies liegt 
sie im Tegel von Grinzing und wurde von Herrn Karrer neuerlichst 
auch im Tegel von Holubiea in Galizien gefunden. 

7. @. Mayerana d’Orb. 

Orbignyl.e. pag. 287. Taf. 18, Fig. 1—3. 

Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Häufig im Leithakalk, 
selten im oberen Tegel. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 75 


8. @. Aknerana d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 290. Taf. 18, Fig. 16—21. 

Selten im Salzthon und Steinsalz. Häufig im Tegel und Leitha- 
kalk des Wiener Beckens, selten im gypsführenden Mergel von 
Kathrein bei Troppau und im Salzthon von Sugatag in der Marmaros. 
Ebenso im Ober- und Mitteloligoeän. 


9 R. triangularis d’Orb,. 
d’Orbignyl.e. pag. 283. Taf. 18, Fig. 7—9, 
Häufig im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leithakalk, im 
Ober- und Mitteloligocän, pliocän und lebend. 
Bisweilen ist der Rückenrand der Seitenkammern ganz oder 
wenigstens in seinem mittleren Theile durch eine schmale Fläche 
abgestutzt. 


10. Q@. pygmaea Rss. 
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch, I. pag. 384. Taf. 50, 
Fig. 3. 
Sehr selten im Salzthon, so wie im Tegel von Lapugy in Sieben- 
bürgen und im Leithakalke von Kostel in Mähren. 


11. @. regularis Rss. 

Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. pag. 384. Taf. 50, Fig.1. 

Sehr selten im Salzthone, so wie im Tegel von Grinzing bei 
Wien. 

12. @. obliqua Rss. (Taf. 2, Fig. 6, 7.) 

Die sehr kleine Species zeichnet sich durch ihr in verschie- 
denem Grade schiefes, mitunter beinahe quer-ovales Gehäuse vor 
allen anderen Arten der Gattung aus. Dasselbe ist zusammengedrückt, 
seitlich nur wenig gewölbt, an denRändern abgerundet. Die Kammern 
werden durch meistens seichte Näthe geschieden und besitzen eine 
sehr ungleiche Gestalt. Die Seitenkammern sind stark gebogen, die 
letzte bildet am Rande oft einen abgerundeten, beinahe rechten Winke! 
und verdünnt sich nach oben bedeutend, bisweilen so stark, daß sie 
in ihrer oberen Hälfte sich in einen röhrenförmigen Schnabel ver- 
wandelt. Die centralen Kammern sind in ziemlich weitem Umfange 
siehtbar, treten aber nur mit sehr schwacher Wölbung hervor. Die 
Mündung stellt eine enge, etwas gebogene zahnlose Querspalte dar. 
Die Schalenoberfläche ist glatt, glänzend. 

Sehr selten im Salzthon und im Tegel von Grinzing bei Wien. 


76 Reuss. 
13. Q@. suturalis Rss. (Taf. 3, Fig. 1). 


Reuss in d. Denkscehr, d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 385. Taf. 50, 
Fie. 9. 
Sehr selten im Salzthon von Wieliezka und im Tegel von Grinzing. 
Da die eitirte Abbildung theilweise unrichtig ist, so wird hier 

nochmals eine treuere geboten. 

14. Q. Boucana d’Orb. 

d’Orbigny. ce. pag. 293. Taf. 19, Fig. 7—9. 
Sehr selten im Steinsalz. Im Leithakalk des Wiener Beckens. 


15. @. contorta d’Orb. 
d’Orbigny |. e. pag. 298. Taf. 20, Fig. 4—6. 


Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Leithakalk des Wiener 
Beekens. 


16. @. Josephina d’Orb. 
d’Orbigny |]. ce. pag. 297, Taf. 19, Fig. 23—27. 
Sehr selten im Steinsalz. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens. 


17. 0. Schreibersi d’ Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 296. Taf. 19, Fig. 22—24. 

Sie wurde sehr selten in dem Spizasalze (2. Gruppe, Hori- 
zonte) gefunden. Im Wiener Becken liegt sie häufiger im Tegel 
(Baden, Möllersdorf, — Ödenburg u. s. w.), als im Leithakalk 
(Steinabrunn). 


18. @. fseda Rss. 
Reuss in d. Denkschr. d. kais,. Akad. d. Wissensch. I. pag. 354. Taf. 50. 

Fig. 5, 6. 

Sehr seiten im Steinsalz und Salzihon. Häufig im Tegel, selten 
im Leithakalk des Wiener Beckens. 

0. asperula Seg.!) weicht nur durch größere Dieke ab und 
ist vielleicht damit identisch. Auch Spiroloculina caelata Costa 2) 
dürfte hierher gehören. | 


1) Seguenzäa prime ricerche intorno ai rhizopodi foss. delle argille pleistoceniche 
dei dintorni di Catania 1862. pag. 36. Taf. 2, Fig. 6. 
2) Costa foraminiferi foss. della marna blu del Vaticano. pag. 126. Taf. 1, Fig. 14. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 7% 


b) Peneropliden. 


Peneroplis Montf. 

1. P. austriaca d’Orb. sp. 

Spirolina austriaca d’Orb. 1. e. pag. 127. Taf, 7, Fig. 7—9. — Dendritina 
elegans d’Orb. |]. ce. pag. 135. Taf. 7, Fig. 5—6. 

Sehr selten im Salzthon. Selten iım Tegel und Leithakalk des 
Wiener Beckens. 

Die Species scheint sehr wandelbar zu sein und bei weitem 
nicht immer mit der Orbigny schen Abbildung in allen Merkmalen 
übereinzustimmen. Vor Allem sind die spiralen Kammern nicht immer 
glatt, sondern oft alle oder doch die jüngeren der Länge nach ge- 
streift gleich den den gerade gestreckten Theil des Gehäuses bil- 
denden Kammern. Auch ist ihre Zahl keineswegs immer auf acht 
beschränkt, sondern steigt an manchen Exemplaren bis auf 12 — 13. 
Endlich erscheint der Rücken des Spiraltheiles bald gerundet, bald 
in verschiedenem Grade winklig. Selbst den geraden Theil des Ge- 
häuses findet man bisweilen etwas zusammengedrückt. 

Die Mündung ist in ihrer Form sehr veränderlich, bald un- 
regelmäßig ästig, bald viereckig, bald länglich, wie sie Orbigny 
bei Dendritina elegans abbildet. Stets aber bleibt der Nabel 
weit geöffnet, so daß man darin die älteren Windungen deutlich 
wahrnimmt. 

Aus allen diesen Verhältnissen geht deutlich hervor, daß ein- 
zelne Exemplare der Spirolina austriaca mit Dendritina elegans 
völlig übereinstimmen, und es erscheint die Ansicht gerechtfertigt, 
daß diese nur den spiralen Anfangstheil — die Dendritinenform — 
von Spirolina austriaca darstellen. Daß übrigens Peneroplis, Spiro- 
lina und Dendritina nur als verschiedene Formen desselben Gat- 
tungstypus aufzufassen sind, haben Carpenter, Jones und Parker 
mit unwiderleglichen Gründen dargethan t). 


2. P. Haueri d’Orb. sp- 
Dendritina Haueri d’Orb. 1. e. pag. 134. Taf. 7, Fig. 1, 2. 
Sehr selten im Steinsalz und im Leithakalk des Wiener Beckens. 


1) Carpenter, Jones and Parker, Introduction to the study of the foraminifera. 
1862. pag. 84 ff. 


78 Reuss. 


Vertebralina d’Orh. 
l. V. suleata Rss. 
Articulina suleata Rss. in d. Denksehr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 
383. Taf. 49, Fig. 13—17. 
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz, ziemlich häufig im Tegel 
von Lapugy in Siebenbürgen. 


c) Orbitulinidea. 


Alveolina d’Orb. 
l. A. melo F. et M. sp. 
d’Orbigny.e. pag. 147. Taf. 7, Fig. 15, 16. 
Häufig im Steinsalz. Ebenso im Leithakalk und oberen Tegel, 
selten im Sand von Pötzleinsdorf. 


d) Dactyloporidea. 


Acicularia d’Arch. 

I. A. miocaenica Rss. 

Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 43. pag. 9, 
Fig. 5—8. — Eschara acicularis Reuss die Polyparien d. Wiener 
Tertiärbeekens. pag. 67. Taf. 8, Fig. 18. 

Die in diese Gattung gehörigen eigenthümlichen Körper wurden 
zuerst von d’Archiaec unterschieden und mit dem Namen Aeieularia 
belegt. Er beschrieb die A. pavantina aus den Eveänschichten des 
Pariser Beckens !), deren später auch Miehelin ?) gedachte. Die 
Stellung, welche diesen kleinen Fossilresten im zoologischen Systeme 
zukömmt, ist sehr lange zweifelhaft geblieben. Von d’Archiae 
und Michelin wurden sie den Bryozoen beigezählt und von mir in 
die Nähe von Eschara gestellt. Orbigny war der erste, welcher 
dieselben zu den Foraminiferen versetzte, aber auf wenig passende 
Weise mit Ovulites verband. Ihm folgte Pietet und später in Be- 
ziehung auf ihre Einreihung unter die Foraminiferen auch R. Jones, 
Parker und Carpenter. Letzterer lieferte zuerst in der Introduc- 
tion to the study of foraminifera (pag. 137 ff. Taf. 11, Fig. 27—32) 
eine genauere Darstellung des inneren Baues von Acicularia, woraus 
hervorgeht, daß dieselbe der Familie der Dactyloporideen angehört. 
Ich habe bei wiederholter Untersuchung diese Ansicht bestätigt 


gefunden, 


1) Mem. de la soc. g&ol. de France V. pag. 386. Taf. 25, Fig. 3. 


?) Iconographie zoophyt. pag. 176. Taf, 46, Fig. 14. 


. . . ._1e . ee I 
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. N 9 


Die im Steinsalze von Wieliezka (sehr selten), im Leithakalk 
von Kostel (ziemlich häufig) und Nußdorf, sowie im Tegel von Möl- 
lersdorf vorkommenden Formen werden characterisirt durch ihre 
starke Compression , die abgestutzten, beinahe gekanteten Seiten- 
ränder, das nicht ausgeschnittene, ebenfalls abgestutzte obere Ende 
und die weniger zahlreichen runden Mündungen. Durch diese Merk- 
male unterscheiden sie sich von den eocänen Formen — der A. pa- 
vantina d’Arch. — und von der hohlen eylindrischen A. eylin- 
droides m. 


5. Foraminiferen mit poröser Kalkschale. 
a) Rhabdoidea. 
a) Lagenidea. 
Lagena Walk. 
l. L. globosa Montagu. 

Reuss die Foram.-Familie der Lagenideen in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. 
d. Wissensch. Bd. 46. pag. 318. Taf. 1, Fig. 1—3. — Parker and 
Jones on some foram, from the North Atlantie and Arctie Oceans n 
the philosoph. transact. 1865. pag. 348. Fig. 10 a, 5. 

Sehr selten im Salzthon. Geht durch die gesamten Tertiär- 
schichten bis in die obere Kreide hinab und bis in die heutige 
Schöpfung herauf. 


2. I. elavata d’Orb. var. acieularis Rss. 

Reussl.c. Bd. 46. pag. 320. Taf. 1, Fig. 13, 14. — Amphorina acuminata 
Seguenza dei terr. terz. del distretto di Messina e dei foram. mono- 
talami ece. 1862, pag. 51. Taf. 1, Fig. 35. — Amphorina ceylindracea 
Seg. I. ce. pag. 51. Taf. 1, Fig. 36. — Amphorina gracillima Seg.|. e. 
pag. 51. Taf. 1, Fig. 37. — Amphorina distorta Seg. 1. e. pag. 52. 
Taf. 1, Fig. 38. 

Sehr selten im Salzthon. In den Tertiärsehiehten von Messina, 
im Crag von Antwerpen u. a. Ö. Die typische Form der L. clavata 


im Tegel von Baden, postpliocän und lebend. 
3. I. Haidingeri Cziz. sp. 
Reussl.c. Bd. 46. pag. 326. Taf. 3, Fig. 41. 
Sehr selten im Salzthon und im Tegel des Wiener Beckens. 


4. I. tenuis Born. 
Reussl.e. Bd. 46. pag. 325. Taf. 3, Fig. 30—39. 
Eine flaschenförmige, am unteren Ende schwach abgestutzte 
Form, im Umrisse sehr ähnlich der l. e, T. 3, Fig. 38 gegebenen 


s0 Reuss. 


Abbildung, aber mit sehr feinen und entfernten kurzen Längsstreifen, 
die kaum über das untere Drittheil des Gehäuses hinaufreichen, 
findet sich sehr selten im Salzthone von Wieliezka. Überdies im 
Oligoeän, Mioeän, Plioeän und lebend. 


9. L. geometrica Rss. 


Reuss ]. e. Bd. 46. pag. 334. Taf. 3, Fig. 74. — Ovulina ornata Seguen- 
zal. ec. pag. 42. Taf. 1, Fig. 12. — Parker and Jones. c. pag. 359. 
Taf. 16, Fig. 11; Taf. 13, Fig. 40, 41. 
Sehr selten im Salzthon. In den Tertiärschichten von Scoppo, 
S. Filippo und Rometta bei Messina und lebend. Bisweilen wird das 


hexagonale Netzwerk unregelmäßig, indem die Maschen sich abrunden 
oder verzerren. (Parker and Jones. e. T. 13, Fig. 40, 41.) 


Fissurina Rss. 
l. F. carinata Rss. 

Reussl. e. Bd. 46. pag. 338. Taf. 6, Fig. 83; Taf. 7, Fig. 86, 
Sehr selten im Salzthon. Überdies im Mitteloligocän. 


2. F. laevigata Rss. 


Reuss in d. Denksehr. d. kais., Akad. d. Wissevsch. I, pag. 366. Taf. 46, 
Fig. 1. 


Sehr selten im Salzthon und im obern Tegel des Wiener Beckens. 


3. F. apieulata Rss. 


Reuss in d. Sitzungsber. d. kais, Akad. d. Wissensch. Bd. 46, pag. 339. 
Taf. 6, Fig. 85. 


Sehr selten im Salzthon. 


£) Nodosaridea. 
Nodosaria Lam. 
I. N. rudis d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 33. Taf. 1, Kio, 17.19, 
Seltene Bruchstücke im Salzthon. Im Tegel des Wiener Beckens; 
sehr selten im Septarienthon. 


2. N. longiseata d’Orb. 
dOrbigny|.e.pag. 32, Taf. 1, Fig. 10—12. 
Sehr seltene Bruchstücke im Salzthon. Im Tegel des Wiener 
Beckens. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 81 


N. capillaris Neugeb. !) und N. ewilis Neugeb. 2) dürften 
kaum davon verschieden sein. 


3. N. irregularis d’Orb. 
d’Orbigny.e.pag. 32. Taf. 1, Fig. 13, 14. 
Sehr seltene Bruchstücke im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk 
des Wiener Beckens. 
N. gracilis Neugeb::) steht ihr sehr nahe, wenn sie nicht 
damit identisch ist. 


4. N. Adolphina d’Orb. 
Dentalina Adolphina d’Orb. |]. e. pag. 51. Taf. 2, Fig. 18 —20. 


Sie wechselt in Betreff der Einsehnürung der Kammern be- 
trächtlich. Oft sind die älteren Kammern nur durch wenig tiefe Ein- 
schnürungen gesondert; in anderen Fällen sind dieselben wieder sehr 
tief, die Kammern selbst kugelig, die oberen sogar durch kurze 
Röhren mit einander zusammenhängend. Die Kammern tragen in ihrer 
unteren Hälfte bald nur eine einfache, bald eine doppelte Reihe von 
spitzigen Höckerchen. 

Die Species ist im Salzthone sehr gemein, so wie im Tegel des 
Wiener Beckens. Im Leithakalke tritt sie nur selten auf, und zwar in 
der tieferen Bryozoenzone desselben. Ich fand sie neuerlich auch in 
dem gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau. 


9. N. siphonostoma Rss. (Taf. 3, Fig. 3). 

Das aus beiläufig vier Kammern bestehende Gehäuse ist nur 
schwach gebogen. Die ersten drei Kammern liegen in fast gerader 
Linie über einander, von der nur die Längsaxe der letzten Kammer 
etwas abweicht. Überdies sind die Kammern sehr ungleich; die erste 
ist kugelig mit am unteren Ende aufgesetztem kurzem Centralstachel. 
Die folgenden zwei werden durch seichte Näthe abgegrenzt und sind 
beinahe eben so hoch als breit und mäßig gewölbt. Die letzte, welche 
durch eine breite und tiefe Nahteinschnürung gesondert wird, erreicht 
an Länge beinahe das gesamte übrige Gehäuse. Eiförmig von Ge- 
stalt, verlängert sie sich am oberen Ende in einen langen glatten 


1) Neugeboren in d. Verhdigen u. Mittheilungen des siebenbürgischen Vereines f. 
Naturwiss. 1852. pag. 50. Taf. 1, Fig. 22—24. 

2) Neugeborenl. ce. pag. 51. Taf. 1, Fig. 25, 26. 

3) Neugeboren. ce. pag. 51. Taf. 1, Fig. 27—29. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 6 


> 
82 Reuss. 


röhrigen Schnabel. An der Basis der Kammern ragen einzelne ab- 
wärts gerichtete Spitzen hervor, ähnlich jenen der N. Adolphina 
d’Orb. Nach oben laufen diese gewöhnlich in zarte erhabene Längs- 
streifen aus, die sieh bis zur Hälfte oder selbst bis zum oberen Dritt- 
theil der Kammern fortsetzen. 

Sehr selten im Salzthon. 


6. N. econsobrina d’Orh. 


Dentalina consobrina d’Orb. 1. e. pag. 46. Taf. 2, Fig. 1—3. — Nodosaria 
consobrina d’Orb. R euss ind. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. 
Bd. 25, pag. 16. Taf. 2, Fig. 12, 13. 


Im Salzthone habe ich nur seltene Bruchstücke derselben ge- 
funden. Dagegen ist sie im Tegel des Wiener Beckens ziemlich weit 
verbreitet. Noch häufiger und in mannigfaltigeren Formen tritt sie im 
Mitteloligoeän auf. 


7. N. elegans d’Orb. 
Dentalina elegans d’Orb. |. e, pag. 45. Taf. 1, Fig. 52—56,. 


Nicht selten im Salzthon. Beinahe überall im Tegel, weniger 
verbreitet im Leithakalk des Wiener Beckens. 


8. N. Boneana d’Orb. 
Dentalina Boucana d’Orb. |], e. pag. 47. Taf. 2, Fig. 4—6. 


Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens. 


9, N, bifureata d’Orb. 


Dentalina bifurcata d’Orb. |]. e. pag. 56. Taf. 2, Fig. 38, 39. — Reuss in 
d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 367. Taf. 46, Fig. 10. 


Sehr seltene Bruchstücke im Salzthon. Im Tegel und Leitha- 
kalk des Wiener Beckens, im Ober- und Mitteloligocän, 


y) Glandulinidea. 


Glandulina d’Orb. 


1. 61, laevigata d’Orb. 
d’Orbigny l.e. pag. 29. Taf.1, Fig. 4, 5. — Reuss in d. Denkschr. d. 
kais. Akad. d. Wissensch, Bd, 25, pag. 20. 
Sie ist häufig im Salzthon, aber, wie überall, wechselt sie sehr 
in der Gestalt. Typische, der Orbigny schen Abbildung entspre- 
chende Formen kommen nur vereinzelt vor, 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 83 


In ihrer Gesellschaft findet man: 

«) Die var. elliptica Rss. (@l. elliptica Rss. in den Sitzungsber. 

d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 47, Taf. 3, Fig. 

29—31). 

8) Die var. inflata Born. (Bornemann, die mikroskopische 
Fauna des Septarienthones von Hermsdorf. pag. 16, Taf. 1, 
Fig. 6, 7.) 

y) Die var. elongata Born. (I. e. pag. 17, Taf. 1, Fig. 9). 

Von diesen ist die erste Varietät die häufigste, die dritte die 
seltenste. Auch an Formen, welche sich an @!. strobilus Rss. 1) 
anschließen, fehlt es im Salzthone nicht. Überhaupt dürfte diese 
wohl auch in den weiten Formenkreis von @/. laevigata gehören. 
Auch im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau fand ich 
@l. laevigata mit ihren Abänderungen nicht gar selten. 


2. 61. obtusissima Rss. 

Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 66. 
Taf. 8, Fig. 92, 93. 
Diese mitteloligoeäne Species kommt auch, wenngleich sehr 


selten im Salzthon vor. 


3. 6@l. aequalis Rss. (Taf. 3, Fig. 4). 

Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 48. 

Taf. 3, Fig. 28. 

An dem langgezogen-elliptischen oder beinahe walzenförmigen 
und an beiden Enden gleichmäßig abgerundeten Gehäuse unter- 
scheidet man nur 3—4 Kammern, von denen die letzte ein Drittheil 
oder höchstens die Hälfte der Gesamtlänge des Gehäuses einnimmt. 
In der l. e. pag. 48 gegebenen Beschreibung wird die Länge der- 
selben zu hoch angeschlagen (auf mehr als die Hälfte oder selbst 
auf zwei Drittheile des Gehäuses). Die Näthe sind nur bei stärkerer 
Vergrößerung und intensivem Lichte als undeutliche durchscheinende 
Linien erkennbar. Die runde Mündung scheint ungestrahlt zu sein. 

Von @l. discreta Rss. unterscheidet sich die Species durch 
das sehr stumpfe Gehäuse. Während @!. discreta gleichsam das 
Endglied der typischen Zaevigata-Reihe ist, bildet @. aequalis dage- 
gen das Endglied der Zlliptica-Reihe. 


1) Reuss in d. Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 20. Taf. 2, Fig. 24. 
6” 


Reuss. 


2 


Sie findet sich sehr selten im Steinsalz, sowie in dem gyps- 
führenden Mergel von Kathrein bei Troppau und im mitteloligoeänen 
Septarienthon. 


4. 61. disereta Rss. 
Reuss in d. Denksehr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 366. Taf. 46. 

Fig. 3. 

Sehr selten im Salzthon; doch sind die oberen Kammern noch 
weniger eonvex und daher die Näthe noch seichter, als an dem 
abgebildeten Exemplare aus dem Tegel von Lapugy in Siebenbürgen. 
Überhaupt scheint in dieser Beziehung ein großer Wechsel Statt zu 
finden. Neugeboren bildet von Lapugy Exemplare mit sehr starken 
Natheinschnürungen unter dem Namen G@!/. elegans !) und @!. 
Reussi 2) ab. Besonders bei ersterer stellt das Anfangsstück eine 
deutliche @l. laevigata d’Orb. dar, und es wäre daher möglich, 
daß @!. disereta Rss. nichts als eine @l. laevigata wäre, auf welche 
sich bei weiterer Fortbildung mehrere bald nur schwach gesonderte, 
"bald dureh tiefe Natheinschnürungen getrennte Kammern aufgesetzt 
haben. 


6) Frondicularidea. 


Rhabdogonium Rss. 
I. Rh. minutum Rss. (Taf. 5, Fig. 4, 5). 


Bei dieser in ihren Umrissen sehr wandelbaren Species lassen 
sich zweierlei Hauptformen unterscheiden. Die eine ist in der Regel 
größer, in der Seitenansicht verkehrt eiförmig, oben breiter als unten, 
nicht seiten beträchtlich verlängert, oft unregelmässig verbogen. Die 
Schalenoberfläche pflegt überdieß mit größeren Rauhigkeiten besetzt 
zu sein. 

Andere Gehäuse sind dagegen mehr weniger regelmäßig oval, 
an beiden Enden etwas verschmälert, überhaupt regelmäßiger gebil- 
det und mit ebenerer Oberfläche. In allen Fällen sind aber die drei 
Seitenkanten dünn, flügelartig, die Seitenflächen ausgehöhlt. Die 
Begrenzung der einzelnen in gerader Linie über einander liegenden 
Kammern wird nur stellenweise durch sehr seichte, quere, kaum 
gebogene Furchen angedeutet. Die terminale runde Mündung ist 


1) Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. XII. pag, 69. Taf. 1, Fig. 5. 
2) 1. ce. pag. 69. Taf. 1, Fig. 6. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 85 


klein, oft undeutlich. Von ihr gehen an den am oberen Ende breiteren 
Exemplaren drei feine kurze Furchen aus, welche auf dem oberen 
dickeren Theile der Kanten verlaufen. 


In ihrer Physiognomie ähnelt die Species, welche ich häufig im 
Salzthone gefunden habe, sehr der Tritawia tricarinata Rss. aus 
der oberen Kreide. (Rss. iu d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissen- 
schaften Bd. 40, pag. 228. Taf. 12, Fig. 1, 2). 


Flabellina d’Orb. 
1. Fl. incrassata Rss. (Taf. 3, Fig. 5). 


Das verlängert-ovale Gehäuse zieht sich oben zur kurzen Spitze 
zusammen, während es, sich nach unten nur wenig verschmälernd, 
dort in schiefer Rundung endigt. In der Mitte ziemlich dick, ver- 
dünnt es sich gegen die Ränder hin etwas. Diese selbst sind 
nicht abgestutzt, sondern winklig gerundet. Die beiden Seitenflächen 
zeigen eine etwas ungleiche Wölbung. Der spirale Anfangstheil des 
Gehäuses ist klein; der gerade Theil besteht aus 6—7 reitenden, in 
nicht sehr spitzigem Winkel gebrochenen, sehr niedrigen Kammern. 
Dieselben werden durch etwas unregelmäßige scharfe runzelartige 
Leisten geschieden, die sich hin und wieder durch Anastomosen mit 
einander verbinden. 


Sehr selten im Steinsalz. 


Amphimorphina Neugeb. 

l. A. Hauerana Neugeb. 
Neugeboren ind. Verhalg. u, Mittheilg. des siebenbürg. Vereins f. Natur- 

wissenseh. 1850. I. pag. 125 — 127. Taf. 3. Fig. 15—16. — Denkschr. 

d. kais. Akad. d. Wissensch, in Wien. XII. pag. 97. 
Dieser Mischtypus, welcher die Charactere der Gattungen 
Frondicularia und Nodosaria in sich vereinigt, wurde zuerst von 
Neugeboren im Tegel von Lapugy in Siebenbürgen entdeckt. 
Später habe ich die Species im Tegel von Sebranitz, Hausbrunn und 
Jaromeritz in Mähren nachgewiesen. Karrer fand sie vor Kurzem 
im Tegel des Leithakalkes bei einer Brunnengrabung zunächst Möd- 
ling bei Wien. Im Salzthone bei Wieliezka kömmt sie nur in ver- 
einzelten Bruchstücken vor. 


86 Reuss. 
b) Cristellaridea. 


Cristellaria Lam. 
l. Cr. ealear L. var. calear d’Orb. 

Reuss in den Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 29. — 
Robulina ealear d’Orb. ]. e. pag. 99, Taf. 4. Fig. 18—20. — Robulina 
echinata d’Orb. ]. e. pag. 100. Taf. 4, Fig, 21, 22. 

Sehr selten im Salzthon und Steinsalz, jedoch nur die unge- 
streifte Form (Rob. calecar d’Orb.). Überdies lebend, pliocän, miocän 


und oberoligoecän. 


2. Cr. rostrata Rss. (Taf. 3, Fig. 6). 

Das dünne, sehr stark zusammengedrückte Gehäuse fällt schon 
bei flüchtiger Betrachtung durch seine verlängert-eiförmige Gestalt 
auf. Denn der regelmäßig gerundete spirale Theil verlängert sich 
oben in einen langen spitz-dreieckigen Schnabel. Die 10—12 wenig 
gebogenen Kammern sind sehr niedrig, mit Ausnahme der letzten, 
welche, in vertiealer Richtung sich beträchtlich ausdehnend, den 
erwähnten Schnabel bildet. Die nicht vertieften Näthe werden äußer- 
lich nur durch dunkle Linien angedeutet. Die Septalfläche der letzten 
Kammer ist sehr hoch und schmal, linear mit parallelen Seiten- 
rändern, fast flach, im obern Theile von der engen senkrechten 
Mündungsspalte durchbrochen. 

Sehr selten im Salzthon. 


3. (r. Russeggeri Rss. (Taf. 3, Fig. 7). 

Auch hier ist das stark zusammengedrückte, vollkommen involute 
Gehäuse verlängert-einförmig, unten gerundet, oben zugespitzt, am 
peripherischen Rande scharf gekielt. 6—-7 dreieckige etwas gebogene 
flache Kammern, deren Näthe nur durch schwach vertiefte Linien 
angedeutet werden. Die letzte Kammer ist verhältnißmässig groß. 
Ihre Septaifläche ist linear, etwas ausgehöhlt. Die Mündung rundlich, 
ungestrahlt. 

Sehr selten im Salzthon. 


4. Cr. inornata d’Orb. sp. 

Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 28. — Ko- 
bulina inornata d’Orb.]. e. pag. 102. Taf. 4. Fig. 25, 26. — Robulina 
austriaca d’ Orb. I. ce. pag. 103. Taf. 5, Fig. 1, 2. — Robulina inter- 
media d’Orb.]. e. pag. 104. Taf. 5, Fig, 3, 4. 

Eine sehr wandelbare Form, indem die Zahl der Kammern, die 
W ölbung des Gehäuses, die Größe der Nabelscheibe und endlich die 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 87 


Beschaffenheit des Rückenrandes, der bald einfach scharfwinklig, 
bald gekielt oder selbst schmal geflügelt ist, dem größten Wechsel 
unterliegt. Man kann vollständige Übergänge zwischen den drei 
Orbigny'schen Speeies nachweisen. Über ihre Zusammengehörig- 
keit habe ich mich übrigens schon früher an einem anderen Orte 
ausgesprochen (]. e. pag. 28). 

Übrigens scheint Cr. inornata auch mit Cr. cultrata Montf£. 
sp. durch Übergänge zusammenzuhängen. Denn man beobachtet die 
allmälige Größenzunahme des Gehäuses und das schrittweise Her- 
vorbilden des Flügelsaumes am Rande. Das allmälige Eintreten des 
Zerschnittenseins dieses Randsaumes bahnt selbst eine Verbindung 
mit Or. calcar d Orb. sp. an. 

Sehr selten im Salzthon. Häufig im Tegel, seltener im Leitha- 
kalk des Wiener Beckens. Überdieß im gypsführenden Mergel von 
Kathrein bei Troppau, sowie im Ober- und Mitteloligecän. 


5. Cr. simplex d’Orb. sp. 
Reuss in den Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 27. — 
Robulina simplex d’Orb. 1. e. pag. 103. Taf. 4, Fig. 27, 25. — Robu- 


lina incompta Rss. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1851. pag, 70. 
Taf. 4, Fig. 28. 


Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens, im mitteloligocänen Septarienthon. 


Pullenia P. et Jon. 
l. P. bulleides d’Orb. sp. 
Nonionina bulloides d’Orb. 1. e, pag. 107. Taf. 5. Fig. 9, 10. 
Gemein im Steinsalz. Überdieß im Unter- und Mitteloligocän, 
im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens (besonders häufig in 
den höheren Tegelschichten), im gypsführenden Mergel von Kathrein 
bei Troppau, im Pliocän und lebend in den heutigen Meeren. 


2. P. compressiuscula Rss. 
Reuss in d, Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 34. 
«) var. quingueleba. 
Nonionina quinqueloba Rss. in d. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. 
pag. 71. Taf, 5, Fig. 31. 
Sehr selten im Salzthon. Ziemlich verbreitet im Septarienthon. 
ß) var. quadriloba. (Taf. 3, Fig, 8). 
Ebenfalls sehr selten im Salzthon, im Tegel von Grinzing und 
im mitteloligocänen Septarienthon. 


ss Reuss. 


Nonionina quaternaria Rss. 1) bietet so wenig bedeutende 
Abweichungen dar, dafs sie wohl auch hierher gehören dürfte. 


c) Polymorphinidea. 

Polymorphina d’Orb. 

l. P. gibba d’Orb. 

Globulina gibba d’Orb,]. e. pag. 227, Taf. 13, Fig. 13, 14. — Globulina 
globosa v.M. Römer in Leonh. u. Bronn’s Jahrb. 1838. pag. 386. 
Taf. 3, Fig. 33. — Globulina tubulosa d’Orb. ]. e. pag. 228. Taf. 13, 
Fig. 15, 16. (Monströse Aulostomellenform). 

Nicht selten im Salzthon und Steinsalz. Auch an Aulostomellen- 
formen mit verzweigter röhriger Mündung fehlt es nicht. Im Tegel 
und Leithakalk des Wiener Beckens, pliocän und lebend. Hierher 
gehörige Formen treten schon im Eocän, Unter-, Mittel- und Ober- 
Oligocän auf. 


2. P. aequalis d’Orb. 

Globulina aequalis d’Orb. |. e. pag. 227. Taf. 13, Fig. 11, 12. 

Sie soll sich von der vorigen Species durch das zusammen- 
gedrückte Gehäuse und die nackte Mündung unterscheiden. Aber man 
findet auch zusammengedrückte Formen mit gestrahlter Mündung 
und die Compression des Gehäuses selbst wechselt ungemein, so 
daß sich keine scharfe Grenze ziehen läßt. Es dürfte sich daher P. 
aequalis von P. gibba kaum trennen lassen. Sie ist im Steinsalze 
sehr selten. Innerhalb des Wiener Beckens begegnet man ihr im 
Tegel und Leithakalk. Auch im Ober- und Mitteloligoeän trifft man 
sie selten. 


3. P. inaequalis Rss. 

Globulina inaequalis Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. 
l. pag. 377. Taf, 48, Fig. 9. 

Das Gehäuse ist gewöhnlich weniger zusammengedrückt und 
mehr ungleichseitig, als in der eitirten Abbildung. Bisweilen tritt 
äußerlich noch eine vierte Kammer sichtbar hervor, wodurch das 
Gehäuse noch unsymmetrischer wird. Übrigens steht die Speeies 
manchen anderen Polymorphina - Arten sehr nahe, so daß sie 
leicht nur eine Form einer derselben darstellen könnte. Wiederholte 


1) Reuss, Foraminiferen und Entomostraceen des Kreidemergels von Lemberg in 


Haidinger’s gesamm. naturwiss. Abhdl. IV. pag. 18. Taf. 2, Fig. 13. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 89 


Untersuchung zahlreicherer Exemplare wird darüber ein helleres 
Licht verbreiten. 

Sehr selten im Steinsalz. Im oberen Tegel und Leithakalk, 
oberoligocän, pliocän und lebend; überall selten. 


4. P. depauperata Rss. (Taf. 3, Fig. 9). 

In der Gestalt des Gehäuses nähert sie sich der P. foveolata 
Rss., nur ist sie breiter oval und stärker zusammengedrückt, an den 
Seitenrändern zugerundet. Die Kammern stehen zweizeilig, in einer 
Längsreihe drei, in der anderen nur zwei, alle durch sehr undeutlich 
durehscheinende lineare Näthe gesondert. Die Mündung ist gestrahlt, 
die Schalenoberfläche glatt, glasig glänzend. 

Sehr selten im Salzthon und im gypsführenden Mergel von 
Kathrein bei Troppau. 


3. P. sororia Rss. 

Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 57. 
Taf. 7, Fig. 72—74. — Reuss les foraminiferes du Crag d’Anvers, 
extr. des bulletins de I’ Arad. de Belg. pag. 17. Taf. 2, Fig. 23—29. — 
Denkschr. d. kais. Akad. d, Wissensch. Bd. 25, pag. 36. 


Sehr selten im Salzthon und Steinsalz, meistens kurze dicke 
Formen, wie l. c. Taf. 2, Fig. 29. Häufig mitteloligoeän und plioeän, 
selten oberoligoecän. 


6. P. leprosa Rss. (Taf. 4, Fig. 5). 

Ziemlich groß, unvollkommen kugelig, unten breit- und schief- 
gerundet, oben sehr stumpf zugespitzt. Die Oberfläche der Schale 
ist mit kleinen, flachen, sehr ungleichen und unregelmäßigen Er- 
habenheiten bedeckt, welche stellenweise in unregelmäßigen Längs- 
reihen stehen. Die Mittelkammer tritt, besonders auf einer Seite, nur 
in geringem Umfange sichtbar hervor. Die nicht vertieften Näthe sind 
undeutlich. Die runde Mündung wird von einem kurzen Strahlen- 
kranze umgeben. 

Sehr selten im Salzthone. 


7. P. problema d’Orb. 

Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 38. — 
Guttulina problema d’Orb. ]. ce. pag. 224. Taf. 12, Fig. 26—28. — 
Guttulina austriaca d’Orb. 1. e. pag. 223. Taf. 12, Fig. 23--25. — 
Guttulina communis d’Orb.], ce. pag. 228. Taf. 13, Fig. 6—8. 

Sehr selten im Salzthon und im Steinsalz, sowohl die typische 


Form, als auch die durch weiteres Auseinandertreten der Kammern 


90 Reuss. 


in der Riehtung der Längsaxe daraus hervorgehende @uft. austriaca. 
Auch @utt. Planeii d’Orb.t) von den Küsten Patagoniens gehört in 
diesen Formenkreis. 

Übrigens steigt P. problema mit ihren verschiedenen Formen- 
abänderungen bis in das Unteroligocän hinab und reicht bis in die 
heutige Schöpfung herauf. Im Wiener Becken liegt sie im Tegel und 
Leithakalk. Sehr selten findet man sie auch in den gypsführenden 
Mergeln von Kathrein bei Troppau. 


8. P. oblonga d’Orb. 
d’Orbigny.e. pag. 232. Taf. 12, Fig. 29—31. 
Sehr selten im Salzthon. Im Leithakalk des Wiener Beckens. 


9. P. foveolata Rss. (Taf. 4, Fig. 2). 

Das beinahe regelmäßig elliptische, wenig seitlich zusammen- 
gedrückte Gehäuse zeichnet sich durch die an beiden Enden beinahe 
gleichmäßige Rundung aus. Am obern ist ein kaum merkbares 
Höckerchen aufgesetzt, das die gestrahlte Mündung trägt. Die nur 
durch undeutlich durchscheinende gebogene Nathlinien gesonderten 
Kammern stehen zweizeilig, je 8—4 in einer Reihe. Die Oberfläche 
der Schale ist mit gedrängten feinen seichten unregelmäßigen Grüb- 
chen bedeckt. 

Sehr selten im Steinsalz. 


10. P. Zeuschneri Rss. (Taf. 4, Fig, 1). 

Mehr weniger eiförmig oder elliptisch und an den Seitenrändern 
gerundet, ist sie in Hinsicht auf Wölbung der Seitenflächen und auf 
Begrenzung der einzelnen Kammern ungleichseitig. Beide Enden 
sind mehr weniger stumpf. Die in ihren Umrissen sehr wandelbaren 
Kammern stehen in zwei Längsreihen alternirend, je 2—5 in jeder 
derselben. Im oberen Theile des Gehäuses stehen sie bisweilen direet 
neben einander, im unteren Theile dagegen erscheint die Compres- 
sionsebene nicht selten gedreht. Die Kammern werden durch ziem- 
lich tiefe, fast quere oder nur wenig schräge gebogene Näthe 
abgegrenzt. Die letzten zwei Kammern sind gewöhnlich doppelt so 
hoch als die vorhergehenden und, besonders die letzte, auch gewölb- 
ter. Die Mündung ist gestrabilt. 


1) ®Orbigny, Voy. dans l’Amerique meridion. pag. 60. Taf. 1, Fig. 5. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 91 


Die in der Orbigny 'schen Abbildung zu wenig gewölbt 
erscheinende P. ovata d’Orb. (l. e. Taf. 135, Fig. 1, 2) weicht 
durch die beträchtlichere Wölbung der Seitenflächen und die kaum 
vertieften sehr schrägen Näthe auffallend auf. 

Nieht gar selten im Salztlıon und Steinsalz. 


11. P. semiteeta Rss. (Taf. 3, Fig. 10). 

Sie ist im Umrisse ebenfalls der ?. ovata d’Orb. sehr ähnlich, 
aber durch die sehr ungleichseitige Entwicklung der letzten Kammer 
davon sehr abweichend. Sie ist eiförmig, oben stumpf zugespitzt, am 
untern Ende gerundet, in verschiedenem Grade zusammengedrückt, 
auf beiden Seiten ungleich gewölbt mit gerundeten Seitenrändern. 
Die sehr schrägen, etwas gebogenen Kammern stehen alternirend in 
zwei Längsreihen; aber abwechselnd sind auf jeder Seite nur die 
Kammern der einen Reihe sichtbar, während jene der anderen durch 
die bis zum unteren Ende des Gehäuses herabreichende letzte Kam- 
mer dieser Reihe verdeckt werden. Die älteren Kammern sind nur 
durch lineare Näthe geschieden, nur die letzten Näthe vertiefen sich 
etwas mehr und in Folge dessen treten die Kammern mit schwacher 
Wölbung hervor. Die Schalenoberfläche ist glatt, die runde Mündung 
gestrahlt. 

Sehr selten im Steinsalz. 


12. P. ovata d’Orb. 
d’Orbigny|.e. pag. 233. Taf. 13, Fig. 1— 3. 
Sehr selten im Salztkon. Im Leithakalk des Wiener Beckens 


und im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau. 


Sphaeroidina d’Orb. 
l. Sp. austriaca d’Orb. 

d’Orbignyl.e. pag. 284. Taf. 20, Fig. 19—21. — Reuss in d. Denkschr. 
d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 387. Taf. 51, Fig, 3—19. -- Sex- 
loculina Haueri Czizek in Haidinger’s gesamm. naturwiss. Abhdlg. 
II. pag. 149, 150. Taf. 13, Fig. 35—38. 

Gemein im Salzthon. Auch hier kommen, wenngleich viel 
seltener als bei der Sph. variabilis Rss. des Septarienthones, niedrig 
konische Formen vor, die dadurch entstehen, daß sich die Kammern 
nicht, wie gewöhnlich, kugelig zusammenballen, sondern nach einer 
regelmäßigeren etwas offenen Spirallinie aneinander reihen. Sie 
können als var. conica bezeichnet werden (Reuss in d. Denksehr. 


92 Reuss. 


d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 40. — Sitzungsber. d. k. 
Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 58. Taf. 7, Fig. 86.) 

Sph. austriaca findet sieh häufig im Tegel und Leithakalk des 
Wiener Beckens, sehr selten im gypsführenden Mergel von Kathrein 


bei Troppau und im Oberoligocän. 


Uvigerina d’Orb. 
l. U. pygmaea d’Orb. 
d’Orbignyl.c.pag. 190. Taf. 11, Fig. 25, 26. — Williamson. e. p. 66, 

Fig. 138, 139, 

Ziemlich häufig im Salzthon, sehr selten im Steinsalz. Sehr 
selten im Oberoligoeän, gemein im Miocän (im Tegel und Leitha- 
kalk des Wiener Beckens), im Plioeän und lebend in den heutigen 
Meeren. 

Üvigerina striata Costa!) ist wohl nicht davon verschieden, 
denn Origimalexemplare, die ich Herrn Seguenza verdanke, zeigen 
nicht blos feine Streifen, sondern wahre Längsrippen. 


2. U. semiornata d’Orb. 
d’Orbigny. e. pag. 189. Taf. 11 Fig. 23, 24. 


Sehr selten im Salzihon. Selten im Leithakalk des Wiener 
Beckens. 

Sie dürfte kaum von der vorigen scharf zu trennen sein, denn 
auch bei Formen, die offenbar zu U. pygmaea gehören, sind nicht 
selten die jüngeren Kammern rippenlos. Schon Soldani bildet 
Taf. 126, Fig. &x, yy. zz dergleichen Exemplare ab. Das stärkere 
oder schwächere Hervortreten der Längsrippen, so wie die mehr 
oder weniger bauchige Wölbung des Gehäuses sind graduelle und 
sehr veränderliche Merkmale. 


3. U. urnula d’Orb. 
d’Orbigny l.e. pag. 189. Taf. 11, Fig. 21, 22, 

Eine sehr wandelbare Species. Die Schalenoberfläche ist bald 
ganz glatt, bald nur auf den ältesten Kammern mit mehr weniger 
deutlichen Längsrippen verziert. Ob sie von der glatten lebenden 
U. nodosa d’ Orb.) wirklich verschieden sei, vermag ich jetzt nicht 
zu entscheiden. 


1) Paläontologia del regno di Napoli II. pag. 270. Taf. 15, Fig. 2. A, C. 
) 8 & | pas 5 
*”) Ann. d. sciences nat. 1SA6. Tabl. method. pag. 103. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 953 


Sie wird im Salzthone häufig gefunden. Im Leithakalk und vor- 
zugsweise im Tegel des Wiener Beckens. 


4. U. asperula Cziz. (Taf. 4, Fig. 6—9). 

Czizek in Haidinger’s gesamm, naturwiss. Abhdlg. II. 1. pag. 146. 

Taf. 13, Fig. 14, 15. — DUevigerina Orbignyana Czizek |. ce. pag. 147. 

Taf. 13, Fig. 16, 17. 

‚Beide von Czizek aufgestellte Speeies gehören offenbar zu- 
sammen, denn man vermag die allmäligen Übergänge nachzuweisen 
von der blossen Rauhigkeit der Schalenoberfläche bis zum Auftreten 
ziemlich langer unregelmäßiger Stachelspitzen. Ebenso findet in ihrer 
Anordnung die größte Verschiedenheit Statt. Bald stehen die Rauhig- 
keiten ganz regellos zerstreut, mehr weniger dieht aneinander gedrängt, 
bald findet man sie wieder in mehr weniger deutliche Längsreihen 
geordnet. Nicht selten fließen diese in deutliche aber unregelmäßige 
schmale Rippehen zusammen. Bisweilen sieht man diese verschie- 
denen Modificationen an einem und demselben Exemplare vereinigt, 
indem der ältere Theil des Gehäuses zerstreute, der jüngere aber an 
den letzten Kammern reihenweise stehende Stacheln zeigt. Auch die 
Größe und Gedrängtheit der Spitzen ist großem Wechsel unter- 
worfen. (So sind die Nußdorfer Exemplare mit zahlreichen diekeren 
Spitzen besetzt, beinahe höckerig). Übrigens bietet das Gehäuse 
dieselben Modificationen der Gestalt dar, wie die übrigen Uvigerinen- 
Arten, indem dasselbe bald dünner und schlanker, bald kürzer und 
bauchiger erscheint. 

U. aculeata d Orb.) kenne ich nieht aus eigener Anschauung. 
Auch hat sie keiner der Wiener Paläontologen bei Nußdorf wieder 
gefunden. In der von Orbigny selbst herrührenden Originalsamm- 
lung von Wiener Foraminiferen liegen unter diesem Namen Exem- 
plare von Ü. asperula, welche von Orbigny trotz der Häufigkeit 
ihres Vorkommens nirgend beschrieben oder abgebildet wurde. Es 
erregt dies den Verdacht, daß die Orbigny sche Abbildung auf 
einem schlecht erhaltenen und unrichtig abgebildeten Exemplare von 
U. asperula beruht, um so mehr, als an der Abbildung ohnedieß die 
für Uvigerina characteristische röhrenförmige Mündung fehlt. Es ist 
daher sehr zweifelhaft, ob U. aculeata d’Orb. als Species wirklich 
existirt. 


1) Orbigny 1. e. pag. 191. Taf. 11, Fig. 27, 28. 


94 Reuss. 


U. asperula ist im Salzthone sehr gemein, im Steinsalz selten. 
Sie liegt überdieß im Tegel und Leithakalk des Wiener Beekens und 
sehr selten im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau. 


Bulimina d’Orb. 
l. B. pyrula d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 184, Taf. 11, Fig. 9, 10. 
Viel verbreiteter im Tegel, als im Leithakalk des Wiener 
Beckens. 
Nicht selten sind die älteren Kammern in weiterem Umfange 
sichtbar, als an dem von Orbigny abgebildeten Exemplare. 


2. B. ovata d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 185. Taf. il, Fig. 13, 14. 


Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leithakalk. 
3. B. tenera Rss. (Taf. 4, Fig. 11, 12). 


Eine äußerst kleine, gewöhnlich schwarz gefärbte Species, die 
in Beziehung auf ihre Form zwisehen B. ovula d’Orb. !) und B. 
pyrula d’Orb. einerseits und B. squamigera d’Orb. 2) anderseits 
mitten inne steht. Das Gehäuse ist schlank eiförmig, selten bauchi- 
ger, am unteren Ende oft mit einer kurzen Spitze versehen. Die 
ersten der 3— 4 wenig deutlichen Umgänge sind sehr klein, der 
letzte dagegen ist sehr groß und nimmt 6—7 Achttheile der Ge- 
samtlänge des Gehäuses ein. Nur im Falle, daß die primordialen 
Umgänge in Gestalt einer Spitze etwas stärker vorgeschoben sind, 
bildet der letzte nur etwa vier Fünftheile des Gehäuses. Nur die 
letzten Kammern sind sehr schwach gewölbt, durch sehr schmale 
Nathfurchen gesondert und decken sich schuppenartig; bei den 
übrigen sehr kleinen Kammern erscheinen die Nathlinien sehr undeut- 
lich. Die Öffnung stellt eine sehr kleine kommaförmige Spalte dar. 

Man findet die Species nur selten im Salzthon. 

4. B. pupoides d’ Orb. 

d’Orbignyl.e. pag. 185. Taf. 11, Fig. 11, 12. 

Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Häufig im Tegel, selten 

im Leithakalk des Wiener Beckens. 


1) Orbigny Voyage dans l’ Amerique merid. Foraminif. pag. 51. Taf. 1, Fig. 10, 11, 
2) Foraminiferes des iles Canaries. pag. 137, Taf. 1, Fig. 22—24. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka iu Galizien. 95 


5. B. elongata d’Orb. 

d’Orbignyl. ec. pag. 187. Taf. 11, Fig. 19, 20. 

Häufig im Salzthon, selten im Steinsalz. Im Tegel und Leitha- 
kalk des Wiener Beckens, im gypsführenden Mergel von Kathrein 
bei Troppau und im Salzthon von Sugatag in der Marmaros. 

6. B. aculeata d’Orb, 

Soldani testaceograph, mieroseop. Taf. 127, Fig. I; Taf. 130, Fig. vv; Taf. 
131, Fig. &&. — d’Orbigny ann. des sciene. nat. 1826. pag. 103. 
nro. 7. — Reuss in d. Denkschr. d, kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 
374. Taf. 47, Fig. 13. — B. pupoides var. spinulosa Williamson I. e. 
pag. 62. Fig. 128. — D. spinosa Seguenza prime ricerche intorno 
ai rhizopodi fossili delle argille pleistoceniche dei dintorni di Catania 
1862. pag. 23. Taf. 1, Fig. 8. 

Es ist wahrscheinlich, daß B. aculeata nur eine mit Stacheln 
bewehrie Form der B. elongata sei, denn in den übrigen Kennzeichen 
stimmen beide mit einander überein. Die Bewehrung selbst ist sehr 
wandelbar. Zuweilen sind die Stacheln zahlreich und ziemlich lang; 
von da ab lassen sich alle Zwischenstufen bis zum Verkümmern und 
völligen Verschwinden derselben verfolgen. Die bewehrten Formen 
scheinen in der Regel kleiner zu bleiben; nur selten stößt man auf 
Exemplare, die so lang und groß sind, wie viele der wehrlosen 
B. elongata. 

Man findet B. aculeata nicht selten im Salzthon. Sie liegt auch 
im Tegel des Wiener Beckens, im Pliocän und lebt jetzt auch noch 
in den gemäßigten Meeren. 

7. B. Buchana d’Orb. (Taf. 4, Fig. 10). 

d’Orbienyl. ce. pag. 186. Taf. 11, Fig. 15—18. 

Gemein im Salzthon und Steinsalz. In ersterem wird sie bis einen 
Millim. groß; dann ragen auch die Rippen stärker hervor und der 
untere Rand der Kammern erscheint mit einer Reihe kleiner Dornen 
fransenartig umsäumt. Überhaupt wechselt das Gehäuse in Größe 
und Form beträchtlich. Größere Individuen zeigen oft 7—8 Spiral- 
umgänge 1) und sind oben bauchig, am untern Ende ziemlich scharf 
zugespitzt, während sehr viele kleinere Exemplare unten stumpf 
endigen. Auch in der Seulptur nimmt man Verschiedenheiten wahr, 
indem die Spitzen über den untern Kammerrand bald beträchtlich 
vorragen, bald wieder nur schwache Kerben darstellen. 


1) Orbigny gibt irriger Weise nur fünf Umgänge an, was nur von Jüngeren Exem- 


plaren gilt, Ich habe daher ein ausgewachsenes Exemplar abgebildet. 


96 Reuss. 


B. inflata Seg.'!) scheint ebenfalls nur eine kurze bauchige 
Form von B. Buchana mit längeren Rippenspitzen zu sein. 

B. Duchana ist im Tegel und im Leithakalke des Wiener 
Beckens zu Hause. Sie liegt auch im gypsführenden Mergel von 
Kathrein bei Troppau, so wie im Salzthone von Sugatag und Slatina 
in der Marmaros. 


Virgulina d’Orb. 

l. V. Schreibersana Cziz. (Taf. 4. Fig. 4, 5). 

Czizek in Haidinger’s gesamm, naturwiss. Abhandl. II. 1. pag. 147. Taf. 
13, Fig. 18—21. — Bulimina pupoides var. compressa Williamson 
l. e. pag. 63. Fig. 131. — Dulimina marginata var. attenuata P. et 
Jones distribut. of some foraminif. from the eoast of Norway pag. 24. 
Taf. 2, Fig. 35. — Polymorphina apula Costa ]. e, pag. 286. Taf. 18, 
Fig. 17. 

Kommt selten im Steinsalz, häufig im Salzthon vor und in diesem 
in besonders großen Exemplaren. Im unteren Theile derselben sind 
die Kammern gewöhnlich spiral gestellt; erst in den zwei oberen 
Drittheilen des Gehäuses ordnen sie sich in zwei alternirende Längs- 
reihen, die aber nicht gerade und regelmäßig sind, sondern immer 
noch eine Neigung zur spiralen Drehung verrathen. 

Polymorphina longissima Costa. 2) deren Abbildung keine 
Beschreibung beigegeben ist, ist offenbar nur auf ausgewachsene, 
vorwiegend zweizeilige Formen von Virg. Schreibersana gegründet. 
Auch Polymorphina innormalis Costa 5), gleich der vorigen ohne 
Beschreibung, dürfte hieher gehören und eine spirale Jugendform 
darstellen. 

V. Schreibersana findet sieh überdieß® im Tegel des Wiener 
Beckens, im Pliocän und lebt in den heutigen Meeren. 


d) Cryptostegia. 


Chilostomella Rss. 
l. Ch. ovoidea Rss. 
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissenseh. I. pag. 380. Taf. 48. 
Fig. 12, | 
Sehr selten im Salzthon und in den höheren Tegelschichten. 


1) Seguenza prime ricerche int. ai rhizopodi foss. delle argille pleistocen. ete. 
1862. pag. 25. Taf. 1, Fig. 10. 

ZN Bari, 510722, 0723: 

®) 1. e. II. Taf. 13, Fig. 28— 30. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 97 


Allomorphina Rss. 

l. A. trigona Rss. 

Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag: 380. Taf. 48, 
Fig. 14. 

Ziemlich häufig im Salzthon. Im Tegel des Wiener Beckens 
und sehr selten im oligocänen Septarienthon. 

A. macrostoma Karr.!) ist nur eine kleinere und convexere 
Form von A. trigona mit etwas größerer Mündung —, durehgehends 
Merkmale, die nur graduell sind und Übergänge in die typische Form 
wahrnehmen lassen. Je kleiner die Exemplare, desto gewölbter 
pflegen sie zu sein und desto größer ist im Verhältniß die Mündung. 


e) Cassidulinidea. 


Cassidulina d’Orb. 
1. 6. punctata Rss. 
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 376. Taf. 48, 
Fig. 4. 
Sehr selten im Salzthon und im jüngeren Tegel des Wiener 
Beckens. 


2. C. oblonga Rss. 
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 376. Taf. 48, 


Fig. 5, 6. 
Sehr selten in Gesellschaft der vorigen Species und im Schlier 
von Ottnang. — Sie unterscheidet sich von der übrigens sehr ähn- 


lichen €. erassa d’ Orb.) durch größere Wölbung der Schale und 
die einfache, nicht winklig gebrochene Mündungsspalte. Dagegen 
scheint sie mit der lebenden €. odbfusa W ill.3) vollkommen über- 
einzustimmen. 
f) Textilaridea. 
Bolivina d’Orb. 
l. B. antiqua d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 240. Taf. 14, Fig. 11—13. 

Gemein im Salzthon, aber nicht verbreitet, nur an einzelnen 
Stellen vorkommend. Im Tegel des Wiener Beckens, sehr selten im 
Septarienthon. 


1) Karrer, Über das Auftreten der Foraminiferen in dem marinen Tegel des Wiener 
Beckens; in d. Sitzungsb, d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 44, pag. 24, Taf. 2, Fig. 5. 

2) Orbigny, Voy. dans l’Amer. merid. Foraminif. pag. 59. Taf. 7, Fig. 18 — 20. 

3) Williamson I. c. pag. 69. Fig. 143. 144. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth, 7 


95 Reuss. 


Textilaria Defr. 
l. T. earinata d’Orb. 
d’Orbigny l.e. pag. 247, Taf. 14, Fig. 32—34 — Reuss in d. Denkschr. 
d. kais. Akad. d. Wissensch, Bd. 25, pag. 41. — T. lacera Rss. Zeit- 
schrift d. deutsch. geol. Ges. 1851. pag. 84. Taf. 6, Fig. 52, 53. — 
T. attenuata Rss. in d. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. pag. 84, 

85, Taf. 6, Fig. 54. — Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. 

Bd. 48, pag. 59. Taf. 7, Fig. 87. 

So sehr die extremen Formen der var. attenuata durch das 
lange und schmale Gehäuse und die ungesäumten Seitenränder von 
den kurzen breiten, am Rande zerschnitten geflügelten Formen der 
T. carinata d’Orb. abweichen mögen, so werden beide doch durch 
zahlreiche Mittelformen so innig- verknüpft, daß an eine scharfe 
Sonderung nicht gedacht werden kann, wie dies schon früher aus- 
gesprochen wurde. Ebenso wurde schon auf die nahe Verwandtschaft 
der schmalen Formen mit 7. praelonga Rss. aus der oberen Kreide 
hingewiesen. | 

Die Species, welche in typischer Form und als var. attenuata 
häufig im Salzthon angetroffen wird, reicht aus der jetzigen Schöp- 
fung bis in das Unteroligoeän hinab. 


2. T. Bronniana d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 244. Taf, 14, Fig. 20 —22. 
Sehr selten im Salzthon. Im Leithakalk des Wiener Beckens 
und im Oberoligoeän. 


3. T. pectinata Rss. (Taf. 3, Fig. 11). 
Reuss in d. Denkscehr. d. kais. Akad. d. Wissensch I. pag. 381. Taf. 49, 

Fig. 2, 3. 

Gemein im Salzthon. Jedoch sind die Kammern nicht ganz so 
quer, wie in der eitirten Abbildung. Auch endigt nicht immer jede 
Kammer nach ausser in einen Stachel. Überdies wechseln die fast 
stets stark zugespitzten Stacheln ungemein in der Größe. 

Die Species findet sich überdies im Tegel des Wiener Beckens, 
im Schlier von Ottnang und im mitteloligoeänen Septarienthon. 


9) Globigerinidea. 


Globigerina d’Orb. 
1. 61. bulloides d’Orb. 
Orbigny. e, pag.-163. Taf. 9, Fig. 4-6. — Orbigny Foraminiferes des 
iles Canaries, pag. 132. Taf. 2, Fig. 1-3. — Costa]. e. Il. pag. 246- 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 99 


Taf. 21, Fig. 1,2. — Williamson ]. e. pag. 56. Fig. 116—118. — 
Parker and Jones on some foraminifera from the eoast of Norway 

pag. 19. Taf. 11, Fig. 11, 12. (in ann. of nat. hist. 24 ser. Vol. XIX.) 

Häufig im Salzthon, sehr selten im Steinsalz. Überdieß häu- 
fig lebend, plioeän, mioeän (im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens); sehr selten im gypsführenden Mergel von Kathrein bei 
Troppau, im Steinsalz von Maros Ujvar in Siebenbürgen, so wie im 
Mitteloligoeän. 

@Gl. coneinna Rss. t) und @l. diplostoma Rss. ®) sind nichts 
als Formen der sehr wandelbaren @/. dulloides, an welcher nicht 
immer nur die letzte Kammer nach aussen mündet, sondern oft zwei 
oder selbst drei Kammern deutliche Mündungen tragen. 


2. 6l. trileba Rss. 
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I]. pag. 374. Taf. 47, 
Fig. 11. — Costal.e, Il. pag. 245. Taf. 21, Fig. 4. 
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz von Wieliezka und im 
Steinsalz von Maros Ujvar in Siebenbürgen. Im Tegel und Leithakalk 
des Wiener Beckens, ober-, mittel- und unteroligocän. 


Orbulina d’Orb. 


1. 0. universa d’Orb. | 
d’Orbignyl.e. pag. 22. Taf.1, Fig.5. — Foraminif. de l’ile de Cuba pag. 3. 

Taf 1, Fig. 1. — Foramimif. des iles Canaries pag. 122. Taf. 1. Fig. 1. 

— Williamson |. ce. pag. 2, Fig. 4. — Carpenter introduet. to the 

study of the foraminif. pag. 176. Taf. 12, Fig. 8. 

Sehr selten im Salzthon. Lebend, pliocän, miocän (im Tegel 


und Leithakalk des Wiener Beckens), sehr selten mitteloligoeän. 


Truncatulina (d’Orb.) 


I. Tr. lobatula Walk. sp. 
d’Orbigny |. e. pag. 168. Taf. 9, Fig. 18—23. — Parker and Jones 
deser. of some foraminifera from the coast of Norway pag. 21. Taf. 10. 
Fig. 17—21. — Anomalina austriaca d’Orbigny |. e. pag. 172. Taf. 

10, Fig. 49. 

Anomalina austriaca d’Orb. unterscheidet sich von Tr. loba- 
tula nur durch die etwas gewölbte Spiralseite, sowie dadurch, daß 
auch auf der Nabelseite die Kammern etwas aus einander zu treten 


1) Reuss in d. Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. I. pag. 373. Taf. 47, Fig. 8. 
2) Reussl. c. pag. 373. Taf. 47, Fig. 9, 10; Taf. 48, Fig. 1. 
7 


100 Reuss. 


beginnen und daher im Nabel ein kleiner Theil der inneren Umgänge 
sichtbar zu werden beginnt. Es läßt sich aber eine lange Reihe 
unmittelbarer Übergangsformen nachweisen, da die angegebenen 
Unterschiede nur graduell sind. Auch im Salzthon, wo die Species 
überhaupt nicht selten ist, kommen solehe Formen, wenngleich nur 
vereinzelt, vor. 

Häufig ist die Species in den heutigen Meeren, im Pliocän und 
Mioeän (im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens). Sehr selten 
begegnet man ihr auch im Oberoligocän. 


2. Tr. Ungerana d’Orb. 
Rotalia Ungeriana d’Orbignyl. e. pag. 157. Taf. 8, Fig. 16—18. 

Kleinere jüngere Exemplare besitzen meistens nur 7 Kammern. 
Die Spiralseite ist in der Orbigny’schen Abbildung nicht ganz 
richtig dargestellt; die Kammernäthe nehmen einen mehr schrägen 
und gebogenen Verlauf. 

Die Species ist häufig im Salzthon, im Tegel und Leithakalk des 
Wiener Beckens; sie wird überdieß im Septarienthon angetroffen. 


3. Tr. Dutemplei d’Orb. sp. 


Rotalına Dutemplei d’Orbigny |. e. pag. 157. Taf. 8, Fig. 19—21. — 
Rotalia conoidea Czizekl. ce. Il. 1. pag. 145. Taf. 13, Fig. 4—6. 


Sie ist einem beträchtlichen Wechsel in der Größe, der Wölbung 
der Nabelseite und dem Hervortreten des centralen Buckels der Spiral- 
seite unterworfen. Auch die Zahl der Kammern ist veränderlich und 
erhebt sich bisweilen bis zu 9—10. 

Rot. conoidea Czi2. ist nichts als eine größere, auf der Nabel- 
seite höher conische, an dem Umfangsrande scharf, beinahe senkrecht 
abgeschnittene Abänderung von Tr. Dutemplei (var. conoidea). 

Die Species erscheint nicht selten im Salzthon und Steinsalz 
von Wieliezka, sehr selten im Steinsalz von Thorda in Siebenbürgen. 
Überdies ist sie häufig im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens, 
nicht selten im Septarienthon, sehr selten im Oberoligoeän. 


4, Tr. Haidingeri d’Orb. sp. 
Rotalia Haidingeri d’Orbigny.e. pag. 154. Taf. 8. Fig. 7—9. 
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens, im Schlier von Ottnang. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 101 


Discorbina Park. et Jon. 
1. D. planorbis d’Orb. sp. 
Asterigerina planorbis d’Orbignyl. e. pag. 205. Taf. 11, Fig. 1—3. 
Häufig im Salzthon und Steinsalz. Im höheren Tegel und Leitha- 
kalk des Wiener Beckens, sehr selten im Oligocän vom Ober- bis in 
das Unteroligocän hinab. 


2. D. stellata Rss. (Taf. 5, Fig. 1). 

Die sehr kleine Species ist der vorigen Species sehr verwandt, 
aber durch einige Merkmale davon verschieden. Das Gehäuse ist auf 
der Spiralseite niedrig konisch, auf der entgegengesetzten flach. Anf 
der ersteren unterscheidet man drei rasch an Breite zunehmende 
Umgänge, deren letzter nur fünf Kammern zählt, welche auf der 
Spiralseite sehr schwach bogenförmig, am äusseren Rande scharf 
gekielt und sehr fein punktirt sind, sich schuppenförmig decken und 
nur durch zarte durchscheinende Nathlinien begrenzt werden. Auf 
der Nabelseite erscheinen sie breit-dreieckig und etwas gröber porös. 
In der Mitte dieser Fläche bilden accessorische Zellen einen regel- 
mäßigen fünfstrahligen, an der Oberfläche sehr zart gekörnten Stern, 
dessen Arme in den Grenzen zweier anstossender Kammern liegen. 
Die Mündung befindet sich auf der Unterseite des Gehäuses am Rande 
der letzten Kammer zunächst der Nabelgegeid und bildet eine halb- 
mondförmige, in der Mitte etwas eingebogene Spalte. 

Sehr selten im Salzthon. 


3. D. squamula Rss. (Taf. 5, Fig, 2). 

Ebenfalls eine sehr kleine, der Gruppe der D. planorbis angehö- 
rige Species. Von dieser und der D. sfellata weicht sie hauptsächlich 
durch den Mangel der accessorischen Kammern auf der Nabelseite 
des Gehäuses ab. Dasselbe ist sehr niedrig konisch, fast schuppen- 
förmig mit schmalem scharfem Randsaume. Drei deutliche Umgänge, 
der letzte mit fünf Kammern, welche auf der Spiralseite bogenförmig, 
auf der Nabelseite etwas schief dreiseitig sind. Auf der ersten sind 
die Näthe fein linear, auf der letzteren deutlicher, schwach vertieft. 
In der Mitte der Nabelseite bemerkt man eine kleine, sehr seichte 
nabelartige Depression. Die Mündung — eine halbmondförmige 
Spalte — liegt auf der Unterseite des Gehäuses und ist in der Mitte 
gewöhnlich verengert, bisweilen beinahe unterbrochen. 

Sehr selten im Salzthon. 


102 Reuss. 


> 


4. D. obtusa d’Orb. sp. 
Rosalina obtusa Orbignyl.e. pag. 179. Taf. 11, Fig. 4—6. 


Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beekens. Sehr vereinzelt im Oberoligocän, häufiger in den oberen 
Nummulitensehichten von Oberburg in Steiermark. 


5. D. platyomphala Rss. (Taf. 4, Fig. 13). 

Sie ist in mancher Beziehung der D. (Rosalina) cerenata 
Rss. 1) aus dem Cyprinenthon von Düppelberg in Schleswig-Holstein 
ähnlich, unterscheidet sich jedoch wesentlich davon. Das beinahe 
kreisförmige Gehäuse ist auf der Spiralseite stark, aber gleichmäßig 
gewölbt, in der Mitte der sehr wenig gewölbten Nabelseite aber zu 
einem weiten und tiefen Nabel eingesenkt, dessen Grund mit kleinen 
Körnern besetzt ist. Auf der Spiralseite sind drei Umgänge sichtbar, 
welche nur durch undeutliche Näthe gesondert werden. Im letzten 
Umgange zählt man 7—8 Kammern, die auf der Spiralseite eben 
und bogenförmig, auf der Nabelseite dagegen schwach gewölbt und 
von geraden sehr seichten Näthen begrenzt sind. Die Spiralseite 
des Gehäuses ist deutlich porös. Auf der Nabeiseite der Kammern 
beobachtet man sehr zarte radiale Fältchen, die fein gekörnt erschei- 
nen. In den Zwischenfurchen derselben stehen etwas größere Poren, | 
die daher eine reihenweise Anordnung zeigen. 

Sehr selten im Steinsalze. 


6. D. complanata d’Orb. sp. 
Rosalina complanata d’Orbignyl.e. pag. 175. Taf. 10, Fig. 13—15. 


Sehr selten im Steinsalz, gewöhnlich mit flacher Spiralseite und 


weniger gewölbter letzter Kammer. 
Im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens. 


7. D. eryptomphala Rss. 

Rotalina eryptomphala Reuss in d. Denksehr. d. kais. Akad. d. Wissensch. 
I. pag. 371. Taf. 47, Fig. 2. 
Sehr selten im Salzthon, im höheren Tegel und Leithakalk des 


Wiener Beckens, im Schlier von Ottnang. 


8. D. arcuata Rss. 
Rosalina arcuata Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. 1. 

pag. 372. Taf. 47, Fig. A. 

Gemein im Salzthon. Im Tegel von Lapugy in Siebenbürgen. 


1) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 18. pag. 243. Taf. 5, Fig. 57. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 0 3 


Pulvinulina Park. et Jon. 
1. P. Haueri d’Orb. sp. 
Rotalina Haueri d’Orbignyl. ce. pag. 151. Taf. 7, Fig. 22—24. 
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens. Sehr selten im Oberoligoeän. 


2. P. cordiformis Costa sp. (Taf. 5, Fig. 3.) 
alvulina cordiformis Costa. e. Il. pag. 266. Taf. 21, Fig. 10. 

Eine von den übrigen Pulvinulina- Arten sehr abweichende 
Form, welche in die Gruppe der P. Brongniarti, Haueri u. s. w. 
gehört, sich aber am meisten der lebenden Rotalia deformis d’Orb. t) 
von den Küsten von Cuba, Martinique und St. Helena nähert. 

Das sehr kleine, stark niedergedrückte Gehäuse hat Ähnlichkeit 
mit manchen Cristellarien, von denen es sich jedoch durch seine 
Ungleiehseitigkeit gleich unterscheidet. Es ist im Umrisse oval, mit 
gerundetem Rückenrande und zeigt zwei Spiralumgänge, deren erster 
sehr klein ist, der zweite aber sehr rasch an Breite anwächst, so daß 
das Gehäuse dadurch sehr schief und unsymmetrisch wird. Der letzte 
Umgang besteht aus 7—8 Kammern, von denen die ältesten sehr 
klein sind. Die letzte wird auffallend lang, indem sie sich bis zu dem 
‘ sehr excentrischen Ausgangspunkt der Spira herabzieht. Die Spiral- 

seite des Gehäuses ist nur sehr wenig gewölbt; die Nabelseite bietet 
einen sehr excentrischen flachen Nabel dar. 

Sehr selten im Salzthon. In den miocänen Tertiärschichten 
von Lequile. 


3. P. Boueana d’Orb. sp. 
Rotalina Boueana d’Orbigny.|. e. pag. 152. Taf. 7, Fig. 23—27. — Rota- 
lina concamerata Williamson |, e. pag. 52. Taf. 4, Fig. 101, 102. 
Nicht selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens, sehr selten im Ober- und Mitteloligocän. Lebend in den 
heutigen Meeren, 


4. P. Kalembergensis d’Orb. sp. 
Rotalina Kalembergensis d’Orbigny].e. pag. 151. Taf. 7, Fig. 19—21. 


Sehr selten ım Steinsalz. Im Leithakalk des Wiener Beckens 
und sehr vereinzelt im Oberoligocän. 


Orbigny, Foraminiferes de l’ile de Cuba. pag. 75. Taf. 4, Fig. 9—11. 


104 Reuss. 


>. P. nana Rss, 
Rotalina nana Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 37. 
Taf. 46, Fig. 23. 
Selten im Salzthon und im oberen Tegel des Wiener Beckens 
(Grinzing). 
6. P. Partschiana d’Orb. sp. 
Rotalina Partschiana d’Orbigny |. ce. pag. 153. Taf. 7, Fig. 28 — 30; 
Taf. 8, Fig. 1—3. 
Gemein im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens und im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau. 
Verbreitet im Septarienthon. 


h) Rotalidea. 


Rotalia (Lam.) Park. et Jon. 

1. R. Beccarii L. sp. 

Williamson Il. e. pag. 48. Taf. 4, Fig. 90—92. — KRosalina viennensis 
d’Orbigny |. e. pag. 177. Taf. 10, Fig. 22?—24. — Rosalina Parkin- 
soniana d’Orb. Foraminif. de l’ile de Cuba pag. 99. Taf, 4, Fig. 25 —27. 
— Turbinulina tortuosa Fischer sp. Orbigny in ann. des se. nat. 
1826. pag. 109. n0 40; Modeles n® 74. — Rosalina Beccarü d’Orb. 
Foraminif. de l’ile de Cuba. pag. 100. — Turbinulina corallinarum 
d’Orbigny in ann. de sc. nat. 1826. pag. 109. n® 48; Modeles n® 75. — 
Rosalina Amaliae Costa l. e. Il. pag. 258. Taf. 21, Fig. 12. — Rosa- 
lina radiata Costa |. e. Il. pag. 259. Taf. 21, Fig. 13. — Rosalina 
Mackayi Karrer, Die Foraminif. d. tert. Grünsandes der Orakei-Bay in 
Auckland in d. Paläontol. v. Neuseeland pag. 82. Taf. 16, Fig. 14. 

Die Species wechselt in der Wölbung des Gehäuses ungemein. 
Daher dürfte auch Rotalina inflata Seguenza in litt. hierher ge- 
hören. Besonders veränderlich ist aber die Beschaffenheit der Kam- 
mernäthe auf der Nabelseite. Von denselben zweigen sich bald in 
ihrer ganzen Längenerstreckung Querfurchen ab, bald nur in ihrem 
innern Theile; bald bedecken diese Querfurchen die gesamte Unter- 
seite derKammern, welche dadurch gestreift erscheint (Rosal. radiata 
Costa, R. corallinarum d’Orb. u. a.), bald sind sie nur auf die 
Nachbarschaft der Näthe selbst beschränkt, bisweilen so kurz, daß 
die Nathränder dadurch nur gekerbt erscheinen. An schlechter er- 
haltenen fossilen Exemplaren treten diese Verhältnisse weniger deut- 
lich hervor. 

Nicht selten im Steinsalz. Gemein im Leithakalk, weniger ver- 
breitet im Tegel des Wiener Beckens; häufig pliocän und lebend in 
den heutigen Meeren. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 105 


2. R. Soldanii d’ Orb. 
d’Orbigny.e. pag. 155. Taf. 8, Fig. 10—12. 
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener 
Beckens. 


i) Polystomellidea. 

Nonionina d’Orb. 

1. N. Soldanii d’Orb. 

Orbigny l. e. pag. 109. Taf. 5, Fig. 15, 16. — Costa. e. II. pag. 205. 
Taf. 17, Fig. 11. — N. falx Czizek in Haidinger’s gesamm. natur- 
wiss. Abhdlg. II. 1. pag. 142. Taf. 12, Fig. 30, 31. 

Gemein im Salzthon, nicht selten im Steinsalz. Verbreitet im 
Tegel und Leithakalk, im Pliocän und lebend in den heutigen Meeren. 
Selten auch im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau. 
Überdieß im Ober- und Mitteloligoeän. 

N. falx Cziz. ist vollkommen identisch mit der Orbigny- 
schen Species, deren Mündung von Orbigny nicht richtig beschrie- 
ben und abgebildet erscheint. Da nun Czizek die Beschaffenheit 
der Mündung richtig erkannte und dieselbe mit Orbigny’s Angabe 
nicht übereinstimmend fand, so glaubte er eine neue Species vor 
sich zu haben. Eine genauere Untersuchung zahlreicher Schalen von 
den verschiedensten Fundorten zeigt jedoch, daß die Mündung von 
N. Soldanü sich nicht auf die Rückengegend des vorangehenden 
Umganges beschränkt, keine „courte ouverture en croissant“, sondern 
eine lange, fast halbkreisförmige Spalte bildet, deren Seitenflügel 
sich weit an den Seitentheilen des vorletzten Umganges, denselben 
umfassend, herabziehen. In der Beschaffenheit des Nabels findet kein 
constanter irgend erheblicher Unterschied Statt. An großen Exem- 
plaren sind die letzten Kammern nicht selten dureh tiefe, sehr schmale 
Nathfurchen abgegrenzt. 

Nonionina polystoma Costa) ist wohl nichts als eine N. Sol- 
danii, deren Mündung durch feine Zwischenbrücken in eine Reihe 
von Mündungsporen zerschnitten ist, also den Polystomellencharacter 
an sich trägt. Denn man kann die Mündung der Nonioninen durch 
Zusammenfliessen einer Reihe von Porenmündungen in eine einzige 
Spalte entstanden denken oder umgekehrt. Auch an Wiener Exem- 
plaren beobachtet man in der Mündungsspalte bisweilen einzelne 
schmale Querbrücken. 


1) 1. e. II. pag. 210. Taf. 14, Fig. 10. 


106 Reuss. 


2. N. perforata d’ Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 110. Taf. 5, Fig. 16—18, 

Sehr selten im Salzthon. Im Leithakalk des Wiener Beckens. 
Vereinzelt im Oberoligoeän. 

N. punctata d’Orb. ı) halte ich für nicht verschieden. Im 
Umriß des Gehäuses, in der Zahl und Gestalt der Kammern findet 
vollkommene Übereinstimmung Statt. An N. perforata sind die die 
Schale durchsetzenden Poren keineswegs so groß und wenig zahl- 
reich, wie die Abbildung d’Orbigny’s darstellt, sondern dieselbe 
stimmt vielmehr auch darin mit N. punetata überein. Ich habe mich 
davon auch an Orbigny schen Originalexemplaren überzeugt. 


3. N. communis d’ Orb. 
d’Orbigny I. e. pag. 106. Taf. 5, Fig. 7, 8. — N. Boucana er: 
l. e. pag. 108. Taf. 5, Fig. 11, 12. 

Über die Zusammengehörigkeit beider Species, die durch zahl- 
reiche Mittelformen verbunden werden, habe ich das Nöthige schon 
an einem anderen Orte beigebracht 2). 

Die Art, welehe den älteren Namen: N. communis führen muß, 
kömmt nur selten im Salzthon und Steinsalz vor. Dagegen ist sie im 
Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens verbreitet, so wie im 
Plioeän und lebend in den heutigen Meeren. 


Polystomella Lam. 
l. P. erispa Lam. 
d’Orbigny.e. pag. 125. Taf. 6, Fig. I—14. 

Häufig im Salzthon und Steinsalz von Wieliezka, sehr selten im 
Steinsalz von Thorda in Siebenbürgen. Verbreitet im Miocän (im 
Tegel und besonders im Leithakalk des Wiener Beckens), im Pliocän 
und in den heutigen Meeren. Sehr selten im Mitteloligoeän. 


2. P. Fichteliana d’Orb. 
d’Orbignyl.e. pag. 125. Taf. 6, Fig, 7, 8. 
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leitha- 
kalk des Wiener Beckens, so wie sehr selten im gypsführenden Mer- 
gel von Kathrein bei Troppau. 


1) 1. e. pag. 11. Taf. 5, Fig. 21, 22. 
*) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 42, pag. 357; Bd. 30, pag. 45. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 107 


k) Nummulitidea. 

Amphistegina d’Orb. 

1. A. Hauerina d’Orb. 

d’Orbignyl. e. pag. 267. Taf. 12. Fig. 3—5. 

Sehr selten im Salzthon. In ungeheuerer Menge zusammen- 
gehäuft im Leithakalk, besonders in der höheren Amphisteginenzone 
desselben, selien im Tegel (häufiger noch im oberen Tegel) des 
Wiener Beckens. 


Heterostegina d’Orb. 
1. H. costata d’Orb. 
d’Orbigny.e. pag. 212. Taf. 12, Fig. 15— 16. 
Sehr selten im Steinsalz. Häufig im Leithakalk und oberen 
Tegel, selten im unteren Tegel des Wiener Beckens. 


Ed. ANTHOZOERN. 


Ich habe bisher nur eine Species von Anthozoen aus dem stein- 
salzführenden Gebilde von Wieliczka kennen gelernt. Sie gehört der 
Familie der Turbinoliden aus der Abtheilung der Anthozoen mit un- 
durekbohrten Wandungen an, und zwar der Gruppe der Caryophyl- 
liden. Nie habe ich sie im Salzthone gefunden, sondern stets im festen 
körnigen, bisweilen fast durchsichtigen Spizasalze. So häufig sie 
darin auftritt, so gelang es mir doch nie, ein wohlerhaltenes Exem- 
plar anzutreffen. Sie waren sämtlich verdrückt, woran wohl die 
während desKrystallisirens der Salzmasse stattfindenden Bewegungen 
grossentheils die Schuld tragen dürften. 


Caryophyllia Stokes. 

l. €. salinaria Rss. (Taf. 5, Fig. 6—9.) 

Cyathina salinaria Reuss d. foss. Polyp. d. Wiener Beckens in Haidin- 

ger’s gesamm. naturwiss. Abhdlg. II. pag. 15. Taf. 2. Fig. 1—4. 

Sie liegt im Spizasalze der Kammer Hrdina in einer Tiefe von 
etwa 97 Kiaftern in Begleitung von Coniferenzapfen, kleinen Mol- 
lusken und zahlreichen Foraminiferen. Ihr Inneres ist mit Steinsalz 
erfüllt, welches durch sein Krystallisiren die zerbrechlichen Septal- 
lamellen stets zertrümmert und vielfach verschoben hat. Bei dem 
gänzlichen Mangel wohlerhaltener Sternzellen führte mich nur die 
Untersuchung mehrerer Verticalschnitte zur endlichen Feststellung 
der Gattung. 


108 Reuss. 


Das größte beobachtete Exemplar besitzt 4 Zoll Länge bei etwa 
1:25—1:5 Zoll Dieke am oberen Ende. Das kalkige Gerüste ist ver- 
längert kreisel-keulenförmig, oft verbogen, im unteren Theile walzig, 
im oberen gewöhnlich sehr breit-elliptisch im Querschnitte. Eine 
größere Verschiedenheit der Queraxen bildet sich nur als Folge 
mechanischer Compression hervor. Die Schale verschmälert sich nach 
unten nur sehr allmälıg oder sie zieht sich am unteren Ende des 
oberen Drittheils oder in wenig tieferem Niveau rasch etwas zu- 
sammen, so daß vom Körper gleichsam ein mehr weniger langer, 
sich nur langsam verdünnender Stiel sich abgrenzt. Stets aber war 
das untere Ende mit einer ziemlich breiten Fläche aufgewachsen. 

Die sehr breit-elliptische Sternzelle ist ziemlich tief. An er- 
wachsenen Exemplaren zählt man gewöhnlich 72 Septallamellen, — 
5 Cyelen, von denen jedoch der letzte nur zur Hälfte entwickelt er- 
scheint. Von den Lamellen reichen 18 — die ersten zwei Cyclen und 
die Hälfte des dritten —, gleichmäßig entwickelt, bis zur Sternaxe. 
Zwischen zwei derselben liegen beinahe stets je drei kleinere, deren 
mittlere bis über die Mitte der Sternhöhlung hineinreichen, die beiden 
seitlichen aber sehr dünn und kurz sind. Auf den Seitenflächen zeigen 
sie durchgehends ungleiche feine bogenförmige, gegen die Axe herab- 
gebogene Linien, welche dem oberen bogenförmigen freien Rande 
der Lamellen parallel laufen. Die darauf vorhandenen Höckerchen 
sind aber sehr klein und flach, regellos zerstreut und stehen sehr 
weit von einander ab. 

Vor den Radiallamellen mittlerer Größe — also vor der Hälfte 
des dritten und des vierten Cyelus — stehen breite dünne, oben 
bogenförmige Kronenblättchen, gewöhnlich 15 an der Zahl, deren 
Seitenflächen in ihrer Beschaffenheit mit jenen der Septallamellen 
übereinstimmen. Im unteren Theile wird ihre Abgrenzung von diesen 
durch einzelne in einer Vertiealreihe stehende kleine runde Löcher 
angedeutet; im oberen sind sie durch einen tiefen Einschnitt davon 
getrennt. 

Die Axe der Sternzelle besteht, wie man sieh an in senkrechter 
Richtung zerbrochenen Exemplaren überzeugt, aus ziemlich dicken 
unregelmäßig gewundenen Säulchen, die durch ebenso regellose 
Trabekeln untereinander und mit dem Septalapparate zusammen- 
hängen. Daher zeigen Querschnitte, die durch den unteren Theil des 
Gehäuses gelegt sind, eine anscheinend grob-spongiöse Axe. Die Zahl 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 109 


der vorhandenen Columellarsäulchen bin ich jedoch wegen des sehr 
unvollkommenen Erhaltungszustandes der Sternzellen nicht im Stande 
anzugeben. | 

Die Beschaffenheit der Außenwand wechselt an verschiedenen 
Exemplaren sehr. Doch stets ist der untere Theil derselben ganz 
glatt. Im oberen Theile beobachtet man bisweilen 18 scharfrückige 
dachförmig abschüssige, ziemlich hohe, weit von einander abstehende 
Längsrippen, welche je drei viel® flachere und stumpfere Rippen 
zwischen sich aufnehmen, die nicht selten eine Reihe unregelmäßiger 
kleiner Körner tragen. In den Zwischenrinnen dieser letztgenannten 
Rippen läuft noch je ein erhabener Streifen herab. Nach abwärts 
verflachen sich sämtliche Rippen allmählig und verschwinden end- 
lich ganz. 

Oft sind jedoch die scharfen Rippen nur auf einen kleinen, dem 
Sternrande zunächst gelegenen Theil der Wandung beschränkt. Im 
tieferen Theile treten nur 18 flache Rippchen hervor, deren breite 
seichte Zwischenrinnen nur senkrechte Streifen darbieten. Zuweilen 
sind diese Rippen etwas knotig. 


JEI. KCHENODERMEN. 


Die im Steinsalze und Salzthone gefundenen Echinodermenreste 
beschränken sich auf Bruchstücke von Stacheln, die ich hier nur kurz 
namhaft machen will, ohne den Versuch zu wagen, sie bestimmten 
Gattungen oder gar Arten zuweisen zu wollen, — ein Versuch, der 
bei dem Abgange aller anderen characteristischen Theile und bei dem 
sehr fragmentären Vorkommen der Stacheln selbst sehr gewagt wäre 
und zu keinem sicheren Resultate führen könnte. 

Am häufigsten sind Fragmente von Stacheln, die mit den von 
Eiehwald!) dem Spatangus Desmaresti v. M. zugewiesenen 
Stacheln von Zukowce übereinstimmen mögen. Einem Spatangus 
dürften sie wohl angehören, um so mehr, als in ihrer Gesellschaft 
auch ein Schalenstück der Unterseite, 7 Millim. breit und 4°5 Millim. 
lang, mit größeren und kleineren Warzen und reihenweise stehenden 
sehr feinen Körnchen besetzt, gefunden wurde. Über die Identität 
der polnischen Reste mit dem obereocänen Sp. Desmaresti von 


1) Eichwald, Lethaea rossica Ill, pag. 46. T. 3, Fig. 3. 


110 Reuss. 


Osnabrück t) hat aber schon Desor?) seinen Zweifel ausge- 
sprochen. 

Die Stacheln sind dünn und nehmen nach oben nur sehr langsam 
an Dieke ab. Bei dem Mangel eines vollständigen Exemplares läßt 
sich über ihre Totallänge kein Ausspruch thun. Ihre Oberfläche ist 
mit Längsrippen bedeckt, die durch doppelt schmälere Furchen ge- 
schieden werden. An nicht sehr abgeriebenen Exemplaren beobachtet 
man, daß diese Längsrippen sehı* fein und seicht gekerbt sind. Der 
deutlich vorspringende Kragen ist schärfer gekerbt. Der unter dem- 
selben befindliche kurze eylindrische Basalttheil des Stachels er- 
scheint, bei schwacher Vergrößerung untersucht, glatt, unter dem 
Mikroskop aber fein und unregelmäßig gekörnt. 

Viel seltener begegnet man Bruchstücken anderer Stacheln, die 
aber noch mangelhafter sind, als jene der vorigen Species, indem 
ihnen das Gelenksende stets fehlt. Sie sind auch dünner und schlan- 
ker, verschmälern sich nach oben nur wenig und endigen dort stumpf. 
Stets sind sie schwach zusammengedrückt, so daß ihr Querschnitt 
eine breite Ellipse darstellt. Die Oberfläche ist mit vertieften Längs- 
streifen bedeckt, wodurch sie in aneinander gedrängte Rippen mit 
ebenem Rücken getheilt wird, die zahlreicher und feiner sind als bei 
der vorigen Species. Von einer Körnung derselben ist nichts wahr- 
zunehmen. 

Von einer dritten Art von Stacheln liegen nur wenige Bruch- 
stücke vor. Sie sind sehr klein und schlank, in ihrer gesamten 
Länge gleich dick, fein längsgestreift und schwach gekrümmt. Der 
Kragen ragt an ihnen scharf hervor. 

Endlich liegt noch ein Basalbruchstück vor, das einer vierten 
Species angehören dürfte. Der Kragen bildet daran eine sehr starke 
und scharfe, etwas schräg kreisförmige Hervorragung. Der übrige 
Theil ist sehr dünn, gerade, eylindrisch und zart längsgefurcht. 


IV. ANNELEDEN. 


Die gefundenen Fossilreste aus dieser Thierelasse beschränken 
sich auf Fragmente einer stielrunden, regellos zusammengeknäuelten, 
schwach ringförmig gestreiften Serpula, welche mit der $. gordialis 

1) Goldfuss, Petrefacta Germaniae 1. pag. 153. T. A7, Fig. A. 
?) Desor, Synopsis des echinides foss. pag. 421. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 111 


Scehloth. sp. Ähnlichkeit besitzt. Eine genauere Bestimmung ist 
nicht durchführbar. Die seltenen Bruchstücke wurden aus dem Stein- 
salze ausgewaschen. 


VW. BRYOZOEN. 
A. Chilostomata.- 


1. Articulata. 
a) Cellularidea. 


Canda Lam. 
1. C. granulifera Rss. sp. 
d’Orbigny paleontol. frans. Terr. eretac. V. pag. 332. — Bactridium 


granuliferum Rss. d. foss. Polyp. d. Wiener Tertiärbeekens pag. 56. 
Taf. 9, Fig. 6. — Bicellaria granulifera Rss. in d. Zeitschr. d. deutsch. 
geol. Ges. 1851. pag. 165. 

Im-Salzthone von Wieliezka fand ich nur einzelne Bruchstücke 
dieser schönen Species. Sie bildet zarte zusammengedrückte gabel- 
ästige Stämmchen, an denen die oval-rhomboidalen, im untern Theile 
nur wenig zusammengezogenen Zellen in zwei alternirenden Längs- 
reihen stehen und auf beiden Seiten der Stämmehen durch schmale 
aber deutliche Furchen gesondert werden. Die auf der Vorderseite 
liegenden Mündungen sind groß, elliptisch, am unteren Ende bis- 
weilen abgestutzt, von einem breiten etwas erhabenen, nach innen 
abschüssigen Rande umgeben. Sein unterer Theil verbreitert sich bis- 
weilen und stutzt dann die Mündung mehr oder weniger deutlich ab. 
Am obern äußeren Ende des Randes sitzt eine große körnige Hervor- 
ragung, welche zur Bildung eines winkligen Vorsprunges Veranlassung 
gibt. Andere kleine Körner (2— 3) beobachtet man auf der oberen 
und inneren Seite des Randes. 

Auf der Rückenseite der Stämmehen sitzt im oberen äußeren 
Winkel jeder Zelle ein conischer Vibracularhöcker, der an der Spitze 
von einer länglichen Öffnung durehbohrt ist. 

Die Schalenoberfläche läßt bei starker a zarte 
Körnehen und Poren erkennen. 

Ich fand diese Species bisher bei Nußdorf, Enzersdorf, Steina- 
brunn, Kostel, Grossing, Eisenstadt, Mörbisch, Rust, also durch- 
gehends im Leithakalk; überdieß5 in gleichem Niveau bei Miechowitz 
in Oberschlesien, so wie auch bei Castellarquato. 


112 Reuss. 


b) Salicornaridea. 


Salicornaria Cuv. 

l. S. marginata Goldf. sp, 

Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 50. Zur Fauna 
des deutschen Oberoligoeäns Il. pag. 16. Taf. 14, Fig. 9. — Glauco- 

nome marginata Goldfuss Petref. Germ. I. pag. 100. Taf. 36, Fig. 5. 

— NVineularia Reussi et V. submarginata d’Orb. Paleont. frang. Terr. 

eretae. V. pag. 60. 

Diese von S. crassa Busk ans dem englischen Crag kaum ver- 
schiedene Species findet man im Steinsalz in sehr zahlreichen Bruch- 
stücken. Im Salzthon kömmt sie nur selten vor. In den Mioeän- 
schichten des österreichischen Tertiärbeckens, besonders in den 
bryozoenreichen Schichten des Leithakalkes ist sie weit verbreitet 
(Nußdorf, Enzersdorf, Eisenstadt, Niederleis, Mörbisch, Steina- 
brunn u. s. w.). Überdies bei Castellarquato, bei Miechowitz in 
Oberschlesien, auf der Insel Rhodus; seltener im Ober- und Mittel- 
oligoeän. 


2. S. rhombifera Goldf. sp. 
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 50. II. pag. 15. 
Taf. 14, Fig. 7. 8, 40. — Glauconome rhombifera Goldfuss petref. 
Germ. 1. pag. 100. Taf. 36, Fig. 6. — Vincularia rhombifera d’Or- 
bigny, Prodr. d. paleont. stratigr. II. pag. 396. no. 1159. — Eich- 
wald Leth. ross. III. pag. 36. Taf. 2, Fig. 27. 
Seltener als die vorige Art. Auch verbreitet im österreichischen 
Miocänbecken, bei Zukowce in Polen, bei Castellarquato, auf der 
Insel Rhodus, im Ober- und Mitteloligoeän. 


Gellaria Ell. et Soll. 


l. €. Michelini Rss. 

Reuss d. Polyp. d. Wiener Tertiärbeek. pag. 61. Taf. 8, Fig. 1, 2. — 
Stoliezka, Foss. Bryoz. aus d. tert. Grünsandst. d. Orakei-Bucht bei 
Auckland. pag. 146. — C. fragilis Michelin, Ieconogr. zoophyt. pag. 
175. Taf. 46, Fig. 21. non Defrancee. — Vincularia Michelin d’Or- 
bigny, Paleont. frane. Terr. eret. V. pag. 59. 

Diese Species stimmt wahrscheinlich mit der lebenden €. cereoi- 
des Ell. et Sol. ı) überein, deren Namen sie, sobald die Identität 
mit völliger Sicherheit nachgewiesen sein wird, führen muß. 


1) Corall. 1787, pag. 26. Fig. b. B.C. D. E. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 13 


An den jüngeren Stämmchen ist die Mündung röhrenförmig vor- 
gezogen und nach außen gebogen, an den älteren dagegen nur von 
einem ringförmigen Rande umgeben. Dadurch verliert die von Busk., 
der den alten wohlbegründeten Gattungsnamen Cellaria ganz besei- 
tigt, vorgenommene Trennung in Onchopora und Tubucellaria allen 
Halt. Unterhalb der Mündung steht am oberen Theile des Zellen- 
bauches fast stets eine größere Nebenpore. 

Die Species ist im österreichischen Tertiärbecken weit ver- 
breitet. Man findet sie bei Nußdorf, Eisenstadt, Rust, Mörbisch, 
Kostel, Garschenthal, Wurzing, St. Nikolai, Großing u. s. w., also 
überall im Leithakalk; ferner bei Asti, Castellarquato, Pisa u. dgl., 
sehr selten im Unteroligocän. Im Steinsalze von Wieliezka habe ich 
nur sehr vereinzelte Bruchstücke angetroffen. 


2 Tmartreulautı 
a) Inerustantia. 
«) Membraniporidea, 
Lepralia Johnst. 


l. L. Heckeli Rss. 
Cellepora Heckeli Reuss 1. e. pag. 85. Taf. 10, Fig. 10. — Reptoporellina 
Heckeli d’Orbigny paleont. frane. Terr. eretac. V. pag. 447. 
Seltene kleine abgeriebene Bruchstücke im Steinsalz. Im oberen 
Tegel des Wiener Beckens (Grinzing). 


ß) Celleporidea. 


Celleporaria Lamx. 

l. €. globularis Bronn. 

Cellepora globularis Bronn. Ital. Reise II. pag. 694. — Lethaea geognost. 
dritte Aufl. III. pag. 265. Taf. 35, Fig. 15. — Reuss I. e. pag. 76. 
Taf. 9, Fig. 11—14. — Stoliezka |. e. pag. 140. Taf. 20, Fig. 6. — 
Reptocelleporaria globularis d’Orbigny Paleont. frang. Terr. ceret. V. 
pag. 422. 

Kleine Knollen im Steinsalze. Überall im Tegel und Leithakalk 
des Wiener Beckens verbreitet. Häufig miocän, pliocän und lebend. 
Selbst im unteren Oligoeän. 

Unter dem Namen C. globularis sind ohne Zweifel verschiedene 
Species zusammengefaßt und eine sorgfältige Revision ist unerläßlieh. 
Vor Allem müssen die von mir ]. e. T. 9, Fig. 15 abgebildeten ästi- 
gen Formen davon geschieden werden, Der schlechte Erhaltungs- 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 6) 


114 Reuss. 


zustand der stets abgeriebenen Wieliezkaer Exemplare erlaubt es 
jedoch nicht, zu bestimmen, welcher Art sie mit Gewißheit ange- 
hören. Ich habe sie daher noch mit obigem bisher allgemein ge- 
brauchten Namen bezeichnet. In eine schärfere Sichtung werde 
ich an einem anderen Orte einzugehen Gelegenheit finden. 


5) Dendroideae. 


a) Escharidea. 
Eschara Ray. 
l. E. undulata Rss. 
Reussl. ce. pag. 68. Taf. 8, Fig. 24. 
Nieht selten im Steinsalze. Im Leithakalke (Eisenstadt, Nuß- 
dorf, Kostel u. s. w.). 


2. E. polymorpha Rss. 

Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad, d. Wissensch. Bd. 25, pag. 66. Taf. 
8, Fig. 8—10. 

Die vorliegenden kleinen Bruchstücke aus dem Steinsalze stimmen 
vollkommen mit der I. c. Taf. 8, Fig. 9 dargestellten mitteloligocänen 
Form überein. Andere Formen finden sich im miocänen Leithakalke 
verschiedener Loecalitäten nicht selten. Es ist wahrscheinlich, daß 
auch E. polystomella Rss. 1), die aber nicht vollkommen treu abge- 
bildet ist, in den Formenkreis dieser ohnedief sehr vielgestaltigen 
Species gehört. 


3. E. Grotriani Rss. 

Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 50, pag. 43. 
Taf. 12, Fig. 3. — Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, 
pag. 66. Taf. 6, Fig. 1. 

Aus dem Steinsalz wurde ein wohlerhaltenes Bruchstück ausge- 
waschen. Die Species kömmt häufig im Mitteloligocän von Söllingen, 
sehr selten im Oberoligocän vor. Im Miocän war sie bisher noch nicht 
beobachtet worden. 


Hemieschara (Hemeschara Busk. pars.) 


In meiner 1847 publieirten Beschreibung der fossilen Poly- 
parien des Wiener Tertiärbeckens habe ich unter dem Defrance'- 
schen Gattungsnamen Vaginipora mehrere von einander sehr ab- 


1) Reuss d. Polyp. d. Wien. Tertiärbeckens pag. 70. T. 8. Fig. 27, 28. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 15 


weichende Bryozoenreste vereinigt. Dieser Vorgang kann schon deß- 
halb nicht gebilligt werden, weil VYaginipora Defr. eine völlig un- 
klare und unhaltbare Sippe ist. Meiner Ansicht nach wird man die- 
selbe ebenfalls der Gattung Hemieschara beizählen müssen, da der 
innere Cylinder mit dem äußeren gar nieht zusammenhängt und in 
keiner näheren Beziehung steht, sondern eben nur zufällig darin 
steckt. Es ist jedenfalls am gerathensten, von der Defrance schen 
Gattung, die auf zwei nur zufällig nebeneinander befindliche fossile 
Körper gegründet ist, für die Zukunft ganz abzusehen. 

Aber abgesehen davon, sind die von mir l. e. unter Vaginipora 
vereinigten fossilen Reste von sehr verschiedener Natur. So ist z. B. 
V. polystigma Rss. !) ohne allen Zweifel identisch mit dem in den 
oligocänen, besonders in den oberoligocänen Schichten Deutschlands 
so verbreiteten Myriozoum punctatum Phil. sp. ?). 

V. texturata, geminipora und fissurella Rss. dagegen gehören 
in jene Gruppe von Arten, die Busk unter dem allgemeinen Namen 
Hemeschara zusammenfaßt. 

Aber auch in Beziehung auf diese herrscht in den bisherigen 
bryozologischen Schriften eine heillose Unordnung, die nur durch 
eine wiederholte genaue Untersuchung der zahlreichen fossilen und 
der weit spärlicheren lebenden Arten ihre genügende Lösung finden 
kann. Eine sehr große Anzahl der schönsten Formen hat Orbigny 
in seiner Pal&ontologie francaise (Terr. eretae.) beschrieben, die- 
selben aber zugleich in eine Menge wenig scharf geschiedener Gat- 
tungen zersplittert, welche nicht beibehalten werden können. 

Im Allgemeinen kommen alle diese Körper darin überein, daß 
sie einschichtige Zellenausbreitungen darstellen, welche aber nicht 
mit ihrer ganzen Rückenseite auf anderen Körpern aufgewachsen, 
daher nicht inerustirend sind, sondern, nur mit ihrer Basis angeheftet, 
mit dem übrigen Theile sich frei erheben, entweder blättrig-lappige 
oder baumförmig-ästige Formen bildend. Besonders bei den letzten 
laufen die Blätter oft kreisförmig in sich selbst zurück und stellen 
dann hohle Cylinder dar, welche sich nieht selten baumförmig ver- 
zweigen. Dergleichen sind Semieschara eylindrica und arborea 


1) L. ce. pag. 73. Taf. 9, Fig. 2. 
®) Reuss in den Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. Bd. 50. II. pag. 50. 
Taf. 9, Fig. 2. 
8» 


116 Reuss. 


d’Orb. !) u. a. m. Zu ihnen dürfte auch Siphonella v. Hag. ?) 
zu rechnen sein. 

Die Hemiescharen sind daher gleiehsam als freie in die Höhe 
wachsende Lepralien und Membraniporen oder als einschiehtige 
Escharen und Biflustren anzusehen und verhalten sich zu diesen 
gerade so, wie Diastopora zu den inerustirenden Berenicea - Arten 
einerseits und den zweischichtigen Mesenteriporen anderseits. Selbst 
die zu hohlen Röhren zusammengerollten Arten finden in der gleich- 
artig gebildeten Diastopora Lamourouzi, Waltoni u. a. ihre Wieder- 
holung. 

So klar im Ganzen die Stellung und Bedeutung von Hemieschara 
ist, so groß werden dagegen die Schwierigkeiten, welche sich erhe- 
ben, wenn man in eine schärfere Gruppirung der so vielgestaltigen 
hierher gehörigen Formen eingehen will. Es sind dieselben, welche 
bisher eine allen Anforderungen genügende Unterabtheilung der 
Gattung Eschara vereitelt haben. Deßhalb kann auch die der Zer- 
splitterung der Escharen entsprechende Eintheilung der Hemiescharen, 
wie sie d’ Orbigny gibt, nicht gebilligt werden. Seine Gattungen 
Semieschara (]. e. V. pag. 364), Semiescharella (]. e. pag. 462), 
Semiescharellina (].e. pag. 449), Semiescharinella (l. e. pag. 427), 
Semiescharipora (l. e. pag. 479), Semiporina (]. e. pag. 489), 
Flustrellaria (]. e. pag. 515), Semiflustrella (]. e. pag. 565) und 
Semiflustrina (}. e. pag. 576) können, da sie größtentheils auf 
unwesentlichen Unterscheidungsmerkmalen beruhen und nicht scharf 
von einander geschieden sind, nicht beibehalten werden. 

Stoliezka3) scheint, wiewohl er bei der Unterabtheilung der 
Escharen beinahe ganz den Orbigny schen Grundsätzen huldigt, 
dies doch bei Hemieschara nicht zu thun. Er unterscheidet nämlich 
in dieser Gattung nach dem Vorgange von Busk#) nur zwei Gruppen, 
deren eine der Gattung Membranipora, die andere der Gattung Le- 
pralia unter den incrustirenden chilostomen Bryozoen entspricht. 
Erstere besitzt Zellen, die im größten Theile ihres Umfanges geöffnet 
und mit einem erhabenen Rande eingefaßt sind (Membraniporen- 


1) L.e T. 710. Fig. 1—3 und 4, 5. 

2) v. Hagenow, Die Bryozoen d. Maastrichter Kreidebildung, pag. 83. 

%) Foss. Bryoz. aus d. tert. Grünsandst. d. Orakei-Bai b. Auckland pag. 127. 
4) The Crag Polyzoa in Paleontograph. Soc. f. 1857, pag. 77. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 117 


Zellen), während die Zellen der anderen eonvex und bis auf die 
Mündung durch eine Kalkwand geschlossen sind (Lepralien-Zellen). 
Es ist dies auch die einzige naturgemäß durchführbare Eintheilung. 

In Betreff der Benennung dieser zwei Abtheilungen aber scheint 
Stoliezka weniger consequent zu verfahren. Er betrachtet Semie- 
scharıpora d’Orb., welche durchgehends Formen mit krugförmigen 
Lepralienzellen umfaßt, als synonym mit Hemeschara Busk, was 
sehon aus dem Grunde nicht gelten kann, weil Busk darunter 
sämtliche freiwachsende einschichtige blättrigästige Formen versteht 
ohne Unterschied der Zellenbeschaffenheit. Will man aber jede 
dieser beiden Gruppen als gesonderte Gattungen mit eigenen Namen 
belegen, so kann Escharipora d’Orb. wieder nicht als Bezeichnung 
für die Gruppe mit krugförmigen Zellen gewählt werden, da auch die 
Orbigny’schen Sippen Semiporina und selbst Semieschara einzelne 
derselben umfassen. Stoliezka zählt aber zu Escharipora Arten, 
die gemäß seiner eigenen Diagnose nicht dazu, ja überhaupt nicht 
zu Semieschara gerechnet werden können. Beide von ihm aus den 
Tertiärschichten der Orakei-Bucht bei Auckland beschriebenen Arten 
(S. porosa und marginata Stol. 1) haben eine dieke poröse Rücken- 
wand, wie z. B. Crisina, Hornera u. a., was sich mit den Charac- 
teren von Semieschara nicht verträgt. 

Noch weniger kann Semieschara d’Orb. als generische Bezeich- 
nung für die Arten mit Membraniporenzellen gelten, da auch Flustrel- 
laria, Semiflustrella, Semiflustrina u.s. w. hieher gehörige Formen 
umfassen. Man müßte daher, um eine solche Bezeichnung annehmbar 
zu machen, den Orbigny schen Namen Begriffe von ganz anderem 
Umfange unterlegen und eine völlige Änderung der Diagnosen vor- 
nehmen, was aber wieder eine Quelle weiterer Verwirrung werden 
kann. Es bleibt jedoch der Consequenz wegen nichts anderes übrig, 
da man bei entgegengesetztem Verfahren auch Membranipora und 
Lepralia zu vereinigen genöthigt wäre. Ich bezeichne daher, um 
nicht die Synonymie mit neuen Namen zu belasten, die Gruppe mit 
krugförmigen Zellen mit dem Gattungsnamen Hemieschara, während 
ich die Formen mit weit geöffneten Zellen — entsprechend der 
Gattung Membranipora — unter Flustrellaria zusammenfaße, deren 
Umfang daher erweitert werden muß. 


1) L. c. pag. 128, 129. T. 19, Fig. 10—14. 


118 Reuss, 


l. H. geminipora Rss. 

Vaginipora geminipora Reuss |. e. pag. 74. Taf. 9, Fig. 3, 4 — Semipo- 

porina geminipora d’Orbigny Pal. frang. Terr. eret. V. pag. 440. 

Sie bildet gabelästige, hohle, eylindrische Stämmchen bis zu 
3—4#"' Dicke. Die wenig gewölbten, mitunter ganz flachen, durch 
schmale seichte Furchen geschiedenen Zellen stehen in ziemlich 
regelmäßigen schrägen Reihen. Bisweilen werden sie jedoch sehr 
unregelmäßig. Am obern Ende steht die ziemlich große, runde, am 
Unterrande sich in eine Spalte verlängernde Öffnung, in deren Um- 
sebung die Zelle am gewölbtesten zu sein pflegt. Bald die rechte, 
bald die linke Seite der hinteren Zellenhälfte breitet sich in einen 
kleinen gerundeten Lappen aus, der eine kleine rundliche Avieular- 
pore trägt. An wohlerhaltenen Exemplaren sieht man sowohl diese, 
als die Mündung mit einem dünnen scharfen Rande umgeben. 

Doch fehlt an manchen Zellen der Seitenlappen samt den 
Nebenporen gänzlich. Die Oberfläche der Zellenwand ist von feinen 
regellos gestellten Poren durchstochen. 

In diesen Merkmalen stimmt unsere Species mit den generischen 
Characteren von Hemieschara vollkommen überein. Sie besitzt aber 
ein Merkmal, das an keiner der sämtlichen beschriebenen Arten hervor- 
gehoben wird. Auf der Rückenseite der Zellenschichte beobachtet 
man nämlich nicht nur, gleichwie bei allen Hemiescharen, die durch 
schmale Furchen angedeuteten Grenzlinien der einzelnen Zellen, 
sondern die glatte ebene Rückenwand jeder Zelle trägt noch beiläufig 
in der Mitte eine ziemlich große rundliche oder elliptische, von einem 
etwas verdickten Rande umgebene Öffnung, dureh welehe mithin das 
Zelleninnere mit der gemeinschaftlichen Centralhöhlung des Stämm- 
chens eommunieirt. In wiefern dieser besondere Bau etwa mit dem 
Hervorsprießen und dem Aufbau neuer Zellen in Zusammenhang zu 
bringen sei, müssen weitere Beobachtungen lehren. Denn es ist kaum 
wahrscheinlich, daß dasselbe, wie Orbigny |. c. pag. 365 bei 
Semieschara lamellosa beschreibt, vermittelst einer vorgeschobenen 
eigenthümlichen Germinalplatte geschehe. Diese Annahme wird schon 
dadurch sehr unwahrscheinlich gemacht, daß die einzelnen Zellen 
sich leicht von einander trennen lassen: nicht nur der Länge, sondern 
auch der Quere nach. Auch ist dieselbe zur Erklärung des Fort- 
wachsens der Colonie durch Ansatz neuer Zellen überflüßig, da bei 
Hemieschara, gleichwie bei Lepralia, Biflustra, Eschara u. s. w. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 1 0) 


an jeder Zelle deutliche Sprossencanäle wahrgenommen werden, 
durch welche dieselbe mit den Nachbarzellen in Verbindung steht, 
gewöhnlich je ein Canal für jede der umgebenden Zellen. 

Man findet die Species im Steinsalz nur in sehr seltenen, 
meistens sehr abgeriebenen kleinen Bruchstücken. Übrigens trifft 
man sie im Leithakalk von Eisenstadt, Mörbisch, Nußdorf und 
Grossing, sowie von Miechowitz in Oberschlesien. 


Flustrellaria (d’Orb.) 
I. Fl. texturata Rss. sp. 

d’Orbigny Paleontol. frang. Terr. eretac. V. pag. 515. — Vaginipora 
texturata Reuss. ]. ce. pag. 73. Taf. 9, Fig. 1. 

Diese Species gehört in die zweite Gruppe der Hemiescharen 
in weitestem Sinne, welche der Gattung Membranipora unter den 
inerustirenden chilostomen Bryozoen entspricht und daher durch 
umrandete, in weitem Umfange geöffnete Zellen characterisirt wird. 
Auf die Gegenwart oder Abwesenheit der Avicular- oder Vibracular- 
poren wird dabei keine Rücksicht genommen. Es wird daher der 
Gattung Flustrellaria hier ein viel weiterer Umfang beigelegt, als von 
Orbigny, der nur die Formen ohne alle accessorische Poren darin 
zusammenfaßt, während er die mit verschiedenartigen Nebenporen 
versehenen Arten den Gattungen Semiflustrella und Semiflustrina 
zutheilt. Bei der Wandelbarkeit der letztgenannten Merkmale selbst 
innerhalb einer und derselben Zellencolonie ist es nicht möglich, die 
genannten Sippen scharf zu sondern. Ich fasse sie daher sämtlich 
in der Gattung Flustrellaria zusammen. 

Die in Rede stehende Species bildet hohle, gewöhnlich eylin- 
drische Röhren von verschiedenem, aber 3—4 Millim. nicht über- 
steigendem Durchmesser. Dieselben lassen auf der Aussenseite 8S— 20 
regelmäßig alternirende Längsreihen von Zellen wahrnehmen, die 
sich nach oben hin durch Einsetzen neuer vermehren. Die Zellen 
sind länglich hexagonal und durch sehr zarte Furchen von einander 
abgegrenzt. Den größten Theil ihres Umfanges nimmt eine große 
centrale, mehr weniger lang elliptische Mündung ein. Der schmälere, 
die Mündungen trennende Rand ist nach innen hin abschüssig. 

Die innere Fläche der Cylinder (die Rückenfläche der Zellen) 
läßt feine aber deutliche Furchen, die Abgrenzungen der einzelnen 
Zellen, wahrnehmen, ist aber im ganzen Umfange geschlossen. Die 


120 Reuss. 


eigenthümliehen Öffnungen, die bei Hemieschara geminipora Rss. in 
der Hinterwand der Zellen vorhanden sind, fehlen ihnen. Zuweilen 
sind die röhrenförmigen Zelleneolonien zusammengedrückt, selbst 
so stark, daß die centrale Höhlung verschwindet und zwei mit dem 
Rücken sich berührende Zellensehichten wahrnehmbar werden. 
Solche Partien tragen die Charactere einer Biflustra an sich. Immer 
findet dies aber nur an einzelnen Stellen besonders der jüngeren 
Zweige Statt, wie wir dies auch an den überhaupt analoge Form- 
entwicklung zeigenden Diastoporen beobachten. 


oO. Vincularidea. 


Vineularia Detr. 

l. V. tetragona Goldf. sp. 

Glauconome tetragona Goldfuss I. pag. 100. Taf. 36, Fig. 7. 

Die Goldfuss’sche Species wurde schon von Blainville ) 
und später von Orbigny ?) mit V. fragilis Defr. aus dem eocänen 
Grobkalk von Grignon und Parnes für identisch erklärt. Aber ich 
halte diese Identität keineswegs für erwiesen. Die Abbildungen von 
V. fragilis >) sind zu wenig genau, als dal man daraus mit Bestimmt- 

®heit zu erkennen vermöchte, welche Species Defrance ursprünglich 
mit dem Namen V. fragilis bezeichnen wollte. Blainville deutet 
sogar an, daß dieselbe nur auf einer abgelösten einzelnen Zelienreihe 
einer Flustra? beruhen könne, da er inDefrance’s Sammlung ein 
zweireihiges Exemplar sah. Dies würde sich nur durch Untersuchung 
der Originalexemplare entscheiden lassen. Bei Grignon und Par- 
nes kommen zwar nicht selten Bruchstücke einer vierkantigen Vin- 
cularia vor, die sieh aber in manchen Details von der Goldfuss’ 
schen Species aus den Tertiärschichten von Osnabrück unterscheidet. 
Da aber die Wieliezkaer Fragmente damit vollkommen übereinstim- 
men, so halte ich mich für berechtigt, für dieselben den Goldfuss’- 
schen Namen beizubehalten. 
Die Stämmchen sind schlank, im Querschnitte quadratisch, so 
dafs auf jeder Seitenfläche nur eine Längsreihe von Zellen steht, 
wobei die benachbarten Reihen mit einander regelmäßig alterniren. 


1) Manuel d’actinologie pag. A5A. , 

*) Prodröme de paleont. strat. II. pag. 396. Nr. 1156. 

®) Diet. des se. nat. Vol. 58. pag. 214; Atlas zoophytol. T. 45, Fig. 3 und daraus in 
Blainville I. e. T. 67, Fig. 3. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 121 


Die einzelnen Zellen sind hexagonal und werden durch feine Quer- 
furchen geschieden. Sie werden rings von einem breiten, nach innen 
abschüssigen erhabenen Rande umgeben, der ein elliptisches oder 
gerundet-hexagonales eingedrücktes Feld — den oberen Zellen- 
bauch — umschließt. Das obere Drittheil derselben nimmt die halb- 
runde, unten abgestutzte Mündung ein. Die Beschaffenheit der 
Zellenoberfläche läßt sich an den abgerollten Bruchstücken nicht 
erkennen. 


b. Cyclostomata. 
1.  Artieukatba: 
a) Crisidea. 

Crisia Lamx. 

1. Cr. Hörnesi Rss. 

Reussl.e. pag. 54. Taf. 7, Fig. 21. — Denksch. d. kais. Akad. d. Wiss. 
Bd. 25, pag. 75. Taf. 11, Fig. 12. 

In der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1851, 
pag. 170 habe ich diese Species irriger Weise mit Cr. Edwardsi 
Rss. vereinigt. Beide sind durch deutliche Merkmale gesondert, wie 
dies schon an einem anderen Orte auseinandergesetzt wurde. Auf 
der Rückenseite der Stämmchen scheinen bei starker Vergrößerung 
die Grenzlinien der beiden Zellenreihen durch. 

Die Species findet sich nicht gar selten im Steinsalz, sehr selten 
im Salzthon. An einzelnen Stämmchen beobachtete ich auch hier 
die eigenthümlichen Zellen, die ich als Coelophyma glabrum !) 
beschrieben habe. Wiewohl von Orbigny als Eierbläschen betrach- 
tet und von Stoliezka:) für heteromorphe Zellenbildungen ange- 
sehen, sind sie bisher doch noch immer räthselhaft. Auch ich habe 
sie bisher hauptsächlich nur bei eyelostomen Bryozoen aus den 
Gattungen Hornera, Tubipora, Idmonea, Crisina, Crisia, selten an 
ehilostomen Bryozoen (an Retepora) angetroffen. An den Crisien 
sitzen sie bald an der Vorder-, bald an der Hinterseite der Stämm- 
chen. Nie münden sie nach außen, aber auch nach innen mit den 
Zellen der die Unterlage bildenden Bryozoe konnte ich in keinem Falle 
eine Communication entdecken. Auch zeigen die Coelophymen ver- 
schiedener Bryozoen dieselbe Beschaffenheit. 


1) Reuss, Polyp. d. Wiener Tertiärbeckens pag. 99. Taf. 11, Fig. 28. 
2) Verhandlungen der zool.-bot. Ges. 1862. pag. 101 — 104. 


122 Reuss. 


Cr. Hörnesi ist allgemein verbreitet im Leithakalk (Eisenstadt, 
Rust, Mörbisch, Kostel, Enzersdorf, Steinabrunn, Freibiechl, Krois- 
bach, S. Nieolai, Grossing u. s. w.), sehr selten im Tegel von Baden. 
3ei Castell’arquato. Vereinzelt im Mitteloligocän. 


2. Cr. Edwardsi Rss. 
Reuss ]. e. pag. 53. Taf. 7, Fig. 20. — Denkscehr. d. kais. Akad. d. 
Wissensch. Bd. 25, pag. 191. Taf. 11, Fig. 16. 


Überall in Gesellschaft der vorigen Art. Im Steinsalze häufig. 


3. Cr. Haueri Rss. 

Reuss]. ce. pag. 54. Taf. 7, Fig. 2?—24. — Sitzungsber. d. kais. Akad. d. 
Wissensch. Bd. 50. II. pag. 54. Taf. 15, Fig. 6—8. — Crisia gracilis 
Römer, Polyp. d. norddeutsch. Tertiärgeb. in d. Paläontograph. IX. 
pag. 221. Taf. 37, Fig. 3. 

Diese der lebenden Cr. eburnea sehr verwandte Species findet 
sich im Steinsalze nur sehr selten. Überdies im Leithakalke von 
Nußdorf, Enzersdorf, Steinabrunn, Großing, ferner in den Sub- 
apeninenschichten von Castell’arquato, sehr selten im Ober- und 
Mitteloligoeän. | 


2. Inarticulata. 
1. Diastoporidea. 
Berenicea Lamx. 
1. B. subseriata Rss.? 


Es liegen aus dem Steinsalze nur sehr seltene kleine Bruch- 
stücke einer Species vor, die zwar mit keiner der bekannten über- 
einzustimmen scheint, die sich aber in zu fragmentärem Zustande 
befindet, um eine genaue Bestimmung zu gestatten. Die Zellen der 
dünnen einschichtigen Ausbreitungen sind lang, halbeylindrisch und 
erheben sich mit ihrem vordern Drittheil oder selbst mit der Hälfte 
ihrer Länge in schräger Richtung bedeutend über ihre Umgebung. 
Im älteren Theile der Ausbreitung sind sie nahezu reihenweise 
geordnet und decken sich theilweise dachziegelförmig. Weiter nach 
aussen aber erscheinen sie regellos zerstreut und einzelne derselben 
zeichnen sieh durch ihre Länge aus. Besonders ist dies der Fall mit 
jenen, welche in die Zwischenrinnen der vorgenannten Zellenreihen 
zu liegen kommen. Die Mündungen sind rundlich oder breit- oval. 
Auf der Oberfläche der Zellenwand nimmt man Spuren von feiner 
ungleicher querer Anwachsstreifung wahr. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 123 


Will man_die Species vorläufig mit einem Namen bezeichnen, 
so würde der das auffallendste Merkmal, die zum Theile reihenweise 
Gruppirung der Röhrenzellen ausdrückende Name: B. subseriata 
am bezeichnendsten sein. 


2. Tubuliporidae. 


Tubulipora Lamk. 
1. T. congesta Rss. 


Reuss |]. e. pag. 49. Taf. 7, Fig. 1—3. — Berenicea congesta d’Orbigny 
Paleontol. frar.e. Terr. eret. V. pag. 862. 


Ich stelle diese Species, die nur in kleinen Fragmenten im 
Steinsalze vorgekommen ist, nur vorläufig und mit Zweifel zur Gattung 
Tubulipora, von welcher sie sich durch ihren Habitus unterscheidet. 
Mit Berenicea, zu welcher sie Orbigny zieht, vereinige ich sie nicht, 
weil sie durch die Gestalt und Anordnung ihrer Zellen davon wesent- 
lich abweicht. 

Sie bildet in der Regel kleine flache oder wenig gewölbte 
inerustirende Colonien von unregelmäßigem Umriß, die von einem 
excentrischen Punkte ausgehend, nicht blos vorwiegend nach einer 
Seite hin, sondern nach allen Seiten hin fortwachsen. Bisweilen, 
wahrscheinlich durch die Art der Unterlage bedingt, erhebt sich die 
Colonie in stärkerer Wölbung und nimmt die Gestalt eines kleinen 
Knollens an. Auf der Oberfläche stehen die runden, verhältnißmäßig 
großen Mündungen bald entfernt von einander, bald gruppenweise 
zusammengedrängt. Da wo sie sich berühren, wird ihr Umriß zu- 
weilen etwas polygonal. In den meisten Fällen besitzen sie eine ganz 
regellose Stellung; nur mitunter glaubt man unregelmäßige gekrümmte 
und vielfach unterbrochene Reihen wahrzunehmen. Meistens zeigen 
sie nur eine nicht sehr hohe ringförmige Umrandung; doch verlängern 
sie sich stellenweise zur kurzen Röhre. Die Zwischenräume der 
Zellen lassen keine Spur von Streifung und nur höchst selten eine 
undeutliche Begrenzung der Zellen durch Linien wahrnehmen. 

In der Physiognomie stimmt unsere Species einigermaßen mit 
Proboscina überein; nur verzweigen sich die viel kleineren Colonien 
nie ästig. Ebenso verräth sich in der Gestalt und Anordnung der 
Mündungen eine Ähnlichkeit mit manchen Formen von Entalophora, 
von welcher sie sich aber durch ihre inerustirenden Zellenstöcke 
unterscheidet. 


124 Reuss. 


Die Species findet sieh im Leithakalk von Nußdorf, Mörbisch, 
Eisenstadt, Rust, Enzersdorf, Kostel, Freibiehl, Garsehenthal, sowie 
von Miechowitz in Oberschlesien. 


Entalophora Lamx. 

l. E. pulchella Rss. 

Cricopora pulchella Reuss ]. ec. pag. 40. Taf. 6, Fig. 10. — Entalophora 
pulchellaReuss in d. Denksehr. d, kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25. 
pag. 78. Taf. 9, Fig. 5. — Entalophora clavula Reuss in d. Denksehr. 
d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 78. Taf. 9, Fig. 3, 4. (non 
Reuss Polyp- d. Wiener Tertiärbeck. pag. 41, Taf. 6, Fig. 11.) 

Im Steinsalze von Wieliezka liegen nur seltene kleine Bruch- 
stücke dieser veränderlichen Species. Die schlanken Stämmchen 
zeigen nicht selten die Mündungen in ziemlich regelmäßigen Spiral- 
reihen angeordnet; doch beinahe ebenso oft wird ihre Stellung mehr 
weniger regellos. Stets aber zeichnen sich die Zellen durch ihre 
Länge und Schlankheit aus. 

An den freien Enden verdieken sich die Äste kolbenförmig; die 
Mündungen rücken näher an einander und stehen zunächst dem 
oberen Ende beinahe dieht gedrängt. Ein solches Endstück eines 
Zweiges wurde in den Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. abge- 
bildet, jedoch irriger Weise mit der sehr abweichenden E. elavula 
Rss. 1) identifieirt. 

Man findet die Species ‚häufig ım Leithakalk von Eisenstadt, 
Kostel, Großing, Mörbisch u. s. w., ferner von Miechowitz in 
Oberschlesien, sowie bei Castell’arquato und im mitteloligocänen 
Septarienthon. 


3. Idmoneidae. 
Hornera Lamx. 


l. H. verrucosa Rss. 

Reuss, Polyp. d. Wien. Tertiärbeek. pag. 43. Taf. 6, Fig 22. (icon mal. 
eines abgeriebenen älteren Fragmentes.) — Reuss in d. Zeitschr. d. 
deutsch. geol. Ges. 1851. pag. 173. Taf. 9, Fig. 11. — Reuss in d. 
Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 197. Taf. 9, Fig. 
11. (jüngerer Zweig.) — Hornera hippolithus (Defr.) Reuss die 
Polyp. d. Wiener Tertiärbeck. pag. 43. Taf. 6, Fig. 23, 24. (z. größten 
Thl.). — Reuss, Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. pag. 173. — 
Filisparsa verrucosa d’Orbigny, Paleont. frang. Terr. eret. V. pag. 816. 


1) Reuss, Polyp. d. Wiener Tertiärbeckens, pag. 41. Taf. 6, Fig. 11. 


® . . [I ” ” BJ 
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 125 


Die im Steinsalze ziemlich häufig vorkommenden kleinen Bruch- 
stücke sind größtentheils so schlecht erhalten, daß sie eben nur die 
Gattung erkennen lassen. An der Vorderseite sind die Röhrenzellen 
sewöhnlich auf weite Strecken durch Ahreibung geöffnet und auch 
die Rückenseite ist so tief abgerieben, daß sie keine Poren, sondern 
nur die Grenzlinien der Zellenröhren darbietet. Nur an einzelnen 
Bruchstücken sind die Speeiescharactere noch besser erhalten und 
lassen erkennen, daß dieselben der in den österreichischen Tertiär- 
schichten verbreiteten Species angehören, welche ich früher mit dem 
Namen: H. hippolithus bezeichnet hatte. 

Was nun diese Species betrifft, so sollte man, wie d’Archiac !) 
richtig bemerkt, nach der Zahl der gegeb: nen Abbildungen wohl 
meinen, daß sie genau bekannt sein müsse. Dies ist aber keineswegs 
der Fall. Die vorliegenden Abbildungen weichen so sehr von einander 
ab, daß man glauben möchte, es liegen ihnen sehr verschiedene Spe- 
cies zu Grunde, wenn nicht der sehr wechselnde Erhaltungszustand 
und die verschiedenen Altersstufen der abgebildeten Exemplare wenig- 
stens theilweise zur Erklärung dieser Differenzen genügten. Nicht zu 
rechtfertigen ist aber der Vorgang Orbigny's, der H. hippolithus 
Defr. von den Horneren ganz ausscheidet und zu seiner Gattung 
Filisparsa bringt, die durch eine völlig porenlose Epithek auf der 
Rückenseite charaeterisirt wird®). Die Beschreibung Anderer und 
die eigene Untersuchung von Originalexemplaren von Grignon 
widerspreehen dieser Ansicht vollkommen. Auch Hornera verrucosa 
Rss., bei welcher die feinen Poren der Rückenseite früher übersehen 
wurden, wird von Orbigny zur Gattung Filisparsa gebracht, wäh- 
rend sie nach meinen genauen Untersuchungen eine Hornera ist. 

Die früher von mir als H. hippolithus beschriebene Species 
steht derselben ohne Zweifel nahe, näher als der 7. striataM. E dw. >), 
von welcher sie sich schon durch die Beschaffenheit der Rückenseite 
der Stämmcehen unterscheidet. Nach meiner Untersuchung gehört sie 
größtentheils der 7. verrucosa Rss. an, welehe in ihren verschie- 
denen Alterszuständen eine sehr verschiedene Physiognomie besitzt. 
Die älteren Abbildungen derselben sind unvollständig und mehr 


1) Mem. de la soc. geol. de Fr. 2. Ser. III. 2, p. 408. 

2) Paleontol. frane. Terr. eret. V, p. 816. 

3) M. Edward’s in Ann. d. sc. nat. IX. pag. 21. T. 11, Fig. 1. — Busk the Crag 
Polyzoa. pag. 103. T. 15, Fig. 3. 


126 Reuss. 


weniger unrichtig. Die in den Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. 25, 
Taf. 9, Fig. 9 gegebene Zeichnung stellt einen jugendlichen Zweig 
richtig dar. An älteren Zweigen werden die auf der Vorder- und 
Rückseite befindlichen Längsfurchen zahlreicher, weniger regelmäßig, 
öfters unterbrochen und gegen die Basis der Stämmcehen hin seichter. 
Die ringförmig umrandeten Mündungen bleiben zwar immer verein- 
zelt, werden aber zahlreicher und verrathen stellenweise eine An- 
näherung zur Anordnung in Querreihen. Unterhalb und oberhalb 
jeder Mündung steht eine Nebenpore, die an älteren Zweigen ge- 
wöhnlich größer wird, als die Abbildung sie darstellt. Auch bemerkt 
man unterhalb der ersteren Pore nicht selten in derselben Längsreihe 
je nach der Länge der betreffenden Furche noch 1—2 kleinere Poren. 

Die Rückenseite ist mit Längsrippcehen bedeckt, die an Jüngeren 
Zweigen ziemlich regelmäßig, breit und hoch, beinahe scharfrückig 
sind, an älteren Stämmchen aber flacher, rundrückig, unregelmäßiger, 
kürzer werden und vielfach anastomosiren. Sie sind mit feinen spitzi- 
gen Körnern bedeckt, die aber an abgeriebenen Exemplaren ganz 
oder theilweise verschwinden. Die Zwischenfurchen der Rippen zei- 
gen feine entfernte spaltförmige Poren. 

H. verrucosa findet sich häufig bei Nußdorf, Kroisdorf, Mör- 
bisch, Kostel, Großing, Steinabrunn, Enzersdorf u. s. w.; so wie bei 


Miechowitz in Oberschlesien. 


Crisina d’Orb. 
l. Cr. pertusa Rss. sp. 
d’Orbigny Pal&ont. france. Terr. eret. V. pag. 914. — Idmonea pertusa 

Reuss Polyp. d. Wiener Tertiärbeck. pag. 45. Taf. 6, Fig. 28. 

Verhältnißmäßig breite, von vorne nach hinten zusammenge- 
drückte Stämmchen, die deshalb einen quer-elliptischen Querschnitt 
zeigen. Die Rückenseite pflegt etwas gewölbter zu sein als die Vor- 
derseite. Die Äste spalten sich unter stumpfem Winkel gabelförmig 
und sind nicht selten etwas nach rückwärts gekrümmt. Die Rücken- 
seite ist mit gedrängten regellos gestalteten, durch schmale scharf- 
rückige Zwischenwände gesonderten polygonalen Grübchen bedeckt, 
welche am Grunde von eckigen Poren durchstochen erscheinen. Auf 
der Vorderseite erheben sich an wohlerhaltenen Exemplaren die Mün- 
dungen in stark vorragenden kammartigen Querreihen, die, mit ihrem 
hinteren Ende sich etwas herabbiegend und zugleich etwas niedriger 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 127 


werdend, bis an die Grenzen der Rückenfläche der Stämmehen 
reichen, denn zur Entwicklung von deutlich ausgesprochenen Seiten- 
flächen kömmt es nicht. Die vorderen Enden der Mündungsreihen 
sind durch eine ziemlich breite tiefe Medianrinne geschieden. 

Die mit ihren Rändern kettenartig verwachsenen Mündungen 
sind rundlieh-vierseitig, gewöhnlich etwas in die Quere verlängert. 
An abgeriebenen Exemplaren verschwindet die Hervorragung der 
Mündungsreihen theilweise oder ganz und die Mündungen selbst 
nehmen eine in verticaler Richtung etwas in die Länge gezogene 
Form an. In der vordern Medianrinne, sowie in den Zwischenräumen 
der einzelnen Mündungsreihen ist keine Spur von Poren wahrzu- 
nehmen. Höchstens verrathen sich hin und wieder die zarten Grenz- 
linien der Röhrenzellen. 

Die Species ist im Steinsalze ziemlich gemein. Überdies kömmt 
sie im Leithakalke vieler Localitäten häufig vor. (Nußdorf, Eisen- 
stadt, Mörbisch, Kostel, Enzersdorf, Garschenthal, Großing, Kalen- 
berg und andere; Miechowitz in Oberschlesien). 


.4. Cerioporidae. 
Heteropora Blainv. 
1. H. stellulata Rss. 
Reuss foss. Polyp. d. Wiener Tertiärbeck. pag. 35. Taf. 5, Fig. 21—22. — 
Multierescis stellulata d’Orbigny, Paleont. frane. Terr. eret. V. pag. 
1073. h 
Sie ist von sehr veränderlicher Gestalt, bald flach eonvexe 
seharfrandige Scheibehen bildend, bald sich höher erhebend zu 
knopf-, pilz-, oder kurz und diek walzenförmigen Knollen mit senkrecht 
abfallendeu Seiten und gewölbtem oberen Ende. Dasselbe ist nur 
bisweilen und in geringem Umfange deprimirt. Die gesamte Ober- 
fläche erscheint von zweierlei Mündungen bedeckt. Eine Art der- 
selben ist größer als die anderen, rundlich oder elliptisch und von 
einem vorragenden Rande umgeben, der bei den im erhabensten Theile 
der Colonie gelegenen am höchsten ist, so dafs diese warzenförmig 
vorragen. An den tiefer gelegenen Mündungen nimmt die Umrandung 
. allmälig an Höhe ab. Was ihre Stellung betrifft, so sind sie ge- 
wöhnlich regellos zerstreut; nur bisweilen läßt sich eine Annäherung 
an eine reihenweise Anordnung in radialer Richtung nicht verkennen. 
Die Zwischenräume dieser größeren Mündungen sind von klei- 
neren accessorischen Poren erfüllt, die meistens weniger regelmäßig 


128 Reuss. 


y* 


gestaltet sind. Sie zeigen in der Regel eine ziemlich symmetrische 
Anordnung, indem jede größere Mündung von einem Kranze von 
5—6 kleineren Poren eingefaßst erscheint. Diese besitzen nur eine 
sehr schwache Umrandung und auf den schmäleren Zwischenrändern 
verläuft eine feine Grenzfurche. 

Auf dem Querbruche knopfförmiger Colonieen erkennt man, daß 
sie aus mehreren übereinander gelagerten Schiehten bestehen, mit 
deren Zahl auch die Erhebung des Zellenstockes zunimmt, da jede 
Schiehte in der Mitte dieker ist als an der Peripherie. 

Die Species scheint nur sehr selten im Steinsalze von Wieliezka 
vorzukommen. Häufiger tritt sie im Leithakalke von Kostel, Mörbisch, 
Eisenstadt, Neustift u. a., im Sande von Satschan in Mähren, endlich 
bei Miechowitz in Oberschlesien auf. 


2. H. globulus Rss. 

Ceriopora globulus Reuss, die foss. Polyp. d. Wiener Tertiärbeek. pag. 33. 
Taf. 5, Fig. 7. — Reptomulticava globulus d’Orbigny, Paleont. frang. 
Terr. eret. V. pag. 1035. — Chaetetes pygmaeus Reuss |]. e. pag. 30. 
Taf. 5, Fig. 6. 

Sehr kleine, bis 3 Millim. im Durchmesser haltende, mitunter 
beinahe regelmäßige Kügelehen, die in der Jugend ein aufgewach- 
senes Kugelsegment darstellen, später sich mit neuen Zellenschiehten 
umgeben und sich zur vollkommenen Kugel umbilden, welche keine 
Spur von Anheftung mehr wahrnehmen läßt. Die Oberfläche ist mit 
ungleichen polygonalen, durch bald breitere, bald schmälere Zwischen- 
wände geschiedenen schüsselförmigen Grübehen bedeckt, in deren 
Boden die kleinen ungleichen eckigen Zellenmündungen einge- 
senkt sind. 

Am Querbruche des Zellenstockes überzeugt man sich, daß der- 
selbe aus sich concentrisch umschliefßenden ungleiehen Schichten 
feiner Röhrenzellen besteht. Ebenso nimmt man an Verticalschnitten 
der Zellenröhren gedrängte Querscheidewände wahr. Diese gaben 
die Veranlassung, dal die Species früher von mir irriger Weise der 
Gattung Chuetetes untergeordnet wurde. Es ist aber das Auftreten 
von bald gedrängteren, bald entfernteren Querdissepimenten eine bei 
den Heteroporen allgemein verbreitete Eigenschaft. 

Die Species kömmt sehr vereinzelt im Steinsalze vor, viel häu- 
figer dagegen im Leithakalk von Nußdorf, Mörbisch , Kostel, sowie 
von Miechowitz in Oberschlesien. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 129 


3. H. radiata Busk. sp. 

Heteroporella radiata Busk the Crag Polyzoa pag. 127. Taf. 19, Fig. 2 in 
the Paleontogr. Soc. for 1859. 

Die vorliegende Species gehört der Busk’schen Gattung Hete- 
roporella an, die sich von der frei in die Höhe wachsenden mehr 
weniger ästigen Heteropora nur durch ihre inerustirenden Zellen- 
eolonien unterscheidet. Ich kann in diesem Merkmale, welches so 
viele Mittelstufen der Entwicklung darbietet, keinen wesentlichen 
Gattungsunterschied sehen. Es würde sonst zweifelhaft bleiben, wohin 
man manche der knolligen Formen zu rechnen habe, welche sich 
durch mehrfache Überlagerung aus einfachen Inerustationen hervor- 
bilden und im ausgewachsenen Zustande zu ästig-knolligen Gestalten 
heranwachsen, die den unmittelbaren Übergang in die ästigen Formen 
darstellen. Wollte man die in Rede stehende generische Sonderung 
vornehmen, so müßte man aus Gründen der Consequenz ebenfalls 
die knolligen Formen von Celleporaria von den frei-ästigen trennen, 
was Busk nicht thut. Ich betrachte daher beide auch nur als Unter- 
abtheilungen einer und derselben Gattung. 

Im Steinsalze findet man meistens nur Bruchstücke der ein- 
schiehtigen dünnen, unregelmäßig scheibenförmigen incrustirenden 
Zellenceolonien. Sie zeigen ein sehr wechselndes Ansehen. Einzelne 
stimmen mit der Abbildung von Busk (l. e. Taf. 19, Fig. 2) voll- 
kommen überein. Die größeren runden oder breit-elliptischen Mün- 
dungen stehen, wenn gleich zerstreut, doch in deutlichen radialen 
Reihen. Die sie trennenden Zwischenräume tragen sehr ungleiche, 
durch sehr verschiedentlich dicke und an wohlerhaltenen Exemplaren 
scharfrückige Wände gesonderte polygonale Grübchen, deren Größe 
und Umriß nicht nur an verschiedenen Exemplaren, sondern auch an 
verschiedenen Stellen derselben Colonie großem Wechsel unter- 
worfen ist. Auf ihrem Grunde stehen kleine rundliche Poren. 

An anderen Exemplaren sind die größeren Mündungen regellos 
zerstreut, bald einander mehr genähert, bald weiter von einander ab- 
stehend. Auch ihre Größe wechselt nicht unbeträchtlich. 

Man trifft diese vielgestaltige Species nicht selten im Leitha- 
kalke des österreichischen Tertiärbeckens. 

Ceriopora Gldf. 

Der Rückstand nach Auflösung des Steinsalzes hat einzelne Trüm- 
mer einer nicht näher bestimmbaren knolligen Ceriopora-Art geliefert. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 9 


130 Reuss. 


vE CONCHIFEREN. 


1. Dimyaria. 


a) Solenacea Lamk. 

Gultellus Schum. 

l. €. papyraceus Rss. (Taf. 6, Fig. 1.) 

Ich habe von dieser im Salzthone in sehr zahlreichen Exem- 
plaren vorkommenden Muschel, die man oft in beiden nebeneinander 
liegenden Klappen findet, zwar nicht die Schloßzähne, die jedenfalls 
sehr klein sein müssen, beobachtet; aber die übrigen Merkmale 
stimmen so gut, daß über die Zugehörigkeit zu der oben genannten 
Gattung kaum ein Zweifel obwalten dürfte. 

Die Schale ist beinahe durchsichtig, papierdünn und so zer- 
brechlich, daß man keine ganze Klappe, besonders im isolirten Zu- 
stande, zu gewinnen im Stande ist. Sie ist gerade, stark verlängert, 
etwas mehr als noch einmal so lang als hoch. Die größten Exemplare 
messen 22 Millim. in der Länge bei 10 Millim. Höhe. Im Mittel ver- 
halten sich Länge und Höhe, wie 10:47. 

Die Klappen sind an beiden Enden zugerundet, bilden jedoch 
an dem hinteren Ende einen flacheren Bogen. Zugleich ist dasselbe 
etwas höher als das vordere. Der Mantelrand ist nur wenig gebogen. 
Der sehr kleine, kaum vorragende Wirbel liegt weit nach vorne, am 
hintern Ende der ersten Viertheils der gesamten’Schalenlänge (5:20). 

Die Oberfläche der Schale bedecken gedrängte deutliche, aber 
ungleiche concentrische Streifen. An den Steinkernen vermag man 
keine Spur der bei der großen Schalendünne offenbar sehr seichten 
und undeutlichen Muskeleindrücke wahrzunehmen. Dagegen glaubt 
man an einzelnen Steinkernen einen schwachen furcehenartigen, vom 
Wirbel in senkrechter Richtung herablaufenden Eindruck, weleher 
einer im Innern der Schale befindlichen schwachen rippenartigen 
Verdiekung seine Entstehung verdanken würde, gleichwie bei Siligua 
Meg., zu entdecken. In den meisten Fällen beobachtet man jedoch 
diese Erscheinung nicht. 

Die Species steht dem C. fenuis Phil. sp.) aus dem eng- 
lisehen Crag und den jungtertiären Schichten Sieiliens nahe, so wie 
der lebenden Pharella javanica Lam. sp. ?). 


1) Wood Crag Mollusca II. pag. 258. T. 25, Fig. 2. 
2) Adams the genera of rec. Mollusca. pag. 343. T. 93, Fig. 1. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 13 i 


b) Myacea Lamk. 
Corbula Brug. 
1. €, gibba Ol. sp. !). 
Hörnes die foss. Mollusk. d. Tertiärbeck. v. Wien. II. pag. 34. Taf. 3, 

Fig. 7. 

Ziemlich selten im Salzthon, sehr selten im Steinsalz. — Im 
Tegel von Baden, Grinzing, Vöslau, im Leithakalk von Nußdorf, 
Steinabrunn, Niederleis u. s. w. Lebend in den heutigen Meeren. 


2. C. carinata Du]. 

Hörnesl.e. Il. pag. 36. Taf. 3, Fig. 8 a—e. 

Es wurden nur sehr seltene Schalen aus dem Steinsalze aus- 
gewaschen. Im Wiener Becken findet man die Species vorzugsweise 
im Leithakalk und in dem ihm untergeordneten Tegel (Steinabrunn, 
Gainfahrn, Enzesfeld, Mattersdorf u. a.), so wie im Sand von 
Grund und Niederkreuzstätten. 


c) Mesodesmidae Gray. 
Ervilia Turt. 
l. E. pusilla Phil. 
Hörnes |. e. II. pag. 75. Taf. 3, Fig. 13 a—g. 
Häufig, aber fast stets zertrümmert im Salzthon und Steinsalz. — 
Im Sand von Grund, im Leithakalk von Steinabrunn, Niederleis, im 
Sand von Pötzleinsdorf u. a. 


2. E. podolica Eichw. 
Hörnes l. e. II. pag. 73, Taf. 3, Fig. 12 a—e. 
Die Species ist characteristisch für die Cerithienschiehten. Im 
Salzthon und Steinsalz scheint sie häufig vorzukommen, aber stets 
zerbrochen. 


d) Tellinidea Desh. 
Tellina L. 
1. *T. donaeina L. 
Hörnes |]. e. II. pag. 86. Taf. 8, Fig. 9. 


Aus dem Steinsalz liegt ein kleines Exemplar mit beiden ge- 
schlossenen Klappen vor, das in den äusseren Characteren mit der 


1) Bei den in den Schichten des Wiener Beckens vorkommenden Molluskenarten habe 
ich der Raumersparniß wegen meistens nur die schöne Monographie von Director 
Dr. Hörnes eitirt. Dort ist die weitere Synonymie, so wie die Aufzählung zahl- 


reicherer Fundorte nachzusehen. 


9* 


132 Reuss. 


genannten Species wohl übereinstimmt. Da aber das Schloß nicht 
untersucht werden kann, bleibt die Bestimmung immerhin unsicher. 

Die Species ist im Wiener Becken bekannt aus dem Sande von 
Grund, dem oberen Tegel von Vöslau und Kienberg, aus dem Sande 
von Pötzleinsdorf. Übrigens pliocän und lebend. 


e) Conechae Lamk. 

Venus L. 

1. ?V. multilamella Lamk. 

Hörnes l. e. II. pag. 130. Taf. 15, Fig. 2, 3. 

Es liegen sehr kleine Exemplare aus dem Steinsalze vor, die 
wohl unzweifelhaft dieser Species angehören dürften. Im Wiener 
Becken liegt sie im untern und obern Tegel, besonders in letzterem 
(Grinzing, Gainfahrn, Enzesfeld, Vöslau, Baden, Möllersdorf, Szobb), 
im Sand von Grund, Grußbach u. s. w. 


2. V. marginata Hörn. 

Hörnes |. e. II. pag. 138. Taf. 15, Fig, 11. 

Eine wohlerhaltene Klappe wurde aus dem Steinsalz ausge- 
waschen. Die Species ist bekannt aus dem Sand von Grund und 
Grußbach, aus dem Tegel von Vöslau, Ritzing, Lapugy, Buitur, 
Olesko, aus dem Sand von Pötzleinsdorf und von Niederkreuz- 
stätten u. Ss. w. 


Circe Schum. 

1. €. minima Mont. sp. 

Hörnesl, e. II. pag. 158. Taf. 19, Fig. 5 a—d. 

Das Steinsalz hat nur seltene Bruchstücke, aber mit wohl- 
erhaltenem Schloße geliefert. Die Species liegt übrigens im Sande 
von Grund; im Tegel von Baden, Vöslau, Ritzing u. a.; im 
Leithakalk von Steinabrunn, Nikolsburg, Niederleis u,s.f.; im Sande 
von Pötzleinsdorf; sie findet sich im Pliocän und lebt noch jetzt in 
den Meeren der gemäßigten Zone. 

f) Cardiacea Lamk. 

Cardium L. 

1. €. papillosum Polı. 

Hörnes]. e. II. pag. 191. Taf. 30, Fig. 8. 

Es liegen kleine Brutexemplare aus dem Salzthone vor. Gewöhn- 
lich gewinnt man sie sowohl aus diesem, als aus dem Steinsalze nur 
in Bruchstücken. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 33 


Im Wiener Becken findet man die Species vorzugsweise im 
Leithakalk (Steinabrunn, Niederleis, Gainfahrn u. s. w.), so wie im 
Sande von Grund, Pötzleinsdorff u. a., und im oberen Tegel 
(Vöslau). Überdies ist sie in den Mioeänschiehten anderer Länder 
weit verbreitet und lebt noch in den heutigen Meeren. 


2. C. sp. 

Das Steinsalz hat noch Bruchstücke der sehr kleiner Schalen, 
einer anderen Species angehörig, geliefert. Auch hier hat man es 
nur mit junger Brut zu thun. Vom Wirbel strahlen 16 schmale ziem- 
lich hohe Rippen aus, zwischen welche sich bald je 1-2 kürzere 
einschieben, die aber rasch eine gleiche Breite mit den primären er- 
reichen. Bei stärkerer Vergrößerung überzeugt man sich, daß die 
Rippehen mit schuppenartigen Stacheln besetzt sind. Eine genauere 
Bestimmung der Species kann nicht vorgenommen werden; doch ist 
es sicher, daß dieselbe mit keiner der bisher aus dem Wiener Becken 
bekannten Arten übereinstimmt. 


| 9) Lueinidea Desh. 
Lucina Brug. 
l. L. exigua Eichw. 
Hörnesl.e. Il. pag. 243. Taf. 33, Fie. 12. 

Sehr kleine und etwas zerbrochene, aber unzweifelhaft hierher 
gehörige Schalen wurden aus dem Steinsalze ausgewaschen. 

Die Species findet sich vorzugsweise im Tegel des Leithakalkes 
(Steinabrunn, Nikolsburg, Niederleis u. a.), seltener im Sand 
von Grund und Grußbach, in jenem von Pötzleinsdorf u. s. w. 


2. L. dentata Bast. 

Hörnesl.e. Il. pag. 238. Taf. 33, Fig. 9. 

Die sehr seltenen Schalen aus dem Steinsalz gehören zu den 
schmälern Formen dieser Species und stimmen vollkommen mit Exem- 
plaren von Ebersdorf überein. Der Sinus am hinteren Schalenende 
ist sehr deutlich ausgesprochen. Viel häufiger habe ich aus dem 
Steinsalze meist in Schwefeleisen umgewandelte Steinkerne aus- 
gewaschen, die aber auch wohl kenntlich sind. 

Im Wiener Becken kömmt die Species am häufigsten im Tegel 
des Leithakalkes vor (Steinabrunn, Kienberg, Gainfahrn, Nußdorf 
u. a.), seltener bei Grund, im Tegel von Baden, Möllersdorf, Vöslau 
u.s. w im Sand von Pötzleinsdorf. 


134 Reuss. 


h) Eryeinidea Desh. 


Erycina Lamk. 

l. ®E. ambigua Nyst. 

Hörnesl. e. II. pag. %51. Taf. 34, Fig. 7. 

Sehr selten aus dem Steinsalze ausgewaschen. Die Bestimmung 
ist jedoch nicht vollkommen sicher, da an den stets geschlossenen 
Klappen das Schloß nieht untersucht werden konnte. Die äußerlichen 
Merkmale stimmen vollkommen überein. 

Im Wiener Becken wurde die Species bisher nur selten bei 
Grund, Ritzing und im Sande von Pötzleinsdorf gefunden. 


2. E. austriaca Hörn. 

Hörnes. e. Il. pag. 252. Taf. 34, Fig. 8. 

Sehr selten im Steinsalze. Die sehr kleinen Schalen stimmen 
mit den größeren Wiener Exemplaren überein; nur tritt die Band- 
grube stärker hervor, so daß sie den Schloßrand überragt. 

Im Wiener Becken ist sie ebenfalls vorzugsweise in den Sand- 
schichten (Grund, Pötzleinsdorf u. a.) zu Hause. 


Spaniodon nov. gen. 

Im Salzthone und Steinsalze findet man eine kleine Muschel, 
die sich bei keiner der zahlreichen bisher aufgestellten Conchiferen- 
Gattungen unterbringen läßt. Am nächsten schließt sie sich an die 
Eryeiniden an, weicht aber doch von allen im Bereiche derselben 
unterschiedenen Sippen durch ihren Schloßbau wesentlich ab. Das 
beinahe mittelständige Schloß zeigt in beiden Klappen eine kleine 
dreieckige Grube zur Aufnahme eines inneren Bandes. Vor demselben 
liegt ein zusammengedrückter mäßig langer, dem Schloßrande parallel 
verlaufender Seitenzahn. In der rechten Klappe wird er vom Schloß- 
rande durch eine etwas weitere tiefe Grube, welche den Zahn der 
linken Klappe aufnimmt, geschieden, während an dieser zwischen dem 
Zahne und dem Schloßrande nur eine weit schmälere Fur:he liegt, 
die, sich noch verschmälernd, dann auf dem Klappenrande weiter ab- 
wärts fortsetzt. Der Zahn der rechten Klappe kömmt daher bei ge- 
sehloßenen Schalen an die innere Seite des Zahnes der linken Klappe 
zu liegen. Dieser wird dadurch gewöhnlich verdünnt, zuweilen be- 
trächtlich, ja selbst in solchem Maße, daß er in der Mitte entzwei- 


geschnitten erscheint. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 135 


Die beiden Muskeleindrücke sind ziemlich groß und gleich 
gestaltet, der Manteleindruck ohne Bucht. 


l. Sp. nitidus Rss. (Taf. 8, Fig. 3). 


Die größten der bei Wieliezka vorkommenden Schalen messen 
3 Millim. in der Höhe und sind beinahe durchgehends sehr dünn, 
glasig glänzend und durchscheinend. Das Gehäuse ist gleichklappig, 
nicht klaffend. Die Klappen sind beinahe gleich, rundlich-dreiseitig. 
Nur vor dem Wirbel, wo sie eine sehr seichte elliptische Lunula 
zeigen, sind sie schwach eingebogen. Der mittelständige kleine, 
etwas nach vorne übergebogene Winkel ragt über die Kreislinie des 
Umrisses vor. 

Die seichten Muskeleindrücke, so wie der Pallealeindruck, sind 
an der glänzenden Schale besonders jüngerer dünnschaliger Indivi- 
duen nur schwierig wahrzunehmen. Nur an einzelnen kreideweiß 
gewordenen Schalen erkennt man sie etwas deutlicher. Die Schalen- 
oberfläche ist glatt, blos mit gedrängten, sehr zarten ungleichen con- 
centrischen Anwachslinien bedeckt. 

Die Muschel findet sich nur selten und in sehr kleinen Exem- 
plaren sowohl im Steinsalze als auch im Salzthone. Der vorwiegende 
Theil derselben sind Jugendexemplare, an denen das Schloß nicht 
vollkommen ausgebildet erscheint. 

Das k. k. Hof-Mineraliencabinet bewahrt zahlreiche grössere 
Exemplare von Saucats und Merignac bei Bordeaux, so wie seltene 
von Szobb in Ungarn, von Kostej im Banat und von Bujtur in 
Siebenbürgen. Im Wiener Becken wurde die Species bisher nur im 
oberen Tegel von Grinzing spärlich nachgewiesen, und zwar durch 
Herrn Auinger, der sich um die Aufsammlung der kleinen Gastro- 
poden und Bivalven der österreichischen Tertiärschichten überhaupt 
sehr große Verdienste erworben hat. 

Derselbe Zweischaler wurde von Herrn Letocha in dem unter 
dem Leithakaike Ostgaliziens liegenden Sande von Holubica südlich 
von Brody ausgelesen und als zwischen Circe und Lutetia stehend 
betrachtet 1). Auch in einer lehmartigen Schichte bei dem ersten 
Hause von Holubiea kömmt er vor, welche, nach den enthaltenen 
Foraminiferen zu schließen, dem Leithakalke zu parallelisiren ist, 


1) Jahrb. d. geol. Reichsanstalt XV. 1865. pag. 280. 


136 Reuss. 


aber, wie die Beobaehtung lehrt, sich noch im Liegenden des vor- 
erwähnten Muschelsandes befindet. 


i) Solenomyadea Gray. 


Solenomya Lamk. 

1.° S. Doderleini May. 

Hörnesl. e. Il. pag. 257. Taf. 34, Fig. 10. 

Sie scheint nur sehr selten im Salzthon vorzukommen. Es 
wurde bisher ein einziges Exemplar von Herrn Markscheider Ott in 
Wieliezka aufgefunden und von Herrn Freiherrn v. Geramb an das 
k. k. Hof-Mineraliencabinet gefälligst eingesendet. 

Im Wiener Becken ist die Muschel ebenfalls sehr selten, und 
zwar im Tegel von Vöslau, bei Grußbach, Perchtoldsdorf u. s. w., 
häufig dagegen im Schlier von Ottnang. 


k) Tarditae Desh. 


Cardita Brug. 

1. €. scalaris Sow. 

Hörnesl. e. II. pag. 279. Taf. 36, Fig. 12. 

Sehr kleine Exemplare liefert das Steinsalz nicht selten. 

Im Wiener Becken ist die Species im Tegel des Leithakalkes 
häufig (Steinabrunn, Nikolsburg, Niederleis, Nußsdorf u. s. w.), doch 
findet sie sich auch im unteren und oberen Tegel (Baden, Möllersdorf, 
Soos, Grinzing u. s. w.), im Sande von Grund, Grußbach u. dgl. 


Astarte Sow. 
1. A. triangularis Mont. sp. 
Hörnesl. e. II. pag. 282. Taf. 37, Fig. 1 a—d. 
Ein sehr kleines abgeriebenes Exemplar und mehrere Fragmente 
mit erhaltenem Schlosse liegen aus dem Steinsalze vor. 
Diese noch lebend vorkommende Species findet sich häufig im 
Leithakalk von Steinabrunn. 


!) Ruceulidea d’Orb. 
Nucula Lamk. 


1. N. nucleus L. sp. 
Hörnesl. e. II. pag. 297. Taf. 38, Fig. 2 a—g. 


Sie ist eine der im Salzthone am häufigsten vorkommenden 
Species und in Folge der diekeren Schale zugleich am besten erhal- 
ten. Man findet Schalen in allen Altersstadien und nicht selten sind 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 137 


beide Klappen noch fest mit einander verbunden. Stets verlaufen 
sehr feine, entfernte radiale Streifen über die Oberfläche, welche von 
ungleichen Anwachsstreifen und überdies von dieht gedrängten sehr 
zarten und regelmäßigen eoncentrischen Linien durchkreuzt werden. 

Die in den heutigen gemäßigten Meeren noch häufig lebende 
Species ist im Sande von Grund, im Leithakalk von Steinabrunn; 
Nikolsburg, Gainfahrn, Niederleis u. s. w., im Sande von Pötz- 
leinsdorf u. s. w. sehr verbreitet. 


Leda Schum. 
1. 1. fragilis Chemn. sp. 
Hörnesl. ce. Il. pag. 307. Taf. 38, Fig. 8. 
Im Salzthon nicht selten. Im Wiener Becken ist sie im unteren 
und oberen Tegel und in den Tegelzwischenlagen des Leithakalkes 
weit verbreitet und lebt noch in den heutigen Meeren. 


m) Arcacea Lamk. 

Limopsis Sassi. 

1. L. anomala Eichw. 

Hörnesl. e, Il. pag. 312. Taf.39, Fig. 2, 3. 

Ein sehr kleines aber deutliches Jugendexemplar aus dem 
Steinsalz. Ganz junge Brut, welche ebenfalls hieher gehören dürfte, 
ist im Salzthon und Steinsalz keine seltene Erscheinung. 

Im Wiener Becken kömmt sie im Tegel und Leithakalk nicht 
selten vor. 


Arca L. 
l. A. sp. 


Aus dem Steinsalze liegen mehrere Bruchstücke junger Brut 
welche vielleicht der A. lactea L. angehören dürfte, vor. 


2. Monomyaria. 
n) Mytilacea Lamk. 

Mytilus L. 

«) Modiola Lamk. 

1. M. Hörnesi Rss. (Taf. 6, Fig. 2—4.) 

Diese Species wurde vom Herrn Direetor des Hof-Mineralien- 
cabinetes Dr. Hörnes wenngleich selten, doch vollkommen überein- 
stimmend auch bei Grund im Wiener Becken gefunden. Ich belege 
sie daher mit seinem Namen. Im Wieliezkaer Salzthon ist sie un- 


138 Reuss. 


zweifelhaft die häufigste aller Species, stellenweise zu Hunderten 
zusammengehäuft, aber wegen der ungemeinen Dünne der Schale 
meistens manniglach verbogen oder zerbrochen. Viel seltener wird 
die Muschel aus dem Steinsalz ausgewaschen und zwar stets in sehr 
kleinen Exemplaren. Dagegen sind die Schalen aus dem Salzthon 
fast durehgehends etwas größer als jene von Grund. Die größten 
Exemplare meßen 11-5 Millim. in der Höhe. Ebenso häufig und zu 
Hunderten dieht zusammengedrängt liegt sie in den mergeligen 
Kalken der gypsführenden Schichten von Kathrein in N. von Troppau, 
woher sie mir Herr Gymnasialprofessor Em. Urban mittheilte. 

Die Species ähnelt in der Form der Modiola phaseolina Phil.), 
deren Schloßrand jedoch gezähnelt ist. Ihr Umriß wechselt je nach 
dem verschiedenen Altersstadium beträchtlich. Kleine Exemplare 
sind etwas schief- eiförmig und wenig gewölbt. In der Mitte oder 
noch etwas vor derselben ist ihre Höhe am größten. Sie vermindert 
sich gegen das hintere Ende nur wenig, so daß dieses breitgerundet 
erscheint. 

Das vordere Ende der Schale ragt als ein sehr kleiner gerun- 
deter Lappen kaum über den kleinen spitzigen übergebogenen 
Wirbel vor. Diesem zunächst bildet der Schalenrücken einen stumpfen 
gerundeten Kiel, der aber nach rückwärts sich allmälig verflacht. 
Der vor diesem Kiele liegende Schalentheil ist kaum eingedrückt und 
daher erscheint der untere Schalenrand beinahe gerade, nicht ein- 
gebogen. Der kurze Schloßrand ist gerade und stößt mit dem 
Hinterrande in einem deutlichen, aber stark abgerundeten Winkel 
zusammen. 

Sehr abweichend in mancher Beziehung sind die größeren, mehr 
erwachsenen Individuen gebildet. Sie nehmen dann im Umriße eine 
große Ähnliehkeit mit M. subangulata Desh. ?) an. Die Schale 
wird im Verhältnisse zu ihrer Höhe etwas länger, was hauptsächlich 
dadurch hevorgebracht wird, daß bei unveränderter Bildung des 
hinteren Schalentheiles das vordere Ende in Gestalt eines zugerun- 
deten Lappens mehr über den Wirbel hervortritt. Zugleich nimmt 


[7 


1) Philippi enum. moll. Sieil. II. pag. 51. T. 15, Fig. 14. — Wood Crag moll. Il. 
pag. 59. T. 8, Fig. A. 

2) Deshayes deser. des anim. sans vert. decouv. dans le bass. de Paris. il. p. 25. 
T. 75, Fig. 21. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 139 


die Axe der Schale eine gegen die Schloßlinie mehr schräge Rich- 
tung an. Der Wirbel selbst wird breiter, erhebt sich in einen 
stärkeren vorwärtsgerichteten Kiel; der Schalenrücken steigt winklig 
zu höherer Wölbung empor und dieser Kiel läßt sich weiter gegen 
das hintere Schalenende verfolgen. Vor dem Kiele erscheint die 
Schale vom Wirbel bis gegen den unteren Rand seicht niedergedrückt 
und letzterer daher an dieser Stelle schwach eingebogen. Der Winkel 
zwischen dem kurzen geraden Schloßrande und dem Hinterrande 
rundet sich noch mehr ab und wird ganz undeutlich. Die dünne 
Schale ist auf ihrer Oberfläche nur mit sehr feinen und ungleichen 
Anwachslinien bedeckt. Der Schalenrand ist auf der Innenseite nicht 


gekerbt. 
o) Peetinidea Lamk. 


Pecten Brug. 
1. P. denudatus Rss. (Taf. 7, Fig. 1). 


Diese Species dürfte im Salzthone keineswegs selten sein, wird 
aber in Folge ihrer ungemeinen Zerbrechlichkeit nur in kleinen 
Bruchstücken gefunden, aus denen sich jedoch die gesamte Schale 
combiniren läßt, um so mehr, als es bisweilen gelingt, Abdrücke 
größerer Schalentheile aus dem Thone zu gewinnen. Hauptsächlich 
wird aber die Bestimmung dadurch erleichtert, daß dieselbe Species 
sich in sehr zahlreichen wohlerhaltenen Exempiaren im Schlier ven 
Ottnang wiederfindet. In den Tertiärschiehten des Wiener Beckens 
selbst ist sie bisher noch nicht beobachtet worden. 

Sie gehört in die Gruppe der dünnschaligen glatten Species, 
die auch auf der innern Schalenfläche keine Spur von Rippen wahr- 
nehmen lassen. Die Schale ist im Umriße sehr breit-eiförmig, 
beinahe kreisrund und sehr wenig gewölbt, verlängert sich jedoch 
öfter etwas. Am stärksten ist die Wölbung noch zunächst dem 
Wirbel. Der Sehalenrücken wird von den Ohren durch eine schmale, 
aber deutliche treppenlörmig abgesetzte Furche abgegrenzt. Die 
dadurch bezeichneten vorderen Seitenränder sind nur sehr wenig 
eingebogen, fast gerade und verhältnißmässig kurz. An einem 
29 Millim. hohen und 28 Millim. breiten Exemplare messen sie je 
14 Millim. in der Länge und stoßen mit dem übrigen Schalenrande, der 
einen ununterbrochenen Bogen bildet, in einem gerundeten, wenig 
stumpfen Winkel zusammen. 


140 Reuss, 


Der Wirbel selbst bildet einen rechten oder nur wenig stumpfen 
Winkel. 

Die Ohren sind verhältnißmässig klein, das rechte vordere ist 
in einen gerundeten Lappen vorgezogen und an der Basis mit einem 
seichten Byssusausschnitt versehen. Die Ohren der linken Klappe 
sind stumpfwinkelig, alle mit dem Seitenrande parallelen feinen 
ungleichen Anwachslinien versehen. Nach innen neben dem Flügel- 
absatze verläuft auf beiden Seiten des Wirbels eine seichte Depres- 
sion nach rückwärts, die aber noch vor der Mitte der Schalenhöhe 
verschwindet. 

Die Oberfläche der dünnen Schale ist glatt und nur mit feinen 
ungleichen Anwachslinien bedeckt. Nur bei starker Vergrößerung 
glaubt man auf dem äusseren Theile der Schale Spuren sehr zarter 
Radiallinien wahrzunehmen. Die Innenseite der Schale erscheint voll- 
kommen glatt. 

Sehr ähnlich ist P. Gerardi Nyst aus dem Crag von Suf- 
folk und Antwerpen. Aber die stets fast kreisföürmigen Exemplare 
entbehren der bei P. denudatus erwähnten seichten, zu beiden Sei- 
ten des Wirbels herablaufenden Depression und sind deutlicher und 
gleichmässiger coneentrisch gestreift. Überdies zeigen mir vorlie- 
gende Exemplare von Suffolk bei stärkerer Vergrößerung äusserst 
gedrängte und feine, aber deutlich erkennbare Radiallinien auf der 
ganzen Schalenoberfläche, welche dem P. denudatus fehlen. Auf 
dem rechten Ohre bemerkt man einige niedrige Radialrippchen, von 
denen bei P. denudatus nur Spuren an der Basis des Ohres wahr- 
zunehmen sind. Auf diese constanten Unterschiede gestützt, glaube 
ich die Wieliezkaer Species von P. Gerardi trennen zu müssen. 

Dagegen scheint sie mit einem unbenannten Pecten aus den 
Tertiärschichten von Zabrze in Oberschlesien,. welches das k. k. Hof- 
Mineralieneabinet Herrn Prof. F. Römer verdankt, vollkommen 
übereinzustimmen; jedoch ist der Erhaltungszustand des Letzteren 
nicht so vollständig, um die Identifieirung mit völliger Sicherheit vor- 
nehmen zu können. 


2. P. scabridus Eichw. (Taf. 6, Fig. 5—1.) 

Eichwald Leth. ross. II. pag. 63. pro parte. Taf. 8, Fig. 4-6. — 
Peeten Malvinae Dubois de Montpereux conchiliologie foss. des 
format. Wolh. Pod. pag. 71. Taf. 8, Fig. 3. — Pecten flavus Dub. d. 
Montper. |]. e. pag. 72. Taf. 8, Fig. 7. — Pecten Lilli Pusch Polens 
Paläontol pag. 40. Taf, 5, Fig. 5. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 44i 


Diese sehr veränderliche Species ist eine der im Salzthone am 
meisten verbreiteten Versteinerungen. Schon von Pusch wird sie 
als eharaeteristisch für denselben hervorgehoben, jedoch nicht genü- 
send beschrieben. Man findet sie in demselben gewöhnlich trupp- 
weise vereinigt. Ihr Umriß ist stets fast kreisförmig, indem Höhe 
und Länge einander beinahe gleichkommen. Die größten vorliegen- 
den Exemplare sind 26—28 Millim. hoch. Beide Klappen sind bei- 
nahe gleich gewölbt. Das hintere Ohr ist klein, fast rechtwinkelig, 
das vordere bedeutend größer, an der rechten Klappe an der Basis 
stark ausgeschnitten zum Durchgange des Byssus. Sämtliche 
Ohren zeigen entfernte flache Radialrippchen, die von gedrängten 
starken und ungleichen Anwachsstreifen durchsetzt werden. 

Die Seulpturverhältnisse des Schalenrückens zeigen auffallende 
Verschiedenheiten, so dass man die Extreme leicht für gesonderte 
Species zu halten geneigt sein könnte. Der Übergang zwischen den- 
selben wird aber durch zahlreiche Zwischenformen vermittelt. 

Bei manchen Exemplaren strahlen. unmittelbar vom Wirbel 
14—16 schmale niedrige, aber scharfe Rippen aus, die im weiteren 
Verlaufe sich nieht nur beträchtlich erhöhen und dicker werden, 
sondern auch in 2—4 (gewöhnlich in 3) Rippen spalten, die bald 
dicht an einander liegen, bald sich von einander mehr weniger ent- 
fernen, so dass dadurch schon dem flüchtigen Blicke auffallende 
Rippenbündel entstehen. In die ziemlich breiten Zwischenrinnen der- 
selben schieben sich aber überdies je 1—2, ja im untersten Theile 
der Schale bisweilen drei Zwischenrippen ein, welche an Höhe und 
Breite sehr wechseln, aber stets einfach bleiben. Über Rippen und 
Zwischenrinnen verlaufen mehr weniger gedrängt stehende concen- 
trische Streifen, welche in den letzteren sich stets etwas. lamellös 
erheben und auf dem Rücken der Rippen bald ebenfalls schuppig 
emporsteigen, bald wieder nur als erhabene Streifen schwach vor- 
ragen. In den Zwischenfurchen der Radialrippen beobachtet man über- 
dies noch sehr feine erhabene Längslinien, die im mittleren Schalen- 
theile den Rippen paralell verlaufen, auf den Seiten der Klappen aber 
eine mehr schräg auswärts gewendete Richtung annehmen. Ebenso 
vermag man zwischen den ungleichen queren Anwachsstreifen sehr 
gedrängte und zarte derselben Richtung folgende Linien zu erkennen. 

An anderen Exemplaren stehen die Rippen größtentheils in 
deutliche Büschel gruppirt, welche durch breitere Zwischenfurchen 


142 Reuss. 


gesondert werden. Diese Formen gehen allmälig in die früher 
beschriebenen über, indem die Radialrippen sieh immer mehr nähern 
und ihre Bündel daher weniger deutlich hervortreten. Über Rippen 
und Zwischenfurehen verlaufen in sehr kleinen, fast regelmässigen 
Abständen erhabene etwas blättrige Streifen. Auf den Seitentheilen 
der Klappen treten sie etwas deutlicher blättrig hervor. Von den 
Längsstreifen vermochte ich jedoch keine Spur zu entdecken, 

An der größten Zahl der vorliegenden Exemplare endlich verflacht 
sich der Rücken der Radialrippen und dieselben spalten sich erst in der 
zweiten Hälfte oder im untersten Drittheile der Schalenlänge büschel- 
förmig. Über Rippen und Zwischenfurchen verlaufen keine blättrigen 
Anwachsstreifen, sondern dicht gedrängte ungleiche Anwachslinien, 
bald mehr, bald weniger deutlich ausgesprochen. Radialstreifen feh- 
len selten gänzlich, bisweilen sind sie sehr scharf ausgeprägt. 

Die eben beschriebenen Schalen stimmen vollkommen mit man- 
chen der in den Neogenschichten Galiziens und Polens vorkommen- 
den Formen von P. scabridus Eichw., welche Eichwald in seiner 
Lethaea rossica Ill, pag. 63 ff. beschreibt und Taf. 4, Fig. 4 und 6 
abbildet. Ebenso sind sie offenbar mit Dubois de Montpereux’s 
P. Malvinae (]. e. Taf. 8, Fig. 2) und P. flavus (]. e. Taf. 8, Fig. 7) 
identisch. Ob die als Jugendform betrachteten und Taf. 8, Fig 3 abge- 
bildeten Exemplare mit einfachen, kaum eine Spur von Gabelung 
darbietenden Rippen wirklich hieher gehören, müßte erst die verglei- 
chende Untersuchung zahlreicher Exemplare entscheiden. 

In keinem Falle aber könnte, wenn die Abbildung treu ist, P, alter- 
nans Dub. mit abwechselnd diekeren und feineren Rippen wegen 
der sehr abweichend gebildeten Ohren damit verbunden werden. 
Ebenso wenig können die sehr abweichend gestalteten und verzierten 
P. gloria maris Dub. und P. serratus (Nilss.) Dub., fälschlich 
mit einer Kreidespecies identifieirt, nach Eiehwald’s Vorgange, in 
den Formenkreis von P. scabridus Eiehw. aufgenommen werden. 

Überhaupt hat Eichwald den Umfang seines P. scabridus viel 
zuweit gefaßt und es müssen nicht nur die früher namhaft gemachten 
Formen ausgeschieden werden, sondern auch die von Eichwaldl. e. 
Taf. 4, Fig. 5 abgebildeten Formen können darin ihren Platz nicht 
finden. Abgesehen von dem völlig abweichenden Umriß der Klappen und 
Ohren, passt die größere Zahl der Rippen nicht für eine Jugendform, 
da in diesem Falle ihre Zahl bei fortschreitendem Wachsthume sich 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 143 


verringern müßte, statt, wie gewöhnlich, zuzunehmen. Ich glaube 
daher P. scabridus Eichw. auf jene Formen von nahezu kreisrun- 
dem Umrisse, welche sich durch büschelförmig gruppirte Radialrip- 
pen und die schon früher bezeichneten Seulpturverhältnisse auszeich- 
nen, beschränken zu sollen. Sie bieten immer noch eine große 
Mannigfaltigkeit dar in Beziehung auf die Zahl der Rippen und ihre 
Anordnung zu Bündeln in bald mehr, bald weniger auffälliger Weise, 
so wie auf die Beschaffenheit der Anwachsstreifen, welche sich bald 
auf einfache erhabene Linien beschränken, bald zu schwach-lamel- 
lösen Erhöhungen sich ausbilden. 

Neuerlichst hat Herr Gymnasialprofessor Em. Urban in Troppau 
dieselbe Species von Kathrein in N. von Troppau mitgetheilt. wo sie 
in den Mergeln und Kalken der dortigen Gypsformation ziemlich 
häufig vorkömmt. 


3. P. Eichwaldi Rss. (Taf. 6, Fig. 8.) 

?P. scabridus Eichw. pro parte Leth. ross. III. Taf. 4, Fig. 6 (non 
Fig, 4, 5.) 

Eichwald faßt unter P. scabridus neben den characteristi- 
‘sehen Formen mit büschelförmig gruppirten Rippen auch solehe mit 
einzelnen gleichmäßigen Rippen zusammen, indem er letztere für 
Jugendformen ansieht. Dieser Anschauungsweise widerspricht schon 
der Umstand, dass einerseits an sehr kleinen offenbar jugendlichen 
Exemplaren des P. scabridus die bündelförmige Anordnung der Rip- 
pen sehon mehr weniger deutlich hervortritt, dass dagegen anderseits 
Schalen mit einzeln stehenden Rippen den Durchmesser der größten 
unzweifelhaft vollkommen erwachsenen Exemplare des typischen 
P.scabridus erreichen. Tech bin daher der Ansicht, die Formen mit ver- 
einzelten Rippen, welche auch noch andere Unterscheidungsmerkmale 
darbieten, von P. scabridus trennen und als gesonderte Species fest- 
halten zu müßen. 


Das am besten erhaltene vorliegende Exemplar ist 18 Millim. 
hoch und in seinem breitesten Theile, der fast gerade in die Mitte 
der Schalenhöhe fällt, ebenso breit. Über die Schale laufen 21—22 
gerade breite Radialrippen mit breitem flach gewölbtem Rücken, die 
durch schmälere tiefe Zwischenfurchen geschieden werden. Mit Aus- 
nahme der den Seitenrändern näher gelegenen sind sie gleich breit 


und hoch. 


144 Reuss. 


Rippen und Furchen werden von sehr zarten Anwachslinien 
durehsetzt, die zunächst dem unteren Schalenrande schwach blättrig 
werden. Von der Erhebung zu Schuppen, welche man an verschiede- 
nen Varietäten des P. scabridus beobachtet, ist hier keine Spur 
wahrzunehmen. Durch diese Glätte der Rippen und Zwischenfurchen 
unterscheidet sich unsere Species auch von P. scabrellus Lamk t). 

Die Ohren sind ungleich; das hintere sehr klein, fast recht- 
winkelig; das vordere viel größer, an der Basis etwas eingebogen. 
Nebst einigen sehr flachen radialen Rippchen tragen beide gedrängte 
zarte Anwachslinien. 

Ich habe die beschriebene Species nur sehr selten im Salzthone 
(zweite Gruppe, Horizont E) angetroffen. 


Spondylus L. 

Das Steinsalz hat ein Fragment einer kleinen Schale geliefert, 
an welchem die Gegenwart des Schlosses wohl die Gattung erken- 
nen lässt, ohne dass jedoch eine Bestimmung der Species möglich 
wäre. Offenbar hat es aber einer radialgerippten Species angehört. 


p) Ostreacea Lamk. 


Ostrea Lamk. 


1. 0. navicularis Brocchi. 

Bourguet mem. pour servir ä l’hist. nat. des petrifications Taf. 18, Fig. 
104. — Brocchi conchiliol. foss. subapenn. II. pag. 565. — Goldfuss 
petref. Germ. II. pag. 31. Taf. 86, Fig. 2. — Gryphaea navieularis 
Bronn Ital. Tertiärgeb. 1831. pag. 123. — Podopsis gryphaeoides 
Lamarck hist. des anim. s. vert. VI. pag. 195. 

Ein Exemplar im Salzthone theilte neuerlichst Herr Mark- 
scheider Ott in Wieliezka gefälligst mit. Die Species ist übrigens 
bekannt aus dem Tegel von Baden und Möllersdorf bei Wien, von 
Ödenburg in Ungarn, aus dem Leithakalk von Steinabrunn. 

Aus dem Steinsalz liegen einige höchstens 4 Millim. hohe 
Schalen junger Brut vor, die keine nähere Bestimmung gestatten. 
Sie sind flach, aussen eoncentrisch gestreift, mit innen gekerbtem 
Seitenrande. 

Aus dem Salzthone wurde ein einziges Exemplar von derselben 
Beschaffenheit, aber 15 Millim. hoch, ausgewaschen. 


1) Goldf. Petref. German. Il. pag. 62. T. 95, Fig. 5. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 145 


VE GASTEROPODEN. 
1. Pteropoda Cuv. 


Cleodora Per. et Les. 
| &) Creseis Rang. 

l. €l. spina Rss. (Taf. 6, Fig. 9.) 

Das Gehäuse ist sehr klein, lang und dünn conisch und ver- 
schmälert sich nach unten sehr langsam zur scharfen Spitze. Oben 
ist es abgestutzt und in seiner ganzen Weite geöffnet. Die scharf- 
randige Mündung kreisrund. Unterhalb der Mitte zeigen alle vor- 
liegenden Exemplare eine sehr seichte Einschnürung, unter welcher 
das Gehäuse sich wieder schwach verdickt, um sich dann erst zuzu- 
spitzen. Ungleiche zarte Anwachsringe bedecken die Oberfläche der 
Schale, wie man bei stärkerer Vergrößerung wahrnimmt. 

Die Species ähnelt am meisten der 01. acieula Rang t). Ob 
sie mit dieser in allen Meeren gemeinen Species identisch sei, muss 
ich wegen Mangels von Originalexemplaren der letzteren unentschie- 
den lassen. 

Die Spitze am Mündungsrande, welche bei Styliola Les. 
gewöhnlich vorhanden ist, fehlt bei unserer Species. Ob die oben 
bemerkte schwache Einschnürung der Schale mit dem Vorhandensein 
einer inneren Scheidewand in Verbindung stehe, wie selbe die Gat- 
tung Triptera Q. et G. ?) besitzt, konnte ich bei der geringen 
Anzahl der sehr kleinen Exemplare nieht mit Sicherheit entscheiden. 
Jedoch ist es wenig wahrscheinlich. 

2. Cl. subulata Q. G.? (Taf. 6, Fig. 10.) 

Rang et Souleyet hist. nat. des. moll. pterop. pag. 55. Taf. 6, Fig. 6. 

Die vorliegenden Exemplare sind nicht vollständig genug erhal- 
ten, um eine sichere Bestimmung zu gestatten. Die sehr kleinen 
Gehäuse sind dünn, conisch, unten scharf zugespitzt, im Querschnitte 
kreisrund. Die runde Mündung ist überall etwas beschädigt; sie ist 
jedoch schief und läßt Spuren eines in der Mitte der Oberlippe 
sitzenden spitzigen Zahnes wahrnehmen. Die Identität mit der in allen 
Meeren verbreiteten lebenden CI. subulata bleibt daher zweifelhaft. 


1) Rang et Souleyet hist. nat. des moll. pterop. pag. 56. Taf. 6, Fig. 5—7. 

2) Adams the gen. of rec. moll. I. pag. 53. Taf. 6, Fig. 6. — Rang et Soul e- 
yetl.c. Taf. 4; Taf. 14, Fig. 1—6. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 10 


146 Reuss. 


Spirialis Eyd. et Soul. 
l. Sp. valvatina Rss. (Taf. 6, Fig. 11.) 


Valvatina umbilicata Bornemann die mieroseop. Fauna des Septarienthones 
v. Hermsdorf. 1856. pag. 15, Taf. 1, Fig. 5. 

Diese kleine Species, welche nicht gar selten im Steinsalze vor- 
kömmt, wurde schon früher vor Bornemann auch im mitteloligoeänen 
Septarienthon von Hermsdorf aufgefunden und den Foraminiferen 
beigezählt. Ich habe sie seither in denselben Schichten an mehreren 
anderen Orten zu beobachten Gelegenheit gehabt. 

Das Gewinde der sehr dünnen linksgewundenen Schalen, die 
eine Länge von höchstens 1,3 Millim. erreichen, erhebt sich in 
schwacher stumpfer Wölbung nur wenig. An den größten Exempla- 
ren zählte ich nur vier Umgänge, jedoch war der Mündungsrand nir- 
gends vollständig. Die Windungen sind gerundet. Die Unterseite des 
Gehäuses ist von einem sehr engen Nabelloch durchbohrt; die Mün- 
dung halbrund, nach abwärts etwas ausgezogen. 

Von der ebenfalls im fossilen Zustande beobachteten Sp. ventri- 
cosa Soul. !) unterscheidet sie sich durch die viel weniger hohe 
letzte Windung und das noch weniger erhabene Gewinde. 

Ähnlieh ist auch Atlanta rotundata d’Orb. 2). Aber unsere 
Species besitzt vier (nicht drei) Windungen, deren letzte nicht so 
breit ist. Die Mündung ist höher, am untern Ende weniger gerundet. 
an der Spindelseite etwas mehr vorgezogen. In letzterer Beziehung 
stimmt sie mehr mit Atlanta trochidiformis dOrb. 3) überein. Von 
beiden weicht sie aber durch den engeren Nabel ab. Am meisten 
dürfte sie der Atl. Lesueurii d’Orb. *) verwandt sein. 

Limaeina hospes Rolle aus dem Oberoligocän von Sternberg 
dürfte von unserer Species kaum verschieden sein. (Sitzb. d. k. Akad. 
d. Wiss. Bd. 44. pag. 205. Taf. I, Fig. 1.) 


1) ’Orbigny voy. dans l’Amer. meridion. Mollusques pag. 175, Taf. 12, Fig. 
20 — 24. 

?) Souleyet revue zoolog. 1840, pag. 236. — Voyage de la Bonite II. pag. 216, 
Taf. 13, Fig. 11—16. — Rang et Souleyet hist. nat. des moll. pterop. pag. 
63, Taf. 14, Fig. 13—18. — Scaea stenogyra Philippi enum. moll. Siecil. Il. 
pag. 164, Taf. 25, Fig. 20. — Adams I. c. I. pag. 59, Taf. 7, Fig. A. 

3) ]. c. pag. 177, Taf. 12, Fig. 29—31. 

4) 1. c. pag. 177, Taf. 20, Fig. 12—15. 


PS 
a! 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. H 


9. Cirrhobranchiata Blainv. 
a) Dentalidea Gray. 


Dentalium L. 


1. D. tetragenum Brech. 
H örnesl].e. I. pag. 635. Taf. 50, Fig. 34. 


Sehr selten im Steinsalz und Salzthon. Im Tegel von Bäden bei 
Wien und von Lapugy in Siebenbürgen. | 


2. D. entalis L. 
Hörnesl.e.I. pag. 658. Taf. 50, Fig. 38. 
Sehr seltene Bruchstücke im Steinsalz. 
Verbreitet im Miocän und Plioeän und lebend. Im Wiener 
Becken wurde sie bisher nur im Tegel von Baden gefunden. 


2. D. ineurvum Ren. 
Hörnesl.e. I. pag. 659. Taf. 50, Fig. 39. 


Sehr selten, ein Exemplar aus dem Steinsalz, zwei aus dem 
Salzthon. Im Wiener Becken im Tegel von Baden, im Leithakalk 
von Nußdorf und Steinabrunn, besonders häufig an letztgenanntem 
Orte. Überdies lebend, plioeän, miocän, oberoligocän (Bünde, 
Freden). 

3. Tubulibranchiata Ouv. 
b) Turbispirata Desh. 


Serpulorbis Sassi. 

l. S. intortus Lam. sp. 

Vermetus intortus Lam. Hörnes]. e. I. pag. 484. Taf. 46, Fig. 16. 

Herr von Geramb sandte ein in rauchgrauem körnigem Stein- 
salze eingewachsenes Exemplar ein. Im Wiener Becken hauptsächlich 
in den Tegeln des Leithakalkes (Nußdorf, Nikolsburg, Gainfahren, 
Steinabrunn u. s. w.), im oberen Tegel von Grinzing, Rudelsdorf 
u. a. Überdies verbreitet im Mioeän und Pliocän und lebend in den 
jetzigen Meeren. 


Caecum Flem. 
l. €. glabrum Mont. sp. 

Wood a monograph of the Crag Mollusca I. pag. 117. Taf. 20, Fig. 6. — 
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 39, pag. 265. 
Selten im Steinsalz. Im Tegel von Rudelsdorf in Böhmen, im 


Crag von Sutton und lebend. 
10° 


148 Reuss. 


. &. trachea Mont. sp. 
Hörnesl.e. I. pag. 490. Taf. 46, Fig. 19. 
Selten im Steinsalz. Im Leithakalk von Steinabrunn, im oberen 
Tegel von Rudelsdorf. Überdies häufig pliocän und lebend. 


Pectinibranchiata Cuv. 
a) Missoidea Forb. etHan. 

Rissoa Freminv. 

«) Alvania Rissot). 

Das Steinsalz und der Salzthon von Wieliezka haben vier Arten 
von Alvania geliefert, von welchen zwei entschieden bekannten Arten 
angehören, die beiden anderen mit den schon bestehenden so wenig 
übereinstimmende Merkmale aufweisen, daß sie als neue Arten 
betrachtet werden müssen. | 

Die beiden bekannten Arten sind: Alvania Moulinsü d’Orb. 
und zetlandicaM ont. ; die beiden neuen erhalten dieNamen: A. Velis- 
censis und conica, 

Mit Ausnahme der A. Veliscensis sind von den übrigen Arten 
nur wenige wohlerhaltene Exemplare ausgeschlämmt worden und der 
größte Theil der ziemlich zahlreich gefundenen Individuen sind 
Jugendexemplare, welche noch so wenig in der Entwicklung fort- 
geschritten sind, daß die Bestimmung der Art, welcher sie angehören, 
völlig zweifelhaft bleibt. 

Ihre Schalen zeigen den Schmelz und den Glanz recenter Con- 
chilien, und wäre ihr fossiler Ursprung nieht mit Sicherheit bekannt, 
so würde man sie jedenfalls eher jetzt lebenden, als tertiären Mollus- 
ken zuschreiben. 


1. A. Moulinsii d’Orb. 

1838. Rissoa decussata Grateloup Conch. foss. in Aet. Linn. Vol. X. pag. 
204. Taf. 5, Fig. 49. — 1840. R. decussata Grat. atlas eonch. foss. 
de l’Adour Taf. 4, Fig. 49 „var. c“. — 1852. R. Moulinsü d“Orbigny 
prodr. de pal. strat. II. pag. 28, nro. 365. — 1856. Z. Moulinsüu Hör- 
nesl. ce. I. pag. 570. Taf. 48, Fig. 14. 


1) Herr Schwartz v. Mohrenstern, der Verfasser der schönen Monographien von 
kissoina und Rissoa hat die Gefälligkeit gehabt, die Bestimmung und Beschreibung 
der Arten zu übernehmen. Ich lasse daher seine Mittheilungen unverändert folgen. 


Auch die Abbildungen der zwei neuen Arten verdanke ich seiner Güte. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 149 


Im Steinsalz und Salzthon. Überdies in den Tertiärablagerungen 
von Bordeaux, Merignac, Lapugy, Buitur, Baden, Niederleis, Steina- 
brunn. 

Diese Art ist zwar in zahlreichen Jugendexemplaren, aber lei- 
der nieht in vollkommen ausgewachsenem Zustande aufgefunden wor- 
den. Aus der Vergleichung mit Jugendexemplaren von verschiedenen 
anderen Localitäten stellt sich jedoch die Identität mit ziemlicher 
Sicherheit heraus. 


2. A. zetlandica Mont. sp. - 

? 1811 Turbo zetlandicus Adams trans. Linn. Soe. Vol. XI. pag. 194. Taf. 
13, Fig. 3. — ?1827. Cyelostrema zetlandieus Fleming brit. anim. 
pag. 312. — 1842. Rissoa zetlandica S. Wood Catal. — 1843. Morris 
Catal. of. brit. foss. pag. 161. — 1843. Rissoa cyclostomata Reeluz 
rev. zool. Cuvier Soc. pag. 104. — 1844.? Cyclostrema zetlandica 
Thorpe brit. mar. conch. pag. 158. — 1844. Cingula scalariformis 
Metealfe brit. mar. eonch. pag. 42. Fig. 89. — 1844. Rissoa zetlandica 
Brown Ill. eoneh. of. Gr. Brit. pag. 11. Taf. 9, Fig. 79. — 1848. 
Rissoa zetlandica Wood Paleont. Soe. pag. 101. Taf. 11. Fig. 7. — 
1853. Rissoa zetlandica Forbes and Hanley brit. moll. TUI. pag. 78. 
Taf. 80, Fig. 1, 2. — 1854. R. zetlandica Morris Catal. of. brit. foss. 
2d edit. pag. 277. — 1856. R. zetlandica Hörnes |. e. I. pag. 566. 
Taf. 48, Fig. 11. 

Im Salzthon von Wieliezka. Recent an den Küsten von Eng- 
land und Schottland, im Kattegat und an der Westküste von Frank- 
reich. Fossil bei Pontlevoi, im Tegel von Lapugy, im Leithakalk von 
Steinabrunn und nach Wood im Crag von Sutton. 

Diese Art ist leicht an der untersten Spiralfurche der letzten 
Windung zu erkennen, weiche, bedeutend erweitert und ausgehöhlt, 
halsbandartig die Mündung umgibt. 


3. A. Veliscensis v. Schwtz. (Taf. 7, Fig. 2.) 


Testa tenui, ovato - elongata, apice parum obtusa; sutura 
profunde depressa; anfractibus quinqgue Convewissimis, primis 
duwobus embryonalibus laevibus, ceteris per costas longitudinales et 
Fransversas anguste et acriter clathratis ; costis longitudinalibus 
in anfractu ultimo 26—28, subobliguis, ad partem anticam obso- 
letis; strüs spiralibus elevatis 9; apertura ovali, angulo superiore 
rotundato, labro inferne producto, extus per varicem eingulis 
excurrentibus ornatum incrassato, intus laevi; labio anguste refle- 
xo, fissuram umbilicalem parvam operiente. 


150 Reuss. 


Schale dünn, oval, verlängert, mit conischem nicht sehr zuge- 
spitztem Gewinde, welches —5 sehr bauchige Windungen trägt, die 
durch eine tief eingedrückte Nath getrennt werden. Die beiden ersten 
Windungen sind glatt, die übrigen fein, aber sehr scharf gegittert. 
Auf der letzten Windung zählt man 26—28 beinahe gerade stehende 
Längsrippen, welche bis über die Hälfte der Windung herabreichen. 
Sie bilden mit den ersten 4—9 erhabenen Spiralstreifen ein regel- 
mässiges Gitter, dessen Kreuzungsstellen als feine Knötchen erschei- 
nen. Diese gitterförmige Seulptur ist im oberen Theile der Windung 
am schärfsten und verliert sich nach unten zu allmälig. Auf der 
unteren Hälfte der sehr gerundeten letzten Windung sind die Spiral- 
linien einfach und werden durch keine Längsfalten gekreuzt. 

Die Mündung ist oval, geradestehend, im oberen Winkel zuge- 
rundet, innen glatt, ohne Zähne. Der äußere Mundsaum ist etwas 
geschweift und vorgeneigt und trägt aussen einen scharf begrenzten 
Wulst, auf welchem die auslaufenden Enden der Spirallinien noch 
deutlich sichtbar sind. Die Spindellippe steht gerade, ist wenig, aber 
gleichförmig umgeschlagen und bedeckt theilweise einen durch den 
letzten scharfen Spiralstreifen gebildeten Nabelritz. 

Höhe: 3 Millim.; Breite: 1:6 Millim. 

Diese Art ist in mehreren schönen vollkommen ausgebildeten 
Exemplaren aufgefunden worden, weiche ganz das Aussehen recenter 
Conchylien besitzen. Sie sind noch durchscheinend und zeigen den 
eigenthümlichen Glanz und Schmelz, wie jene. 

Die Species läßt sich mit keiner der bisher bekannten sowohl 
fossilen als lebenden Alvanien verbinden und bildet daher eine neue 
Art, welche an der vollkommen ovalen Mündung, den sehr gerundeten 
Windungen und der feinen aber scharfen Gitterung leicht von den 
übrigen Alvanien zu unterscheiden ist. 


4. A. conica v. Schwtz. (Taf. 7, Fig. 3.) 


Testa parva, solida, ovato-conica; spira turbinata, brevi, 
acuta; sutura fiiformi anguste excavata; anfractibus quatuor 
modice convewxis, primis duobus embryonalibus laevibus, caeteris 
leviter costatis, costis ad mediam partem evanescentibus, in infera 
nullis; strüs spiralibus 10, tenuibus, versus basin prominentibus; 
apertura parum obliqua, ovata, angulo superiore obtusato; labro 
untice resupinato, extus varice laevi incrassato, Intus luevt. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 151 


Schale klein, ziemlich stark, eiförmig-conisch, mit kreiselförmi- 
gem schnell abnehmendem zugespitztem Gewinde und fein aus- 
gehöhlter fadenartiger Nath. Sie besteht aus vier gewölbten Win- 
dungen, von welchen die beiden ersten glatt, die anderen schwach 
längsgerippt und undeutlich spiral gestreift sind. Die letzte Windung, 
welche 16—18 flache fast geradstehende Längsfalten trägt, ist im 
Verhältnisse zu den übrigen Windungen sehr groß, denn sie beträgt 
mehr als die Hälfte der ganzen Schalenlänge. Sie ist nur an der 
oberen Hälfte mit Längsfalten versehen, zwischen welchen zarte 
Spiralstreifen sichtbar sind. An der unteren Hälfte sind nur entfernte 
Spiralstreifen sichtbar. Diese letzten, deren man zehn auf der unteren 
Windung zählt, stehen oben zwischen den Rippen am dichtesten und 
erweitern ihre Zwischenräume in dem Maße, als sie tiefer nach 
unten stehen. Die Mündung ist eiförmig, etwas gegen die Spindel 
geneigt, im oberen Winkel etwas zugerundet, gegen den äußersten 
Rand etwas erweitert und innen glatt. Die äußere Lippe ist unten 
etwas zurücktretend und außen durch einen glatten Wulst verdickt. 
Die Innenlippe schmal umgeschlagen, fest an der Spindelwand an- 
liegend. 

Die Schale mißßtt nur 2 Millim. in der Höhe auf 12 Millim. 
Breite. 

Obgleich diese Art in der Gestalt manche Ähnlichkeit mit anderen 
Alvanien besitzt, so kann sie doch keiner der bekannten Arten zuge- 
wiesen werden, da sie, wenngleich sehr klein, doch alle Merkmale 
einer vollkommen ausgewachsenen Schnecke an sich trägt und daher 
sieh kaum erwarten läßt, daß sie bei weiter fortschreitender Ent- 
wickelung zu einer der schon bestehenden Arten auswachsen dürfte. 
Wäre die Innenseite der Aussenlippe gezähnt, so käme sie offenbar 
in die Nähe der Alv. Moulinsi d’Orb. zu stehen oder könnte als 
eine Abart derselben betrachtet werden. Mit der glatten Mündung 
hat sie aber bis jetzt noch keine ähnlichen Stammesgenossen, denen 
man sie zugesellen könnte. Man sieht sich daher genöthigt, sie für 
eine neue Species anzuerkennen. 


Skenea Flem. 
l. Sk. simplex Rss. (Taf. 8, Fig. 2). 


Das äußerst kleine Gehäuse ist tellerförmig niedergedrückt, 
einer Planorbis-Schale ähnlich. Auf der flachen, in der Mitte schwach 


152 Reuss. 


vertieften Spivalseite erkennt man drei gerundete, durch tiefe Furchen 
gesonderte schmale Umgänge. Ihr Rücken ist gerundet, ohne jeden 
Kiel und dadureh unterscheidet sich die Art hauptsächlich von der 
sehon früher von mir beschriebenen Sk. carinella Rss. aus dem 
mioeänen Tegel von Rudelsdorf 1). 

Die Unterseite der Schale bietet einen tiefen Nabel dar. Die 
Mündung jist rund, nur nach innen durch den anliegenden vorletzten 
Umgang wenig modifieirt. Der Mundsaum einfach, zusammenhängend, 
die Schalenoberfläche mit zarten ungleichen Anwachsstreifen bedeckt. 

Sehr selten im Steinsalze. 


b) Peristomia Lamk. 

Bithynia Gray. 

Ich folge hier dem Vorgange von Deshayes, welcher, den 
untergeordneten Werth des concentrischen und spiralen Baues des 
Deckels bei gleicher Organisation des Thieres erkennend und sich 
besonders auf das combinirte Vorkommen beider Structurarten 
stützend, Hydrobia, Ammicola, Nematura u. a. wieder in der 
Gattung Bithynia zusammenfaßt. Ich schlage diesen Weg um so 
lieber ein, als bei den fossilen Arten gewöhnlich das wesentliche 
Unterscheidungsmerkmal, der Deckel, nicht zu Gebote steht. Dieser 
Umstand macht oft selbst die Unterscheidung der mit kalkigem Deckel 
versehenen Bithynien von den hornig-deckeligen Paludinen sehr 
mißlich. 


1. B. Frauenfeldi Hörn. sp. 

Rissoa elongata Eichw. Leth. ross. III. pag. 272. Taf. 10, Fig. 15. (non 
Philippi.) — Paludina Frauenfeldi Hörnes ]. c. pag. 582. Taf. 47, 

Fig. 18. 
Die Exemplare aus dem Steinsalze stimmen mit jenen aus dem 
Wiener Becken überein. Ich vermag wenigstens keinen irgend be- 
deutenderen Untersebied aufzufinden. Die Species ist der B. pusilla 
Desh.) ähnlich, unterscheidet sieh aber von ihr durch das sich 
regelmäßiger zuspitzende Gewinde, den breiteren letzten Umgang, 


1) Reuss ind. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 39, pag. 266. Taf. 5, 
Fig. 10. 

?) Deshayes deser. des anim. sans vertebr. decouy. dans le bass. tert. de Paris, I. 
pag. 512. — Paludina pusilla Bast. Deshayes coq. foss. des env. de Paris Il. pag. 
134. Taf. 16, Fig. 3, A. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 153 


die breitere Mündung und den viel stärkeren Umschlag des Spindel- 
randes derselben, welcher den Nabel theilweise verdeckt. Im Wiener 
Becken liegt die Species vorzugsweise in den oberen Cerithien- 
schiehten (Nußdorf, Sechshaus, Hauskirchen u. s. w.), im Tegel von 
Rudelsdorf, im Sand von Pötzleinsdorf u. a. 


2. B. eurta Rss. (Taf. 8, Fig. 1). 

Die im Salzthone, besonders aber im Steinsalze nicht selten vor- 
kommende Species stimmt im Umrisse sehr mit B. helicella A. Br. ') 
überein, ohne jedoch damit identisch zu sein. Auch mit Paludina 
Partschi Frauenf. ?) verräth sie große Analogie. 

Die Schale ist kurz und bauchig kreiselförmig, mit stumpfem 
Gewinde, das aus vier gewölbten, durch tiefe Näthe gesonderten 
Umgängen besteht, von denen der letzte bauchige die Hälfte des 
ganzen Gewindes einnimmt. Die Mündung ist beinahe rund, nur 
wenig durch die anliegende vorletzte Mündung modifieirt. Der Mund- 
saum zusammenhängend, im äußeren Theile ziemlich stark verdickt, 
im inneren einen sehr schmalen Umschlag bildend. Auf der Innen- 
seite des Mundsaumes ausgewachsener Exemplare beobachtet man 
einen verdickten Ring, der dem Deckel, dessen Beschaffenheit jedoch 
unbekannt ist, ohne Zweifel zum Stützpunkte diente. Es ist nur ein 
sehr schwacher Nabelritz vorhanden. Die Schalenoberfläche zeigt 
dem bewaffneten Auge schwache ungleiche Anwachsstreifen. 

Die größten Exemplare messen etwa 2 Millim. in der Höhe bei 
1-25 Millim. Breite. | 

B. Partschi Frfld. sp. weicht davon ab durch die noch mehr 
kugelige Gestalt, den weiteren Nabel und den nicht verdiekten Mund- 
saum, so wie überhaupt durch die dünnere Schale. 


3. B. immutata Frfld. sp. 
Paludina immutata Frfld. inHörnesl.e.I. pag. 587. Taf. 47, Fig. 23. — 
Paludina pusilla Eichw. Leth. ross. III. pag. 283. Taf. 10, Fig. 33. 
(non Brongn. et Bast.) — Amnicola immutata Frauenfeld in d. 
Verhdlgen d. k. k. zool. bot. Ges. in Wien. 1864. XIV. pag. 615. 
Selten im Steinsalz. Im Wiener Becken im brakischen Tegel 
des Raaber Bahnhofes und von Mauer. Von Eichwald wird sie 


1) Deshayes deser. des anim. s. vert. decouv. dans le bass. tert. de Paris Il. pag. 
498. Taf. 33, Fig. 34—36. 
?) Hörnesi. ce. I. pag. 588. Taf. 47, Fig. 2A. 


154 Reuss. 


lebend an den Küsten des schwarzen und easpischen Meeres und in 
salzigen Tümpeln der Umgegend von Odessa angegeben. 


ß) Nematura Benson. 


4. B. Schwartzi Frfld. sp. 

Paludina Schwartzi Frauenfeld In Hörnes |. e. I. pag. 589. Taf. 47, 
Fig. 25. — Nematura Schwartzi Frauenfeld in d. Verhdlg. der k. k. 
zool.-bot. Ges. in Wien 1864. XIV. pag. 645. 

Ein sehr schön erhaltenes Exemplar, durch Schlämmen des 
Spizasalzes gewonnen, wurde von Herrn k. k. Markscheider Ott ein- 
gesendet. 

Im Wiener Becken ist sie bisher nur im Tegel von Vöslau auf- 
gefunden worden. 


c) Pyramidellidae Desh. 


Eulima Risso. 
1. E. filigera Rss. (Taf. 1, Fig. 4). 


Die sehr kleine Species, von welcher mir leider nur ein nicht 
ganz vollständiges Exemplar aus dem Salzthon vorliegt, weicht etwas 
von den typischen Arten der Gattung ab. Das glänzend glatte, spitzige, 
nach abwärts aber sich ziemlich rasch verdickende und daher im 
Verhältniß zur Länge ziemlich dicke Gehäuse besitzt acht Umgänge, 
die etwas gewölbt sind. Sie liegen deshalb nicht durchaus in einer 
Ebene, sondern werden durch etwas mehr als gewöhnlich einge- 
drückte Näthe von einander gesondert. Über die letzten zwei Um- 
gänge verläuft etwa am unteren Ende ihres obersten Drittheiles ein 
sehr feiner fadenförmiger Spiralkiel, gleich einem aufgelegten Faden. 
Auf dem letzten Umgange bemerkt man einige schwache gebogene 
Mundwülste, wie sie bei Zulöma-Arten häufig vorkommen. 

Die Mündung ist klein, eiförmig, unten gerundet, oben zuge- 
spitzt. Der äußere Mundsaum ist an dem vorliegenden Exemplare 
verbrochen. Da sich aber hart daneben ein Mundwulst befindet, so 
überzeugt man sich leicht, daß der Mundsaum in der Mitte etwas 
bogenförmig vorgezogen ist, wenn auch nicht in so hohem Grade, 
wie dies bei manchen anderen Eulima-Arten Statt findet. 

Der innere Mundsaum ist sehr schmal; die kurze gerade Spindel 
geht in regelmäßiger Biegung in den untern Rand der Mündung 
über. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 155 


Odontostoma Flem. 
l. 0. plicatum Mont. sp. 
Hörnesl. e. I. pag. 496. Taf. 43, Fig. 26. 

Selten im Steinsalz, so wie im Salzthone, aus welchem nur un- 
ausgebildete Jugendexemplare vorliegen. 

Im Tegel von Baden, im Leithakalk von Nußdorf und Steina- 
brunn. Bei Castellarquato, im englischen Crag, im Oberoligocän von 
Freden und Luithorst, endlich noch lebend in den jetzigen Meeren. 


Turbenilla Risso. 

Ich nehme diese Gattung hier in dem schärfer begrenzten Um- 
fange, welchen Deshayes !) derselben zuletzt gegeben hat. Sie 
umfaßt alle Arten mit spitzigem thurmförmigem Gehäuse, zahlreichen 
Umgängen, deren letzter selbst nur eine geringe Höhe erreicht, mit 
linksgewundenem embryonärem Nucleus, kleiner ovaler etwas vier- 
seitiger Mündung, unterbrochenem Mundsaum und gerader Spindel, 
die durch ihre Drehung eine mehr weniger deutliche schräge Falte 
hervorbringt. In diesem Sinne genommen umschließt sie eine nicht 
geringe Anzahl der zu Chemnitzia d’Orb. gezählten Arten. Diese 
Gattung, welche in der ursprünglichen Bedeutung gänzlich mit Tur- 
bonilla zusammenfällt, ist in der späteren Umstaltung völlig unhaltbar, 
indem sie sehr verschiedenartige Elemente, ja selbst eine große An- 
zahl von Arten enthält, die wegen des Mangels des embryonären 
Nucleus gar nicht zu der Familie der Pyramidellideen gerechnet 
werden können. Es ist daher am gerathensten, dieselbe mit Des- 
hayes ganz zu verlassen und in ihre Elemente aufzulösen. Die 
Arten mit Nucleus und mehr weniger deutlicher Spindelfalte müssen 
in den Bereich der Gattung Turbonilla gezogen werden. Diese bietet 
demnach eine weite Formenreihe dar von der in hohem Grade ent- 
wickelten Spindelfalte an bis zum beinahe völligen Verschwinden 
derselben und schließt sich durch zahlreiche Mittelformen einerseits 
an Odontostoma Flem. und Pyramidella Lamk., anderseits an die 
faltenlose Aciculina Desh. an. 

Die zahlreichen fossilen Turbonilla-Arten lassen sich am ein- 
fachsten nach der Beschaffenheit ihrer Sceulptur in zwei Gruppen 
sondern, deren eine die Arten mit längsgefalteter, die andere jene 
mit glatter ungerippter Schale umfaßt. 


1) Deser. des anim. s. vert. desouv. dans le bass. tert. de Paris II. pag. 563. 


156 k Reuss. 


&) Mit gefalteter Schale. 
l. T. graeilis Breeh. sp. 
Hörnesl.e. I. pag. 498. Taf. 43, Fig. 28. 

Nebst sehr seltenen Bruchstücken liegt auch ein vollständiges 
sehr schlankes Jugendexemplar aus dem Salzthone vor. 

Die T. (Chemnitzia) Reussi Hörn. sp. ist sehr ähnlich, unter- 
scheidet sich aber durch das sich rascher verdiekende Gehäuse, den 
Nabelritz, die ganz geraden Rippen, die verschwindend kleine Spindel- 
falte und die weniger gerade Columella. 

T. graeilis findet sich im Wiener Becken im Tegel von Baden 
und Jaromerie, im Leithakalk von Nußdorf und Steinabrunn, im Sande 
von Grund, so wie in jenem von Pötzleinsdorf. 


2. T. turricula Eichw. sp. 
Hörnesll.e. I. pag. 501. Taf. 43, Fig. 31. | 

Sehr seltene Bruchstücke kleiner Exemplare aus dem Steinsalze, 
welche die characteristischen drei bis vier Spiralstreifen an der Basis 
der Umgänge nicht darbieten. Jedoch fehlen diese auch an den 
Schalen von Grinzing und Niederleis. Von 7. pusilla Phil. unter- 
scheidet sich die Species leicht durch den Mangel der an der Basis 
der Umgänge hart an der Natlı liegenden Einschnürung. Die Um- 
gänge schließen dicht aneinander. 

Im Wiener Becken, im Leithakalk von Steinabrunn und Nieder- 
leis, im oberen Tegel von Grinzing, im Sande von Immendorf. 


3. T. pusilla Phil. sp. 

Hörnesl. ce. I. pag. 500. Taf. 43, Fig. 30. 

Von dieser Species hat der Salzthon zahlreiche, das Steinsalz 
seltenere Schalen kleiner Exemplare, so wie Bruchstücke derselben 
geliefert. Sie unterscheiden sich theilweise etwas von den typischen 
Exemplaren aus dem Tegel von Baden und aus dem Leithakalk von 
Steinabrunn und Enzesfeld. Die Zahl der Längsrippchen ist bedeu- 
tend größer, diese selbst sind feiner. Auf der letzten Windung ver- 
wischen sie sich nicht selten ganz, so dal die Schale daselbst nur 
gestreift erscheint. 

Die Mündung ist oft eiwas breiter und oben weniger zugespitzt, 
der Nabelritz bisweilen deutlicher ausgesprochen. Aber diese Kenn- 
zeichen variiren selbst wieder. Bei Vergleichung zahlreicher Exem- 
plare von 7. pusilla von den verschiedensten Fundorten habe ich 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 157 


ebenfalls einzelne beobachtet, deren letzter Umgang mit viel zahl- 
reicheren und feineren Rippen besetzt war. Bei der Übereinstimmung 
aller wesentlicher Kennzeichen kann man jedoch solche Formen nur 
für Varietäten ansehen. 


Anfänglich glaubte ich auch darin eine Verschiedenheit der 
Wieliezkaer Exemplare zu erblieken, dafs dieselben, unter dem Mikro- 
skope betrachtet, sehr zarte Querlinien auf den Rippchen und in 
deren Zwichenrinnen wahrnehmen lassen. Bei genauer Untersuchung 
beobachtete ich aber auch in den Zwischenfurchen von Exemplaren 
des Wiener Beckens Spuren dieser Sculptur. 


4. T. pygmaea Grat. sp. 
Hörnesl.c.I. pag. 502. Taf. 43, Fig. 32. 
Sehr seltene kleine Jugendexemplare mit 19 — el aaa 
Der Salzthon hat auch ein vollkommen ausgewachsenes Exemplar 
mit 19 Rippen geliefert. Im Wiener Becken wurde sie nur selten im 
Tegel von Baden und im Tegel des Leithakalkes von Steinabrunn 
gefunden. 


9. T. brevis Rss. (Taf. 7, Fig. 9). 


Diese kleine Species, die nicht gar selten im Salzthone von 
Wieliezka vorkömmt, weicht von den typischen Turbonilla-Arten 
weit ab, steht aber doch in manchen Beziehungen der 7. pygmaea 
Grat. sp. sehr nahe. Sie damit zu vereinigen, gestatten aber manche 
unterscheidende Merkmale nicht. Vor Allem ist sie nie so langgestreckt, 
immer viel kürzer, als 7. pygmaea, nicht gleich dieser zweimal so 
hoch als dick. Nebst den sehr kleinen glatten Embryonalwindungen, 
die sich ganz so verhalten, wie bei der Grateloup schen Species, 
zählt man stets nur drei jüngere Umgänge, deren letzter beträchtlich 
höher ist, als die übrigen zusammengenommen. Alle sind gewölbt, 
durch tiefe Näthe gesondert und zeigen an der Basis den für 7. pyg- 
maea eharacteristischen treppenförmigen Absatz. 


Die Mündung ist ebenfalls sehr analog gebaut, etwas schief- 
eiförmig, unten gerundet, oben verschmälert. Der dünne äußere 
Mundsaum ist bogenförmig. Die ebenfalls dünne und etwas gebogene 
Spindel bildet einen schmalen losgelösten Umschlag, so daß der 
Mundsaum oftmals zusammenhängend erscheint, wie dies aber auch 
manche Schalen von T. pygmaea darbieten. Im oberen Theile trägt 


158 Reuss. 


die Spindel eine schwach angedeutete schräge Falte, viel schwächer 
als bei der mehrfach genannten Grateloup schen Species. 

Die Oberfläche der Schale ist mit scharfen feinen Längsrippchen 
bedeckt, die am oberen Rande der Umgänge in Gestalt spitziger 
Höcker vorragen. Sie sind viel zahlreicher als bei 7. pygmaea 
(25 — 26, bei letzterer nur 14— 15) und zugleich feiner. Sie wer- 
den von regelmäßigen zarten Querfurchen durchkreuzt, die beson- 
ders deutlich in den Zwischenfurchen der Rippen auftreten. 


6. T. impressa Rss. (Taf. 7, Fig. 8). 


Das aus acht bis neun Umgängen bestehende glänzend glatte 
Gehäuse ist sehr schlank. Die glatten Embryonalwindungen bilden 
einen stark entwickelten helmförmigen Nucleus. Die übrigen Win- 
dungen, deren Höhe etwa zwei Drittheile der Breite beträgt, sind 
gewölbt und durch tief eingedrückte Näthe gesondert. Jede trägt 
12—14 sehr wenig gebogene Längsfältchen, die aber nur im oberen 
Theile schärfer hervortreten, nach abwärts sich verflachen und ge- 
wöhnlich schon oberhalb der nächst unteren Nath beinahe ganz ver- 
schwinden. Von Querlinien ist selbst unter dem Mikroskope keine 
Spur zu entdecken. An den älteren Umgängen, welche zunächst auf 
die Embryonalwindungen folgen, sind die Falten am stärksten aus- 
gesprochen. Auf den letzten Umgängen verflachen sie sich und ver- 
schwinden auf dem letzten Umgange oft beinahe ganz, indem sie in 
sehr ungleiche Anwachsstreifen übergehen. 

Die kleine Mündung ist eiförmig-vierseitig, unten zugerundet, 
mit beinahe parallelen Seitenrändern. Die Spindel gerade, mit einer 
schwachen Spur einer gedrehten Falte. 

Am nächsten verwandt ist T. minima Hörn. sp. 1), welche aber 
ein weit kleineres, dünneres pfriemenförmiges Gehäuse und einen 
verhältnißmäßig viel höheren letzten Umgang besitzt. Auch ist die 
Oberfläche ihrer Schale großentheils ganz glatt oder läßt nur Spuren 
von Fältehen wahrnehmen. Bei starker Vergrößerung sieht man sehr 
feine Spirallinien die feinen unregelmäßigen Anwachsstreifen durch- 
kreuzen. 

Selten im Steinsalz und Salzthon. 


1) Chemnitzia minimo Hörnesl. e. I. pag. 542. Taf. 43, Fig. 22. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 59 


ß) Mit glatter ungerippter Schale. 
7. T. subumbilicata Grat. sp. 
Hörnes |. e. I. pag. 500. Taf. 43, Fig. 29. — Eulima (Melania) acicula 
Philippi enum. moll. Sieil. I. pag. 158, Taf. 9, Fig. 6; II. pag. 135. 
Meistens sehr kleine Exemplare kommen nicht gar selten im 
Steinsalz vor. 
Im Wiener Becken findet man die Species nur selten im Tegel 
von Baden, im Leithakalke von Steinabrunn, Nußdorf, Enzesfeld. 


8. T. obseura Rss. (Taf. 7, Fig. 5— 7). 

Mir liegen von dieser Species ziemlich zahlreiche aus dem Salz- 
thone ausgewaschene Fragmente vor, die sich wechselseitig ergänzen 
und daher ein vollständiges Bild der Schale zu entwerfen gestatten. 
Längere Zeit war ich geneigt, die Species mit 7. subumbilicata 
Grat. sp. zu vereinigen; die genauere Untersuchung hat aber 
mancherlei Unterschiede kennen gelehrt. 

Die Zahl der Umgänge des nur sehr langsam an Dicke zuneh- 
menden Gehäuses muß bedeutend sein, denn ich fand Fragmente, an 
denen ich trotz dem Mangel des oberen und unteren Endes doch 
sieben Windungen zählte. Diese sind nicht flach, sondern ziemlich 
stark gewölbt, durch breite und tiefe Näthe geschieden, etwa zwei 
Drittel so hoch als breit. Sie schließen daher nicht, gleich wie bei 
T. subumbilicata, dicht aneinander. Die Mündung ist eiförmig-vier- 
seitig mit parallelen Seitenrändern. Der äußere Mundsaum scharf, 
der innere kaum umgeschlagen und daher keinen Nabelritz bildend. 
Die Spindel gerade, sehr schwach gedreht, nur eine sehr schwache 
und schräge, bisweilen kaum merkbare Falte bildend. Die glasig 
glänzende Schalenoberfläche läßt nur sehr feine ungleiche Anwachs- 
streifen erkennen. 

Die beschriebene Species nähert sich einigermaßen der Gattung 
Aciculina Desh., welche aber ein noch höheres Gewinde mit zahl- 
reicheren Umgängen und eine gerade Spindel ohne jede Spur einer 
Falte besitzt. 

Auch der Gattung Achs Lov. steht unsere Species sehr nahe. 
Manche Aclis-Arten sind ohnedies nichts als glatte Turbonillen mi 
obsoleter Spindelfalte oder ganz ohne dieselbe. 

9. T. aberrans Rss. (Taf. 7, Fig. 10). 

Die sehr kleine Species unterscheidet sich schon bei flüchtiger 
Betrachtung von allen übrigen Turbonilla-Arten durch die viel 


160 Reuss. 


schräger aufsteigenden Näthe. Das Gehäuse ist sehr dünn und 
schlank, mit sieben bis acht Umgängen. Die ersten zwei bis drei 
bilden einen ziemlich großen linksgewundenen helmartigen Nucleus, 
dessen Axe mit der Längsaxe des übrigen Gehäuses einen rechten 
Winkel bildet. Die Windungen werden durch tiefe eanalförmige 
Näthe gesondert und sind ziemlich hoch. Der letzte Umgang samt 
der Mündung nimmt beinahe die halbe Gesamtlänge des Ge- 
häuses ein. 

Die Mündung ist gegen die Längsaxe des Gehäuses etwas schief 
gerichtet, eiförmig, unten abgerundet, oben etwas verschmälert. Der 
äußere Mundsaum scharf und dünn, der innere im unteren Theile 
sehr schwach umgeschlagen. Die gekrümmte Spindel ohne Falte. 
Die sehr dünne glatte durchscheinende Schale zeigt nur unter dem 
Mikroskope zarte Anwachsstreifen. 

Die beschriebene Species ist sehr analog der T. arcta Desh. t) 
aus dem Pariser Becken, jedoch vermag ich nicht, eine Spur von 
Spindelfalte daran zu entdecken. Man könnte daher wohl geneigt 
sein, dieselbe der Gattung Acieulina Desh., deren Vorkommen frei- 
lich bisher auf die Eoeänschichten des Pariser Beckens beschränkt 
ist, zuzureehnen. 

Die Species ist bisher nur sehr selten im Salzthon angetroffen 
worden. 

d) Tornatellidae Desh. 

Actaeon Montf. 

l. A. pinguis d’Orb. 

Hörnesl.e.I. pag. 506. Taf. 46, Fig. 21. 

Der Salzthon hat kleine unvollständige, offenbar von junger 
Brut abstammende Schalen geliefert. — Durch die gedrängten 
regelmäßigen, tiefen, am Grunde mit Grübchen versehenen Spiral- 
furchen, welche die gesamte Oberfläche des letzten Umganges 
bedecken, geben sie sich als der oben genannten Art angehörig zu 
erkennen. 

Im Wiener Becken ist sie im Sande von Grund und im Leitha- 
kalke von Steinabrunn aufgefunden worden. 


I) Deshayes deser. des anim. s. vert. decouv. dans le bass. tert. de Paris II. pag. 
574. Taf. 20, Fig. 28—30; Taf. 21, Fig. 5, 6. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 161 


Ringicula Desh. 

1. R. buceinea Brech. sp. 

Hörnes I. e. I. pag. 86, Taf. 9, Fig. 3, 4. 

Nicht gar selten und sehr wohl erhalten im Salzthon. Der letzte 
Umgang ist bald fein und regelmäßig quergestreift, bald glatt, nur 
mit den gewöhnlichen Anwachsstreifen versehen. 

Im Wiener Becken findet sich die Species vorzüglich im Tegel 
von Baden und Möllersdorf, selten im obern Tegel von Vöslau, im 
Leithakalk von Steinabrunn, Enzesfeld, Gainfahrn, im Sand von 
Pötzleinsdorf u. s. w. Übrigens miocän, plioeän und lebend. 


e) Bullacea Lamk. 
Bulla Brug. 
1. B. conulus Desh. 
Deshayes deser. des coq. foss. des envir. de Paris. II. pag. 41. Taf. 5, 

Fig. 33—36. — Hörnesll. e. I. pag. 620. Taf. 50, Fig. 4. 

Sehr selten im Steinsalz und Salzthon. Im Tegel von Baden, im 
Leithakalk von Steinabrunn und Gainfahrn, im Sand von Pötzleins- 
dorf. Lebend. 


2. B. truncata Adams. 
Hörnesll. e. I. pag. 621. Taf. 50, Fig. 5. 
Sehr selten im Steinsalz. Selten im Tegel von Baden und im 
Leithakalk von Steinabrunn. Pliocän, lebend. 


3. B. miliaris Brech. 
Hörnesl.e.I. pag. 619. Taf. 50, Fig. 2, 3. 
Selten im Steinsalz und Salzthon. Im obern Tegel von Grinzing 
und im Leithakalk von Steinabrunn. 


Philine Ascan. 

l. Ph, punetata Adams. (Taf. 7, Fig. 11). 

Bullaea angustata Biv. Philippi enum. moll. Sieil. I. pag. 191. Taf. 7, Fig. 
17. — B. punctata Ad. II. pag. 9. 

Aus dem Salzthone wurden zwei sehr kleine, aber wohl erhal- 
tene Exemplare ausgewaschen, die mit der Adams ’'schen Species 
vollkommen übereinstimmen dürften. Sie sind breit-eiförmig, am 
oberen Ende abgestutzt, sehr dünnschalig, mit zarten Spiralfurchen 
bedeckt, in welchen flache kettenartig an einander gereihte Grübchen 
stehen. Das sehr kleine Gewinde besteht nur aus 1!/, Umgängen. 
Die Mündung sehr groß, weit geöffnet, die Mundränder scharf. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth, 11 


162 \ Reuss, 


Im k. k. Hofmineralien-Cabinete liegen Exemplare von der Insel 
Rhodus, von Larnaka auf Cypern und aus dem Tegel von Lapugy in 
Siebenbürgen, welche wohl größer und mit etwas feineren, daher 
auch zahlreicheren Furchen geziert sind, übrigens aber vollkommen 
übereinstimmen. 

Philippi führt die Species, welche auch lebend gefunden wird, 
fossil von Palermo an. 


5. Pulmobranchiata Gray. 
a) Limnaeacea Lamk. 


Planorbis Müller. 
Pl. Reussi Hörn. 
Hörnesl.e.I. pag. 609. Taf. 49, Fig. 26. 
Von dieser Species, welehe bisher nur aus dem Süßwasserkalke 
des Eichkogels zwischen Mödling und Gumpoldskirchen bekannt ist, 
wurde blos ein kleines Exemplar aus dem Steinsalze ausgewaschen. 


6. Turbinacea Lamk. 


Trochus Lamk. 


a) Zizyphinus Adams. 
l. Tr. patulus Brech. 
Hörnesl.e.I. pag. 458. Taf. 45, Fig. 14. 

Ein Jugendexemplar wurde aus dem Salzthon (zweite Gruppe, 
Horizont E) durch Schlämmen gewonnen. 

Im Wiener Becken im Leithakalk von Steinabrunn, Nikolsburg, 
Gainfahrn, Mattersdorf, Niederleis u. s. w., im Sande von Grund und 
in jenem von Pötzleinsdorf u. a., übrigens an anderen miocänen und 
pliocänen Fundstätten. 


ß) Tectus Adams. 
2. Tr. @erambi Rss. (Taf. 7, Fig. 12). 


Eine niedrig-thurmförmige Species, 5 Millim. hoch und an der 
Basis 3:5 Millim. breit. Sechs bis sieben Umgänge, mäßig gewölbt, 
am meisten in ihrem unteren Drittheile, durch mäßig tiefe Näthe 
gesondert. Der letzte Umgang nimmt etwa ?2/, der Gesamthöhe des 
Gehäuses ein. Die Basis ist etwas gewölbt, mit gerundetem Rande, 
ohne jede Spur eines Nabels. Die Mündungsfläche etwas schief zur 
Längsaxe des Gehäuses geneigt. Die Schale diek. Der Mundrand 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 63 


durch den vorletzten Umgang unterbrochen. Der äußere Mundsaum 
bogenförmig, scharf. Die Spindel kurz, etwas gekrümmt, am untern 
Ende abgestutzt und in einen breiten zusammengedrückten Zahn 
ausgezogen. Zunächst ihrem oberen Ende steht auf dem vorletzten 
Umgange eine schwache callöse Verdiekung. Die Oberfläche der 
Sehale ist mit gedrängten regelmäßigen feinen vertieften Querlinien 
bedeckt. 

Die Speeies hat Ähnlichkeit mit dem Tr. puber Eiehw. 1) von 
Zukowce u. a. ©. in Polen, unterscheidet sich davon jedoch schon 
durch die Beschaffenheit der Mündung und der Spindel. 

Ich habe die Species nach dem Herrn Freiherrn v. Geramb, 
Vorstand der k. k. Berg- und Salinendireetion in Wieliezka , der 
meine Arbeit durch Zusendung reichlichen Materiales freundlichst 
unterstützte, benannt. Das beschriebene wohl erhaltene Exemplar 
war in körnigem Spizasalze eingewachsen. 


y) Monodonta Lamk. 
3. Tr. angulatus Eichw. 
Monodonta angulata Eichw. Hörnesl. ec. I. pag. 439. Taf. 44, Fig. 9, 10. 

Ein Exemplar wurde aus dem Salzthone ausgeschlämmt. Ein 
anderes vollständig erhaltenes aus dem Spizasalze wurde von Herrn 
Markscheider Ott gefälligst eingesendet. 

Im Wiener Becken wurde die Species im Leithakalk von Steina- 
brunn, Nußdorf, Gainfahrn, Nikolsburg u. s. w. aufgefunden. 


7. Naticidae Forbes. 


Natica Adans. 

1. N. helieina Brech. 

Hörnesl.c. I. pag. 525. Taf. 47, Fig. 6, 7. 

Es liegen nur drei nicht ganz vollständige kleine Exemplare aus 
dem Steinsalz und Salzthon vor, von denen jedoch eines eine ziem- 
lich sichere Bestimmung gestattet. 

Die Species ist im Tegel von Baden und Vöslau sehr häufig; 
seltener erscheint sie in andern Tegelschichten, im Sande von 
Grund, im Leithakalke von Nußdorf, Gumpoldskirchen , Steinabrunn, 
Kostel u. s. w. Übrigens verbreitet im Miocän und Plioeän und lebend. 


1) Eichwald Leth. ross. III. pag. 231. Taf. 9, Fig. 20. 
1a 


164 Reuss. 


2. N. Josephinia Risso? 

Hörnesl. e. I. pag. 523. Taf. 47, Fig. 4, 5. . 

Ein sehr kleines unvollständiges Exemplar aus dem Steinsalz. 
Die Bestimmung ist keineswegs unzweifelhaft. 

Im Wiener Becken liegt die Species im Tegel (Vöslau) und 
Leithakalk (Steinabrunn, Gainfahrn), im Sande von Grund u. s. w., 
anderwärts im Miocän und Pliocän und lebt häufig noch in den 
jetzigen Meeren. 


8. Cerithiaceae Menke. 


Cerithium Adans. 

l. €. seabrum Olivi sp. 

Hörnesl.e. I. pag. 410. Taf. 42, Fig, 16, 17. 

Die Species kömmt im Steinsalze nicht selten, im Salzthone 
seltener vor, aber beinahe stets in jungen unausgebildeten Schalen. 
Von größeren Individuen sind nur einzelne Bruchstücke gefunden 
worden. Der Leithakalk von Steinabrunn beherbergt die Species in 
ungemeiner Menge. Übrigens ist dieselbe im Miocän und Pliocän 
verbreitet und lebt noch in den heutigen Meeren. Nach Philippi 
soll sie auch im Oberoligocän von Cassel und Luithorst zu Hause sein. 


2. C. Schwartzi Hörn. 
Hörnesl.e.]. pag. 412. Taf. 42, Fig. 18. 

Nicht selten im Steinsalze, aber fast stets junge Brut. Im Wiener 
Becken hat der Leithakalk, besonders von Steinabrunn, die Species 
geliefert. 

9. Muricidae Flem. 

Murex L. 

Aus dem Steinsalze wurde eine sehr kleine Schale ausgewaschen, 
offenbar junge Brut, über deren Gattungsrecht zwar kein Zweifel ob- 
walten kann, die aber keine Bestimmung der Species gestattet. 


iO. Conidae Woodward. 
Conus L. 
1. €. fuscocingulatus Bronn. 
Hörnesl.e.I. pag. 21. Taf. 1, Fig. 4, 5. 
Nach einer von Herrn Markscheider Ott in Wieliezka erhal- 
tenen Mittheilung ‚soll ein Exemplar dieser Species im Salzthone 
gefunden worden sein. Da dasselbe jedoch in Verlust gerathen ist, 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 165 


war ich nicht in der Lage, den Fund selbst einer wiederholten Prü- 
fung zu unterziehen. 

Im Wiener Becken liegt die Species im oberen Tegel von Vöslau, 
im Leithakalke von Steinabrunn, Nikolsburg, Enzesfeld u. s. w., im 
Sande von Pötzleinsdorf. 


vIIE. OSTRACODEN. 


Bairdia M. Coy. 

I. B. arcuata v. M. sp. 

Cytherina arcuata v. Münster in Leonh. u. Bronn’s Jahrb. 1850. pag. 
63; 1835. pag- 446. — Römer ebendaselbst 1838. pag. 517. Taf. 6, 
Fig. 17. — Reuss die foss. Entomostraceen d. österr. Tertiärbeckens 
pag. 11. Taf.8, Fig. 7. — Bairdia arcuata Bosquet entomostr. foss. des 
terr. tert. de la France et de la Belg. pag. 32. Taf. 1, Fig. 14. — Bairdia 
siligua Jones a monograph. of the entomostr. of the eretac. form. of 
Enel. pag. 25. Fig. 16. 

Ihr Umriß ist sehr großen Schwankungen unterworfen. Er ist 
bald schmäler und länger, bald breiter und kürzer. Auch der Winkel, 
den der obere Rand bildet, tritt bald mehr, bald weniger deutlich 
hervor, verschwindet wohl auch ganz. Daher glaube ich bei der 
Ansieht beharren zu müssen, daß auch 2. curvata Bosq. !), welche 
bei Wieliezka ebenfalls vorkömmt, von B. arcuata nicht specifisch 
verschieden sei trotz der, wie es scheint, entgegengesetzten Meinung 
Speyer's?). 

Die Species wurde im Salzthon nur selten gefunden. 

Übrigens ist sie ungemein verbreitet. Ich habe sie im Tegel 
von Möllersdorf, Grinzing und Rudelsdorf, so wie im Leithakalk von 
Nußdorf und Kostel angetroffen. Sie wird angeführt von Leognan, 
Dax, Castellarquato; im Oberoligoeän des Ahnegrabens bei Cassel, 
von Niederkaufungen und Harleshausen ; im Eocän von Jeurre, Etrechy, 
Grignon, Cuise-la-Mothe; die var. siligua in der Kreide Englands 
und von Maastricht. Endlich lebt die Species nach Jones noch an 
den Küsten von Tenedos und Turk Island, Bahama. 


!) Bosquetl. c. pag. 35. Taf. 2, Fig. 2. 
?) Speyer, die Ostracoden der Casseler Tertiärbildungen. 1863. pag. 42. 


166 Reuss, 


2. B. unguiculus Rss. 

Cytherina unguiculus Reussl. e. pag, 11. Taf. 8. Fig. 6. 

Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Brunn, Vöslau, 
zwischen Atzgersdorf und Altmannsdorf und von der Ödenburger 
Ziegelei. 

3. B. lucida Rss. 

Oytherina lueida Reuss l. e. pag. 10. Taf. 8, Fig. A. 

Sehr selten im Salzthon. 


4. €. erystallina Rss. 

Cytherina erystallina Reuss l. e. pag. 18, Taf. 8, Fig. 30, 31. 

Häufig im Salzthon, sehr selten im Tegel von Grinzing. Sie 
nähert sich durch die zarten Radialfurchen am vorderen Ende einiger- 
maßen der B. subradiosa Röm. sp. !), weicht aber in den übrigen 
Merkmalen sehr davon ab. 


5. B. negleeta Rss. 
Cytherina neglecta Reussl. e. pag. 12. Taf. 11, Fig. 4. 
Von der ähnlichen 2. arcuata ist sie durch das viel kleinere, 
weniger gewölbte, am hinteren Ende mehr zugespitzte Gehäuse ver- 
schieden. Sie kömmt im Salzthone nur sehr selten vor. 


6. B. graecilis Rss. 

Oytherina gracilis Reussl. ec. pag. 12. Taf. 11, Fig. 3. 

Ich habe diese im Salzthone selten vorkommende Species immer 
nur in aus beiden Klappen bestehenden geschlossenen Exemplaren 
und in Steinkernen beobachtet, war daher nie in der Lage, das Innere 
der Klappen und den Schloßbau zu untersuchen. Die Gattung, welcher 
sie angehört, bleibt daher etwas zweifelhaft. Die kleinen Schalen 
sind bohnenförmig, fast gerade, am vorderen Ende gerundet, am hin- 
teren schief, mit einer nach abwärts gewendeten abgestumpften Spitze 
versehen , an welcher jede Klappe einen kleinen ziemlich tiefen ellip- 
tischen Eindruck zunächst dem Rande darbietet. Der obere Schalen- 
rand ist gebogen, der untere fast gerade, nur sehr wenig concav. 
Der Rücken erhebt sich zunächst dem hinteren Ende in ziemlich 
starker Wölbung und fällt dort steil ab, während er sich nach vorne 
saniter abdacht. 


1) Bosquetl. c. pag/ 22. Taf. 1, Fig. 6. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 167 


Betrachtet man die vereinigten Klappen von der Bauchseite, so 
nimmt man zwei schmale und seichte, aber deutliche hufeisenförmige 
Furehen wahr, deren größere ihre Concavität dem Hinterende, die 
kürzere dagegen dem Vorderende der Schale zukehrt. Diese Furchen 
sind auch noch an den Steinkernen bemerkbar, müssen also an der 
Innenseite der Schalen etwas leistenartig hervortreten. 


7. B. trichospora Rss. 
Oytherina trichospora Reuss.e. pag. 19, Taf. 9, Fig. 3, 4. 
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel von Meidling und Grinzing 
bei Wien; in den Subapenninenschichten von Castellarquato. 


Cytheridea Bosgq. 

1. C. seminulum Rss. 

Oytherina seminulum Reussl. e. pag. 19. Taf. 9, Fig. 5—8. 

Wenn man die Diagnose von C. Mülleri v. M. sp. sehr erwei- 
tert, so könnte ©. seminulum wohl auch als Varietät derselben auf- 
gefaßt werden nach Speyer’s Vorgange t). Sie unterscheidet sich 
aber von den typischen Formen, abgesehen von dem Umrisse, durch 
die gedrängten feinen regellos stehenden Grübehen und durch die 
entfernten Stachelhärchen. Übergänge habe ich bisher nieht wahr- 
genommen. 

Im Salzthon ist die Species sehr selten. Dagegen ist sie gemein 
im Tegel zwischen Atzgersdorf und Altmannsdorf, von Moosbrunn, 
von der Ödenburger Ziegelei, von Brunn, im Sande von Heiligenberg. 
Im Leithakalk habe ich sie noch nicht beobachtet. 


Cyihere Müller. 

l. €. salinaria Rss. 

Cytherina salinaria Reussl. e. pag. 15. Taf. 8, Fig. 22. 

Von der ähnlichen C. punctata v. M. unterscheidet sie sich 
durch geringere Wölbung der Schalen und durch die kleineren un- 
regelmäßigeren, entfernteren und nicht reihenweise stehenden Grüb- 
chen. Auch ist das hintere Ende nicht zu einem Randsaum zusammen- 
gedrückt, sondern bildet einen dreieckigen, in der Mitte der Länge 
nach etwas gekielten Lappen. Der Bauchrand ist weniger einge- 
bogen, mehr gerade. 

Selten im Salzthon. 


1) 0. Speyer. e. pag. 49. 


168 Reuss. 


2. C. Philippi Rss. 
Cypridina Philippi Reussl. e. pag. 26. Taf. 9, Fig. 17. 


Nieht selten im Steinsalz. Im Leithakalke von Kostel in Mähren. 


8. C. Kostelensis Rss. 
Cypridina Kostelensis Reuss]. e. pag. 28. Taf. 9, Fig. 22. 

Die Formen aus dem Untereoeän von Woolwich, welche 
R. Jones damit zu vereinigen geneigt ist, unterscheiden sich durch 
die abweichende Beschaffenheit des Hinterendes der Klappen, die 
geringere Wölbung des Rückens und die feineren Grübcehen der 
Schalenoberfläche. Sie dürften daher wohl von unserer Species ver- 
schieden sein. Ich kenne sie jedoch nicht aus eigener Anschauung, 
muß mich daher eines entscheidenden Ausspruches enthalten. 

Die Species ist im Steinsalze nicht gar selten. Sie findet sich 
„überdies im Leithakalke von Kostel, Steinabrunn, Nußdorf, im Tegel 
zwischen Atzgersdorf und Altmannsdorf und von Grinzing. 


4. 6, angulata Rss. 
Cypridina angulata Reuss. e. pag. 28. Taf. 9, Fig. 23. 


Nicht selten im Steinsalz. Im oberen Tegel von Grinzing und 
Rudelsdorf. 


5. (. galeata Rss. sp. 
Cypridina galeata Reuss]. e. pag. 27. Taf. 9, Fir. 20. — Cytkere galeata 
Bosquetl.c. pag. 78. Taf. 3, Fig. 14. 


Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Grinzing und Rudels- 
dorf, im Leithakalk von Wurzing, Freibichl und St. Nieolai. Nach 
Bosquet bei Bordeaux. 


6. C. opaca Rss. 
Cypridina opaca Reuss. e. pag. 31. Taf. 9, Fig. 30. 


Selten im Steinsalze , häufig im Leithakalke von Kostel in 
Mähren. 

Die eingestreuten größeren Grübehen dürften Ansatzstellen von 
Haaren sein. 


7. C. hastata Rss. 
Cypridina hastata Reussl. ce. pag. 29. Taf. 9, Fig. 26. 


Seiten im Salzthon. — Im Leithakalk von Nußdorf, Gainfahrn, 
Garschenthal, Kostel, Wurzing, St. Nicolai; im Tegel von Grinzing 
und Rudelsdorf. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 169 


8. €. sagittula Rss. sp. 
Bosquet |. e. pag. 83. Taf. 4, Fig. 5. — Cypridina sagittula Reussl. e. 
pag. 30. Taf. 11, Fig. 8. 


Sehr selten im Salzthon. — Bei Bordeaux. 


9, €. elathrata Rss. 
Cypridina elathrata Reussl. e. pag. 31. Taf. 9, Fig. 31. 


Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Rudelsdorf. 


10. €. canaliculata Rss. - 
Cypridina canalieulata Reuss]. e. pag. 36. Taf. 9, Fig. 12. 
Ziemlich häufig im Salzthon. — Im Tegel von Meidling, Grin- 
zing, Rudelsdorf; im Leithakalk von Wurzing und Gainfahrn. In den 
Subapenninen-Mergeln von Castellarquato. 


ll. €. daedalea Rss. 
Cypridina daedalea Reuss1. pag. 36. Taf. 9, Fig. 13, 14. 
Sehr selten im Salzthone von Wieliezka. 


12. €. carinella Rss. 
Cypridina carinella Reussl.e. pag. 36. Taf. 10, Fig. 10. 
Sehr selten im Steinsalz, ziemlich häufig im Salzthon. Sie ist 


die größte der Wieliezkaer Ostracoden-Species. — Sie findet sich 
auch im Tegel von Möllersdorf, zwischen Atzgersdorf und Altmanns- 
dorf und von Grinzing, so wie in den Subapenninenschichten von 
Castellarquato. 

Sie ist der C. sphenoides Rss. aus der weißen Kreide der Do- 
brudseha und den Gosauschichten !) sehr verwandt. 


13. €. denudata Rss. 
Cypridina denudata Reuss |. e. pag. 42. Taf. 11, Fig. 6, 
Sehr selten im Salzthon. 


1) C. tenuieristata Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien. 
Bd. 52, pag. 23. Fig. 12. — C. sphenoides Reussin d. Denkschr. d. kais. Akad. 
d. Wissensch. in Wien Bd. 7, pag. 141. Taf. 27, Fig. 2. — Beide genannte 
Species stimmen mit einander überein. Die Abwesenheit der feinen Grübchen an 
der Basis des Pectoralkieles bei C. sphenoides dürfte keinen Gegengrund abgeben, 
ebenso wenig als die regelmäßige Zähnelung des vorderen Randsaumes, die unbe- 
ständig sein kann. Ob C. friangularis Rss. aus der oberen Kreide von Basdorf in 
Meklenburg (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1855. pag. 279. Taf. 10, Fig. 3) 
auch hierher gehöre, muß ich bei der geringen Menge des vergleichbaren Materials 
unentschieden lassen. Die abweichende Form, die Compression des ganzen vord ren 


Schalenrandes u. s. w. gestatten bisher die Identification nicht. 


170 Reuss. 


In der ]. e. gegebenen Abbildung sind zwar die Contouren der 
Schalen richtig dargestellt, aber die übrigen Details theilweise über- 
sehen. Die Schale ist am hinteren Ende flach gerundet und schmäler 
als am vorderen breit und schief zugerundeten Ende. Der obere und 
untere Rand, welche beide gerade sind, divergiren daher etwas nach 
vorne. Der Hinterrand zeigt einige kleine unregelmäßige Zähnchen; 
der vordere ist mit dünnen borstenartigen Zähnen besetzt, die aber 
gewöhnlich abgebrochen sind. Der Schalenrücken erscheint am hin- 
teren Ende, gegen welches er steil abfällt, am stärksten gewölbt; 
nach vorne dacht er sich allmälig ab. Vom gewölbtesten Theile der 
Schale entspringen zwei bis fünf sehr schmale und niedrige Längs- 
falten, die sich jedoch nur über ein Drittheil, höchstens über die Hälfte 
der Schalenlänge erstrecken. Zwei derselben pflegen am längsten zu 
sein. Die übrige Schalenoberfläche ist mit entfernten kleinen seichten 
Grübchen bedeckt. 


14. C. plicatula Rss. sp. 
Bosquet I. c. pag. 92. Taf. 4. Fig. 13. — Cypridina plicatula Reuss ]. e. 
pag. 44. Taf. 10, Fig. 23. ! 
Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Grinzing und Rudels- 
dorf, im Leithakalk von Nußdorf, Kostel, Gainfahrn. Nach Bosquet 
bei Bordeaux, Dax, Perpignan. 


15. C. verrucosa Rss. 
Cypridina verrucosa Reuss].e.pag. 40. Taf. 10, Fig. 16. 
Sehr selten im Salzthon. — Im Tege! von Grinzing und Rudels- 
dorf; im Leithakalk von Nußdorf, St. Nieolai. 


16. 0. Rdwardsi Röm. sp. 

Cytherina Edwardsi Römer inLeonh. u. Bronn’s Jahrb. 1838. pag. 518. 
Taf. 7, Fig. 27. (ie. mala). — COypridina Edwardsi Reuss |. e. pag. 
44. Taf. 10, Fig. 24. — Cythere Edwardsi Bosquet ]. e. pag. 9. 
Taf. 4. Fig. 11. 


In der von mir 1. ec. gegebenen Abbildung ist der am hinteren 
oberen Schalenrande gelegene Kiel nicht berücksichtigt; jedoch ist 
derselbe stets dünner als die beiden übrigen und tritt bisweilen nicht 
sehr hervor. Am beständigsten ist der unterste über der Pectoral- 
fläche befindliche Längskiel. Der mittlere Rückenkiel gibt zuweilen 
einen schwächeren oberen Ast ab. 

Das hintere Sehalenende ist in der erwähnten Abbildung 
unrichtig dargestellt. Es ist schräge abgestutzi und an dem 


Die fossile Fauna der :Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 1 711 


abwärts gerichteten Rande mit einigen scharfen ungleichen Zähnen 
besetzt. 

Die Species wurde nur sehr selten im Steinsalze angetroffen. 
Sie findet sich überdies im Tegel von Grinzing und Rudelsdorf, im 
Leithakalk von Nußdorf; bei Antwerpen, Perpignan, Leognan, Dax, 
Palermo. 


17. 0. coronata Röm. 
Römer in Leonh. u. Bronn’s Jahrb. 1838. pag. 518. Taf. 6, Fig. 30. 
(ie. mala). — Cypridina coronata Reussl.c. pag. 40. Taf. 10, Fig. 17. 


Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Möllersdorf, Grinzing, 
Rudelsdorf, im Leithakalk von Nußdorf, Kostel, Großing, bei Castell- 
arquato, nach Römer bei Palermo. 

C. ceratoptera Bosq. !) ist hinten mehr verschmälert und weit 
steiler abschüssig. Die Spaltung der Kerbzähne des Flügelkieles 
beobachtet man bisweilen auch an C. coronata; jedoch pflegen die 
Zähne, besonders der hinterste, an C. ceratoptera länger zu sein. 


18. €. bitubereulata Rss. 
Oypridina bituberculata Reuss |. e. pag. 37. Taf. 10, Fig. 11. 


Sehr selten im Salzthon. -— Im Tegel von Brunn und Rudels- 
dorf; in den Subapenninenschichten von Castellarguato. 


19. €. triquetra Rss. 
Cypridina triqueitvra Reuss. e. pag. 42. Taf. 10, Fig. 19. 


Sehr selten im Steinsalze. 


20. C. asperrima Rss. 
Cypridina asperrima Reuss |. e. pag. 34. Taf. 10, Fig. 5, 


Selten im Salzthon. 
Im Tegel von Baden, Möllersdorf, Moosbrunn, Grinzing. 


21. C. coelacantha Rss. 
Cypridina coelacantha Reussl.e, pag. 34. Tat. 11, Fig. 5. 


Nieht selten im Salzthon. 


1) Bosquetl. e, pag. 11A. Taf. 6, Fig. 2. 


172 Reuss. 


IX. CHIRREPEHDENEE. 


Poecilasma Darw. 

l. *P. miocaenica Rss. (Taf. 8, Fig. 4—6). 

Reuss über foss. Lepadiden in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. 
Bd. 49. pag. 16 des Separatabdr. Taf. 2. Fig. 12. 

Die kleinen im Salzthone häufig vorkommenden, aber sehr zer- 
brechliehen Seutalklappen stimmen vollkommen in der Größe und 
den übrigen Kennzeichen mit dem von mir aus dem Leithakalke von 
Podjarkow bei Kurowice in Galizien beschriebenen Exemplare überein. 
In Betreff der Details findet jedoch selbst unter den einzelnen Exem- 
plaren manche Verschiedenheit Statt. Der Basalrand ist bald kürzer, 
bald länger, bald mehr, bald weniger gebogen; die Rückenkiele treten 
bald als deutliche fadenförmige Streifen hervor, bald sind sie mehr 
verwischt; die obere Spitze ist in verschiedenem Grade entwickelt, 
die Seitenränder sind mehr oder weniger eonvex. 

Der zwischen den beiden Kanten gelegene Theil der Rücken- 
fläche pflegt in der Regel nicht so stark eingedrückt zu sein, als ihn 
die eitirte Abbildung zeigt. Gewöhnlich sieht man sehr zarte radiale 
Streifen über den Rücken verlaufen. 

Unter den beobachteten Exemplaren befanden sich einige, an 
denen noch beide Seutalklappen in ihrer ursprünglichen Lage ver- 
einigt sind und da bemerkt man, daß beide zuweilen einen ungleichen 
Grad von Convexität darbieten, wie dies auch Darwin von einigen 
lebenden Poecilasma-Arten bemerkt). Von der Carina, die jeden- 
falls sehr klein gewesen sein muß, da die größten Scuta kaum mehr 
als 5 Millim. in der Länge messen, ist nirgend eine Spur vorhanden. 
Eben so wenig sind dieser Species angehörige Terga gefunden wor- 
den und es wäre möglich, dal P. miocaenica gleich der lebenden 
P. eburnea Darw. sp. zu den dreiklappigen der Terga entbehrenden 
Species gehört. | 

Dieselbe Species habe ich neuerlichst in den gypshältigen Tertiär- 
sehiehten von Kathrein in N. von Troppau entdeckt, woher sie Herr 
Gymnasialprofessor Em. Urban dem k. k. Hofmineraliencabinete 
einsandte. 


1) Darwin a monograph of Cirripedia. 1851. I. pag. 101. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 173 


x. DECAPODEN. 
\ a) Brachyuren. 


Microdium Rss. 

1. M. nodulesum Rss. (Taf. 8, Fig. 7, 8). 

Es liegt nur das Kopfbrustschild von der oberen Seite vor. 
Antennen, Augen und Augenhöhlen, Scheeren u. s. w., kurz alle 
Theile, die zur genauen Bestimmung des fossilen Restes von Wich- 
tigkeit sind, fehlen. Das Kopfbrustschild ist mäßig in die Quere ver- 
längert, 15-5 Millim. breit und 11-5 Millim. hoch, von einer Seite 
zur anderen nur wenig, von vorne nach hinten mäßig gewölbt. Die 
sanft abwärts geneigte Stirne ist etwa 32 Millim. breit und zeigt am 
Rande zwei durch eine tiefe Furche geschiedene stumpfe zahnartige 
Lappen. Die breiten Augenhöhlenausschnitte zeigen am Oberrande 
zwei Spalten, so dal dieser dadurch dreizähnig erscheint. Der 
äußerste dieser Zähne ist am größten und ragt am meisten vor. - 

Der vordere Seitenrand des Cephalothorax geht vom Außenende 
der Augenhöhlen in regelmäßigem Bogen nach hinten und an der 
Stelle seiner Vereinigung mit dem hinteren Seitenrande liegt die 
Linie der größten Breite des Schildes. Er mißt beinahe 9 Millim. in 
der Länge, übertrifft daher darin den hinteren Seitenrand. Er trägt 
vier dreieckige nicht sehr scharfspitzige Zähne, deren Rand wieder 
fein gezähnelt ist. Zwischen je zwei Zähnen beobachtet man bis- 
weilen einen sehr kleinen eingeschobenen. Der an der Vereinigungs- 
stelle des vorderen und hinteren Seitenrandes befindliche Zahn ist 
der größte. 

Der hintere Seitenrand besitzt beiläufig eine Länge von 6-5 Millim., 
ist fast gerade und durch fünf kleine, nach hinten an Größe ab- 
nehmende schief nach vorne und außen gerichtete Zähne ein- 
geschnitten. 

Die einzelnen Regionen des Kopfbrustschildes treten nur in sehr 
flacher Wölbung hervor und sind durch seichte breite Depressionen 
gesondert. Im Ganzen erscheinen sie aber deutlich genug begrenzt 
und mit kleinen rundlichen Buckeln besetzt. 

Die hinter den sehr kleinen Frontalgegenden gelegenen Epi- 
gastriealregionen sind nicht getrennt, sondern stellen eine kleine ebene 
Fläche dar. Die dahinter befindlichen verhältnißmäßig großen Protoga- 
stwicalfelder sind rundlich - vierseitig, mäßig gewölbt und besonders 


174 Reuss. 


nach innen hin dureh seichte aber deutliche Furehen geschieden. Auf 
der flachen Wölbung eines jeden derselben erheben sich zwei kleine 
rundliche Höcker in einer etwas schief nach hinten und außen gehen- 
den Riehtung. Zwischen die genannten Felder schiebt sieh mit einer 
langen , vorwärts bis in die Nähe der Stirne reichenden Spitze 
die mesogastrische Region ein, die im hinteren Theile mit der 
urogastrischen zu einer schmal-und etwas verlängert- pentagonalen, 
nach hinten gewölbten Hervorragung verschmolzen ist. Sie wird 
hinten durch eine breite und seiehte, aber deutliche Furehe von der 
Cardialgegend ahgegrenzt, welche in ihrem mittleren Theile sich zu 
einem queren Wulst erhebt, welcher zwei neben einander liegende 
flache runde Höcker trägt. 

Die mäßig große Leberregion erhebt sich zu einem einzigen 
kleinen zugespitzten Höcker. Von der protogastrischen und der da- 
hinter liegenden vorderen Branchialregion wird sie nur durch seichte 
Depressionen geschieden. 

Die ziemlich große vordere Branchialregion ist mäßig gewölbt 
und in einer queren mit dem größten Querdurchmesser des Schildes 
zusammenfallenden Richtung mit zwei kleinen Buckeln besetzt, deren 
äußerer etwas mehr zugespitzt ist. Die hintere Branchialgegend 
erscheint von der vorderen kaum geschieden und trägt einen sehr 
kleinen flachen Höcker, der mit jenen der vorderen Branchialregion 
ein mit der Spitze rückwärts gerichtetes, beinahe gleichschenkliges 
Dreieck bildet. 

Die Oberfläche der dünnen Schale zeigt sich nur dem bewafl- 
neten Auge mit sehr vereinzelten und zarten Körnchen bedeckt, die 
nur auf den Spitzen der in den verschiedenen Körperregionen ge- 
legenen Höcker in größerer Zahl sich zusammendrängen. Viel zahl- 
reicher sind die zwischen diese Körnchen überall eingestreuter feinen 
Grübchen. 

Von den übrigen Merkmalen, die für die Bestimmung der Gat- 
tung und Species von hervorragender Bedeutung sind, ist leider keine 
Spur erhalten. Die Bestimmung kann daher nur eine vorläufige und 
problematische sein. 

Die größere Breite des Kopfbrustschildes, die gezähnte Stirne, 
der ausgedehnte bogenförmige vordere Seitenrand, die doppelte 
Zähnung desselben, die Einfachheit der schwach geschiedenen 
Körperregionen u. s. w. nähern unseren Fossilrest der Familie der 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 175 


Canceriden. Auch die Beschaffenheit der vorliegenden fragmentären 
Scheere, welche hieher zu gehören scheint, steht damit im Einklange. 
Zur sicheren Bestimmung aber, besonders der Gattung reichen jedoch 
die vorliegenden Daten nicht aus. Da sich aber am Kopfbrustschilde 
manche nicht unerhebliehe Verschiedenheiten von den bisher be- 
kannten Gattungen zu erkennen geben, habe ich es vorgezogen, lieber 
vorläufig eine neue Gattung dafür aufzustellen, als eine irrthümliche 
Unterordnung unter eine andere Gattung vorzunehmen. 

Nebst dem beschriebenen Cephalothorax liegt ein Scheeren- 
bruchstück vor, welches wohl derselben Species angehören dürfte 
Die Hand ist 3-75 Millim. lang und am vorderen breiteren Ende 
2-75 Millim. breit, vierseitig, hinten schief abgeschnitten. Die innere 
Seite ist mäßig gewölbt und zeigt außer den gewöhnlichen feinen 
Grübehen noch sehr vereinzelte in einigen einfachen Reihen stehende 
zarte Körnchen. Die äußere Fläche ist gewölbter und wird von fünf 
dicht gekörnten niedrigen Längskielen durchzogen. Ebenso sehen 
wir die Seitenränder der Hand mit Körnehen bedeckt, besonders den 
vorderen, an welchem sie eine Anordnung in unregelmäßige Quer- 
reihen verrathen. 

Von dem hinteren kurzen Scheerengliede, so wie von dem Daumen 
sind nur kleine Bruchstücke erhalten. — 

Das Steinsalz hat übrigens noch Fragmente der beweglichen 
Finger von zweierlei Scheeren geliefert, die offenbar größeren 
Arten (aus der Familie der Canceriden) angehören. Die eine Art ist 
am Außenrande mit starken ungleichen Zähnen besetzt und trägt 
außerdem auf jeder Fläche zwei starke gerundete Kiele, die durch 
tief ausgehöhlte Furchen geschieden werden und auf dem Rücken 
mit feinen Körnern bedeckt erscheinen. 

Das zweite Bruchstück weicht von dem beschriebenen wesent- 
lieh ab. An seinem concaven Rande beobachtet man drei große 
stumpfe zahnartige Höcker, die auf jeder Seite von einer schmalen 
Furche mit einzelnen Grübehen am Grunde eingefaßt werden. Der 
convexe Rand ist unbewehrt, nur mit einer Längsfurche dieser Art 
versehen. Ähnliche zwei Furchen verlaufen auf der äußeren Fläche, 
dagegen eine einzige, aber tiefere auf der inneren Fläche. Die übrige 
Schalenoberfläche ist mit gedrängten feinen Körnern bedeckt. 

Nieht gar selten sind endlich Bruchstücke von Gangfüßen, die 
nicht gekantet, sondern im Querschnitte beinahe elliptisch sind. Nur 


176 Reuss. 


ist eine Fläche etwas gewölbter als die andere. Die Oberfläche ist 
mit entfernten feinen Grübehen versehen. 


XI FISCHE. 


Auch an Fischen hat es in dem Meere, aus welchem sich das 
Steinsalzlager von Wieliezka ahsetzte, nicht gefehlt. Dies beweisen 
die darin erhaltenen Überreste. Dieselben sind aber selten und so 
fragmentär, daß eine genaue Bestimmung der Thierspecies, von 
welchen sie abstammen, ganz unmöglich ist. 


Gadus L. sp. 

Schon seit langer Zeit befindet sich in der Sammlung der k. k. 
geologischen Reichsanstalt der Abdruck eines Fisches in einer Niere 
von Salzthon, von welcher beide einander entsprechende Gegen- 
platten vorhanden sind. Sie wurde mit gewohnter Liberalität mir zur 
Untersuchung überlassen. Ich habe dieselbe meinem verehrten 
Freunde und Collegen Prof. Dr. Kner zur Prüfung übergeben und 
derselbe hatte die Gefälligkeit, mir darüber nachstehende Bemerkun- 
gen mitzutheilen: „Der Erhaltungszustand des Fisches, dessen Total- 
länge etwä einen Fuß betragen haben mag, ist ein ziemlich schlechter, 
und nur der Kopf samt einem Theile des Vorderrumpfes liegt vor. 
Doch läßt sich mit voller Sicherheit die Familie und höchst wahr- 
scheinlich auch die Gattung bestimmen, welcher dieser Fisch ange- 
hörte. Es war ein Gadoid und wahrscheinlichst ein Gadus selbst 
aus folgenden positiven und negativen Gründen. Es war ein Weich- 
flosser oder gliederstrahliger Knochenfisch mit brustständigen Bauch- 
flossen, großem Kopfe, mit etwas zugespitzter Schnauze, weiter 
Mundspalte und schwach gebogenen Spitzzähnen von ungleicher 
Größe, großem Auge, hoch eingelenkten und ziemlich langen Brust- 
flossen, dessen erste Rückenflosse bald hinter der Orista oceipitalıs 
begann und dessen Rumpf mit mäßig großen Schuppen bedeckt war. 
Wenn gleich der größte Theil des Rumpfes und der ganze Schwanz 
fehlen, so lassen doch die angeführten Merkmale keinem Zweifel 
Raum, daß hier die Überreste eines Meerbewohnenden Gadoiden, und 
zwar wahrscheinlich eines @adus selbst vorliegen, der höchstens im 
halberwachsenen Zustande sich befunden haben mag. 


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Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 1 Ä 


Die Länge des Kopfes von der Symphyse bis zum Rande des 
Deckels nahe vor der Einlenkung der Brustflossen betrug eirca 2’ 10”, 
die größte Kopfhöhe 11/,”, die Länge des Unterkiefers etwas mehr 
als letztere. Die längsten der Spitzzähne im Unterkiefer messen 
kaum 1’’. Die fünf Strahlen der unterhalb der Brustflosse stehenden 
Ventralen sind zwar sämtlich erhalten, doch ihre Spitzen abge- 
broehen. Von der linken Brustflosse (der Fisch zeigt nämlich die 
linke Seite) sind neun bis zehn Strahlen erhalten, deren Länge be- 
deutend die Ventralen übertrifft. Die erste Dorsale ist wenigstens mit 
der Basis ihrer Strahlen fast ganz erhalten, indem man zwölf Strahlen 
zählt, von denen die letzten schon sehr niedrig sind. Von der Wirbel- 
säule sind die ersten neun Wirbel samt ihren oberen Fortsätzen und 
theilweise auch den unteren plattenförmig verbreiterten vorhanden. 
Die Größe der nur im Abdrucke sichtbaren Schuppen entspricht eben- 
falls jener eines Gadus. 

Der durch diese Fundstücke gelieferte zweifellose Nachweis 
eines Gadoiden im Steinsalzlager von Wieliezka dürfte um so inter- 
ressanter erscheinen, als bisher überhaupt nur wenige fossile Ga- 
doiden (und unter diesen einige zweifelhafte) bekannt sind und als 
er mit den übrigen Ergebnissen in Betreff der fossilen Fauna von 
Wieliezka in schönem Einklange steht.“ 

Nebst dem oben beschriebenen Fischreste findet man, jedoch 
sehr selten, äußerst kleine, schlanke und spitzige Haifischzähnchen, 
die wohl einer Zamna angehören dürften, aber stets der Nebenkegel 
beraubt sind. Andere eben so kleine sind sehr schief nach einer 
Seite geneigt und bilden ein sehr ungleichseitiges Dreieck mit bei- 
nahe geraden Seitenlinien. Sie ähneln sehr den von mir aus der 
böhmischen Kreide unter dem Namen Scoliodon priscus Rss. 1) be- 
schriebenen Zähnen. 

Weit häufiger kommen Otolithen von verschiedener Form und 
nicht selten von beträchtlicher Größe vor. Es sind dieselben Formen, 
welchen man in den Schichten des Wiener Beckens begegnet. In 
ihre nähere Würdigung kann jedoch hier nicht eingegangen werden, 
da es an den zur Vergleichung unumgänglichen Vorarbeiten über die 
Otolithen lebender und noch mehr fossiler Fische in systematischer 
Beziehung völlig mangelt. 


1) Reuss die Versteinerungen der böhmischen Kreideformation II. pag. 100. Taf. 
24, Fig. 23, 24; Taf. 42, Fig. 10, 11, 12. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I, Abth. 12 


[78 Reuss. 


Nachträgliche Bemerkung. 


Erst nach beendigter Drucklegung des größten Theiles meiner 
Arbeit wurde ich auf die Bemerkungen aufmerksam, welche Herr Kuh 
in emem in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 
(1852. IV. pag. 225) veröffentlichten Briefe über das Alter des ober- 
schlesischen Gypsgebirges mittheilt. Aus den bei Özernitz und an 
andern Orten darin gefundenen Versteinerungen, von welchen er 
Gryphaea vesicularis Brech., Corbula sp., Turritella aceutangula 
Brech., Robulina elypeiformis d’O., R. calcar d'O. nebst einer 
dritten Species dieser Gattung, Nodosaria rugosa d’O. (?), Lingulina 
earinata d’O. und zwei Dentalinen namhaft macht, schließt er mit 
Recht, daß die genannten Gypsbildungen den Tertiärschichten des 
Wiener Beckens im Alter gleichzustellen seien. Weniger zu billi- 
gen ist, wie aus meinen Untersuchungen hervorgeht, die Parallelisi- 
rung mit dem Tegel von Baden, denn von den angeführten Verstei- 
nerungen, die jetzt ohne Zweifel eine schärfere Vergleichung mit 
jenen des Wiener Beckens gefunden haben würden, ist keine für den 
Badener Tegel ausschließlich bezeichnend. Sehr gut stimmen sie 
aber zu dem von mir gewonnenen Resultate, daß die in Rede stehen- 
den gypsführenden Schichten sehr analoge Versteinerungen mit dem 
Salzthone von Wieliezka führen und daher den jüngeren über dem 
Badener Tegel liegenden Schichten des Wiener Beckens — dem 
jüngeren Tegel und besonders den unteren mergeligen Gliedern des 
Leithakalkes — gleichzustellen sind. 

Eine lehrreiche Zusammenstellung über die Verbreitung des 
Gypsgebirges inPolen, Oberschlesien, Galizien von Dr. v. Alth finden 
wir im eilften Jahrgange des Jahrbuches der k. k. Reichsanstalt. Er 
gelangt zu dem Resultate, dafs die Gypse, welche zunächst auf Nulli- 
poren führenden Kalk- und Sandsteinen ruhen sollen (?), mit den 
das unterste Glied bildenden Salzlagern und den jüngeren grauen 
Mergeln und Sandsteinen ein untrennbares Ganzes bilden. Es läßt 
sich jedoch erwarten und wird ohne Zweifel durch genauere strati- 
graphische und paläontologische Untersuchungen nachgewiesen wer- 
den, daß die genannten Gebilde nieht durchgehends demselben 
geologischen Niveau angehören und sich in mehrere verschiedene 


. . . 1« . . Se eig 
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 179 


Glieder sondern werden. An einzelnen Punkten hat sich eine solehe 
Sonderung schon mit Bestimmtheit herausgestellt. 
Erst vor Kurzem theilte mir Herr D. Stur, Seetionsgeologe der 

k. k. geolog. Reichsanstalt, gefälligst Proben eines kohlenführenden 
grauen Tegels von Nowosiolka bei Kolomea in Galizien mit, der nebst 
zahlreichen Exemplaren von Cerithium pietum Bast. und Rotalia 
Beccarii L. sp. noch Neritina pieta Fer., Bithynia Frauenfeldi 
Hörn. sp., Duceinum miocaenicum Mehti., Cardium sp. u. a. 
führt. Diese Fauna weicht von jener des Wieliezkaer Salzlagers 
wesentlich ab und stimmt sehr wohl mit jener des jüngeren Tegels 
von Rudelsdorf in Böhmen und aus dem Kohlenschurfe von Mauer bei 
Wien. Dadurch würden die betreffenden Schichten in ein Niveau 
versetzt. welches tiefer liegt als das Wieliezkaer Steinsalz, aber 
höher als der Badener Tegel. Hiemit stimmen sehr wohl die gefälli- 
gen Mittheilungen Herrn Sturs über die dortige Reihenfolge der 
Schiehten. Man beobachtet nämlich von oben nach abwärts: 

Sand mit Austern und Nulliporen: 

Nulliporenkalk: 

Steinabrunner Petrefaetenschichte (Sehiehten von Holubiea); 

Kohlenführenden Tegel mit den oben genannten Versteinerungen; 

Tegel ohne Petrefacten; 

Kreidegesteine. 


ISO Reuss. 


% 
Fie. 


” 


Fig. 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel Il. 


1, 2. Haplopkhragmium erassum Rss. a Seitenansicht, 5 Mündungsansieht. 

3. Plecanium spinulosum Rss. a Seitl. Flächenansieht, 5 obere Ansicht. 

4. R serratum Rss. a Seitliche Fläehenansieht, 5 obere Ansicht. 

3—7. „ Mariae d’Orb. sp. var. inermis. a Seitlicehe Flächen- 
ansicht, 5 obere Ansicht, 

5. Biloculina amphiconica Rss. var. platystoma. a Bauchansicht, 5 Seiten- 
ansicht, ce Mündungsansicht. 


g, = ventruosa Rss. a Bauchansicht, 5 Seitenansieht, e Mün- 
dungsansicht. 

10. & contraria d’Orb. var. paradoxa. a Seitenansicht, 5 obere 
Ansicht. 


11. Spiroloculina tenuissima Rss. a Flächenansicht, 5 Bauchansicht. 


Tafel II. 


1. Biloculina bulloides Orb. var. fruncata. a Bauchansicht, 5 Seiten- 
ansicht, ce Mündungsansicht. 


2. 2 S „ var. truncata gracilis. a Bauchansicht, 5 
Seitenansicht, e Mündungsansicht. 
3: ie larvata Rss. a Bauchansicht, 5 Seitenansicht, e Mündungs- 


ansicht. 
4. Triloculina tricarinata d’Orb. a Zweikammerige Flächenansicht, 5 
Dreikammerige Flächenansicht, e Mündungsansicht. 
„ enoplostoma Rss. var. grammostoma. a Zweikammerige, 
b dreikammerige, ce schräge Seitenansicht. 
6, 7. Quingueloculina obligqua Rss. a Dreikammerige, 5 vierkammerige 
Seitenansicht, ce obere Ansicht. 


Tafel II. 


ot 


. 1. Quinqueloculina suturalis Rss. a Dreikammerige, 5 vierkammerige 


Seitenansicht, ce obere Ansicht. 

2. 5 plicatula Rss. a Dreikammerige, 5 vierkammerige 
Seitenansicht, e obere Ansicht. 

3. Nodosaria (Dentalina) siphonostoma Rss. 

4. Glandulina aequalis Rss. 

5. Flabellina incrassata Rss. a Flächen-, 5 Kantenansicht. 

6. Oristellaria rostrata Rss. a Seiten-, 5 Bauchansicht. 

fh % Russeggeri Rss. a Seiten-, b Bauchansicht. 


Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 181 


Fig. 8. Pullenia compressiuscula Rss. var. quadriloba. a Seitenansicht, 5 


b2) 


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bh] 


2. 


10. 


12. 


1: 


4, 


Bauchansicht. 
Polymorphina depauperata Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht. 
ce obere Ansicht. 
3 semitecta Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht, e 
obere Ansicht. 
Teztilaria pectinata Rss. a Seitliche Flächenansicht, 5 obere Ansicht. 


Tafel IV. 
Polymorphina Zeuschneri Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht, 
e obere Ansicht. 
h, foveolata Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht, ce 
obere Ansicht. 
a leprosa Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht, c 
obere Ansicht. 
5. Virgulina Schreibersana Cziz. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht. 


6—9. Urvigerina asperula Cziz. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht. 


10. 
11, 
13. 


T. 
2. 
3. 
4, 
6, 


8. 
9. 


1. 


Bulimina Buchana d’Orb. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht. 

12. „  tenera Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht. 

Discorbina platyomphala Rss. a Spiralansicht, 5 Nabelansicht, ce Rand- 
ansicht, d ein Stückehen der Nabelseite stärker vergrößert. 


Tafel V. 
Discorbina stellataR ss. a Spiralansicht, 5 Nabelansicht, e Randansicht. 
„  squamula Rss. a Spiralansicht, 5 Nabelansicht, ce Randansicht. 
Pulvinulina cordiformis Costa sp. a Spiralansicht, 5 Ansicht der 
Nahelseite. 
5. Rhabdogonium minutum Rss. a Seitliche Flächenansicht, 5 seitliche 
Kantenansicht, e obere Ansicht. 
7. Caryophyllia salinaria Rss. Bruchstücke. Äussere Seitenansicht in 
natürlicher Größe. 
Dieselbe. Vertiealbruch in natürlicher Größe. 
Dieselbe, Theilweiser Querbruch in natürlicher Größe. 
Tafel VI. 


Cultellus papyraceus Rss. Aussenfläche zweier Klappen in natürlicher 
Größe. 


2—4. Modiola Hörnesi Rss. Vergrößert. 


5. 
6, 
8. 


9. 
10. 


Pecten scabridus Eiehw. a Aussenfläche, 5 Innenfläche in natürlicher 
Größe, ce ein Stück der Aussenfläche vergrößert. 

7. Derselbe. a Aussenseite in natürlieher Größe, 5 ein Stück derselben 
vergrößert. 

Pecten Eichwaldi Rss. a Aussenseite in natürlicher Größe, 5 ein Stück 
derselben vergrößert. 

Oleodora spina Rss. Vergrößert. 

x subulata Q. G. Vergrößert. 


„ 11. Spirialis valvatina Rss. Vergrößert. a Seitliche Mündungsansichl, Ö 


obere Ansicht. 


BI 


8. 


Reuss. Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka efe. 


Tafel VII. 


. Peeten denudatus Rss. aus dem Schlier von Ottnang. Äußere und 


innere Änsieht in natürlicher Größe. 


. Alvania veliscensis v. Schw. a Mündungs-, 5 Rückenansicht, beide 


vererößert. 
„  conica v. Schw. a Mündungs-, 5 Rückenänsicht. beide ver- 
größert. 


. Eulima filigera Rss. a Rücken-, 5 Mündungsansicht, beide vergrößert. 


Turbonilla obseura Rss. Vergrößerte Mündungsansicht eines am obern 
und untern Ende verbrochenen Exemplares. 


. Dieselbe. Vergrößerte Ansicht eines oberen Endes. 


Dieselbe. Vergrößerte Ansicht der letzten Windung. 

Turbonilla impressa Rss. a Mündungs-, db Rückenansicht, beide ver- 
größert. ce Embryonalwindungen, d eine Windung, beide 
stärker vergrößert. 


5 brevis Rss. a Mündungs-. 5 Rückenansicht, beide vergrö- 
Nert, ce ein Stück der Oberfläche stärker vergrößert. 

“ aberrans Rss. a Mündungs-, 5 Rückenansicht, beide ver- 
größert. 


. Philine punctata Ad. a Rücken-, 5 Mündungsansicht, beide vergrößert; 


c ein Stück der Oberfläche stärker vergrößert. 
Trochus Gerambi Rss. a Mündungs-, 5 Rückenansicht, beide ver- 
größert. 


Tafel VII. 


Pithynia eurta Rs. a Mündungs-, 5 Rückenansicht, beide vergrößert, 
Skenea simplex Rss. a Spiral-. 5 Randansicht, beide vergrößert. 


. Spaniodon nitidus Rss. a Innere Ansicht der rechten, 5 der linken 


Klappe, c äussere Ansicht der rech'en Klappe, sämtlich 


vergrößert. 
4—6. Poecilasma miocaenica Rss. Vergrößerte äussere Ansichten von 
Seutalklappen. 
Mierodium nodulosum Rss. Vergrößerte Ansicht der Aussenfläche des 
Kopfbrustschildes. 
Rn nodulosum Rss. Scheerenbruchstück. a Äussere, 5 innere 


Fläche, beide vergrößert. 


- Beufs. Fossile Fauna von Wireliezka. Tafl. 


Staatsdrucks 


Joh Strohmayer sez..u 


®) 


12. Haplophragmium erassum Rls. 5. Plecanrum- spinulosum Als, 
4. Plee.serratum Rls. 5-7. Plec, Martae d’Orb. sp. var. Inerme, 

8. Biloculina amphicontcaß/s var. platystoma 6. 9 Bıl.ventrtcosa Ris. 
10. Bil.contraria d’Orb. W. Sprroloeulina tenuissima Als. 


Sitz, ungsb.der k Akad.d.W. math.naturw. Cl. LV.Bd.LAbth.1 867. 


Reufs. Fossile Fauna von Wieliez.ka. Taf. I, 


7. Bilocufina bulloides d’Urb. De truncalta 2Bi.bullordes d’Orb, 


var. truncata gracııs, S. Prl. larvata Rls4Trıloceulina 


. ’ D Be . 
trıcarınata dOrb3Trilenoplostema Kls, var gremmeostoma, 


b. 7. Quingueloeulina obligua EIS. 


Sitzungsb, der K.Akad.d NW. mathnatırrw.Ul.LV. Bd. Abth 1667. 


‘ R 
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- 2 
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en 1 ie 0 2 a u U 1 u | a 


Reuls. Fossile Fauna von Wieliezka. | Taf. IM. | 


b. 


4 > z N u 5 a 
Joh..Strohmayer ger... ih. ss d.k.kHofı. Staatsirucke 


1. Auingueloculina suturalis Rls 2.0. plicatella IRls. 5. Nodosaria sıpho- 
nostoma Kls. 4. Glandulina aequalis Rs. 5. Plabellina inerassata Bls. 
6. Cristellaria rostzata Rls. 7. Cr. Itusseggerl Rls. & Pallenra compresstus 
ER quadriloba. 9 Polymorphina depanperata Rls. 70.7 seme 


tecta RIs. N.Texctilaria pectinata Rls. 
Sitzungsb. der k.Akad.d.W.math.naturw. (1. LV. Bd. LAbth.1867. 


» 


Reurfs. Fossile Fauna von Wieltezka. Taf.ı\. 


/. Polymorphina heuschnert Rls. 2. P foreolutn Bls 


bersana (2J% 


3. Pleprosa Hls. 4,7 Vrrgulina ‚Sschre 


yıın 


0.9. lregerına asperula (272, 10 Bulimina Buchano.dürb. 


71.123, BD, tenera Be. 13. Drscorbena pla tyormphala #Ls. 


Sitzungsb.der k.Akad d.W. math.naturw. CI. 4V. Bd.3.Abth1867. 


Be 


“r 


BR 


wi 


Tal.\. 


1. Diycorbina stellata Rls. 2,D. Su amula PLs. 
3. Pulvinulina cordiformes Costa.sp. 45. Rhabdo- 
. gomum warutum Pls.6-I,.Caryophylla salı. 


narta ls. 
.der k Akad.d Wmath.nafurw.C1,LV Bd F.Abth. 1867. 


Sitzung: 


a Te 


- 


Reufs. Fossile Fauna vo: Wiehezka. 


7. Chultellus papyraceus ls 2-4 Undrola Hornest Be 
D-7Fecten scabrıdus Krehmw.8 P bechwaldı Rls. 9. (leodora 


spena KL. I0 (L.subnlata 06 I, Spnrialis velvatına BIS 


Sitzunosb.der k.Akad.d.W.math.naturw. Cl. LV. Bd. 1. Abth. 1867. 


nn 


I 


ut Au 2 Aa 


N 


ee 2 


Reufs. Fossile Fauna von Wieliezka. Taf VI. 


1. Fecten denudatus B/s. 2. Alvanıa veliscensisvSchn 3A. conica vSehw. 


4. Euluma filıgera El5.5-7.Turbonıllaobscura Bls. 82 impressa BL. 


I. Z’brevrsR&. 10 DT’ aherrans Bls, // Philıne punctata Ad. 72 Trochus 


Gerambi Bls. 


Sitzungsb. der k.Akad.d\W. math.naturw.U1.LV Bd.1.Abth.1867. 


Reufs. Fossile Fauna von Wiehezka. 


TA: Te T: nn ee EN er 
Joh. Strohmasyer Sen lich. Aus Lkk Hof Staat 


T. Dilhynia curta Bls 2, Shenea sinplex Ks. 


3. Spamodor nılidus Bl. #_6. Poecilasma- 


miocaenica FR ls. 78, Mierodium nodulosum Rls. 


Sitzungsb.der k.Akad.d.Wmath naturw.C1. DV. Bd. T. Abth 1867. 


6 


Lipsky. Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals. 183 


Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmcanals. 


Von Dr. Alexander Lipsky aus Kiew. 


(Mit 2 Tafeln.) 


Ich habe nach einer mir vom Herrn Dr. Stricker mitgetheilten 
Methode eine erneuerte Untersuchung über den Bau des Darmeanals 
unternommen, weil sich die Aussicht eröffnete mit Hilfe derselben 
über einzelne nicht gelöste Fragen Aufschluß zu erhalten. Die 
Methode besteht wesentlich darin, dafS man ganz frische Stücke des 
Darmeanals in eine Chromsäurelösung von weingelber Farbe wirft, 
sie daselbst mehrere Tage liegen läßt, und dann kleine Stückehen 
eines derart mäßig erhärteten Darmes in eine mit eoneentrirter 
Gummilösung gefüllte Papierdüte taucht, und die hernach geschlos- 
sene Düte in etwa 80%), Alkohol wirft. Nach etwa einem Tage ist 
der Gummi so weit entwäßert, daß man die Papierdüte mit der Pin- 
zette abziehen kann, und dann hat man einen Körper in Händen, der 
sich zur Schnittführung bestens eignet. Es hat diese Methode vor 
der schon von Basch !) angeführten den Vorzug, daß die Darmstücke 
nicht eintrocknen, was namentlich für die Zotten nicht gleichgültig ist. 
Die Durchschnitte aus den Zotten selbst und aus der ganzen Darm- 
wand erwiesen sich bei der wünschenswerthen Dünne, der Art 
trefflich eonservirt, daß die Streifung an den freien Säumen des 
Zottenepithels sehr gut zu sehen war, und daß glatte Muskelfasern 
und Ganglienzellen und kurz das histologische Detail an Klarheit 
wenig zu wünschen übrig ließßen. Die Durchschnitte lasse ich, nach- 
dem sie vom Messer abgespült werden, 2—4 Tage im Wasser liegen, 
um sie so gut als möglich von der Chromsäure auszuwaschen, dann 
infiltrire ich sie in Karmin, und zwar, bleiben die Präparate in einer 
eoncentrirten Lösung von karminsaurem Ammon mehrere Stunden 
bis zu einem ganzen Tage; nachträglich werden sie noch einmal im 
Wasser ausgewaschen und in Glycerin aufbewahrt. Mit Rücksicht 
auf die Färbung glaube ich erwähnen zu dürfen, daß sich bei soleher 
Behandlung das Bindegewebe am schwersten färbt; die glatten Mus- 


1) Sitzungsber. Bd. LI. 


184 Lipsky. 


kelfasern am leichtesten. Auch die Ganglienzellen des Auerbach’- 
schen und Meissner’schen Plexus färben sieh schwerer als die 
Muskeln und waschen sich auch schwerer von der Chromsäure aus 
als Muskeln, und die meisten meiner Präparate sind so beschaffen, 
daß die glatten Muskelfasern und namentlich die Kerne derselben 
voth gefärbt sind, während die Ganglienzellen zwischen ihnen noch 
einen Stich ins Gelbliche zeigen. 

Ich will meine Aufmerksamkeit zunächst den Cylinderzellen des 
Dünndarmes zuwenden. 

Die Epithelialzellen, welche die Zotten bekleiden, sind nieht 
allenthalben so einfach (einschichtig), wie man sie schematisch zeich- 
net, sondern es stecken häufig in der Tiefe und zwar zwischen den 
Basen, respective Spitzen, der einfachen Zellenreihen noch andere 
kleinere Zellen, wie das auch E. H. Weber beschrieben hat. 

An den Stellen, wo jene Zellen, welche mit ihrem breiten Ende 
an das Darmlumen stoßen, sich gegen die Darmsehleimhaut zu in 
spitze Fortsätze ausziehen, können diese Fortsätze selbst zwischen 
solchen kleineren Zellen gelagert sein. Bei dem Umstande, als das 
Zottenparenehym selbst von Zellen durchsetzt ist, kann es sich auch 
ereignen, dafs man die Abgrenzung des Zottenparenehyms gegen 
diese tiefer liegenden Zellen nicht scharf unterscheidet, und es 
kann in solehem Falle auch die Vermuthung rege werden, ob nicht 
die Fortsätze der Epithelien in das Parenchym der Zotte hineinrei- 
chen. Die Untersuchung von frischen nieht gequetschten Zotten 
hat mir eine solche Communication niemals zur Anschauung gebracht, 
und die Untersuchung auch der besten Durehschnitte gleichfalls nicht. 
Ich kann also weder die Angabe Heidenhein’s über die Ver- 
bindung von Epithelialzellen mit Bindegewebskörperchen der Zotte 
bestätigen, noch kann ich den neuesten Mittheilungen von Letze- 
rieh (Virehow's Archiv Oetober 1866) beipflichten, nach welchen 
eigene Resorptionsorgane vorhanden wären. Die Angabe des genann- 
ten Autors, dal die Chyluswege durch eigene Organe bis an die 
Oberfläche der Zotte reichen und daselbst münden, scheint jeden- 
falls auf einer mangelhaften Beobachtung zu ruhen. Ich will alles 
das, was bereits über diese Frage gesprochen, und von Letzerich 
nieht beachtet wurde, nieht noch einmal wiederkolen. Es genügt 
darauf hinzuweisen, daß die Resorptionsorgane Letzerieh's nichts 
Anderes sind, als die sattsam bekannten Becherzellen. 


= . oo 
Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals. 185 


Die Verhältnisse der Epithelialzellen einer Anzahl von Säuge- 
thieren wie sie Brettauer und Steinach im Jahre 1857 (Wiener 
Sitzungsberiehte) geschildert haben, muß ich, was den objeetiven 
Befund anbelangt, in allem und jedem bestätigen. Ich habe in der 
neuesten Zeit mit einer der besten Tauchlinsen, welche mir Herr 
Dr. Stricker zur Verfügung stellte, die Epithelialzellen sowohl, als 
deren Säume im frischen und im conservirten Zustande untersucht, 
und ich muß unumwunden gestehen, daß es meine höchste Bewun- 
derung erregt hat, wie Brettauer und Steinach im Jahre 185% 
mit ihren relativ geringen Mitteln so viel sehen konnten; so viel 
wie allem Anschein nach bis jetzt, noch kein Anderer nach ihnen 
gesehen hat. 

Die schönen Beobachtungen, aus welchen in der genannten 
Arbeit auf eine Zusammensetzung des Saumes aus Stäbchen 
geschlossen wird, kann ich um so eher bestätigen, als ich mich über- 
zeugt habe, daß die Stäbchen zuweilen ungleich hoch hervorragen, 
was bei der Annahme von Poreneanälchen offenbar nieht gut denk- 
bar ist. 

DenEinwand von Kölliker 1), daß Brettauer und Steinach 
auch nicht einen Grund angeben, warum sie dieselben als natürliche 
Bildungen ansehen, brauche ich nicht zu entkräften, da Brettauer 
und Steinach deutlich und ausdrücklich darauf aufmerksam machen, 
daß sie ihre Beobachtungen an ganz frischen eben getödteten Thieren 
angestellt haben. 

Den weiteren Einwand von Kölliker, dafs Auflagerungen mit 
Porencanälchen eine ganz verbreitete Erscheinung, wogegen Ablage- 
rungen in Form von Stäbchen nur an Eiern von Fischen vorgekom- 
men sind, wird gewiß Niemand als ernst gemeinten Stoß gegen 
die Beobachtungen von Brettauer und Steinach annehmen. — 

Kölliker wendete die Frage in der neuesten Auflage seines 
Buches der Art, daß er uns zeigt, die Epithelialzellen an und für sich 
seien ringsum geschlossen und auf der Zelle liege ein poröser Deckel, 
der in Folge von Veränderungen nach dem Tode auch als ein Büschel 
Härchen oder Wärzehen oder Stäbehen erscheinen kann, und bezieht 
sich unter anderem darauf, daß man auch nach dem Abfallen dieses 
Deckels keine Löcher in der Zellenmembran findet. 


1) Handbuch 4. Auflage. 


186 Lipsky. 


Die Bilder, welche Pag. 445 in Fig. 249 D abgebildet sind, 
sind wohl der Wahrheit getreu, aber das sind gewiß keine Epithelial- 
zellen in toto; das ist ausgetretener Inhalt von Epithelialzellen, oder 
anders genommen: das ist Zellenleib mit Zellenkern, der aus einem 
Becher herausgetreten und den Saum mitgerissen hat. Daß man an 
solehen Zellenleibern nach dem Abfallen des Saumes keine Löcher 
zu finden braucht, ist von selbst klar. Eben so klar ist es aber, daß 
man nach dem Abfallen des Saumes Löcher in der Zellhülle findet. Ich 
brauche in der Riehtung wieder nur auf die Becherzellen zu verwei- 
sen, über deren Entstehung ja Brettauer und Steinach einen 
unzweideutigen Aufschluß gegeben haben. Da indeß diese Darstellung 
immer noch bezweifelt wird, so sei noch Folgendes hinzugefügt. 

Wenn man den Darm einer eben getödteten Katze in eine 
Lösung von doppelt chromsaurem Kali bringt, dann werden fast alle 
Zellen sowohl des Dünn- als des Diekdarmes in Becherzellen um- 
gestaltet. Ein stärkeres Kriterium für die Natur der Zellenhülle im 
Darmeanal überhaupt und für die Unhaltbarkeit aller jener Angaben, 
welche von zweierlei Zellen auf den Zotten oder von eigenen Resorp- 
tionsorganen sprechen, läßt sieh füglich kaum auffinden. Beim gesun- 
den Kaninchen trifft dieses Verhältniß nicht zu, aber Strieker und 
Kocslakoff !), haben gezeigt, dafs ein solches auch bei Kaninchen 
der Fall ist, und zwar sowohl im Magen als im Dünndarme, wenn 
diese Organe abnormer Weise gereizt und zu Entzündungen geführt 
werden. 

Ob die hinteren Enden der Epithelialhüllen offen sind, darüber 
weiß ich gar nichts anzugeben. Es ist aber ganz gut möglich, daß 
solche Öffnungen existirten, ohne daß wir sie wahrnehmen, weil die 
Epithelialzellen nur in den seltensten Fällen ihren ganzen Inhalt 
ausstossen, und weil in der Regel Reste von Protoplasma auf dem 
Grunde des Bechers sitzen bleiben. Wir sehen aber bekanntlich die 
scharf gezeichneten Mündungen der Becher erst dann, wenn wenig- 
stens die oberflächlichsten Partien des Protoplasma ausgestossen sind. 

An Durchschnittspräparaten aus dem Katzendarm gehört es zur 
Regel, dafs an den beiden Wänden, welehe auf dem Längsdurch- 
schnitte eines Bechers zur Ansicht kommen, Stücke von deutlich 
streifigem Saume haften bleiben. 


I) Sitzungsberiehte Bd. LIIT. 


A 
Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darımcanals. 1817 


Es läßt sich diese Thatsache gleichfalls für die Zusammen- 
setzung des Saumes aus Stäbehen ins Feld führen. da es gut denk- 
bar, daß solehe Stücke des Saumes, welche auf den Rändern der 
beeberförmigen Zellhülle aufsitzen, hier haften bleiben, während die 
eentralen Partien mit dem Inhalte ausgestoßen werden. 

Es ist andererseits schwer denkbar, daß ein von Poren oder 
Canälen durchsetzter aber sonst zusammenhängender Deckel so 
häufig und in der Weise durchlöchert werde, daß nur ein schmaler 
Ring zurückbleibe. 

Daß der Saum nicht etwa von vorneherein aus einem so 
sehmalen Ringe besteht, wie es Taf. II, Fig. 6 erläutert, braucht kaum 
erst erwiesen zu werden. 

Am Diekdarme sah ich ein derartiges Ledirtwerden des Saumes 
nicht. Ich will mich aber durchaus nicht über die Zusammensetzung 
des Saumes an den Epithelien des Diekdarmes ausspreehen. Es gelang 
mir eben nicht eine deutliche Streifung mit Sicherheit aufzulösen. 

Die Epithelialzellen an den Oberflächen der Peyrischen Follikel 
sind nicht ganz so gebaut, wie diejenigen an den Zotten. Auch an 
den ersteren ist ein streifiger Saum vorhanden, aber die Zellen sind 
erstens im Allgemeinen kürzer als an den Zotten, und zweitens 
scheint in der Tiefe ein reicheres Lager von jenen Zellen vorhanden 
zu sein, deren ich eingangs erwähnte. — 

Da, wo eine Liberkühn’sche Krypte an einen Follikel anstoßt, 
sieht man auf dem Durchschnitte, daß das Epithel auf dem Boden 
der Krypte seinen Charakter wechselt. Auf der einen Seite ist es 
noch nach Art des Zottenepithels und auf der anderen Seite schon 
nach Art des Follikelepithels gebaut. 

Was das Parenchym der Zotten anbelangt, habe ich nur die 
bereits bekannte Erfahrung zu bestätigen, dal sie aus einem netz- 
fürmigen Gewebe zusammengesetzt sind, in welches Netz Zellen 
eingetragen sind. Der Zottenraum ist mir an Kaninchendärmen 
einigemale auf Durchschnitten in ausgezeichneter Weise zur An- 
sehauung gekommen, und sind die Präparate auch glücklich con- 
servirt. Es zeigt sich hier mit einer Sicherheit die niehts zu 
wünschen übrig läßt, daß der Zottenraum von glatten Muskel- 
zellen ausgekleidet ist. Ich will durchaus nicht behaupten, dal 
dieses allenthalben so sein müsse. Herr Dr. Strieker sagte mir, 
daß die Zeichnungen, welche Basch entworfen hat, und nach 


188 Lipsky. 


welchem der Durehsehnitt des Zottenraumes direct von adenoidem 
(Gewebe des Zottenparenehyms begrenzt ist, vollständig der Natur 
getreu abgebildet wären. Es ist nun ganz gut möglich, daß einmal 
die Zottenräume, welehe in meinen Schnitten getroffen sind, zufällig 
solchen Stellen entsprechen, wo glatte Muskelfasern liegen, und 
diejenigen, welche Basch abgebildet hat zufällig solehen, wo glatte 
Muskelfasern fehlen. 

Es ist ferner gut denkbar, dafs die Verhältnisse bei dem Hunde 
andere sind als beim Kaninchen, und die Zeichnung von Basch 
bezieht sich auf den Hundedarm, meine Aussage aber auf den 
Kaninchendarm. Ich muß aber jedenfalls mit aller Entschiedenheit 
betonen, daß in diesem ausgezeichnet eonservirten Darm weder von 
einer Epithelauskleidung noch von einer besonders structurlosen 
Membran irgend etwas siehtbar ist, und zwar gilt dieses für die 
ganze Länge des Zottencanals, weil es mir in einzelnen Fällen gelun- 
gen ist, den ganzen Canal in die Schnittebene zu bekommen. 

Die Lieberkühn’schen Krypten sind im Dickdarm des 
Kaninchens spärlicher angeordnet, wie im Dünndarme, und mithin ist 
das Stroma der Schleimhaut in dem ersteren viel mächtiger ent- 
wickelt. Zwischen die Lieberkühn schen Krypten ziehen einzelne 
glatte Muskelfasern aus der Huscularis mucosae hinein, wie das schon 
Brücke beschrieben hat. Ich kann nur hinzufügen, daß dieses 
Verhältniß auf Durehsehnitten des Diekdarmes besser zu sehen ist, 
als auf Durchsehnitten des Dünndarmes, weil wie schon erwähnt 
wurde, in dem ersteren die Krypten nicht so dicht angeordnet sind. 

Die Muscularis mucosae besteht wohl dem ganzen Darm ent- 
lang aus einer inneren Rings- und aus einer äußeren Längsfaser- 
schichte. 

In Rücksicht auf den Vergleich zwischen Kaninchen und Katzen. 
erwähne ich nur, daß bei ersteren auch im Diekdarme die Sonde- 
rung viel strenger aufrecht erhalten wird, als bei letzteren, da sich 
bei Katzen stellenweise Rings- und Längsfasern durcheinander fleeh- 
ten. Im Kaninchen-Diekdarm findet man Stellen, wo die Längs- 
faserhaut sowohl wie die Ringsfaserhaut nicht ganz zwei Zellen im 
Durchmesser betragen, sondern, wo sich eben die Spitze einer Zelle 
über den Bauch der anderen Zelle hinüberzieht, ja die Ringsfaserhaut 
ist am Diekdarme häufig durehbrochen, so daß diese mehr netzförmig 
angeordnet ist. 


Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals. 189 


Der Angabe von His !), daß an den Stellen, wo Peyr’sche 
Plaques oder solitäre Follikel vorhanden sind, die Museularis aus 
ihrer Lage verdrängt, unter den Basen der Follikel zu finden wäre, 
muß ich entsehieden widersprechen. Bei Katzen sowohl als bei 
Kaninchen sind die Peyr schen Drüsen mit ihren oberen respective 
inneren Abschnitten durch die Muscularis durchgesteckt ganz genau 
so, wie es Brücke ?) in seiner Abhandlung über die Museularis 
mucosae beschrieben hat. 

Die Meißßner’schen Ganglienzellen sind namentlich schön im 
Diekdarm des Kaninchens zu sehen, wo sie bei sehr wenig entwickel- 
ter Submucosa schichtenweise unter der Muscularis anlagern; es 
sind relativ große, stark granulirte, mit großen bläschenförmigen 
Kernen versehene Zellen; am Dünndarm sah ich solche schichten- 
weise Anlagerungen unter der Muscularis mucosa niemals. Hier sind 
die Meißner’schen Ganglien zu größeren Plexus, dieken Knoten 
angehäuft, von welchen Knoten dünnere Zellenstränge zu anderen 
Knoten hinziehen. Von solehen Knoten ziehen auch andere Stränge 
fort, über deren Natur ich nichts Bestimmtes aussagen kann, wie 
sich das bei Durchsehnittspräparaten so ziemlich von selbst versteht. 
Ich weiß aber, daß solche Stränge zuweilen in die Ringsfaserhaut 
der äußeren Darmmuskelschichte hineinziehen um zu anderen Gan- 
glienplexus zu gelangen. Ich muß namentlich erwähnen, daß die 
Ganglien bei der äußeren Muskelschichte nicht nur zwischen Längs- 
und Ringsfaserhaut liegen, sondern zuweilen weit hinein in die Rings- 
faserhaut vorgeschoben sind. Ja ich habe ein Präparat abgebildet: 
an welchem zu sehen ist, wie auf einem von einer Auerbach-- 
sehen Ganglienplexus ausgehenden Zug, der sich in die Ringsfaser- 
haut hinein erstreckt, erst ein Plexus sich anlegt, dann der Zug in 
‚die Ringsfaserhaut hinein weiter greift, dann sich ein zweiter Plexus 
einschiebt, und dann erst läßt sich der Zug bis in die Submucosa 
hinein verfolgen. 

Am Kaninchendarme ist das Peritonaeum des Dickdarmes viel 
mächtiger, als das des Dünndarmes. Trotz der ausgezeichneten Con- 
servirung meiner Präparate und trotzdem, daß ich meine eingeschlos- 
senen Durehschnittspräparate noch mit Immersionslinsen untersuchen 
kann, und an welchen, wie schon erwähnt wurde, die Stäbehensäume 


1) Zeitschr. f. w. Zoologie XI. 
?) Sitzungsberichte 1851. 


10 Lipskvy. 


erhalten sind, konnte ich ein Epithel des Peritonaeums auch nieht 
spurenweise entdecken. — 

Was die Follikel des Dünndarmes anbelangt, habe ıch sehon 
früher erwähnt, daß His im Unrecht ist, wenn er sie oberhalb der 
Museularis mueosae sucht. Das was His als Muscularis mucosae 
bezeichnet, das ist in Wirkliehkeit keine Museularis; das sind die- 
selben Stränge, welehe sich zwischen die Follikel hineinerstrecken, 
welche theilweise die Lymphsinuse bilden und theilweise die Follikel 
selbst von einander abscheiden. Dieser Irrthum von His zog noch 
einen anderen nach sich. His schloß aus dem Umstande, daß die 
Museularis mucosae unter dem Follikel liegt, den weiteren Schluß, 
daß die Follikel selbst in der Mucosa liegen müssen, und das ist 
ganz und gar unrichtig. Die Follikel liegen nur zum kleinsten Theil 
in der Mucosa, zum großen Theil ragen sie über dieselben hervor, 
oder in die Submuecosa hinein. Wenn uns also His ferner auf einem 
gepinselten Durcehschnittspräparate den Follikei als ganz von ade- 
noidem Gewebe umgeben, zeiehnet, so muß ich ganz anstandslos 
dagegen erklären, daß diese Zeichnung nur theilweise der Wahr- 
heit entsprechen kann, zum Theile aber schematısirt sein müsse. Die 
Stränge, welche His selbst zwischen den Follikeln respective den 
Lymphsinus zeichnet, sind gewiß nicht nach dem Muster des netz- 
förmigen Gewebes gebaut, das sind einfache dichte Stränge und ent- 
sprechen thatsächlich ganz und gar den Bindegewebsbalken in den 
Lymphdrüsen, wie dies übrigens auch His, seiner eigenen Angabe 
widersprechend, hervorhebt. Der angeführte Irrthum von His bewog 
ihn wohl auch die Meinung Brücke’s, daß diese Stränge Lymph- 
gefäße seien, zu widerlegen. Es ging dies weniger aus wirklichen 
Beobachtungen, als aus der Annahme hervor, daß die Follikel eben 
in der Mucosa ruhen, in welcher sich keine Lymphgefässe befinden. 

Ich will nun keineswegs behaupten, daß diese Stränge Lymph- 
gefäße seien, ich consentire ganz und gar, daß diese Stränge den 
Bindegewebsbalken der Lymphdrüsen entsprechen; aber mit Rück- 
sieht darauf, daß diese Stränge bis an die Muscularis subperitonaea- 
lis führen, darf wohl erwartet werden, daß in ihnen selbst schon 
wirkliche Lymphgefäße liegen können, wenn nicht angenommen 
werden soll, daß die Lymphe oder Chylus auch von der Museularis 
superitonaealis einfach in Spalträume aufgesogen werden. 


Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals- | 34 


Erklärung der Abbildungen. 


Fig. I Durehsehnitt aus dem Dünndarme des Kaninehens. 
m, m Muscularis mucosuae. 
k, k Kuppen von Follikeln. 
f Follike'. 
s Submucosa. 
Z, L Rings- und Längsfaserhaut. 
p Peritonaeumı. 

Fig. 2. Durehschnitt aus dem Diekdarme des Kaninchens. Der Schnitt soll die 
Oberfliche der Schleimhaut und die Richtung der Crypten ersichtlich 
machen. 

J Crypten. 
m, S, Z, L, p wie früher. 
Fig. 3. Seitlicher Längenschnitt einer Sachen Zotte der Katze. 
D Substauz der Zotte ist daher sehr schmal. 
D Becherzellen, welche dureh die Mündung geschnüten sind mil 

Stücken von Säumen. 

v Becherzellen, welehe ınehr seitlich getroffen sind. 

Fig. 4. AR Zotienraum 

9 glatte Muskelzellen als Begrenzung (derselben. 

Fig. 5. Eine Crypte, welche links (im Bilde an einen F«llikel stößt). 

Es ist hier die Verschiedenheit in dem Charakter des Epithels von 
Herrn Dr. Heitzmann naturgetreu gegeben. 

Bei A ist etwas ausgepinseltes Gewebe des Follikels gezeichnet 
und bei 7 ein Strang, welcher sich zwischen die Follikeln hinzieht 
und endlich nach aufwärts noch an der Seite der Crypte sicht- 
bar ist. 

Fig. 6. Crypten aus dem Diekdarm unter der Tauchlinse Nr. 10 gezeichnet. 

m, m Muscularis mucosae. 
J Cıypten. 
M Mucosa. 

Fig. 7. Längsschnitt aus dem Diekdarme des Kaninchens unter der Tauchlinse 

Nr. 10 gezeichnet. 
m, m wie früher. 
M, PMeifiner’sche Plexus. 


“ . * “. r ... ar 
192 vi pskvy. Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals. 


J, Z wie früher. 
r, n. Ringslasern der Muaseularis mucosae. 
ZM Zellen aus der Mucosa. 
Fig. 8. Dünndarm des Kaninehens. 
M, P, S, Z, L wie früher. 
AP Auerbach’scher Plexus und Verbindung desselben mit dem 
Meifßner’schen Plexus dureh einen Faserzug. 
Fig. 9. Z, L, p, AP wie früher. 
@Z Ganglienzellen innerhalb der Ringsfaserhaut. 


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{nifs des Baues des Darın kanals. 


195 


II. SITZUNG VOM 10. JÄNNER 1867. 


Der Seeretär theilt mit, daß Herr Dr. Diesing schwer erkrankt 
und wenig Hoffnung auf dessen Wiedergenesung vorhanden sei. 

Derselbe legt eine Anzahl sehr gelungener, durch Herrn G. 
Reiffenstein verfertigter Litho-Photographien zur Ansicht vor, 
und bespricht das zu deren Erzeugung angewendete Verfahren. 

Herr Prof. Dr. K. Peters in Graz übersendet eine Notiz über 
„Phoca pontica“ Eiehw. bei Wien. 

Herr E. Koutny, Assistent der descriptiven Geometrie an der 
k. k. technischen Lehranstalt in Brünn, übermittelt eine Abhandlung, 
betitelt: „Construction der Selbstschattengrenze von Rotationsflächen 
in der Perspeetive unter Voraussetzung paralleler Liehtstrahlen.* 

Herr Prof. Dr. A. Winckler legt zwei Abhandlungen von 
Herrn Dr. J. Frischauf vor, und zwar: a) Theorie der Kreis- 
theilung“ und 5) „Beitrag zur Theorie der Pell’schen Gleichung.“ 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Academy, The Royal Irish: Transactions. Seiencee: Vol. XXIV, . 
Part 5; Polite Literature: Vol. XXIV, Part 3; Antiquities: Vol. 
XXIV, Parts 5—7. Dublin, 1865/66; 40. 

Akademie van Wetenschappen, Koninkl., te Amsterdam: Verslagen 
en Mededeelingen. Afdeeling Letterkunde: Deel IX. 1865; Af- 
deeling Natuurkunde: 2% Reeks I. Deel. 1866; 80. — Jaar- 
boek 1865; 80%. —- Catalogus van de Boekerij. II. Deel’s 
1. Stuk. 1866; 80. — Processen-Verbaal van de gewone Ver- 
gaderingen. Afdeel. Natuurkunde. Januarij 1865 — April 1866; 
80. — Simplieii commentarius in libros IV Aristotelis de caelo 
ex recens. Sim Karstenii. Trajecti ad Rhenum, 1865 ; 4°. 

Bauzeitung, Allgemeine. XXXI. Jahrgang, 10.—12. Heft. Nebst 
Atlas. Wien, 1866; 40 & Folio. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 13 


194 


Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Seiences 
physiyues et naturelles. N. P. Tome XXVIF, Nrs. 105—107. 
Geneve, Lausanne et Neuchatel, 1866; 89. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. 
Tome LXII, Nrs. 25—26. Paris, 1866; 40 

Cosmos. 2° Serie. XVI° Annee, 5° Volume, 1"° Livraison. Paris, 
1867,80 

Gesellschaft der Wissenschaften, könıgl., zu Göttingen: Abhand- 
lungen. XI. Band. Göttingen, 1866; 40. 

— Schlesische, für vaterländische Cultur: Abhandlungen. Philos.- 
histor. Abtheilung: 1866; Abtheilung für Naturwissenschaften 
und Mediein. 1865/66. Breslau; 80. — 43. Jahresbericht. 1865. 
Breslau, 1866; 8°. 

Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXVII. Jahrg. Nr. 1. Wien, 1867; 8°. 

Grunert, Joh. Aug., Archiv für Mathematik und Physik. XLV. Theil, 
3. & 4. Heft. Greifswald, 1866; 80- 

Helsingfors, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1865 
bis 1866. 40, 80 & Fol. 

Instituut, Koninkl. Nederlandsch Meteorologisch: Meteorologisch 
Jaarboek. 1865. Utrecht, 1866; 4°. 

Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. XVII. Jahrgang, Nr. 1. 
Wien, 1867; 40 

Magazijn voor Landbouw en Kruidkunde. N. R. 8. Aflevering. 
Utrecht, 1866; 80. 

. Mittheilungen des k. k. Artillerie-Comite. Jahrgang 1866, 7. Heft. 
Wien; 8°. 

Reise der österr. Fregatte Novara um die Erde. Zoologischer Theil. 
I. Band. Amphibien, bearbeitet von Fr. Steindachner. Wien, 
1867; 40. 

Societe des Sciences naturelles de Strassbourg: Memoires. Tome 
VI°, I* Livraison. Paris & Strassbourg, 1866; 40, 

— de Physique et d’Histoire naturelle de Geneve: Memoires. Tome 
XVII, 2% Partie. Geneve, Paris, Bale, 1866; 40, 

Society, The Royal Geological, of Ireland: Journal. Vol. I, Part 2. 
London, Dublin, Edinburgh, 1866; 8°. 

— The Royal of London: Philosophical Transactions. Vol. 155, 
Part II. 1865; Vol. 156, Part I. London, 1866: Ao. — 


195 


Proceedings. Vol. XIV, N. 78—79: Vol. XV, Nr. 80— 86. 
London, 1865 & 1866: So. 

Society, The Linnean, of London: Transactions. Vol. XXV, Part 2, 
London, 1866; 4°. — Journal. Botany: Vol. IX, Nrs. 35 — 37; 
Zoology: Vol. VII, Nrs. 31 & 32; Vol. IX. Nrs. 33. London, 
1865 & 1866; So. — List 1865. 8°. 

— The Zoological, of London: Transactions. Vol. V, Part 5. Lon- 
don, 1866; 4%. — Proceedings for the Year 1865. London, 
Paris & Leipzig, 1865; 8% — Report of the Couneil April 30% 
1866. 8°, 

Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 2—3. Wien, 
1866; 4% 

Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. 
XV. Jahrg. Nr. 1. Gratz, 1867; 4°. 

Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten - Vereines. 


XVIM. Jahrgang. 10. & 11. Heft. Wien, 1866; 4% 


III. SITZUNG VOM 17. JÄNNER 1867. 


Der Präsident der Classe gedenkt des Verlustes, den die Aka- 
demie durch das am 10. Jänner erfolgte Ableben des wirklichen 
Mitgliedes. Herrn Dr. Karl Moriz Diesing erlitten hat. 

Sämmtliche Anwesende geben ihr Beileid durch Erheben von 
den Sitzen kund. 

Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 

„Die Tageszeiten der Meteoritenfälle verglichen“ und „Der 
Meteorit von Simonod,“ beide vom Herrn Hofrathe W. Ritter v. 
Haidinger. 

„Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 
VII. Die organischen Einschlüsse eines Ziegels der alten Judenstadt 
Ramses in Ägypten,“ von Herrn Prof. Dr. F. Unger. 

Herr Prof. D. Aug. Em. Reuss legt eine Abhandlung: „Über 
einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligoeän“ vor. 

Das e. M. Herr Prof. Dr. C. Ritter v. Ettingshausen über- 
gibt eine Abhandlung: „Die Kreideflora von Nieder - Schöna in 
Sachsen.“ A 

Das e.M. Herr Prof. V. v. Lang überreicht eine im k. k. physi- 
kalischen Institute ausgeführte „Optische Untersuchung des unter- 
schwefelsauren Baryt“, von Herrn A. Brio. 

Herr Dr. S. Stricker legt eine Abhandlung vor, betitelt: 
„Untersuchungen über das Leben der farblosen Blutkörperchen des 
Menschen.“ 


An Drucksehriften wurden vorgelegt: 


Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 2. 
Wien, 1867; 8°. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1622. Altona, 1867; 4°. 

Comptes rendus des seances de I’ Academie des Sciences. Tome 


LXII, N. 27. Paris, 1866; 40 


197 


Cosmos. 2° Serie. XVI’ Annee, 5° Volume, 2° Livraison. Paris, 
1867; 8°. 

Dechen, H. von, Geologische Übersichtskarte der Rheinprovinz und 
der Provinz Westphalen. Nebst Notiz über dieselbe. Bonn, 1866; 
gr. Folio & 8% 

Gesellschaft der Wissenschaften, Königl. Dänische: Skrifter. V. 
Raekke. Historisk og philosophisk Atdeling. IH. Binds 1. Hefte. 
Kjöbenhavn, 1866; 4%. — Oversigt. 1865, Nr. 1—3. 1866, 
Nr. 1. Kjöbenhavn; 8°. 

Gewerbe-Verein,n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. XXVI. 
Jahrg. Nr. 2. Wien, 1867; 80. 

Hörnes, Moriz, und Ludwig Ritter v. Köchel, Das Mohs-Denkmal. 
Bericht über die Ausführung desselben. Wien, 1866; 8. 
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 2. Wien, 

1867; 4°. 

Maelear, Sır Thomas, Verifieation and Extension of La Caille's 
Are of Meridian at the Cape ofGood Hope. Vol. T& II. 1866; 40 

Museum Franeisco-Carolinum: 26. Bericht. Linz, 1866; 8°. 

Parlatore, Filippo, Le specie dei cotoni. Con VI tavole. Firenze, 
1866; 40. & Folio. 

Societe geologique de France: Bulletin. 2° Serie. Tome XXI, 
Feuilles 30—51. Paris, 1865 a 1866; 80. 

Society, The Royal Astronomical: Memoirs. Vol. XXXIV. London, 
1866; 4°. 

— The Literary and Philosophiecal, of Manchester: Memoires. 
Ill. Series. II. Vol. London & Paris, 1865; 80%. — Proceedings. 
Vol. IH. & IV. Manchester, 1864 & 1865; 80. 

Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 4—5. Wien, 
1867; 4°. 

Woehen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthsehafts - Gesellschaft. 
XV. Jahrg. Nr. 7 u. 14. Gratz, 1866; 40. 


l HR, Unger, 


Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 


Von dem w. M. Prof. Dr. F. Unger. 


VIH. Die organischen Einschlüsse eines Ziegels der alten Juden- 
stadt Ramses in Agypten. 


Es ist mir wiederholt Gelegenheit geworden von einem alten 
Baue Ägyptens einen Ziegel auf dessen Einschluß an organischen 
Körpern zu untersuchen. Ich verdanke dieses interessante, obgleich 
unvollständige Öbjeet Herrn Dr. Reinisch, der dasselbe auf seiner 
Reise in Ägypten im Jahre 1866 sammelte. 

Wie bekannt, besuchten die Herren Dr.Reiniseh und Dr. Roes- 
ler in Gesellschaft des Herrn ProfessorsR. Lepsius mehrere Ruinen- 
stätten ım Delta. „Wir durchstreiften“, so erzählt letzterer in einem 
Briefe an die k. Akademie in Berlin vom 18. April 1866, „die aus- 
gedehnten Ruinen von Masyüta und schritten die Hauptumwallung 
der Acropolis ab, in deren Mitte der Tempel stehen mußte, dessen 
Lage durch die Granitgruppe angezeigt ist. Zum Andenken an die 
bekannte Frohnarbeit der Israeliten, ließ ich aus der ursprünglichen 
Umwallungsmauer, die ohne Zweifel zu der ersten Anlage der Stadt 
gehörte, einen der gewaltigen Nilziegeln herausarbeiten, die mit 
Hechsel wenig gemischt und mit Cement verbunden 044 zu 0-24 zu 
0:12 Met. in ihren Dimensionen haben“. 

Wenn man von Ismailia am Timsach-See dem Süßwassercanal 
nach Zagaziq verfolgt, so liegt Masyuta 17 Kilometer von da entfernt. 
Unweit dessen sind die Scherbenstätten und Mauerreste, die man mit 
höchster Wahrscheinlichkeit für das alte Ramses hält, die Stadt, 
welche, so wie Pitom unter Ramses II. — dem Sesostris der Griechen, 
im 13. oder 14 Jahrhundert vor Christo erbaut wurde 1). Eine große 


1) Ramses Il. Miamum regierte nach Lepsius von 1388—1322; nach Reinisch 
von 1285— 1217 v, Christo. Die biblische Erwähnung der Stadt Ramses im Lande 
Gosen findet sich Mos. 11. 1. 11, 


Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 1 99 


Ziegelmauer hat sich zum Theile erhalten; von ihr rühren die Bruch- 
stücke her, die mir zur Untersuchung übergeben wurdeu. 

Dieselben waren, als ich sie in Graz überkam, in Papier einge- 
wickelt und mit Stroh umhüllt in einem Korb aus Palmenblättern 

. verpackt. 

Bei Eröffnung des Korbes ergab es sich, daß nur das Bruch- 
stück eines Ziegels im unverletzten Zustande sich vorfand, vom zwei- 
ten Ziegel nur größere und kleinere Trümmer und zu Staub zerrie- 
bene Theile vorhanden waren. Ich sonderte Alles vorsichtig, nament- 
lich bewahrte ich das unverletzte Ziegelstück sorgfältig auf; vom 
zweiten Ziegel wurden die größeren und kleineren Stücke von dem 
anhängenden Stroh so gut es ging gereiniget und geschlemmt, die 
kleineren Stücke und der Staub war jedoch so verunreiniget, daß sie 
nicht weiter untersucht werden konnten. 

Das Ziegelstück Nr. I hatte eine fast eubische Form, dessen 
Dimensionen 0-14—0-13— 0:10 Met. betrugen, woraus im Ver- 
gleiche mit den oben angegebenen Ausmaßen hervorgeht, daß das- 
selbe ungefähr die Häfte eines ganzen Ziegels war, auch ist ersicht- 
lich, daß die Größe der Ziegel von Ramses mit jenen der Umwal- 
lungsmauer von Eileithyia und der Pyramide von Dashur ziemlich 
übereinstimmen. 

Das Ziegelstück war von außen durch einige löcherartige Ver- 
tiefungen ausgezeichnet, die wohl daher entstanden sein mögen, daß 
die in der Oberfläche ursprünglich vorhandenen Sand- und Gestein- 
körner herausgefallen waren, während andere daselbst noch sichtbar 
waren und kleine Hervorragungen bildeten. Von Stroh oder Häcker- 
ling waren nur wenige Spuren sichtbar. 

Nachstehendes Bild auf ?/, der natürlichen Größe redueirt, mag 
eine genauere Vorstellung dieses Ziegelstückes geben. 

Dem Gewichte nach betrug dieses Stück nicht mehr als 
2520 Grm., während der zerfallene Ziegel Nr. Il, vorausgesetzt die 
Theile gehörten einem Individuum an, 5786 Grm. wogen, woraus 
hervorgeht, daß das Stück Nr. I kaum die Hälfte eines ganzen Ziegels 
ausmachte. 

Um sich eine genaue Vorstellung von den constituirenden mi- 
neralischen Bestandthtilen dieser Ziegel zu machen, so gab die 
Schlämmung folgende Aufschlüße. 

Es waren enthalten: 


200 Unger. 


Im Ziegel II. Im Ziegel I. 
Feiner Schlamm . . . . 3990 Grm. 195 Grm. 
Keiner Sand ur zur. lag Abb u 
Gsohar Sanda san eins a A20 140 „ 
Organische Reste . . . 338 De 


woraus hervorgeht, daß die feineren Sehlammtheile um mehr als das 
Zwölffache vor den gröberen vorwiegen, wie das auch im Nilsehlamm 
der Fall ist. Das geringe Gewicht der organischen Theile zeigt 
unwiderleglich, daß bei der Fabrication dieser Ziegel nur sehr wenig 
Hechsel in Anwendung kam. 


Was die gröberen anorganischen Theile betrifft, so fanden sich 
unter denselben: | 

Nr. 1. Trümmer von Thongeschirren. 

Ein Stück, von einem Quadratzol!l im Umfange, war von grobem 
Thon mit Quarzkörnern gemischt roth gebrannt, ziemlich porös und 
daher stark Wasser aufsaugend, ein zweites kleineres Stück schwarz 
gebrannt, war mit etwas wenigem (uarzsand versetzt, weniger porös 
und daher dichter. 

Nr. 2. Krystalldrusen von Gyps; sie waren sehr häufig und bil- 
deten Stücke von Linsen- und Erbsengröße bis zur Größe 
einer Haselnuß. 

Nr. 3. Eben so große unregelmäßige, häufig abgerundete Stücke 
eines verwitterten Grobkalkes, welche dem äußeren An- 


sehen naeh Mörtelfragmenten glichen. 


Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 201 


Nr. 4. Einige ähnliche Stücke aus porösem Kalk und Sand zusam- 
mengesetzt, die ich nothwendig für Mörtel halten mußte. 

Nr. 5. Grober Sand aus Quarz, Feuerstein, Hornstein und Jaspis 
bestehend, an QuantitätNr. 2 und Nr. 3 gleich. Die meisten 
Körner waren abgerundet, die wenigsten, wie die des 
Jaspis, scharf und kantig; der Quarz meist milchweiß, sel- 
ten durchsichtig. 

Nr. 6. Feiner Sand, deren Körner die Größe eines Hirsekorns 
hatten. Dieser Sand war der Menge nach dem groben Sande 
gleichkommend und bestand großentheils aus Quarzkörnern. 

Fügt man noch hinzu, was der Ziegel Nr. [ an anorganischen 
Bestandtheilen enthielt, das jedoch dem Ziegel Nr. II abging, so muß 
noch beigesetzt werden: 

Nr. 7. Kreidetrümmer (abfärbend) aus den zerstörten Kreidekalken. 

Nr. 8. Ziegeltrümmer, welche sich von den Fragmenten der Thon- 
geschirre leicht unterscheiden ließen. 

Eine bei weitem größere Bedeutung haben jedenfalls die orga- 
nischen Reste, welche in diesen Ziegeln eingeschlossen und einer 
näheren Bestimmung fähig waren, wenn gleich der größere Theil 
davon als Fragmente von Grashalmen keine bestimmte Deutung zu- 
lassen. Es ist von selbst verständlich, daß bei der Beimengung von 
Hechsel die vegetabilischen Substanzen den größten Antheil der 
organischen Reste ausmachen, die thierischen Residuen dagegen sich 
nur auf wenige Einzelheiten beschränken. Die folgende Aufzählung 
der gefundenen Arten von Pflanzen und Thieren wird zeigen, in wie 
weit der Zufall bei der Fabrication dieser Ziegel günstig war, um 
uns einen Blick in die vor 3000—4000 Jahren auf dem Boden des 
Delta vorhandenen organischen Geschöpfe zu gestatten. Jedoch ist 
im Voraus zu bemerken, daß bei der äußerst sparsamen Beimengung 
von Heehsel sich auch die bestimmbaren organischen Körper sich 
nur auf wenige Arten beschränken werden. 

Ich beginne mit der Angabe der determinirten Pflanzenreste und 
schließe daran jene Planzenreste, die nur in unbestimmbaren Fragmen- 
ten vorhanden waren; zu den ersteren gehören nachstehende Arten: 


Phalaris paradoxa Lin. fil. 


Auch in dem Zievel von Ramses vehören die Reste dieser 
Oo fo) 


Pllauze zu den häufigsten Beimengungen bestimmbarer vegetabilischer 


202 Unger. 


Körper. Es fanden sieh sowohl Samen als Kelehspelzen und zwar in 
gleicher Größe und Form wie in den Ziegeln der Dashurpyramide !). 
Wenn man bedenkt, daß diese Grasart noch jetzt zu den gemeinsten 
Ackerunkräutern Ägyptens gehört, und das auch mehr als tausend 
Jahre vor unserer Zeitreehnung gewesen sein muß, so darf man 
sieh nieht wundern, wie gewisse Verhältniße selbst durch eine große 
Reihe von Jahrhunderten unverändert sich erhalten haben, und fast 
stationär geworden sind. 


Eragrostis abyssinica Link. 


Von dieser Cultur- und Nahrungspflanze fanden sich in unseren 
Ziegeln nur wenige Samenkörner vor. Es beweiset dies, daß der Teff 
als Nahrungspflanze noch über 2000 Jahre später in Ägypten eulti- 
virt wurde, als man die Pyramide von Dashur erbaute, während sie 
jetzt daselbst verschwunden ist. 


Hodeum hexastichon Lin. 


Daß von dieser wichtigen Nahrungspflanze nur ein einziges 
Samenkorn in den Ziegeln von Ramses aufgefunden wurde, spricht 
keineswegs für den damals sparsamen Anbau der Gerste, da aus den 
vorhandenen Stengeltheilen und den Bruchstücken der Rachis, die 
wahrscheinlich derselben Pflanze angehören, eher das Gegentheil ge- 
folgert werden kann. 


Triticum vulgare antiquorum Heer. 


Auch von dem Weizen fanden sich nur zwei Samenkörner vor. 
Sie glichen vollkommen denen, welche in den Ziegel der Dashur- 
Pyramide eingeschlossen waren, und zeichneten sich durch ihre Klein- 
heit im Gegensatze zu den gegenwärtigen in Ägypten vorkommenden 
Kornfrüchten des Weizens aus. 


Danthonia Forskolei Trin. 


Nur ein einziges Kornfrüchtehen war in den genannten Ziegeln 
vorhanden, aber auch dasselbe war so wenig gut erhalten, daß man es 
nicht mit völliger Sicherheit der Danthonia zuschreiben kann. Bis 
auf Weiteres muß demnach diese Bestimmung zweifelhaft bleiben. 


1) Ein Ziegel der Dashurpyramide in Agypten nach seinem Inhalte an organischen 


Einschlüssen. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. 54. 


Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 203 


Polygonum avieulare Lin. 


Eine andere Pflanze von großer Verbreitung ist das Polygonum 
aviculare. Ein Schließsfrüchtchen derselben ist mit den vorhergehen- 
den gleichfalls in diesen Ziegeln vorhanden gewesen und beweiset, 
daß dieses cosmopolitische Gewächs schon zur Zeit des Baues der 
Judenstadt Ramses eine auf den bewässerbaren Boden Ägyptens 
gemeine Pflanze gewesen sein muß, wie sie es noch jetzt ist. Ihre 
Verschleppung über ganz Europa und Nordamerika bis Grönland, ihr 
Vorkommen auf Madeira, in Südamerika (Chili), Neu-Holland und 
Ostindien deutet auf Wanderung in Gesellschaft der Getreidesamen, 
die sie schon zum Theil in der vorgeschichtlichen Zeit angetreten 
haben muß. 

In Kleinasien haben ihr nur die höheren Punkte des Taurus eine 
Grenze gesetzt (Polygonum avrculare var. alpina Boiss.) 


Chenopodium hibridum Lin. 


Obgleich diese Pflanze von den Floristen als nicht mehr in 
Ägypten vorhanden bezeichnet wird, so beweisen doch drei wohl- 
erhaltene Samen, dafs sie ehedem gleichfalls wie die vorhergenannte 
Pflanze als Unkraut- und Wiesenpflanze im Delta von Ägypten vor- 
handen war. Gegenwärtig ist diese Art über Europa bis England und 
Schweden verbreitet und fand auch in Nordamerika (Texas, Obio) 
Eingang. 


Blitum virgatum Lin.? 


Ich führe diese Pflanze hier frageweise an, indem nur ein 
Same gefunden wurde, der allerdings mit den Samen dieser Pflanze 
viele Übereinstimmung zeigt, jedoch in den Größen - Verhältnissen 
etwas abweicht. 


Populus spec. 


Zwei kleine Holzstückchen, die alle Spuren längerer Einwirkung 
von Feuchtigkeit an sich trugen, ganz weich und von grauer Farbe 
waren, an denen jedoch die Structur noch so gut erhalten war, daß 
man keine Zweifel über die Pflanzengattung haben konnte, der sie 
angehörten. Ob die Gattung Populus ursprünglich in Ägypten vor- 
kam, oder die gegenwärtig da vorhandenen Arten eingeführt wur- 
den, ist bei dem Umstande, daß beinahe alle Nutzpflanzen und Nutz- 


204 Unger. 


hölzer in diesem Lande einen fremden Ursprung haben, nicht leicht 
zu eruiren. 

Aufßser diesen beiden Holzsplitterchen fand sich auch noch ein 
eben so kleiner Splitter des Blattstieles der Dattelpalme (Phoenix 
dactylifera L.) vor. Die nichts weniger als üble Erhaltung der 
Elementartheile derselben ließen mich mit Recht zweifeln, daß dieses 
kleine Splitterchen in der That im Thone des Ziegels eingeschlossen 
war, und die Berücksichtigung, daß die Trümmer desselben obgleich 
in Papier eingewickelt in einem Korbe von Dattelpalmblättern ein- 
gepackt waren, machten es mehr als wahrscheinlich, daß dieser kleine 
Pflanzentheil von daher an die Oberfläche des Ziegels gelangte, und 
bei der Reinigung desselben übersehen wurde. Indeß ist es:immerhin 
merkwürdig, daß mir von einem Baume Ägyptens, dessen Cultur sieh 
daselbst bis in die ältesten Zeiten verliert, in den untersuchten Zie- 
geln bisher noch keine Spur vorgekommen ist !). 

Außer den bisher genannten vegetabilischen Einschlüßen fand 
sich in den Ziegeln von Ramses der Menge nach eine bei weitem 
größere Quantität von stark macerirten und zerschlitzten Stengeln 
und Blattheilen grasartiger Pflanzen, unter denen Stroh von Gerste 
und Weizen ohne weiters die Hauptbestandtheile ausmachten. Außer 
einigen Halmfragmenten war kaum irgend ein Tbeil mehr näher zu 
erkennen, und es trugen dieselben bei weitem deutlichere Spuren einer 
anhaltenden Maceration an sich als die ähnlichen Einschlüße der Zie- 
gel von Dashur und Eileithyia. 

Indessen ließen sieh unter diesen vegetabilischen Überresten 
dennoch Stengeltheile von Weizen oder Gerste, Stengeltheile anderer 
krautartiger Pflanzen, ja sogar ein Stück des Rhizomes von Equisetum 
mit Sicherheit erkennen. 

Unter diese macerirten Pflanzentheile waren nicht selten auch 
Stückchen von vegetabilischer Kohle gemischt, deren nähere Bestim- 
mung hur in so ferne möglich war, daß man mit Sicherheit zu erken- 
nen vermochte, sie rührten nicht von Stroh her. Die größten der- 
selben mochten etwa 2— 5 Kubiklinien betragen haben und zeigten die 
Struetur von Dicotylenholz, aber keineswegs die der Coniferen. Kleine 

1) Man sehe hierüber die Pflanzen des alten Ägyptens. Sitzungsber. der k. Akademie 
der Wissenseh. B. 38. p. 69. 


Bot:nische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 205 


eylindrische Aststücke ließen auf ein Brennmaterial von Gestrüpp 
sehließen. 


Aueh von thierischen Theilen waren mehrere ganz gut bestimm- 
bar und ließen sich sogar auf die Gattung und Art zurückführen. 

Von Süßwassermollusken waren nach den zahlreichen aber meist 
verbrochenen Schalen zu erkennen: 


Valvata piseinalis Mill. 


eine Schnecke, die noch jetzt in Ägypten lebt und sehr verbreitet ist, 
ferner: 
Cleopatra bulimoides Oliv. 


von der jedoch nur die Deckeln vorhanden waren. 

Von Conchylien, welche die Nachbarschaft des Meeres verrie- 

then, waren gleichfalls zwei Arten in Bruchstücken vorhanden. 
1. Stücke der Schale von Cardium. 
2. Ein junges Exemplar von Bittium. 

Bei weitem zahlreicher waren die Insecten vertreten, jedoch 
meist in so verstümmelter Gestalt und in so kleinen Bruchstücken, daß 
nur wenige, und diese häufig nur approximativ, auf die Gattung zurück- 
geführt werden konnten. Ich danke die nachfolgenden Bestimmungen 
der Güte des Herrn L. Redtenbacher. Die untersuchten Ziegel 
von Ramses enthielten: 

1. Die Flügeldecke eines Cureulioniden aus der Verwandtschaft 
von Polydrusus. 

2. Die Flügeldecke eine Art von Anthicus. 

3. Die Flügeldecke und wahrscheinlich den dazu gehörigen Hals- 
schild eines Elateriden. 

4. Die Hinterbrust und den Hinterleib eines Staphyliniden aus 
der Gruppe der Aleocharinen. 

d. Den Kopf und Halsschild einer Art der Gattung Aphodius. 

Andere Flügeldecken, Hinterleibe, Leibesringe, Halsschilde ete. 
von Käfern und Ameisen ließen sich nieht näher bestimmen. 

Dazu kommen noch Exceremente von länglich eiförmiger Form 
die wahrscheinlich einer Annelide angehören dürften, ferner Kno- 
chensplitter und die Schuppe eines Fisches. 


% >» . x nn \ . . 
206 un ger. Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte, 


Ueberbliekt man nun die Ergebniße, welche die Untersuchung 
der Ziegel der alten Stadt Ramses lieferte, so sind dieselben weit 
sparsamer als jene, welehe die Erforschung der Ziegel der Pyramide 
von Dashur darbot, und geben durchaus keine neue Thatsache von 
Bedeutung, außer etwa die, daß die ersteren nicht mit dem Fleiße und 
mit dem Aufwande von zweckdienlichem Material angefertigt wurden, 
als letztere von der Ziegelpyramide, obgleich Form und Ausmaße so 
wie der dazu verwendete Thon in beiden nahezu gleich genannt 
werden müssen. 

In beiden Ziegeln von Ramses fanden sich als vegetabilische 
Einschlüße die Reste von nur drei Nahrungspflanzen und von fünf 
Arten Unkräuter, so wie von einer Baumart. Die ersteren waren be- 
reits schon im Ziegel von Dashur gefunden worden, eben so zwei 
Arten der Unkrautpflanzen. Dasselbe gilt auch von den Mollusken, 
deren eine Art, nämlich Cleopatra bulimoides gleichfalls in jenen 
Ziegeln älteren Datums vorhanden waren. Es ist daraus ersichtlich, 
daß® sowohl der Boden Ägyptens als seine Culturpflanzen in jenem 
Zeitraume, der von der Erbauung der Dashurpyramide bis zur Er- 
bauung der Stadt Ramses, d. i. vor etwa 2000 Jahren reichte, sich 
nicht wesentlich änderte. ’ 

Zu bedauern ist es, daß der von Herrn Dr. Reinisch aus der 
Ziegelpyramide von Howara in Fajum mitgenommene Ziegel durch 
die Unachtsamkeit des Eseltreibers verloren ging, vielleicht sogar ab- 
sichtlich von demselben weggeworfen wurde, um das Thier von einer 
Last zu befreien, die er für zu werthlos hielt, um sich längere Zeit 
damit herumzuschleppen. 


IV. SITZUNG VOM 31. JÄNNER 1867. 


Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 

„Die Tageszeiten der Meteoriten verglichen.“ II. Reihe. Von 
Herrn Hofrathe W. Ritter v. Haidinger. 

„Über das Spectrum der Bessemerflamme*“ von Herrn A. Lielegg, 
Prof. an der n.-ö. Landes-Oberrealschule zu St. Pölten. 

„Memoire über die Prineipien des Caleüls mit begrenzten Deri- 
vationen und begrenzten Logialen von Functionen einer einzigen 
unabhängigen Variablen“ von Herrn Dr. A. K. Grünwald, Docenten 
der Mathematik am Polytechnikum zu Prag. 

Ferner legt der Secretär zwei handschriftlich eingesendete 
Werke vor, mit dem Ersuchen der Herren Verfasser um eine Sub- 
vention zu deren Herausgabe und zwar: 

a) „Der richtig arbeitende Markscheider* von Herrn A. Miller 
Ritter v. Hauenfels, Professor- an der k. k. Bergakademie 
zu Leoben. 

5b) „Zur Ornithologie Brasiliens. Natterer’'s Forschungen wäh- 
rend seiner Reisen in den Jahren 1817—1835*. I. Theil, von 
Herrn Aug. v. Pelzeln, Custos-Adjuieten am k.k. zoologischen 
Cabinete. 


In Folge der von Sr. Excellenz dem Herrn Minister für Handel 
und Volkswirthsehaft, mit Zuschrift vom 13. December 1866 an die 
k. Akademie der Wissenschaften ergangenen Einladung, der be- 
schlossenen Neuaufnahme, beziehungsweise der Erforschung der 
physikalischen Verhältnisse des adriatischen Meeres ihre thätige Mit- 
wirkung zuzuwenden, ernennt der Präsident der Classe für diese 
Angelegenheit eine ständige Commission bestehend aus den Herren 
Directoren Dr. K. Jelinek, Dr. K. v. Littrow, Professor Dr. A. E. 
Reuss und Director Dr. J. Stefan. 


208 


An Drucksehriften wurden vorgelegt: 

Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats- 
bericht. September, October 1866. Berlin; 8°. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1623—1624. Altona, 1867; 40. 

Carl, Ph., Repertorium für physikalische Technik ete. Il. Band, 
5. & 6. Heft. München, 1867; 80. 

Uomptes rendus des scances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXIV, Nr. 1—2. Paris, 1867; 40. 

Cosmos. 2° Serie. XVI° Annde, 5° Volume, 3°-—-4° Livraisons. Paris, 
1867; 80. 

Gesellschaft, Zoologische, zu Frankfurt a/M.: Der zoologische 

| Garten. VII. Jahrg. Nr. 7—12. Frankfurt a/M., 1866; 80. 

— naturforschende, in Basel: Verhandlungen. IV. Theil, 3. Heft. 
Basel, 1866; 80°, 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXVIM. Jahrg. Nr. 3—4. Wien, 1867; 8°. 

Gould, Benj. Apthorp, Reduction of ihe Observations of fixed Stars 
made by Joseph Le Paute d’Agelet, at Paris, in 1783 to 
1785 ete. (From the Memoirs of the Nat. Academy of Se. Vol. 1.) 
Washington, 1866; 4°. 

Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg., Nr. 3—4. Wien, 
1867; 40. 

Lotos. XVI. Jahrgang. December 1866. Prag; 8°. 

Mittheilungen aus dem Österlande. XVIl. Band, 3 & 4. Heft. 
Altenburg, 1866; 80. 

— aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg. 1866, XII. Heft; 
Jahrg. 1867, I. Heft. Gotha; 4% 

Moniteur scientifigque, 241°— 242° Livraisons. Tome IX°, Annee 
136%. Paris: 4% 

Owen, On Dinornis (Parts IX—X.) (From the Transactions of the 
Zool. Society of London. Vol. V.) 40. 

Plantamour, E., Experiences faites a Geneve avec le pendule & 
reversion. Geneve & Bale, 1866; 40. — Resume meteorologique 
de l’annde 1865 pour Geneve et le Grand Saint-Bernard. (Tire 
des Arch. d. Se. de la Bibl. Univ. Aout 1866.) Geneve, 1866; 80. 

Reichsanstalt, k, k. geologische: Jahrbuch. Jahrgang 1866. 
XVl. Band, Nr. 4. Wien; 40 


209 


Resihuber, Augustin, Dr. Marian (Wolfgang) Koller. Eine 
Lebensskizze. Wien, 1866; 8%. — Literae rotulariae Fol. — 
Resultate aus den im Jahre 1865 auf der Sternwarte zu Krems- 
münster angestellten meteorologischen Beobachtungen. Linz, 
1866; 8°. 

Socidtd Imperiale des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Tome 
XXXIN. Annee 1866. Nr. 8. Moscou; 8°. 

— Hollandaise des Sciences & Harlem: Archives Neerlandaises des 
Seienees exactes et naturelles. Tome I, 3°—4*° Livraisons. La 
Haye, Bruxelles, Paris, Leipzig, Londres & New-York, 1866; 80. 

Vierteljahressehrift für wissenschaftlicheVeterinärkunde. XXVLi. 
Band, 1. Heit. (Jahrg. 1867. 1.) Wien; 80. 

Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 5—9. Wien, 
1867; 4% 

Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. 
XVI. Jahrg. Nr. 2. Gratz, 1867; Ao. 


Sitzb. d. mathem.-nalurw. Cl. LV. Bd. % Abth. 14 


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SITZUNGSBERICHTE 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


LV. BAND. 


ERSTE ABTHEILUNG. 


2. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, 


Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


Sitzb. d. mathem -naturw. Cl. LV, Bd. I. Abth. 15 


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213 


V. SITZUNG VOM 7. FEBRUAR 1867. 


—_ 


Das w. M., Herr Hofrath W. Ritter v. Haidinger übermittelt 
eine Abhandlung: „Über die gegenwärtige Veränderung des Mond- 
eraters „Linne“, von Herrn Dr. J. F. Julius Schmidt, Direetor 
der Sternwarte zu Athen, nebst einer Notiz für den „Anzeiger“ über 
ein an ihn gerichtetes Schreiben des Herrn Baron Paul des Gran- 
ges, betrefiend die photographischen Aufnahmen der wichtigsten 
elassischen Gegenden Griechenlands. 

Das w. M., Herr Prof. Dr. Fr. Rochleder in Prag übersendet 
eine „Notiz über die Bestandtheile der Stammrinde des Apfelbaumes*. 

Das w. M., Herr Director K. v. Littrow überreicht eine für die 
Denkschriften bestimmte Abhandlung: „Bestimmung der Meridian- 
differenz Leipzig-Dablitz für die von Herrn Generallieutenant J. J. 
Baeyer vorgeschlagene Mitteleuropäische Gradmessung‘“. 

Herr Dr. Fr. Steindachner legt eine Abhandlung: „Herpe- 
tologische Notizen“ vor. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Annales des mines. VI’ Serie. Tome IX, 2° Livraison de 1866. 
Paris, 1866; 8°. 

Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 3. 
Wien, 1867; 8e. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1625—1626. Altona, 1867; 40. 

Bericht über den Handel, die Industrie und die Verkehrsverhält- 
nisse in Nieder-Österreich während der Jahre 1861—1866. 
Erstattet von der Handels- und Gewerbekammer in Wien. 
Wien; 80. 

Brittinger, Christian, Die Brutvögel Oberösterreichs nebst Angabe 
ihres Nestbaues und Beschreibung ihrer Eier. (XXVI. Mus. 
Jahr. Ber.) 8°. 

Comptes rendus des seances de I’ Academie des Sciences. Tome 


LXIV. Nr. 3. Paris, 1867; 40, 


15* 


214 


Cosmos. 2° Serie. XVI’ Annee, 5° Volume, 5° Livraison. Paris, 
1867; 80. 

Czyrnianski, Emil, Chemija organiezna. Tom Il. Krakow, 
1867; 8. 

Des Moulins, Ch., Etude sur les eailloux roul&s de la Dordogne. 
Bordeaux, 1866; 8°. — La patine des Silex travailles de main 
d’homme ete. (Extr. des Actes de la S“ Linn. de Bordeaux, 
3° Ser. t. 25.) Bordeaux, 1864; 8%. — Note sur la lettre de 
M. Alph. de Rochebrune relative aux plantes importees. 
(Extr. de l’"Annuaire de I’Institut des provinces. 1866.) Caen, 
1865; 8°. 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXVIM. Jahrg., Nr. 5. Wien, 1867; 80. 

Hartig, Th., Der Fülkern, der diaphragmatische und der inter- 
cellulare Zellkern. 8°. 

Hebert, Les oseillations de I’ &corce terrestre pendant les periodes 
quaternaire et moderne. (Extr. du Bulletin de la S‘ des Scien- 
ces hist. & nat. de I!’ Yonne. 1866.) Auxerre, 1866; 8%. 

Hoff, Bogdan, Chemia rozbiorowa jakoseiowa. Kraköw, 1867; 80. 

Jonquieres, E. de, Recherches sur les series ou systemes de cour- 
bes et de surfaces algebriques d’ordre queleonque etc. Paris, 
1866; 4°. 

Krziz, August, Beschreibung, wissenschaftliche Zergliederung und 
Gebrauchsweise des persisch-arabischen Astrolabium’s. 8°. 
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. 17. Jahrgang. Nr. 5. 

Wien, 1867; 4°. 

Merletta, Vine. Frosina, Cenno sopra un nuovo rimedio ete. eontro 
il Cholera-Morbus. Con Appendice. Catania, 1866; 8°. 

Miquel, F. A. Guil., Annales Musei botanici Lugduno - Batavi. 
Tom. 1., Fasc. I.-— X. Amstelodami, Ultrajecti, MDCCCLXI1]J; 
Folio. 

Mittheilungen des k. k. Artillerie-Comite. Jahrg. 1866. 8. Heft. 
Wien, 1866; 80. 

Observations meteorologiques faites a Nijne-Taguilsk. Annee 
1865. Paris, 1866; gr. 8°. 

Schmidt, Fr., Ausgang der zur Aufsuchung und Bergung eines 
Mammuths ausgerüsteten Expedition. (Melanges biologiques tires 
du Bull. de I’ Acad. Imp. d. Sc. de St. Petersbourg. Tome VI.) 8°. 


215 


Verein, naturwissenschaftlicher, zu Bremen: Abhandlungen. I. Bd., 
I. Heft. Bremen 1866; 8°. 

Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 10—11. Wien. 
1867; 40. | 

Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. 
XVI. Jahrg. Nr. 3. Gratz, 1867; 40. 

Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten - Vereins. 
XVII. Jahrg., 12. Heft. Wien, 1866; 4°. 


216 Reuss, 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 


Von dem w. M. Prof. Dr. A. Em. Reuss. 


(Mit 3 lithographirten Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 17. Jänner 1867.) 


Bei der Untersuchung der Foraminiferen aus den unteroligo- 
cänen Tertiärschichten Deutschlands bot sich mir die Gelegenheit 
dar, zugleich eine größere Anzahl der in diesen Schichten vorkom- 
menden Bryozoen zu beobachten. Es war mir dies um so erwünsch- 
ter, als meine Aufmerksamkeit schon dureh die Arbeit Stoliezka's 
über die Bryozoen von ‚Latdorf 1) darauf gerichtet worden war. 
Auch ich fand nicht nur die meisten der von Stoliezka beschrie- 
benen eigenthümlichen Formen ‚wieder, sondern entdeckte auch noch 
mehrere andere, die, durch einen besonderen Bau ausgezeichnet, 
theils zur Aufstellung neuer generischer Sippen Veranlassung boten, 
theils bisher nur in der jetzigen Schöpfung bekannt gewesenen, aber 
noch nicht im fossilen Zustande nachgewiesenen Gattungen ange- 
hören. 

Wenn sie schon in dieser Beziehung zu genauerer Unter- 
suchung aufforderten, so erhielten sie eine noch grössere Bedeutung 
durch den Umstand, daß sie bisher noch nie in einer der jüngeren 
Tertiärschiehten — oberhalb des Unteroligocäns — angetroffen wor- 
den sind und daher einen der hervorstechendsten Züge in der Phy- 
siognomie der unteroligocänen Fauna bilden helfen, — ein um so 
willkommeneres Ergebniss, als die Foraminiferen, die das Öber- 
und Mitteloligocän so glücklich characterisiren, gerade für die Dia- 
gnose des Unteroligoeän nur sehr spärliche Anhaltspunkte darbieten. 

Ich glaube daher mich keiner überflüssigen Mühe zu unterzie- 
hen, wenn ich mit Übergehung der übrigen zahlreichen Bryozoen, 
welche nebst den Foraminiferen an einem anderen Orte behandelt 


1) In den Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien. Bd. 45, pag. 71 £& £. 


Taf. 1—3. 


Über einlge Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 217 


werden sollen, die wenigen für das Unteroligocän so characteristischen 
Formen hier einer ausführlicheren Besprechung unterziehe. Sie 
stammen theils aus dem Unteroligocän von Latdorf, theils aus jenem 
von Calbe an der Saale und von Bünde. Das Materiale von den letzt- 
genannten zwei Fundorten verdanke ich der ‚gefälligen Mittheilung 
des Herrn v. Könen in Berlin, welcher die eine Viertelstunde öst- 
lich vom Doberg bei Bünde aufgefundene Ablagerung zuerst für 
unteroligoeän erklärte ?). Die Resultate meiner Untersuchungen über 
die Foraminiferen und Bryozoen stimmen mit dieser Ansicht vollkom- 
men überein. 

Von den hier näher zu beschreibenden Bryozoen gehören drei 
den Celleporideen, eben so viele den Selenariadeen und endlich eine 
den Escharideen zu. 


a) Celleporideae. 
l. Orbitulipora petiolus Lonsd. sp. (Taf. 1, Fig. 1, 2). 


Cellepora? petiolus Lonsdale in Dixon the geol. and foss. of the tert. and 
eretae. format. of Sussex. pag. 86, 151. Taf. 1, Fig. 10. — Orbiuli- 
pora Haidingeri Stoliezka oligoe. Bryoz. v. Latdorf in d. Sitzungsber. 
d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 45, pag. 90, 91. Taf. 3, Fig. 5. 

Dixon hat unser Fossil zuerst im Londonclay von Bracklesham- 
Bay aufgefunden, Lonsdale dagegen unter dem Namen Cellepora 
petiolus beschrieben und abgebildet. Abbildung sowohl als Beschrei- 
bung stimmen mit den oligocänen Exemplaren vollkommen überein. 
Denn die am Rande des Zellenstockes beobachtete grössere eylin- 
drische Höhlung steht mit der inneren Structur desselben in keinem 
erklärbaren wesentlichen Zusammenhange und kann nur als eine 
zufällige Erscheinung aufgefasst werden, die wohl in der ursprüng- 
lichen Bildung des Fossiles um einen walzenförmigen fremden Kör- 
per, der zum Anheftungspunkte diente, seinen Grund haben kann. 
Der Speciesname „petiolus“ verliert dadurch freilich seine Berech- 
tigung, ich glaubte ihn aber den Prioritätsgesetzen gemäss doch bei- 
behalten zu müssen. 


—_ [2 


1) In der übersendeten Probe des Unteroligocäns von Bünde beobachtete ich von 
Bryozoen: Eschara varians Rss.?, E. coscinophora Rss., E. Grotriani Rss., 
E. concatenata n. sp., Eschara sp., Biflustra elathrata Phil. sp., Polyeschara 
confusa nov. g. et sp., Orbitulipora petiolus Lonsd. sp., Crisia Edwardsi Rss., 
Entalophora anomala Rss.. Spiropora rariabilis v. M. sp., Hornera subannulata 


Phil., Hornera sp. sp., Jdmenea sp., Crisina sp. Sp- 


218 Reuss. 


Lonsdale erkannte die enge Verwandtschaft des Fossiles mit 
Cellepora (Celleporaria), ohne daß ihm aber defShalb die Eigen- 
thümlichkeiten des Baues entgangen wären. Daher vereinigte er es 
auch nur mit Zögern und vorläufig mit Cellepora. 

Auch Stoliezka, der die Speeies im Unteroligocän von Lat- 
dorf entdeckte, betonte die vorerwähnte Beziehung dadurch, daß er 
dieselbe in seiner Beschreibung der Latdorfer Bryozoen unmittelbar 
auf Cellepora globularis Br. folgen liess. Der abweichende Bau 
bewog ihn aber, dieselbe mit Recht zum Typus einer selbstständigen 
Gattung zu erheben. Die freilich nur äusserliche grosse Ähnlichkeit 
mit Orbitulites (Amphisorus Ehr.) deutet er überdies durch den 
Namen an, welchen er der neuen Gattung beilegte. 

Ich habe dieselbe Species später im Unteroligocän von Calbe 
und, wiewohl spärlich, in jenem von Bünde gefunden. Auffallend ist 
es, daß F. A. Römer in seiner Beschreibung der Polyparien des 
norddeutschen Tertiärgebirges dieser, im Unteroligocän so verbreite- 
ten und in die jüngeren Schichten nicht aufsteigenden Bryozoe gar 
keine Erwähnung thut. | 

Dieselbe bildet in der Regel beinahe kreisrunde Scheiben , die 
bisweilen einen Durchmesser von 4 Millim. erreichen und bei 
beträchtlicherer Grösse in der Mitte sehr seicht vertieft zu sein pfle- 
gen. An kleineren Exemplaren sind die Ober- und Unterseite voll- 
kommen eben. 

Die Scheibe besteht aus zwei Zellenschiehten, die, ohne mit 
einander zu communieiren, mit dem Rücken an einander liegend, 
fest verbunden sind. Im Centrum jeder Schichte erkennt man deut- 
lich eine Embryonalzelle, die durch Aussprossen nach allen Seiten 
hin neuen Zellen den Ursprung gegeben hat, so daß-sie von einem 
Kreise jüngerer Zellen umgeben wird. Aus diesem ist durch fortge- 
setztes Aussprossen ein neuer Zellenkreis hervorgegangen und auf 
diese Weise haben sich bisweilen 5—-6 concentrische Kreise um 
einander gebildet. Die Zellen zweier Nachbarkreise alterniren regel- 
mässig mit einander, so dass jede Zelle mit den sie umgebenden 
vier Zellen der beiden benachbarten Kreise durch Sprossencanäle in 
Verbindung steht. Man beobachtet daher auch auf jeder Randzelle 
zwei Poren, jederseits eine, — die Mündungen der beiden äußeren 
centrifugalen Sprossencanäle. Daß in dieser stets nachweisbaren An- 
ordnung der Zellen durch gehinderte Entwiekelung oder selbst 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 219 


Abortiren einzelner Zellen manche Störungen hervorgebracht wurden 
und dadurch Veranlassung zu manchen unsymmetrischen Bildungen 
geboten werden mußte, braucht nicht erst erwähnt zu werden. 

Die Embryonalzelle und die sie zunächst umgebenden Zellen 
sind die kleinsten. Gegen die Peripherie der Scheibe hin nehmen sie 
allmälig etwas an Größe zu. Durch seitlichen Druck der Nebenzellen 
werden sie eckig und sind durch mehr weniger tiefe Furchen 
geschieden. Die älteren Zellen sind am oberen Ende beinahe abge- 
flacht. Die jüngeren wölben sich allmälig stärker, die dem Rande 
zunächst gelegenen verlängern sich bisweilen zur kurzen Röhrenform 
und neigen sich zugleich etwas schräg nach außen, während die 
übrigen senkrecht stehen. 

Beide Zellenschichten sind nicht, wie bei Eschara, durch eine 
undurchbohrte Mittelplatte von einander geschieden. Auch bemerkt 
man an einem (uerbruche der Scheibe, daß die Grenzfläche der 
beiden Zellenschiehten nicht eben ist, sondern daß die Zellen der 
einen in die Vertiefungen der anderen eingreifen. 

Die Mündung der meisten Zellen ist groß, beinahe rund; bei 
den verlängerten peripherischen Zellen dehnt sie sich jedoch etwas 
in die Quere aus, wobei sich oft auch ihr scharfer Rand etwas 
erhöht. Dagegen verengert sich die Mündung der ältesten Zellen 
oftmals und verschliesst sich bisweilen im Laufe der Zeit gänzlich. 
Die Oberfläche der Zellenwand ist mit gedrängten zarten Rauhig- 
keiten bedeckt und in den Zwischenfurchen der Zellen stehen verein- 
zelte kleine Poren. 

An den peripherischen Zellen und zwar auf ihrer centripetalen 
Seite beobachtet man mitunter halbkugelige Ovicellarien mit eben- 
falls gekörnter Oberfläche, die, von oben angesehen, den innersten 
Theil der Mündung verdecken. Oft findet man ihre Oberwand durch- 
gebrochen, und dann haben sie eine große rundliche Höhlung hin- 
terlassen, deren Boden durch die Zellenwand gebildet wird. Es sind 
dies die blasigen Nebenzellen, welche Stoliezka erwähnt. Schon 
Lonsdale hat ihre Bestimmung richtig gedeutet. 


2. Stichoporina Reussi Stol. (Taf. 1, Fig. 3—5). 
Stoliezka l.c. pag. 92, 93. Taf. 3, Fig. 6. 


Die Exemplare von Calbe kommen in der Physiognomie und im 
Baue vollkommen mit jenen von Latdorf überein, nur daß sie etwas 


220 Reuss. 


kleiner sind, indem sie höchstens einen Durchmesser von 3 Millim. 
erreichen: Stoliezka hat ihre Ähnlichkeit mit Zunulites und Sti- 
chopora erkannt und ihr Ausdruck verliehen, dieselbe aber offenbar 
überschätzt, indem er Stichoporina selbst zu der Familie der Sele- 
nariadeen in dieNähe von Stichopora versetzte. Er hat die Latdorfer 
Formen nur deßhalb von Stichopora (elypeata) v. Hag. geson- 
dert, weil Hagenow in seiner Characteristik dieser Gattung beson- 
ders das Vorhandensein von Neben- und Spaltzellen, so wie das 
Wachsthum der Zellen in regelmäßigen Reihen nur nach einer 
bestimmten Richtung hin betont, — Merkmale, die sich an dem Lat- 
dorfer Fossile auf keine Weise erkennen lassen. Die Hagenow- 
sche Diagnose paßt aber selbst auf,$f. clypeata v. Hag. keineswegs, 
denn wir finden weder in der Beschreibung, noch in der Abbildung, 
welche Hagenow von dieser Species liefert 1), die geringste An- 
deutung von Spalt- oder Nebenzellen. Auch das zweite Kennzeichen, 
auf welches doch ein besonderes Gewicht gelegt wird, kann auf St. 
clypeata keine Anwendung finden. Es faßt Hagenow überhaupt, 
wie schon Orbigny hervorhebt, in seiner Gattung Stichopora 
sehr differente, auf keinen Fall zusammengehörende Körper zusam- 
men. ‚Sf. pentasticha v. Hag. ?) von Rügen zeigt ein regelmässiges 
Abwechseln der Zellen, kann aber eben so wenig, als St. Richteri 
v. Hag. 5) und $t. tetragona v. Hag.*), mit St. clypeata in dersel- 
ben Gattung vereinigt werden. Sie gehören überhaupt gar nicht in 
die Gruppe der Selenariadeen, sondern kommen in die Nähe von 
Filiflustrella und Filiflustrellaria d’Orb. zu stehen. Ganz anders 
verhält sich die Sache bei St. clypeata. Während bei den früher 
genannten Arten das Wachsthum in alternirenden Längsreihen, also 
in linearer Richtung vor sich geht, könnte es doch in dem Falle, 
daß dieses Gesetz auch für St. clypeata Geltung haben sollte, nie 
zur Bildung einer kreisförmigen Colonie kommen. Man überzeugt 
sich aber auch leicht, daß von einer centralen Primordialzelle nach 
allen Seiten hin neue Zellen aussprossen und sich in mehr weniger 
deutlich nachweisbaren Kreis- und Radialreihen an einander legen. 


1) v. Hagenow die Bryozoen von Maastricht pag. 100, Taf. 12, Fig. 14. 

2) Leonhard’s u. Bronn’s Jahrb. 1839. pag. 280. Taf. 5, Fig. 3. 

3) Geinitz, Grundriß der Versteinerungskunde pag. 622. Taf. 23, b, Fig. 47. 
%) 1. ce. pag. 622. 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligoeän. 221 


Dasselbe Verhältniß bildet auch Orbigny an den von ihm unter- 
suchten französischen Exemplaren ab 1). Von Neben- und Spaltzellen 
ist auch hier keine Spur vorhanden. 

Da nun gerade St. clypeata v. Hag. als der Typus der Gattung 
Stichopora angesehen werden muß, wie es auch von Busk 2) 
geschieht, so stellt diese nichts als Lunuliten ohne gesonderte Vibra- 
eularzellen dar. Wir folgen derselben Anschauungsweise. 

Wollte man sich auf die bisher erörterten Charactere beschrän- 
ken, welche sich auch bei Stichoporina wiederfinden, so würde - 
man genöthigt sein, diese mit Stüchopora unbedingt zu identifieiren. 
Dieser Vorgang würde aber nicht gerechtfertigt erscheinen, da zwi- 
schen beiden Gattungen in anderer Beziehung wesentliche Unter- 
sehiede stattfinden und zwar in der Beschaffenheit der Zellen. 
Während dieselben bei St. c/ypeata Hag. und der hocheonischen 
St. conica d’ Orb. aus der Kreide von S. Colombe 3), gleichwie 
bei den Zunulites- und Cupularia-Arten, hexagonal, niedergedrückt, 
von einem gemeinschaftlichen erhabenen Rande umgrenzt sind, fin- 
den wir an den Stichoporinen Cellepora-artige Zellen, in der Mitte 
der Scheibe senkrecht stehend, am Rande halb liegend, gewölbt, 
eiförmig oder selbst etwas röhrig, durch tiefe Furchen von einander 
gesondert, mit terminaler rundlicher Mündung. Darin kömmt Sti- 
choporina mit Celleporaria überein, von welcher sie daher nur in 
der Anordnung der Zellen abweicht. Sie steht daher in demselben 
Verhältnisse zu Celleporaria, wie die gleich näher zu besprechende 
Sippe Batopora, bei welcher die Zellen nicht zu einer kreisför- 
migen Scheibe ausgebreitet, sondern zu einer kegelförmigen oder 
kreiselförmigen Gruppe zusammengehäuft sind. 

Das Gerüste der Stichoporina Reussi ist mehr weniger kreis- 
förmig, am Rande durch die abwechselnd weiter hervortretenden 
Zellen ausgezackt, auf der Oberseite flach eonvex, auf der unteren 
seicht ausgehöhlt oder auch beinahe eben. Auf der ersteren sieht 
man im Centrum eine größere Primordialzelle, um welche sich 
durch allseitiges Aussprossen ein Kranz gewöhnlich kleinerer Zellen 
herumlegt, welcher nach außen wieder einer Kreiszone von Zellen 


1) Paleont. frang. Terr. eretacdes. V. Taf. 707, Fig. 5—9. 
2) The Crag Polyzoa pag. 84. 
3) Paleont. france. Terr. cret. V. Taf. 707, Fig. 10—12; später fälschlich zu Zunu- 


lites gezogen und (l. e. pag. 355) als L. subconica d’Orb. beschrieben, 


222 Reuss. 


ihren Ursprung gibt und so fort, so dal man ohne Schwierigkeit 
eine Aufeinanderfolge eoncentrischer Kreisreihen nachweisen kann, 
wobei die Zellen der Nachbarkreise mit einander alterniren und die 
Zellen nach außen etwas an Größe zunehmen. Durch das Zurück- 
bleiben einzelner Zellen im Wachsthume oder durch Einschieben 
kleinerer Zellen zwischen die größeren eines Kreises wird jedoch 
die Regelmäßigkeit der Anordnung beinahe stets mehr weniger 
gestört. 

Die Vermehrung geschieht durch Sprosseneanäle, deren man 
zwei an der Außenseite jeder Zelle gegen die Basis hin, je eine 
jederseits, wahrnimmt. Dieselben münden in die zwei angrenzenden 
alternirenden Zellen des nächst äußeren Zellenkreises auf ganz ana- 
loge Weise, wie wir dies bei Orbitulites unter den Foraminiferen 
wiederfinden. 

Die Zellen sind bläschenartig, mehr weniger eiförmig, an der 
Basis dicht an einander liegend und durch lateralen Druck polygonal 
werdend, nach oben frei und auf dem sich etwas verschmälernden 
Scheitel die große, beinahe runde terminale Mündung tragend. Bis- 
weilen sind jedoch die nach innen gelegenen Zellen sehr nieder- 
gedrückt, nur dureh schmale Furchen gesondert und bilden dann 
eine fast in einer Ebene liegende polygonale Täfelung. Besonders ist 
dies bei den meisten Latdorfer Exemplaren der Fall, während an 
jenen von Calbe sich das obere Zellenende mehr frei erhebt. Im 
höchsten Grade findet Letzteres bei den peripherischen Zellen Statt, 
welche schräg nach außen aufsteigen und ein beinahe kurzröhriges 
oberes Ende besitzen, das durch die scharfrandige Mündung schief 
abgestutzt wird. Wo diese wohlerhalten ist, sieht man den äußeren 
Theil des Mündungsrandes etwas über den inneren vorgezogen. 

Die Oberfläche der Zellen erscheint, wo sie nicht abgerieben 
ist, bei stärkerer Vergrösserung mit feinen Rauhigkeiten regellos 
bedeckt. An abgeriebenen Stücken nimmt man zerstreute kleine Po- 
ren wahr. Sehr vereinzelt findet man dergleichen auch in den Zwi- 
schenfurchen der Zellen. 

Einige andere Erscheinungen beobachtet man an verticalen 
Durchschnitten der Zelleneolonie. Vorerst überzeugt man sich, daß 
die peripherischen Zellen sich nicht nur nach oben etwas verlängern, 
sondern auch nach unten und innen, wodurch ihre Höhlung röhrig 
wird und sich gegen die Basis der Scheibe umbiegt. 


. 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 223 


Die in der Mitte der Colonie gelegenen Zellen (nebst der Cen- 
tralzelle jene des ersten, zweiten oder selbst einzelne des dritten 
Ringes) verlängern sieh bisweilen durch Proliferiren ebenfalls nach 
oben, indem sich gleichsam eine zweite Zellenschichte auf die erste 
legt. Der Verticalschnitt zeigt dann Zellenröhren, die durch eine 
Querscheidewand in Etagen getheilt werden, welche durch eine 
weite Öffnung mit einander communieiren. 

Die Unterseite der Colonie ist durch schmale Furchen in kleine, 
unregelmäßig polygonale ebene Felder zerschnitten, deren jedes 
einer Zelle entspricht. In den Zwischenfurchen stehen einzelne Po- 
ren zerstreut, deren Verbindung mit den Zellenhöhlungen ich aber 
nicht nachweisen konnte. Sie entsprechen wohl den zahlreichen 
Poren auf der Unterseite der Lunuliten und Cupularien. 

An manchen Exemplaren ist, wie schon erwähnt wurde, die 
Unterseite seicht eoncav, an anderen beinahe eben. An letzteren 
lehrt ein Vertiealschnitt, daß die ursprünglich ebenfalls concave 
Fläche durch spätere Kalkablagerung ausgefüllt wurde, die in der 
Mitte am dieksten ist, gegen die Peripherie hin sich aber allmälig 
verdünnt. Eben so ist sie an Exemplaren mit concaver Unterseite 
dünner, als an jenen, deren untere Fläche eben erscheint. Die Aus- 
füllungsmasse läßt bei stärkerer Vergrößerung bisweilen deutliche, 
den Contouren der Unterseite parallel verlaufende Streifen erkennen, 
zum Beweise, dafs dieselbe suecessiv und schichtenweise abgelagert 
worden ist. 


3. Batopora !) Stoliezkai Rss. nov. g. (Taf. 2, Fig. 2—A). 


Die Gattungen Lepralia, Celleporaria, Eschara und viele 
andere Bryozoen-Sippen umfassen in Folge der verschiedenen Ge- 
stalt und Anordnung der Zellen, der Zahl und Art ihrer Nebenporen 
oder ihrer Abwesenheit u. s. w. so mannigfache und so abweichende 
Formen, daß man sie oft für Typen selbstständiger Gattungen zu 
halten geneigt ist. Viele derselben sind auch wirklich, besonders 
durch Orbigny, zu solehen erhoben worden. Sobald man aber 
zahlreichere Exemplare einer genaueren Untersuchung unterzieht, 
so wird man bald gewahr, daß die so hervorstechenden Merkmale, 
welche hauptsächlich zu dieser Ansicht verleitet haben, nicht con- 


1) Von?n Parov die Brombeere, von der Ähnlichkeit der Gestalt mit einer Brombeere, 


[> 
224 Reuss. 


stant sind, vielmehr dem Wechsel unterliegen, oft weniger schart 
hervortreten oder auch gänzlich verschwinden. Dadurch werden 
zahlreiche Übergangsstufen geschaffen, durch welehe anscheinend 
sehr scharf eharaeterisirte Gattungen allmälig in andere verfließe n. 

Dies gilt auch von einer höchst auffallenden Gruppe von Celle- 
porarien, welehe sich durch eine eigenthümliche Anordnung der 
Zellen auszeichnet. Während bei den typischen Celleporarien die 
bläschenartigen Zellen regellos neben und über einander gehäuft 
sind, so daß sie unregelmäßige knollige und rindenartige Massen 
bilden, finden wir in manchen Fällen eine sehr symmetrische Anein- 
anderlagerung der Zellen, welche zur Entstehung von mehr weniger 
regelmäßigen Zellenstöcken führt. Zwei dieser Fälle haben wir 
schon früher in den Gattungen Orbitulipora und Stichoporina ken- 
nen gelernt, bei welchen bisher noch keine Übergänge zu den typi- 
schen Formen von Celleporaria bekannt geworden sind. Anders 
verhält es sich bei einer dritten hierher gehörigen Gruppe, der ich 
den Namen Batopora beilege. Bei derselben sind die Zellen zu 
einer kleinen mehr weniger regelmäßigen kegel- oder kreiselförmigen 
Gruppe zusammengestellt. Die Spitze — den ältesten Theil des Ke- 
gels — nimmt eine einzelne aufrecht stehende Zelle ein. An ihre 
Basis legen sich dann in radialer Richtung 4—6 andere, unter diese 
in alternirender Stellung und stets vom Centrum gegen die Peri- 
pherie ausstrahlend wieder andere Zellen, bis endlich durch das 
wiederholte Anlegen neuer Etagen eine mehr weniger hohe kegel- 
oder kreiselförmige Colonie entsteht, an welcher die die Basis bil- 
denden Zellen die jüngsten sind. Dadurch kommen die Zellen in 
schräge, von der Primordialzelle — dem Schlußstein des ganzen 
Gewölbes — ausgehende radiale Reihen zu stehen, zwischen welche 
sich im Verlaufe des Wachsthumes, also im unteren Theile der Co- 
lonie immer neue einschieben. Zugleich nehmen die später gebildeten 
Zellen eine immer weniger geneigte Stellung an; die jüngsten — un- 
tersten — liegen völlig horizontal in einer Ebene. 

Bei manchen Arten ist hiemit das Wachsthum abgeschlossen 
(z. B. bei B. rosula Rss., B. angustata d’Orb. sp.), bei anderen 
(bei B. Stoliczkai Rss.) setzt sich die Bildung, wie weiter unten 
gezeigt werden wird, noch weiter fort. 

Jede Zelle steht mit den angrenzenden durch enge, seitlich an 
der Basis befindliche spaltenförmige Porencanäle in Verbindung. 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 225 


Die Embryonalzelle war ursprünglich offenbar angewachsen. 
Bei an ihrer Basis erfolgendem Hervorsprossen neuer Zellen löste sich 
dieselbe aber von der Unterlage los und blieb nun im weiteren 
Verlaufe ihrer Existenz frei. Wenigstens läßt sich nirgend eine 
Spur von Anheftung wahrnehmen. Bei jenen Arten, die sich ringsum 
mit Zellen bedecken und die Kugelform annehmen, wird eine Anhef- 
tung ohnehin unmöglich. Auf ähnliche Weise verhält sich die Sache 
bei den kugeligen Arten der typischen Celleporarien. 

Am schönsten und regelmäßigsten tritt der Typus der Gruppe 
Batopora an der von d’Orbigny abgebildeten an der lle de Ba- 
silan lebenden Tr. angustata hervor, für welche Orbigny den 
zwei an der Basis jeder Zelle stehenden Nebenporen zu Liebe die 
Gattung Conescharellina geschaffen hat !). Die Colonie ist hoch- 
eonisch, zuckerhutähnlich; die Zellen stehen sehr regelmäßig in 
zehn senkrechten Längsreihen, je fünf in einer Ebene liegend und 
mit jenen der darüber und darunter liegenden Etage alternirend. 

Weniger vollkommen, aber immer noch deutlich genug gibt 
.sich die Symmetrie der Batopora an einer Species aus dem miocä- 
nen Tegel von Baden bei Wien zu erkennen, welche ich schon vor 
längerer Zeit unter dem Namen Cellepora rosula beschrieben 
habe 2). Ihr Zellenstock ist niedrig conisch mit oft röhrig verlän- 
gerter centraler Primordialzelle, an deren Basis zunächst 4—5 
Tochterzellen hervorsprossen. Die Zellen stehen in 9—10 schrägen 
und gebogenen, vom Gipfel ausstrahlenden Radialreihen. Die große 
runde Mündung ist von einem scharfen, an der Basis etwas lippen- 
artig vorgezogenen Rande umgeben. Die Zellen stoßen im Centrum 
gewöhnlich nicht ganz zusammen, sondern der Zwischenraum wird 
durch kleine geschlossene Abortivzellen ausgefüllt. Die jüngsten 
Zellen liegen vollkommen horizontal. Im Alter platten sich die Zellen 
am freien Ende ab und der scharfe Mündungsrand verschwindet. 
Der Scheitel ragt dann in weit geringerem Umfange frei empor. 
(Tab. 1, Fig. 7; Tab. 2, Fig. 1). . 

Im Unteroligoeän von Calbe findet man eine dritte Species 
ziemlich häufig, welcher ich zu Ehren des Herrn Stoliezka, der 


1) Paleontol. frang. Terr. eretac. V. pag. 447, Taf. 774, Fig. 14— 16. 
®) Reuss die foss. Polyp.d. Wiener Tertiärbeckens in den von Haidinger gesamm, 
naturwiss, Abhandl. Bd. II, pag. 78. Taf. 9, Fig. 7, 


220 Reuss. 


sich um die Kenntniß der Bryozoen von Latdorf verdient gemacht 
hat, den Namen B. Stoliczkai beilege. Im Jugendzustande ist sie 
der vorbeschriebenen Species sehr ähnlich und unterscheidet sich 
von ihr hauptsächlich nur durch kleinere eiförmige, am Scheitel oft 
zur kurzen Röhre verdünnte Zellen. Sie stehen in zahlreicheren und 
zugleich meistens in weniger regelmäßigen schrägen Radialreihen. 
Auch wird durch ihre ungleiche Größe die Symmetrie der Anord- 
nung häufiger und in höherem Grade gestört. Unter der rundlichen 
scharfrandigen Mündung steht bisweilen eine kleine Nebenpore. 
Auch hier berühren sich die Zellen im Centrum nicht unmittelbar 
und die Lücke wird durch kleine geschlossene Abortivzellen ausge- 
füllt. Die jüngeren Zellen nehmen ebenfalls eine weniger geneigte 
Stellung an, bis sie endlich horizontal werden. Aber damit ist nicht 
in allen Fällen der Entwickelungsgang abgeschlossen. Das Aus- 
sprossen der Zellen dauert fort; dieselben neigen sich allmälıg mehr 
nach abwärts, bis sieh endlich rings um das Centrum Zellen gebil- 
det haben und die Colonie zuletzt zu einer kleinen, auf allen Seiten 
von Zellen besetzten Kugel geworden ist. Im weiteren Verlaufe 
scheinen selbst noch zwischen den schon früher entstandenen Zellen 
hin und wieder neue stets klein bleibende hervorzusprießen, wodurch 
die Ungleichheit der Zellen gesteigert und zugleich die Größe der 
kugeligen Colonien noch etwas vermehrt wird. 

Die Oberfläche der Zellenwandung zeigt sich, wie bei B. rosula, 
mit feinen Rauhigkeiten dicht besetzt. 

Die von Stoliezka aus Latdorf angeführten und der Celle- 
pora globularis Br. beigezählten kleinen Kugeln, deren Durchmes- 
ser 3 Millim. nicht übersteigt, dürften vielleicht ebenfalls hierher 
gehören. Wenigstens zeigen die jüngeren derselben eine mit Bato- 
pora ganz analoge Anordnung der Zellen. 


b) Escharideae. 


4. Polyeschara confusa Rss. n. gen. et sp. (Taf. 3, Fig. 1—4). 


In der mir von Herrn v. Könen mitgetheilten Probe der von 
ihm bei Bünde zuerst aufgefundenen und dem Unteroligoeän angehö- 
rigen Schichten fand ich unter anderen einzelne Bruchstücke einer 
Bryozoe, welche bei flüchtiger Betrachtung leicht für eine Eschara 
gehalten werden könnte. Eine genaue Untersuchung zeigt jedoch, 
daß sie dieser Gattung, wie sie jetzt allgemein begrenzt wird, nicht 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 227 


angehören könne, indem sie sich in der Anordnung ihrer Zellen 
wesentlich davon unterscheidet. Man hat es nämlich nieht blos mit 
zwei Zellenschichten zu thun, welche mit der Rückenfläche gegen 
einander gekehrt und mit einander verwachsen sind, sondern mit 
einer größeren Zahl sich deckender Zellenlagen. Der ursprünglich 
gebildete Theil der bandartig zusammengedrückten, gabelig ästigen 
Stämmehen stimmt im Baue vollkommen mit einer einfachen 
Eschara überein. Bei fortschreitender Bildung legt sich aber über 
jede der beiden Zellschichten eine neue Schichte von Zellen, so daß 
jedes Stämmchen zuletzt aus vier Zellenschichten besteht, deren je 
zwei gleichartig gegen eine Seite gekehrt sind (Fig. 1 c). Bisweilen 
scheint es sogar zur Bildung dreier aufgelagerter Zellenschichten zu 
kommen. Wenigstens ist dies an einzelnen Stellen der vorliegenden 
Bruchstücke deutlich zu erkennen (Fig. 3). 

In diesen Verhältnissen kömmt unser Fossil mit der von Or- 
 bigny aufgestellten und beschriebenen Gattung Disteginopora !) 
überein. Im feineren Bau findet jedoch ein sehr wesentlicher Unter- 
sehied Statt. Die Orbigny'sche Gattung bietet Struceturverhältnisse 
dar, die man bei keiner anderen Bryozoe wiederfindet, und die noch 
weiterer Bestätigung zu bedürfen scheinen. Nach Orbigny's An- 
gabe soll sich nämlich über den inneren, ganz nach Art der 
Eseharen gebildeten Theil jederseits eine zweite Etage aufbauen, 
die äußerlich zwar auch eine Begrenzung einzelner Zellen wahrneh- 
men läßt, im Inneren jedoch einer solehen Trennung in abgeson- 
derte Zellen ermangelt, daher einen ununterbrochenen freien Raum 
darbietet, dessen Decke nur durch die sich röhrenförmig verlängern- 
den Mündungen und Avieularporen der unteren Zellenschichte gleich 
wie von Pfeilern getragen wird. 

Sehr abweichend sind die Verhältnisse an dem Fossile von 
Bünde. Hier ist auch die zweite äußere Lage durch Wandungen in 
Zellen abgetheilt und stellt daher eine vollkommene Zellenschichte 
dar. Faßt man die Beziehungen der auf einander liegenden Zellen- 
schichten etwas genauer in das Auge, so überzeugt man sich, daß 
die Zellen beider an vielen Stellen einander entsprechen, daher in 
senkrechter Richtung über einander liegen. In diesem Falle bildet 
die gewöhnlich verdickte Vorderwand der unteren Zellen die Hinter- 


1) Paleontol. frang. Terr. eretac. V. pag. 497. Taf. 734, Fig. I—11. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 16 


228 Reuss. 


wand der darüber liegenden. Beide eommunieiren ursprünglich 
dureh die Mündungen der unteren Zellen; aber später scheinen sich 
diese meistentheils zu verschließen (Fig. 4) und die Communication 
findet nur dureh die feinen Poreneanäle Statt, welche die Zellen- 
wandungen durchziehen. Vielleicht sterben aber auch die die tiefere 
Zellenetage bewohnenden Thiere ab, wie wir dies an den ältesten 
Theilen der echten Escharen-Stämme beobachten, an welehen die 
Mündungen ebenfalls obliteriren, oder sie ziehen sich doch aus den- 
selben in die neugebildete höhere Etage zurück. 

An anderen Stellen liegen jedoch die Zellen der oberen Schichte 
nieht unmittelbar über jenen der unteren; es findet zwischen beiden 
keine Übereinstimmung Statt, indem die ersteren sehr unregelmäßig 
werden, und beide stehen sodann nur durch die vorhandenen Poren- 
canäle mit einander in Verbindung. 

Das Fossil von Bünde repräsentirt daher einen Typus, der 
jedenfalls von dem einfachen Escharen - Typus beträchtlich abweicht 
und sich zu Eschara gerade so verhält, wie Cumulipora v. M. ?) zu 
Lepralia Johnst. So lange man diese von einander gesondert hält, 
wird man auch das in Rede stehende Petrefaet von Eschara gene- 
risch trennen müssen. Doch auch im gegentheiligen Falle wird man 
es stets zum Typus einer besonderen Gruppe innerhalb der Gattung 
Eschara zu machen genöthigt sein. Die mehrschichtigen Escharen 
werden immer einen auffallenden Gegensatz bilden zu den einfachen 
Escharen, die stets zweischichtig bleiben und bei denen es auch 
im Alter nie zur Bildung zahlreicherer Überlagerungsschichten 
kömmt. Ich belege diese Abtheilung, mag man sie aus dem einen 
oder dem anderen Gesichtspunkte betrachten, mit dem Namen „Poly- 
eschara“. 

Die unteroligocäne Species bildet gabelförmig-ästige Stämm- 
chen mit breiten zusammengedrückten Zweigen, die, in der Mitte am 
dicksten, gegen die abgerundet-winkeligen Ränder hin sich etwas 
verdünnen. Der größte Theil derselben besteht, wie der Querschnitt 
lehrt, auf jeder Seite aus zwei Zellenschichten , deren Zwischen- 
wände an den älteren Stammtheilen sehr verdickt erscheinen, an den 
jüngeren dagegen die Medianplatte an Dieke nicht übertreffen. An 


1) Reuss zur Fauna des deutschen Oberoligocäns in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. 
d. Wissensch. Bd, 50, pag. 29, 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligoeän. 229 


den ältesten Theilen der Stämmchen beobachtet man sogar drei sich 
deekende Zellenschichten , jedoch pflegt die äußerste zunächst den 
Rändern zu fehlen. 

In Beziehung auf das Wechselverhältniß der einzelnen Schich- 
ten gegen einander ist das Nöthige schon bei der Characterisirung 
der Gattung erörtert worden. 

Die Zellen der äußeren Schichten zeigen beinahe durchgehends 
in Betreff ihrer Größe, Gestalt und Anordnung die größte Unregel- 
mäßigkeit (Fig. 1, b). Immer sind sie sehr wenig gewölbt und 
durch seiehte Furchen von einander abgegrenzt. An den ältesten 
Partien der Stämmchen fehlt diese Begrenzung beinahe gänzlich. Auch 
die Mündung wechselt ausnehmend an Grösse und Form; gewöhnlich 
ist sie rundlich oder auf der Unterseite mehr weniger abgestutzt und 
wird von einem kaum erhabenen Rande eingefaßt. Längs des Zellen- 
randes beobachtet man eine einfache Reihe entfernt stehender ein- 
facher Poren. Dergleichen stehen vereinzelt gewöhnlich auch auf 
dem Mündungsrande. 

An den jüngsten Zweigen besitzen die regelmäßiger gestalteten 
Zellen einen verkehrt-eiförmigen oder ungleich-hexagonalen Umriß. 

Wo die Wandungen der äußeren Zellenschichte zerstört sind, 
bilden die vorragenden dünnen Seitenwände ein meist sehr regelloses 
Netzwerk. Zugleich ist aber dann die Vorderwand der tieferen 
Zellenschichte blosgelegt und man überzeugt sich, daß an den mei- 
sten Zellen die Mündung ganz verschlossen oder zu einer feinen Pore 
zusammengeschrumpft ist (Fig. 4). Die Communieation mit den 
äußeren Zellen wird dann nur durch die unverändert gebliebenen 
Randporen vermittelt. 

Die Species ist im Unteroligocän von Bünde nicht selten. 


c) Selenariadeae. 
5. Pavolunulites Buski Rss. n. sp. (Taf. 1, Fig. 6). 


Bei Calbe kommen sehr seltene Bruchstücke einer Bryozoe vor, 
die in allen generischen Merkmalen mit Pavolunulites d’Orb. 1) über- 
einstimmt. 

Über die Form der sehr dünnen blattförmigen Colonie läßt sich 
keine bestimmte Auskunft geben, da nur wenige Bruchstücke vor- 


1) d’Orbigny paleontologie france. Terr. eret. V. pag. 358. Taf 706, Fig. 5—11, 
16* 


230 Reuss. 


liegen. Dieselben sind unregelmäßig vierseitig mit mehr weniger 
abgerundeten äußeren Ecken. Es scheint das innere Ende, von 
welehem die wenig regelmäßigen divergirenden Zellenreihen aus- 
strahlen und das daher die laterale Embryonalzelle enthielt, abge- 
brochen zu sein und das ganze Gerüste rundlich oder etwas fächer- 
förmig gewesen zu sein. 

Die Zellen sind eiförmig - vier- oder fünfseitig, indem ihr Vorder- 
rand gerundet, bogenförmig ist, das hintere Ende aber nach beiden 
Seiten schräg abgeschnitten, daher keilförmig erscheint. Die Zellen- 
decke ist niedergedrückt und steigt gegen die Ränder, welche als 
scharfe Kanten vorragen, etwas an. Die Mündung liegt hart am vor- 
deren Ende und ist meistens halbrund-vierseitig, hinten abgestutzt, 
an beiden Seiten hörnerartig nach hinten verlängert, so daß der Hinter- 
rand meistens als ein breiter Zahn in die Mündung vorspringt. Die 
Oberfläche der Zellendecke ist fein gekörnt. 

Zwischen den beschriebenen regelmäßigen Zellen sind hin und 
wieder ohne Ordnung viel kleinere unregelmäßig polygonale, ebenso 
niedergedrückte Zellen eingestreut, deren Oberfläche zum größten 
Theile von der halbrunden, hinten abgestutzten oder auch beinahe 
rundlicehen Mündung eingenommen wird. Gewöhnlich beginnt jede 
neue eingeschobene Reihe mit einer solehen kleinen abnormen Zelle. 

Die flache Rückenseite der Colonie wird von seichten und schma- 
len unregelmäßig ausstrahlenden entfernten Furchen durehzogen, 
deren breite kaum gewölbte Zwischenräume ebenfalls gekörnt sind. 
Sie entsprechen den unregelmäßigen Zellenreihen. 

Auf dem Querbruche beobachtet man, daß die einzelnen Zellen 
mit jeder nach außen gelegenen jüngeren Nachbarzelle dureh einen 
ziemlich weiten Sprossenkanal zusammenhängt. 

Die Speeies hat große Ähnlichkeit mit Hemieschara (Semie- 
schara dOrb.) und ich würde sie damit vereinigt haben, wenn nicht 
die ganze Beschaffenheit der Colonie darauf hinwiese, daß sie nicht 
angeheftet, sondern frei war und wenn nicht die Ovarialzellen gänz- 
lich mangelten. Unregelmäßige Formen kehren auch bei anderen 
Selenariadeen wieder und der Mangel an Poren auf der Unterseite 
der Colonie wird auch bei Cupularia quineensis Busk !) und bei 
©. Oweni Busk ?) beobachtet. 


1) Catal. of marine polyzoa of the brit. mus. pag. 98, Taf. 114. 
2); Lie. Pag.99, "Taf! 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 231 


6. Dipletaxis placentula Rss. n. gen. et sp. (Taf. 2, Fig. 5—7). 


Das Fossil, welches ich ebenfalls im Unteroligoeän von Calbe 
entdeckte, bildet eine kreisrunde oder sehr breit-elliptische Scheibe 
mit winkeligem Rande, deren Oberseite sehr wenig und gleichmäßig 
convex, die untere dagegen eben oder selbst etwas eingedrückt ist. 
im Gegensatze mit den übrigen Selenariadeen sind beide Flächen mit 
ausmündenden Zellen besetzt. 

Auf der Oberseite erblickt man zuerst in der Mitte eine rund- 
liche, beinahe in ihrer ganzen Weite geöffnete Zelle, um welche sich 
4—5 andere gruppiren. Aus diesen sprießen nach außen wieder 
neue Zellen in vermehrter Anzahl hervor und so fort bis zum periphe- 
rischen Rande der ganzen Colonie. Die Zellen zeigen im Allgemeinen 
eine symmetrische Anordnung, indem sie stark gebogene vom Cen- 
trum auslaufende Spiralreihen bilden, zwischen welche sich nach 
außen kürzere einschieben. Die Zellen sind flach, von eiförmigem, 
dem Vierseitigen sich nähernden Umriß, werden aber oft unregel- 
mäßig und wechseln auch in der Größe beträchtlich. Den größeren 
Theil ihrer oberen Fläche nimmt die große, in radialer Richtung 
verlängerte, elliptische oder verzerrte Mündung ein, welche von einem 
in der Breite sehr ungleichen, gegen die Mündung hin abschüssigen 
Rande umgeben wird. Am schmälsten ist derselbe in seinem dem 
Außenrande der Colonie zugewendeten Theile. 

Neben jeder Zelle nach außen liegt eine viel kleinere rundliche, 
eiförmige oder etwas vierseitige Vibracularzelle, die im größten Theile 
ihrer Fläche von der rundlichen Mündung durchbrochen erscheint, 
so daß nur ein schmaler Rand übrig bleibt. 

Die Zellen beider Arten werden durch schmale aber tiefe 
Furchen von einander geschieden. Die Oberfläche der Zellenwandun- 
gen erscheint sehr fein und regellos gekörnt. 

Von sehr abweichender Beschaffenheit sind die die flache Unter- 
seite der Colonie einnehmenden Zellen. Vor Allem sind sie viel größer 
und weniger zahlreich und richten sich mit ihrer Längsaxe gerade nach 
außen und zwar so, dafs die inneren mit den nach außen gelegenen 
alterniren. Ihr Umriß ist gewöhnlich eiförmig, nach innen gerundet, 
nach außen verschmälert und mit dem keilförmig zugeschnittenen 
Ende sich zwischen die zwei nächstäußeren Zellen einschiebend. Am 
vorderen Theile der Zelle sitzt die elliptische Mündung, der übrige 


232 Reuss. 


Theil der Zellenwandung ist flach. Einzelne Zellen ermangeln jeder 
Öffnung. Zwischen die beschriebenen größeren Zellen sind hin und 
wieder kleinere, meist unregelmäßig gestaltete und bisweilen eben- 
falls geschlossene Zellen eingeschoben. Nur stellenweise findet man 
Zellen von der Größe und Form der Vibracularzellen der Oberseite, 
nur daß ihre Mündung gewöhnlich viel kleiner oder selbst ganz 
obliterirt ist. Nur zunächst dem Rande der scheibenförmigen Colo- 
nie fehlt niemals eine Kreisreihe solcher Zellen, von denen je eine 
regelmässig zwischen die äusseren Enden zweier größerer Zellen 
eingeschaltet ist. 

Auch die Zellen der Unterseite lassen bei stärkerer Vergröße- 
rung die gedrängte zarte Körnung der Oberfläche wahrnehmen. 

Schon bei Anwendung mäßigen Druckes trennt sich die Colonie 
in ihre einzelnen Zellen. Man überzeugt sich dabei, daß die Zellen 
der Oberseite eine zusammengedrückt und unregelmäßig pyramidale 
Gestalt besetzen und desto länger werden, je näher sie dem Schei- 
benrande liegen. Auf der Oberseite der Scheibe tritt nur die kleine 
schräg abgeschnittene die Mündung tragende Basalfläche der Pyra- 
miden hervor, der übrige etwas gekrümmte Theil derselben wird von 
den anderen Zellen verdeckt. Je weiter die Zellen nach innen liegen, 
desto kürzer wird die Pyramide und desto steiler erhebt sie sich; je 
näher die Zelle dem Rande liegt, desto mehr verlängert sich der 
spitze dem Centrum zugewendete Theil und desto mehr nähert ihre 
Lage sich der horizontalen. Jede Zelle zeigt nicht weit hinter dem 
Mündungstheile auf der Ober- und Unterseite eine ziemlich große Pore 
zum Behufe der Communication mit den nächstangrenzenden Zellen. 


7%. Lunalites Latdorfensis Stol. 


Stoliezka l. e. pag. 93. Taf. 3, Fig. 7. — Lunulites hemisphaericus F. 

A. Römer die Polyp. des norddeutsch. Tertiärgeb. 1863. pag. 18, 

Taf. 2, Fig. 27. 

Diese Species, welche von Stoliezka zuerst aus dem Unter- 
oligocän von Latdorf beschrieben wurde, kömmt auch in den Schich- 
ten gleichen Alters von Bünde, wenngleich selten, vor und fehlt auch 
bei Westeregeln nicht. Sie begleitet beinahe überall die L. subplena 
Rss. Auch nähert sie sich derselben durch die starke consecutive 
Verdickung der Zellenschichte auf der Unterseite, wenn auch diese 
nie völlig ausgefüllt wird, sondern immer noch etwas concav bleibt. 
Die senkrechten Zellenprismen lösen sich ziemlich leicht von einander 


Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 233 


ab und auf den Trennungsflächen treten die queren Anwachslinien, 
auf welche ich zuerst bei L. hippocrepis F. A. Röm. — L. andro- 
saces (Mich.) Rss. — von Crefeld aufmerksam machte t), in aus- 
gezeichneter Deutlichkeit und Zierlichkeit hervor. Man überzeugt 
sich hier zugleich mit völliger Bestimmtheit, daß man es nur mit 
einer feinen Anwachsstreifung zu thun hat, keineswegs aber mit 
einem complieirten Canalsysteme, wofür Stoliczka diese Streifung 
zu halten geneigt ist. Die mieroscopische Untersuchung läßt darüber 
keinen Zweifel aufkommen. 

Die verhältnißmäßig breiten und unregelmäßigen kaum gewölb- 
ten Zwischenfelder der radialen Furchen auf der Unterseite des Zel- 
lenstockes tragen sehr entfernt und regellos stehende Poren, bald 
nur eine, bald zwei Reihen bildend. Damit fällt eines der wichtigsten 
Unterscheidungsmerkmale hinweg, welche F. A. Römer für seine 
L. hemisphaerica anführt. Überhaupt kann an der Identität derselben 
mit der schon früher von Stoliezka aufgestellten Species nicht 
gezweifelt werden. 

Eine auffallende Erscheinung ist das schon von Stoliezka her- 
vorgehobene constante Vorhandensein einer ziemlich großen deutli- 
chen Anheftungsstelle auf dem Scheitel der kegelförmigen Colonie, 
welche man an anderen Lunuliten vermißt. Im Gegentheile findet 
man an diesen nur bisweilen in der Mitte der concaven Fläche eine 
Spur von Anheftung. Mitunter sitzt dort ein einzelnes Sandkorn oder 
ein kleines Fragment einer Conchilienschale, auf welchem sich offen- 
bar die Embryonalzelle des Lunuliten fixirt hatte. Die anwachsende 
Colonie löste sich später von ihrer Unterlage los und dann beobach- 
tet man keine Spur der früheren Anheftung mehr. 

In seltenen Fällen bleibt die ursprüngliche Unterlage an der 
Colonie haften. Interessant war mir in dieser Beziehung ein zer- 
brochenes Exemplar von L. subplenaRss. von Calbe, in dessen Innerem 
ich, näher der Ober- als der Unterseite, ein kleines schwarzgraues, 
abgerundetes Steingerölle wahrnahm. Ohne Zweifel bildete es 
Anfangs die Basis des entstehenden Lunuliten und wurde in der 
Folge durch die suecessive Ablagerung der Ausfüllungsschichten 
überdeckt und von der Substanz der anwachsenden Colonie um- 
schlossen. 


1) Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 18, pag. 262. 


234 


Fig. 


” 


> 


Reuss. Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligoeän. 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafell. 


. Orbitulipora petiolus Lonsd. sp. aus dem Unteroligoeän von Calbe. 


a in natürlicher Größe, 5 eine Fläche, ce der Seitenrand vergrößert. 


. Dieselbe. Ein Randsegment mit Ovicellarien vergrößert. 
. Stichoporina Reussi Stol. aus dem Unteroligeeän von Calbe. Ver.- 


größerte Oberseite eines älteren Exemplares. 


. Dieselbe. Vergrößerte Unterseite. 
. Dieselbe. Vergrößerte Oberseite eines jüngeren Exemplares. 
. Pavolunulites Buski Rss. aus dem Unteroligoeän von Calbe. a Obere, 


b untere Fläche, beide vergrößert. 


. Batopora rosula Rss. aus dem miocänen Tegel von Baden. a Obere, 


b untere, c seitliche Ansicht, sämtlich vergrößert. 


Tafel II. 


. Batopora rosula Rss. aus dem miocänen Tegel von Baden. a Obere, 


b untere, c seitliche Ansicht, sämtlich vergrößert. 


. Batopora Stoliczkai Rss. aus dem Unteroligoeän von Bünde. « Obere, 


b seitliche Ansicht, beide vergrößert. 


3, 4. Dieselbe. Vergrößerte untere Ansicht. 


3. 


Diplotaxis placentula Rss. aus dem Unteroligocän von Calbe. a Ver- 
größerte obere, 5 untere, ce seitliche Ansicht. 


. Dieselbe. Vergrößerte untere Ansicht eines anderen Exemplares. 
. Dieselbe. Vergrößerte Ansicht einer isolirten Zelle. 


Tafel III. 


. Polyeschara confusa Rss. a Bruchstück in natürlicher Größe. 5 Ein 


Stück der Oberfläche mit unregelmäßigen Zellen vergrößert. c Ver- 
größerter Querschnitt eines jüngeren Zweiges. 


. Ein Stück der Oberfläche mit regelmäßigeren Zellen vergrößert. 
. Vergrößerter Querschnitt eines älteren Zweiges mit drei Zellenschich- 


ten auf jeder Seite. 


. Vergrößertes Stück der Oberfläche eines Zweiges, an welchem nach 


Zerstörung der oberen Zellenschichte die tiefere sichtbar geworden ist. 


Reufs :unteroligocäne Bryozoen. Taf] 


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Joh StTohmayer gez.v_\ith. A.d.kkHotusftaatsdruckere 


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12: Orbitulinora netiolus Lonsd. spec. 
3-3. Stichonorina Reulsi Stol. 6. Pavolunulites Buski Rls. 


7. Ba tonor@ rosula Kls. 
Sitzungsb.d.k.Akad. d.W.math.naturw. ÜILVBd.].Abth. 1867. 


Reufs:unteroligocane Bryocoen. Tafl. 


Joh.Strohmayer gez. u.lith. A.d. kkHof-u Staats-Druckerei. 
1. Batonora rosuda Rls. 2_4. Batonora Stoliezkai Rls. 
3-7. Dinlotaxis nlacentwla RIs. 


Sitzungsb. d.k.Akad. d.W.math.naturw. CLLVBd.I.Abth 1867. 


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1-4. Polveschara confusa Kls. 


Sitzungsb. d.k.Akad. d.W.ma th.naturw. UILVBd.l.Abth. 1867. 


C.v. Ettingshausen. Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 235 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen, 
ein Beitrag zur Kenntniss der ältesten Dicotyledonengewächse, 


Von dem ce. M. Prof. Dr. Const. Freih. v. Ettingshausen. 


(Mit 3 Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 17. Jänner 1867.) 


Die Pfianzenreste führenden Schichten des Schieferthones im un- 
teren (Juader von Niederschoena bei Freiberg sind schon seit Langem 
bekannt. Sternberg beschrieb in seinen Beiträgen zur Flora derVor- 
welt sechs Pflanzenarten aus denselben. Seither erweiterten Zenker, 
Bronn, Geinitz u. A. die Kenntniß über diese fossile Flora. Doch 
sind bisher hauptsächlich nur Filices, Cycadeen und Coniferen, im 
Ganzen 13 Arten dieser interessanten Kreideflora, hingegen die zahl- 
reichen Reste von Dicotyledonen, welche zu den ältesten der Erde 
gehören, noch nicht genauer untersucht und bestimmt worden. 

Da ich nun durch die Güte des Herrn Prof. Beyrich in Berlin 
die vielen im königl. Museum daselbst aufbewahrten aus der Cotta'- 
sehen Sammlung stammenden Pflanzenfossilien von Niederschoena zu 
untersuchen in die Lage gekommen bin, so glaube ich dem Wunsche 
des hochverehrten Senders dadurch am besten zu entsprechen, daß 
ich das Resultat der Untersuchung und die von mir bestimmten neuen 
Arten als einen Beitrag zur Kenntniss dieser vorweltlichen Flora der 
Öffentlichkeit übergebe. 

Die allgemeinen Resultate der Untersuchung sind: 

1. die fossile Flora von Niederschoena ist eine Landflora mit 
rein tropischem Charakter. 

2. Von den 42 Arten, welche ich unterscheiden konnte, fallen 
auf die Thallophyten 3, auf die Acotyledonen 4, auf die Gymnosper- 
men 5, auf die Monocotyledonen 2 Arten. Die Dicotyledonen zählen 
28 Arten und zwar die Apetalen 16, die Gamopetalen 1, die Dialy- 
petalen 11 Arten. 

Die Artenzahl der Gymnospermen und niederen 
Dieotyledonen verhält sich demnach zu der der 


236 C. v. Ettingshausen. 


höheren nahezu wie 2:1. Im gleichen Verhältnisse steht die 
Zahl der ausgestorbenen Gattungen zu jener der recenten. 

3. Die Flora von Niederschoena hat mit anderen fossilen Floren 
16 Arten gemein. Von diesen sind 14 bezeichnend für die 
Flora der Kreide-Periode; Eine Art kommt auch in der 
Wealden- und Eine in der Tertiärformation vor. (Siehe die beifol- 
gende Tabelle.) 

4. Die Analogien dieser vorweltlichen Floramit der 
Flora der Jetztwelt sind in nähere und entferntere abzutheilen. 
Zu den ersteren gehören jene fossilen Pflanzenarten, welche nicht nur 
jetztlebenden Geschlechtern eingereiht, sondern zu welchen auch 
jetztlebende Arten derselben als unverkennbar verwandte Ähnlich- 
keiten gefunden werden konnten. Ich will hier nur als die wichtig- 
sten hervorheben: Pfteris Reichiana, welche der P, Kinghiana 
Endl., einer auf der Insel Norfolk wachsenden Art, Aspidium Bei- 
chianum, welche dem auf den Philippinen einheimischen A. kgula- 
tum Kunze am meisten entspricht; Ficus bumelioides, der ostindi- 
schen F. nitida Thunb., Zhopala primaeva, der brasilianischen A. 
inaequalis Pohl; Banksia longifolia, der neuholländischen B, spinu- 
losa R. Brown. am meisten analog. 

Die Mehrzahl der Arten ist jedoch den entfernteren 
Analogien beizuzählen. Für viele derselben konnten die Fami- 
lien bestimmt werden, welchen sie angehörten und für einige auch 
die nächst verwandten Gattungen wenigstens muthmaßlich bezeich- 
net werden. 


5. In der Kreideflora von Niederschoena sind folgende Vegeta- 
tionsgebiete der Jetztwelt repräsentirt: 


a) Neuholland durch eine der Gattung Frenela verwandte 
Cupressinee, durch eine auch in der Flora der Tertiärperiode 
vorkommende Banksia-Art, durch zwei mit Dryandra, durch 
eine mit Lomatia und durch eine der Gattung Conospermum 
nahe verwandte Proteaceen ; 

b) Ostindien durch einige Ficus-Arten und durch eine Laurus- 
Art; 

c) Südafrika durch eine Gleicheniacee, eine Protea-Art und 
durch eine der Gattung Pferocelastrus nahe verwandte Cela- 
strinee; 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 237 


d) Brasilien, Westindien und Nordamerika durch je 
Eine Art. 


6. Bei der Vergleichung derin dieser Flora erschei- 
nendenältesten Dicotyledonen-Formen mit jenen ande- 
rer fossiler Floren fand ich für die Mehrzahl der Arten 
die nächst verwandten Analogien in der Flora der Ter- 
tiärperiode. 

Am auffallendsten ist die Verwandtschaft von Fagus prisca mit 
Fagus Feroniae; von Ficus protogaea mit Ficus lanceolata; von 
F. bumelioides mit einer in der fossilen Flora von Sagor vorkommen- 
den noch nicht beschriebenen Ficeus-Art; von Artocarpidium creta- 
ceum mit A. integrifolium aus der fossilen Flora von Sotzka; von 
Daphnogene cretacea mit D. polymorpha; von Dryandroides lati- 
folius und D. Zenkeri mit den in der älteren Tertiärflora verbreiteten 
Dryandroides hakeaefolius und D. acuminatus; von Apocynophyl- 
lum cretaceum mit A. haeringianum ; von Acer antiguum mit 
A. decipiens der Tertiärflora der Schweiz; von Callistemophyllum 
Heerii mit C. melaleucaeforme der tertiären Flora von Häring; von 
Palueocassia lanceolata mit Cassia Phaseolites der fossilen Floren 
von Sotzka und Radoboj; von Inga Cottai mit I. europaea der fos- 
silen Flora von Häring. 

Von anderen Abtheilungen des Pflanzenreiches sind einige bis- 
her für die Tertiärflora aufgestellte Gattungen wie Xylomites, Frene- 
lites, Culmites, Caulinites auch in der Kreideflora von Niederschoena 
durch eigenthümliche Arten repräsentirt. 


7. Durch das Vorherrschen der Proteaceen (mit 6 Gattungen 
und 7 Arten) der Gymnospermen (mit 3 Gattungen und 5 Arten) und 
der Leguminosen (2 Gattungen und 3 Arten) nähert sich diese Flora 
ihrem Charakter nach einerseits den Floren von Neuholland und 
Oceanien, andererseits der Flora der älteren Tertiärperiode. Durch 
die verhältnißmäßig reichlichere Repräsentation der Gymnospermen 
und Filices aber ist sie von beiden verschieden und schließt sich 
den älteren Secundärfloren an. 


Als charakteristische Gattungen theils der Kreideflora im allge- 
meinen, theils der fossilen Flora von Niederschoena im besonderen 
sind zu betrachten: Didymosorus, Cunninghamites, Credneria, 
Daphnites und Conospermites. 


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239 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 


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Die Kreideflora von Niederscehoena in Sachsen. 


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242 C. v. Ettingshausen 

Als eharakteristische oder dureh ihre Häufigkeit ausgezeichnete 
Arten dieser Flora sind hervorzuheben: Halyserites Reichü Sternb., 
Pteris Reichiana Brongn. sp., Pterophyllum sawonicum Reich., 
Frenelites Reichii Ett., Cunninghamites Oxycedrus Sternb., 
Caulinites stigmarioides Ett., Quercus Beyrichi Ett., Ficus Gei- 
nitzüi Ett., Dryandroides latifolius Ett. und D. Zenkeri Ett., 
Credneria cuneifolia Bronn, Acer antiguum Ett., Palaeocassia 
angustifolia, P. lanceolata und Inga Cottai Ett. 


Beschreibung der Arten. 


Thallophyta. 
Phyceae. 


Halyserites Reichii Sternb. 
Sternberg, Flora der Vorwelt. Bd. Il, S. 34, Taf. 24, Fig. 7. — Chiropteris 
keichii Bronn Leth. Taf. 28, Fig. 1. 

H. fronde stipitata, dichotome bipinnatim ramosa, fere pe- 
data, ramis ramulisque costatis, fere dimidiatis, latere nempe ex- 
teriore deficiente, ramulis oblongis, obtusis subfalcatis, costis stipi- 
teque teretibus. 

In saxo arenaceo ad Niedersehoena prope Freiberg Saxoniae. 

Von dieser fossilen Alge sah ich ein großes wohlerhaltenes 
Exemplar in der Cotta’schen Sammlung. Dasselbe hat nahezu 
eine Länge von einem Schuh; der Stiel des mehrfach dichotomisch 
getheilten Laubes ist 5 Millimeter dick. Die Ästehen sind allmälig 
verschmälert. Außer dem hervortretenden Mediannerv bemerkt an 
den Ästen und Ästchen keine Nerven. Sternberg bezeichnete Ha- 
Iyseris polypodioides als die der fossilen analoge jetztweltliche Art. 


Pyrenomycetes. 


Phacidium Palaeocassiae Ettingsh. 
Taf. I, Fig. 8, vergrößert 8 b. 
Ph. peritheciis irregularibus polyjgonis depressis, disco subro- 
tundato, pallido. 


In foliolis Palaeocassiae lJanceolatae ad Niederschoena., 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 243 


Bildet auf dem vorliegenden Leguminosen-Blättehen Flecken 
von 1—2Millim., auf einem anderen hier nicht abgebildeten Blättchen 
Flecken von 2—3 Millim. Durehmesser. Sie sind ganz flach, ziemlich 
seharf umschrieben. In der Scheibe bemerkt man einige strahlenför- 
mig verlaufende feine Risse. Ist dem Phacidium Eugeniarum Heer 
aus den Tertiärschichten von St. Gallen in der Schweiz am nächsten 
verwandt, jedoch durch das unregelmäßig eckige Peritheeium von 
demselben verschieden. 


Xylomites elliptieus Ettingsh. 
Taf. I, Fig. 7. 

X. perithecüis ellipticis planis, disco centrali vix distinguendo. 

In folio Fieus Geinitzii ad Niederschoena. 

Bildet kleine elliptische, flache, schwarzgefärbte Flecken, welche 
über die ganze Blattfläche des hier abgebildeten Blattes von Freonium 
Geinitzü Ett. vertheilt sind. Dafs dieselben nieht von Insecten, son- 
dern von einem Pilze herrühren, dürfte kaum einem Zweifel unter- 
liegen. Die größeren dieser Flecken haben eine Länge von etwas 
über 1 Millimeter und sind ziemlich regelmäßig scharf abgegrenzt. 
Die kleineren, wahrscheinlich noch nicht vollständig entwickelten 
Peritheeien sind meist unregelmäßig lappig und im Umrisse mehr 
rundlich. 

Dieser Blattpilz erinnert an einen von Unger auf Feigenblättern 
in der fossilen Flora von Sotzka aufgefundenen und als Xylomites 
deformis bezeichneten Pilz, welchem aber größere rundliche Peri- 
thecien zukommen. 


Cormophyita. 
Filices. 


Pteris Reichiana Ettingsh. 

Ettingsh. Farnkräuter, S. 115. — Pecopteris Reichiana Brongn. Hist. 
veget. foss. I, p. 302, t. 116, f. 7. — Pecopteris Browniana Dunker, 
Monogr. d. norddeutschen Wealdenbildung, S. 5, Taf. 8, Fig. 7. — 
Alethopteris Reichiana Sternb. |. ce. S. 146. — Ettingsh. Beitr. z. 
Kenntn. d. Flora d. Wealdenperiode, Abhandl. d. k. k. geol. Reichs- 
anstalt, Bd. I, 3. Abth. Nr. 2. S. 17. — Pecopteris linearis Debey und 
Ettingsh., Die urweltlichen Acrobryen des Kreidegebirges von Aachen 
und Mästricht, S. 62, Taf. 6, Fig. 20. 


P. fronde bipinnata, pinnis lineari-lanceolatis, pinnulis ad- 
natis, oppositis alternisque, linearibus, apice obtusis, sinu 
Sitzb. d. mathem,-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 17 


244 C. v. Ettingshausen. 


acuto interstinctis; nervatione Alethopteridis, nervo prima- 
rio stricto, recto, excurrente, e rhachi sub angulis acutis 
oriente, nervis secundarüs tenerrimis, angulis acutis egre- 
dientibus, furcatis, ramis rectis. 
In formatione Cretae ad Sahla prope Ratisbonam et ad Niederschoera prope 
Friburgum, nee non in formatione Wealden dieta ad Süntel Germaniae. 
Die Fiederchen sind ganzrandig, bald spitz, bald stumpflich. 
Die Länge derselben erreicht an einem mir vorliegenden Exemplare 
28 Millim. Die Breite nur 4 Millim. Der Primärnerv schneidet sich 
mit der Spindel unter Winkeln von 30—45° ; unter den gleichen 
Winkeln entspringen die verhältnißmäßig entfernt stehenden Secun- 
därnerven. 
Als die dieser Art am nächsten verwandte jetztlebende betrachte 
ich Pteris Kinghiana Endl. von der Norfolk-Insel. (S. Ettingsh. 
l. e. Taf. 61, Fig. 4.) 


Aspidium Reichianum Sternb. sp. 
Ettingsh., Farnkräuter, S. 197. — Pecopteris Reichiana Sternberg, 
Flora d. Vorwelt, Bd. II, S. 155, Taf. 37, Fig. 2. — P. striata Sternb. 
l. ce. Taf. 37, Fig. 3, 4 — Pecopteris Schoenae Reich. Jahrb. 1836, 
S. 386. — Cotta, Geognost. Wanderung. I, S. 58. 

A. fronde bipinnata, pinnis sessilibus suboppositis patentissimis, 
lineari-lanceolatis, pinnulis adnatis contiguis linearibus vel 
ovato-oblongis, obtusis; nervatione Pecopteridis, nervis se- 
cundarüs sub angulis acutis orientibus subrectis, simplieibus, 
nervis tertiarüs tenuissimis, laeviter areuatis; rhachi pri- 
maria longitudinaliter striata. 

In formatione Grünsand dieta ad Sahla prope Ratisbonam Bavariae, ad St. 
Wolfgang Austriae superioris nee non ad Niedersehoena Saxoniae. 

Variirt mit ganzrandigen und an der Basis wellig-gekerbten oder 
fast stumpf gelappten Fiederchen. Als die nächst verwandte lebende 
Species bezeichnete ich das auf den Philippinen wachsende Aspidium 
igulatum Kunze (Ettingsh. ]. e. Taf. 121, Fig. 6 und Taf. 124, 
Fig. 12). 

Didymosorus comptoniifolius Debey et Ettingsh. 
Taf. 1, Fig. 1, 2. 
Debey u. Ettingshausen, die urweltlichen Aerobryen des Kreidegebirges 
von Aachen und Mästricht, Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissenschaften, 
Bd. XVII, S. 187, Tat. 1, Fig. 1—5. 


In stratis nonnullis argillosis et arenosis ad Aachen, nee non in schisto 
argillaceo ad Niederschoena. 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 245 


Von diesem charakteristischen Farnkraute fanden sich im Schiefer- 
thone von Niederschoena einige Wedelfragmente, welehe mit den 
a. a. Orten abgebildeten Fossilien genau übereinstimmen. Die Ähn- 
lichkeit des sterilen Wedels mit dem von Gleichenia polypodioides 
Sm. und @. argentea K aulf. ist in die Augen springend. 


Pecopteris lobifolia Corda. 
Corda in Reuss Versteinerungen d. böhmischen Kreideformation, S. 95, 
Taf. 49, Fig. 4, 5. — Geinitz, das Quadersandsteingebirge S. 268. 
P. fronde ... ., pinnulis margine undulato-incisis, nervis con- 
fertis furcatis arcuato-curvatis, tenuissimis. 
In arenaceo quadrato inferiori ad Mscheno prope Schlan Bohemiae nee 
non in schisto argillaceo ad Niederschoena. 

Aus den wenigen kleinen unvollständigen Bruchstücken von 
Fiederehen dieser Art, welche ich im Schieferthone von Nieder- 
schoena gesehen habe, konnte ich über die zweifelhafte systematische 
Stellung derselben keinen Aufschluß erhalten. 


Cycadeae. 
Pterophyllum eretoesum Reich. 
Reieh in Cotta geogn. Wanderungen I, S. 58. — Gaea saxonica p. 134, 
t. 4, f. 15. 


P. fronde pinnata, pinnis integris alternis approximatis adnatis 
patentibus lato-linearibus, rhachi infra sulcato-striata, ner- 
vis crebris crassiusculis. 


In arenaceo ad Niedersehoena Saxoniae. 


Pterophyllum saxonieum Reich. 
Far. E,Rıo Tu. 12. 
Reich, Gaea saxonica p. 134. t.4, f.14. — Goeppert, Nachtr. z. Flora 
d. Quadersandst. S. 276. 

P. fronde pinnata, pinnis suboppositis patentissimis scabris lato- 
linearibus falcatiıs approximatis obtusis basi subattenuatis, 
nervis crebris tenuissimis, rhachi crassissima. 

In arenaceo ad Niederschoena Saxoniae. 
Die Oberfläche der Fieder dieser Art ist mit zahlreichen feinen 
Knötehen bedeckt, die reihenweise zwischen den Nerven stehen. 
Fig. 12, 5 gibt die Vergrößerung eines Fiederbruchstückes des 
in Fig. 12 dargestellten Exemplares. 
17% 


246 C. v. Ettingshausen. 


Coniferae. 


Frenelites Reichii Ettingsh. 
Taf. I, Fig. 10. 


Lycopodites insignis Reich in Geinitz Charakteristik der Schichten und 
Petrefaeten des sächsieh-böhmischen Kreidegebirges, S. 98. — Bronn 
Lethaea geogn. 1846, S. 577, Taf. 25, Fig. 13. 

F. ramis suberectis fastigiatis, ramulis filiformibus confertis, 
folüis adpressis e basi ovata subulatis, strobilis awillarıbus 
duplo longioribus quam latıs. | 

In arenaceo ad Niederschoena Saxoniae, nee non ad Aigen prope Salis- 
burgum. 

Gehört zu den häufigeren Arten dieser fossilen Flora. Durch die 
zarten fast fadenförmigen gedrängt stehenden Ästehen stimmt diese 

Cupressinee in der Tracht mit Frenela überein. 


Cunninghamites Oxycedrus Sternb. 
Taf. 1, Fig. 9. 


Sternberg, Flora d. Vorwelt, Bd. II, S. 203, Taf. 48, Fig. 3, Taf. 49, Fig. 1. 

C. ramulis teretibus, foliis sessilibus approximatis, e basi rotun- 

data lineari-lanceolatis angustatis acutis planis nervo medi- 

ano percursis, patentibus, utringue subtus juxta nervum et 

marginem striato-fasciafis, pulvinis vix prominulis ; strobi- 

lis oblongis, sqguamis coriaceis adpressim imbricatis longi- 
tudinaliter striatis, margine irregulariter dendato-laceris. 

In schisto argilloso ad Niedersehoena Saxoniae nee non ad Aigen prope 

Salisburgam. 

Von dieser in den Kreideschichten von Niederschoena und 
Aigen sehr häufig vorkommenden Conifere fand sich an ersterer Lo- 
calität ein Fruchtzapfen Fig. 9. Die Ähnlichkeit desselben mit dem 
Fruchtzapfen von Cunninghamia sinensis ist nicht zu verkennen. 


Cunninghamites Sternbergii Ettingsh. 
Taf. I, Fig. 4—6. 
Bergeria minuta Sternb. Flora d. Vorwelt, Bd. II, S. 184, Taf. 49, Fig. 2 
a, b. Fig. 3. 
©. ramulis teretibus, foliis lineari-lanceolatis, planis, tenuissime 
nervoso-striatis nervo mediano prominente, pulvinis oblongis 
vix prominulis; strobilis ovoideo-elliptieis, squamis rigide 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 2A7T 


coriaceis adpressim imbricatis, rhombeis acute et aequaliter 
angulatis, integerrimis. 
In sehisto argilloso ad Niederschoena. 

Abgefallene stiellose Zapfen dieser Art wurden von Sternberg 
für verkürzte Stämme der von ihm aufgestellten Lepidodendreen- 
Gattung Bergeria, die dicht anliegenden rhombischen Schuppen für 
die Blattnarben derselben gehalten. Die in der Cotta’schen Samm- 
lung aufbewahrten Zapfen Fig. 4 und 6, welche noch mit Bruch- 
stücken der Zweigchen, welche sie trugen, in Verbindung stehen, 
haben die meiste Ähnlichkeit mit den Zapfen der vorhergehenden Art, 
daher ich selbe der Gattung Cunninghamites unterordnete. Von einem 
sehr kleinen schmal-linealen blos an der Spitze der Schuppen (nach 
Sternberg’s Diagnose an der Spitze der Narben) hervortretenden 
Knötehen bemerkte ich nichts, jedoch an dem Exemplare Fig. 5 einige 
kleine unregelmäßige Höckerchen und Grübchen, die an der ganzen 
Oberfläche der Schuppen ungleich vertheilt sind. 

Die bei Fig. 4 ersichtlichen abgefallenen Blätter sind etwas 
breiter als die der vorhergehenden Art und mit einem stärker her- 
vortretenden Mediannerv durchzogen und dürften wohl zu der eben 
beschriebenen Art gehören. An den blattlosen Zweigbruchstücken 
bemerkt man hin und wieder die schmalen länglichen kaum vorsprin- 

„genden Blattpolster. 


Gramineae. 


Culmites eretaceus Ettingsh. 
Taf. I, Fig. 3. 


C. rhizomate incrassato, nodoso annulato, irregulariter sulcato 
et tenuiter striato, annulis latis approximatis, cicatricibus 
sparsis ellipticis vel oblongis. 

In arenaceo argilloso ad Niederschoena, nee non ad Aigen prope Salis- 
burgum. 

Ein Gramineen-Rhizom von fast calamitenartigem Ansehen. Die 
Glieder sind mit ungleich stark hervortretenden Furchen und dazwi- 
schen mit feinen genäherten Längsstreifen durchzogen. An den breiten 
Knotenringen bemerkt man Überreste von länglichen oder quer-ellip- 
tischen Narben. 


iv 
PS 
2 


C. v. Ettingshausen. 


Najadeae. 
Caulinites stigmarioides Ettingsh. 
Taf. II, Fig. 1. 
©. caule crasso laeviter costato, simpliei (?), articulis remotis 
cicatrieibus linearibus valde approximatis. 
In sehisto argilloso ad Niedersehoena. 

Das vorliegende Stammbruchstück zeichnet sich durch die vielen 
gedrängt stehenden schmalen linienförmigen 1—3 Millim. langen 
Narben, mit welehen es besetzt ist, sehr aus. Eine breite mit einem 
feinen Streifen durchzogene Querfurche bildet die Grenze zweier 
Glieder, welche ziemlich lang gewesen zu sein scheinen. Die Glieder 
sind mit flachen Längsrippen durchzogen. Die systematische Stellung 
dieses Fossils, welches ich vorläufig dem Sammelgeschlechte Cauli- 
nites einreihte, dürfte wohl erst dann zu ermitteln sen, wenn voll- 
ständigere Reste zur Untersuchung vorliegen. 


Oupuliferae. 


Querceus Beyrichii Ettingsh. 
Taf. II, Fig. 2. 


A. folüs coriaceis ovato-lanceolatis acuminatis basi inaequalibus, 
margine argute serratis, nervo primario valido, apicem ver- 
sus subito attenuato excurrente, nervis secundariis prominen- 
fibus ; sub angulis acutis varüs orientibus arcuatis furcatis 
laqueos formantıbus, nervis tertiarüs tenuibus angulo acuto 
egredientibus. 

In schisto argilloso ad Niederschoena. 

Die Beschaffenheit des Abdruckes, der scharf hervortretende 
Blattrand und die starken Eindrücke der Nerven lassen die derbe 
lederartige Textur dieses fossilen Blattes deutlich erkennen. Dasselbe 
liegt zwar nicht vollständig vor, doch gestattete die Erhaltung des 
hier abgebildeten Fragmentes die Ergänzung der Form und die Be- 
stimmung des Geschlechtes, zu welchem das Blatt nach den oben be- 
schriebenen charakteristischen Merkmalen gehört. Der Primärnerv 
hat in der Mitte der Blattfläche noch eine Dicke von 1:5 Millimeter, 
verfeinert sich aber gegen die Spitze zu sehr rasch. Die Seeundär- 
nerven sind bogenläufig und etwas schlängelig, die unteren bilden 
mit dem primären wenig spitze Winkel, die oberen hingegen ent- 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 249 


springen unter Winkeln von 55—65°. Die schlingenbildenden Äste 
derselben divergiren von einander unter nahezu 90°. Die ziemlich 
scharf hervortretenden Schlingenbogen sind vom Rande entfernt und 
mit einigen Außenschlingen besetzt. Die Seeundär-Segmente sind 
länglieh, am äußeren Ende etwas spitz. Die Tertiärnerven haben sich 
größtentheils nicht erhalten. 

Die angegebenen Merkmale weisen dieses Blatt der Gattung 
Quercus zu. Von den bisher beschriebenen Eichenarten kommen 
unserer Art Q. Lonchitis Ung. bezüglich der Form und Zahnung, 
dann Quercus argute-serrata Heer und Q. Godeti Heer bezüglich 
der Nervation am nächsten. 


Fagus prisca Ettingsh. 
Taf. II, Fig. 3, vergrößert 3 b. 

F. folüs Coriaceis petiolatis, ovato-elliptieis, basi obtusiusculis, 
apice acuminatis, margine undulato- dentatis, nervatione 
craspedodroma, nervo primario prominente, recto excurrente, 
nervis secundarüs_utringue 6—7, sub angulis acutis orienti- 
bus, simplicibus, nervis tertiarüis tenuibus inter se conjunctis, 
rete tenerrimum includentibus. 

In schisto argilloso ad Niederschoena. 

Dieses Blatt hat sowohl der Form als auch der Nervation nach 
eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Blatte der in der mittleren 
Tertiärformation sehr verbreiteten Fagus Feroniae Ung. Es unter- 
scheidet sich jedoch von diesem durch folgende Merkmale. Die am 
Abdrucke stellenweise erhaltene verkohlte Blattsubstanz deutet auf 
ein steifes, lederartiges Blatt hin, welches der Fagus Feroniae nicht 
zukommt. Der Primärnerv und die Secundärnerven treten stärker 
hervor. Die Tertiärnerven sind meist weniger geschlängelt; sie 
begrenzen ein aus äußerst kleinen nur dem bewaffneten Auge wahr- 
nehmbaren rundlichen Maschen zusammengesetztes Netz. 


Moreae. 


Ficus protogaea Ettingsh. 
Taf. II, Fig. 5. 
F. foliis coriaceis oblongis, integerrimis, nervatione campto- 
droma, nervo primario prominente, recto, nervis secundarüs 
sub angulis 50—60° orientibus, arcuatis, furcatis, ramis 


250 C. v. Ettingshausen, 


angulo recto divergentibus laqueos formantibus, nervis ter- 

tiarüs angulis acutis egredientibus, flexuosis, dietyodromis, 

rete lawum macrosynammatum formantibus. 
In sehisto argilloso ad Niederschoena. 

Von dieser fossilen Pflanze liegt bis jetzt nur das Mittelstück 
eines Blattes Fig. 5 mit wohlerhaltener Nervation vor. Die lederartige 
Beschaffenheit, die längliche Blattform, welehe dasselbe verräth, der 
ganze Rand und der Charakter der Nervation deuten auf ein Fieus- 
Blatt. In der That zeigt die Vergleichung desselben mit dem Blatte 
von Ficus lanceolata Heer, Tertiärflora der Schweiz, Bd. II, Taf. 81, 
Fig. 4, eine auffallende Ähnlichkeit beider in der Nervation. Das Blatt 
von Niederschoena unterscheidet sich jedoch durch etwas feinere und 
einander mehr genäherte Secundärnerven und insbesondere durch 
die kürzeren netzläufigen von beiden Seiten der Seeundären unter 
spitzen Winkeln abgehenden Tertiärnerven. 

Ficus &einitzii Ettingsh. 
Taf. II, Fig. 7, 9—11. 

F. foliis longe petiolatis subcoriaceis, ellipticis vel oblongis, 
integerrimis, basi acufis, apice obtusis, nervatione camp- 
todroma, nervo primario distincto, recto, apicem versus 
attenuato, nervis secundariis tenuibus, sub angulis 40—-50° 
orientibus, arcuatis flexuosisque approximatis, antemarginem 
laqueos formantibus, nervis tertiartis tenuissimis angulis acu- 
fis egredientibus, dietyodromis. 

In schisto argilloso ad Grünbach Austriae inf. nee non ad Niederschoena. 

Die Blätter dieser Art gehören zu den häufigeren Fossilien der 
Kreideflora von Niederschoena. Der Blattstiel erreicht eine Länge von 
20 Millim. Die Textur scheint weniger derb gewesen jzu sein, als 
wie bei der vorhergehenden Art. Die Form variirt von der fast 
eirunden oder elliptischen bis zur länglichen. Die Basis ist mehr oder 
weniger spiz, die Spitze abgerundet oder stumpflich. Die Nervation 
zeigt den Character wie bei Ficus. Aus einem geraden Primärnerv 
entspringen zahlreiche feine genäherte schlingenbildende Seeundär- 
nerven. Die grundständigen gehen unter etwas spitzeren Winkeln 
ab. Die Tertiärnerven sind kurz und sehr fein; die Netzmaschen 
unregelmäßig eckig, im Umrisse elliptisch. 

Von den bis jetzt beschriebenen Fieus-Arten kommt dieser Art 
die in der Tertiärformation ziemlich verbreitete F. multinervis Heer 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 251 


am nächsten, welche in der Nervation nur durch fast rechtwinklig 
entspringende Secundärnerven abweicht. 


Fieus bumelioides Ettingsh. 
Taf. II, Fig. 6. 

F. foliis petiolatis coriaceis obovato-cuneatis, integerrimis, basi 
cuneatim angustatis, apice emarginatis, nervatione campto- 
droma, nervo primario prominente, recto excurrente, nervis 
secundarüis tenuibus sub angulis 30—A0° orientibus, arcuatis 
approximatis, subsimplicibus, nervis tertiarüs angulis acutis 
egredientibus, dietyodromis. 

in schisto argilloso ad Niederschoena. 

Die nahe Verwandtschaft dieses Fossils mit den beiden vorher- 
gehenden Arten ist nicht zu verkennen; doch sind die unterscheiden- 
den Merkmale leicht zu finden und in obiger Diagnose angegeben. 

Das Blatt dieser Art ist dem einer noch nicht beschriebenen 
Fieus-Art der fossilen Flora von Sagor am meisten ähnlich, hat aber 
feinere unter spitzeren Winkeln entspringende Secundärnerven. Von 
den jetztweltlichen Arten nähert sich unserer Art in der Blattform und 
Nervation die ostindische Ficus nitida Thunb. (Ettingsh. Blatt- 
skelete d. Apetalen, Taf. 14, Fig. 5, 6). 

Bei der Bestimmung dieses Blattfossils durfte auch die Ähnlich- 
keit desselben mit Blättern einiger Sapotaceen, namentlich von 
Bumelia- und Mimusops-Arten nicht unbeachtet bleiben, eine Ähn- 
lichkeit, welche hauptsächlich durch die derbere Textur, die Keilform 
des Blattes und den an der ausgerandeten Spitze wenig verfeinert 
endigenden Primärnerv hervorgerufen wird. 


Artocarpeae. 
Artocarpidium eretaceum Ettingsh. 
Taf. II, Fig. 4. 

A. foliis coriaceis, obovatis, inteyerrimis, nervatione campto- 
droma, nervo primario crasso, apicem versus attenuato, nervis 
secundarüs validis arcuatis, sub angulo acuto orientibus, 
simplicibus vel furcatis. 

In sehisto argilloso ad Grünbach Austriae inf. nee non ad Niederschoena. 
Das vorliegende Blattfragment gehörte einem größeren leder- 
artigen mehr eiförmigen als länglichen, gegen die Basis zu etwas 


252 C. v. Ettingshausen. 


verschmälerten Blatte an, welches mit dem Blatte von Artocarpidium 
integrifolium Ung. aus der fossilen Flora von Sotzka die meiste 
Ähnliehkeit zu haben scheint. Beide sind von einem mächtigen 
Primärnerv durchzogen, welcher gegen die Spitze zu schnell sich 
verfeinert. Die starken bogenläufigen Seeundärnerven entspringen 
unter ziemlich spitzen Winkeln. Das Blatt von Niederschoena war 
jedoch größer und mit stärkeren entfernter stehenden Seeundär- 
nerven versehen. 

Laurineae. 

Laurus eretacea Ettingsh. 

Taf. II, Fig. 13. 

L. foliis petiolatis coriaceis, lanceolatis, integerrimis basi 
acutis, apicem versus angustatis, nervatione camptodroma, 
nervo primario prominente, excurrente, nervis secundarüs 
sub angulis 40—50° egredientibus, furcatis, ramis inter se 
anastomosantibus, subflexuosis; nervis tertiarüs tenuissimis 
dietyodromis. 

In sehisto argillaceo ad Niederschoena. 

Dieses Blatt tragt seiner Form, Textur und Nervyation nach 
unläugbar das Gepräge eines Lorbeerblattes an sich. Ich vergleiche 
es mit den Blättern von Laurus foedita und Daphnidium bifarium 
Nees (S. Ettingh. Blattskelete der Apetalen, Taf. 32, Fig. 1, 
Taf. 33, Fig. 6, 8 und 9). 

Daphnogene primigenia Ettingsh. 
Taf. I, Fig. 13 und Taf. III, Fig. 15. 

D. foliis petiolatis coriaceis, ovatis, integerrimis, trinervüs 
nervo mediano attenuato, recto, nervis lateralibus nervis 
externis tenuissimis instructis; petiolo crasso. 

In sehisto argillaceo ad Niederschoena. 

Daß das vorliegende Blattfossil einer Laurinee angehörte, 
dürfte nach der charakteristischen Nervation und Tracht, welche 
dasselbe erkennen läßt, kaum zweifelhaft sein. Es scheint der ın der 
Tertiärformation weit verbreiteten Daphnogene polymorpha am 
meisten zu entsprechen, sich jedoch von dieser Art durch den im 
Verhältnisse zu dem starken Stiele feinen Mediannerv und die sehr 
feinen an der Außenseite der Seitennerven deutlicher sichtbaren 
Secundärnerven zu unterscheiden. 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 253 


Daphnoideae. 


Daphnites 6oepperti Ettingsh. 
Taf. II, Fig. 8. 


D. foliis coriaceis oblongis vel lanceolatis, integerrimis, basi 
cuneatim angustatis, nervo primario prominente recto, api- 
cem versus attenuato, nervis secundarüs sub angulis 25° — 
40° orientibus, tenuibus flexuosis, brochidodromis, nervis 
tertiariis tenuissimis angulo acuto eweuntibus dietyodromis. 

In sehisto argillaceo ad Aigen prope Salisburgum nee non ad Niederschoena. 

Längliche oder lanzettförmige ganzrandige gegen die Basis zu 
verschmälerte Blätter von anscheinend lederartiger Textur und mit 
wohl erhaltener Nervatur. Ein Blattstiel scheint vorhanden gewesen 
zu sein; wenigstens kann man an dem Fossil Fig. 8 Spuren des 
abgebrochenen Stieles wahrnehmen. Die Nervation bietet einige 
charakteristische Merkmale. Aus einem geraden an der Basis ziem- 
lich scharf hervortretenden Primärnerv, welcher gegen die Spitze zu 
sich allmälig verfeinert, entspringen zahlreiche feine genäherte etwas 
geschlängelte Secundärnerven unter sehr spitzen Winkeln. Die 
Schlingenbogen sind sehr kurz und vom Rande entferntstehend. Die 
sehr feinen Tertiärnerven gehen von der Außenseite der secundären 
unter spitzen, von der Innenseite derselben unter stumpfen Winkeln 
ab; sie bilden ein lockeres aus länglichen Maschen zusammen- 
gesetztes Netz. 

Bei der Bestimmung dieses interessanten Blattfossils mußten 
vor allem die folgenden Ordnungen in Betracht gezogen werden und 
zwar die Daphnoideen, Proteaceen, Sapotaceen und Myrsineen. Ich 
entschied mich für die ersigenannte Ordnung. Bei der Gattung 
Protea, bei welcher sehr ähnliche Blätter vorkommen, bilden die 
Secundärnerven keine hervortretenden Schlingenbogen und die 
Tertiärnerven gehen von der Innenseite der secundären unter spitzen 
Winkeln ab. Die Gattungen Bumelia und Myrsine enthalten zwar 
ebenfalls sehr ähnliche Blattformen, ich konnte jedoch keine Art finden, 
bei welcher die Seeundärnerven unter so spitzen Winkeln abgehen, 
wie bei dem beschriebenen fossilen Blatte, worin dasselbe eben mit 
Daphnoideen am meisten übereinstimmt. 


254 C. v. Ettingshausen. 


Proteaceae. 
Protea Haidingeri Ettingsh. 
Taf. Il, Fig. 12. 

P. foliis lanceolatis, basi attenuatis, nervo primario basi pro- 
minente, apicem versus valde angustato, nervis secundarüs 
tenuissimis, sub angulo perucuto egredientibus, approximatis, 
flexuosis. 

In sehisto argillaceo ad Niederschoena. 

Dem Blatte der Protea lingulata Heer (Tertiärflora der 
Schweiz, Band II, Seite 95, Taf. 97, Fig. 19—22 am meisten ähnlich, 
jedoch von demselben dureh die lanzettliche Form und die Ver- 
schmälerung gegen die Spitze zu verschieden. Von den jetzt- 
lebenden Arten gleicht unserer Art die südafrikanische Protea 
glabra Thunb. (Ettingh. Apetalen, Taf. 34, Fig. 7 und 8) der 
Blattbildung nach in auffallender Weise. 


Conospermites hakeaefolius Ettingsh. 
Taf. IN, Fig. 4 und 12. 

C. folüs longe petiolatis coriaceis, anguste lanceolatis integer- 
rimis basi acutis apice acuminatis, tri-quinquenervüs nervo 
mediano vix prominente, recto, nervis lateralibus internis 
acrodroms saepe suprabasilaribus, esxternis abbreviatis; 
nervis secundartüs tenuissimis, sub angulo acuto orientibus. 

In schisto arenaceo ad Niederschoena. | 

Diese in Niederschoena nicht seltenen Blätter zeigen in ihren 
Eigenschaften die ıneiste Ähnlichkeit mit Blättern von neuholländi- 
schen Proteaceen, besonders Conospermum- und Hakea-Arten. Bei 
Synaphaea dilatata und $. polymorpha R. Br. (den ungetheilten 
länglichen Blatt-Varietäten), Bellendenia montana R. Br., Adenan- 
thos obovata Labill., Stenocarpus salignus R. Br. kommen 8&—5 
Basalnerven vor, die sich mit dem Mediannerv unter sehr spitzem 
Winkel sehneiden. Die Secundärnerven entspringen wie an den 
erwähnten Blattfossilien unter ziemlich spitzen Winkeln. Doch 
erreichen bei den genannten jetzt lebenden Proteaceen die seitlichen 
Basalnerven nicht die Blattspitze. Dies kommt aber vor bei Conosper- 
mum triplinervium R. Br. (Ettingsh. Apetalen, Taf. 35, Fig. 18, 
14) und Hakea dactylioides Cav. (Ettingsh. |. ce. Tafel 38, 
Fig. 1—-3). Durch den langen Blattstiel, die feinen Secundärnerven 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 255 


und die mehr lanzettliche als lineale Blattform steht unsere fossile 
Proteacee dem Conospermum triplinervium entschieden am nächsten. 

Von den Laurineen mit spitzläufiger Nervation (Cinnamomum, 
Camphora, Litsaea, Daphnogene) unterscheidet sich die beschrie- 
bene fossile Art wesentlich theils durch die feinen kurzen unter 
spitzeren Winkeln abgehenden Secundärnerven, theils durch den 
Mangel eines hervortretenden Blattnetzes. 

Rhopala primaeva Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 5. 

R. foliis pinnatis, foliolis coriaceis, breviter petiolatis vel sub- 
sessilibus, oblongis vel lanceolatis, basi inaequilateris irregu- 
lariter dentatis, nervo primario valido, recto, nervis secun- 
dariis sub angulis acutis eveuntibus, arcuatis furcatis ; ner- 
vis tertiarüs dietyodromis. 

In schisto argilloso ad Niederschoena. 

Längliche oder lanzettförmige, an der Basis auffallend ungleiche 
Blättehen von steifer lederartiger Textur. Der Rand ist unregelmäßig 
entfernt-gezähnt, die Spitze stumpflich. Die Secundärnerven gehen 
aus dem starken hervortretenden Primärnerv unter Winkeln von 30 
bis 45° ab, sind bogig und zugleich geschlängelt, gegen den Rand 
zu meistens in feine Gabeläste gespalten. Die sehr feinen Tertiär- 
nerven entspringen von der Außenseite der Secundären unter spitzen 
Winkeln und bilden ein lockeres vorherrschend aus quer-elliptischen 
Maschen zusammengesetztes Netz. 

Dieses Blattfossil zeigt in der Form, Nervation und Textur eine 
so auffallende Ähnlichkeit mit Theilblättchen von Rhopala-Arten, 
daß ich nicht daran zweifle, in demselben einen Repräsentanten des 
genannten Geschlechtes für die Kreideflora gefunden zu haben. 
Rhopala aneimicefolia *) aus den Tertiärschiehten von Monod 
gleicht unserer Art bezüglich der Nervation am meisten; in der 
Form der Blättchen aber stimmen mit der letzteren die brasilia- 
nischen Rh. inaequalis Pohl und Rh. affinis Pohl überein. 

Lomatites Palaeo-Iex Ettingsh. _ 
Taf. III, Fig. 16. 

L. foliis petiolatis coriaceis, ovatis vel elliptieis, integris vel 
basi inaequali lobatis margine remote denticulatis, nervo 
primario valido, recto, nervis secundariis sub angulis acutis 


1) Heer, Tertiärflora der Schweiz, Bd. IIl, S. 188, Taf. 153, Fig. 35, 


256 C. v. Ettingshausen. 


orientibus, tenuibus subrectis, simplieibus et furcatis, nervis 
tertiarüs angulis acutis exeuntibus dietyodromis. 
In schisto argillaceo ad Niederschoena. 

Entspricht einigermaßen der Lomatia Pseudo-Ilex Ung. aus 
der fossilen Flora von Sotzka, besitzt aber feinere Seeundär- und 
Tertiärnerven und ein anderes Blattnetz. In der Blattform gleicht das 
Fossil am meisten der jetzt lebenden Lomatia illicifolia R. Br. Der 
dicke Stiel ist am Abdrucke unvollständig; er setzt sich in den stark 
hervortretenden Primärnerv fort, aus welehem die Secundärnerven 
unter Winkeln von 40—50° entspringen. 

Die von Saporta beschriebenen Lomatites-Arten aus der 
Tertiärformation des südwestlichen Frankreichs weichen sowohl in 
der Blattform wie auch in der Nervation von obiger Art mehr ab. 


Banksia longifolia Ettingsh. 
Ettingshausen, Proteaceen der Vorwelt, Sitzungsber. Bd. VII, S. 730, 
Taf. 31, Fig. 19. — Tertiäre Flora von Häring, S. 53, Taf. 15, Fig. 11 bis 
26. — Eocene Flora des Monte Promina, Denkschriften, Bd. VII, S. 33, 
Taf. 7, Fig. 12—14, Taf. 8. — Wessel und Weber; Neuer Beitrag 
zur Tertiärflora d. niederrhein. Braunkohlenformation, S. 36, Taf. 6, 
Fig. 10, a, 5. — Heer, Tertiärflora d. Schweiz, Bd. Il, S. 99, Taf. 99, 
Fig. 1—3. — Sismonda, Pal&ontologie du terrain tertiaire du Piemont 
p- 52, pl. 28, fig. 4. 
Syn. Myrica longifolia Ung. Fossile Flora von Sotzka, Denkschriften, Bd. II, 
S. 159, Taf. 27, Fig. 2. — Myrica Ophir Ung. ]. e. S. 160, Taf. 27, 
Fig. 12—16. 3 
In formatione tertiaria ad Sotzka, Sagor, Häring, Monte Promina, Leoben, 
Lausanne, Ralligen, ad Orsberg et Rott prope Bonnam, ad Turinam, nee non in 
formatione eretae ad Niederschoena. 
Unter den Pflanzenfossilien von Niederschöna fand ich ein 
kleines schmal-lineales am Rande entfernter gezähntes Blatt, welches 
mit den Blättern der in der Tertiärformation sehr verbreiteten Bank- 


sia longifolia genau übereinstimmt. 


Banksia prototypus Ettingsh. 


Ettingshausen, Proteaceen d. Vorwelt, 1. e. S. 722. — Über fossile Prota- 
ceen, |. e. Bd. IX, S. 822, Taf. II, Fig. 2—3. 


B. foliis subcoriaceis, linearibus, 7—9 millim. latis, basi in 
petiolum brevem anqustatis, argute serratis, nervo mediano 
fenui, nervis secundariis tenuissimis, approximatis, subsim- 
plieibus, subrectis. 

In schisto argilloso ad Niederschoena. 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 257 


Durch den scharf gesägten Rand und die breiter lineale Blatt- 
fläche ist diese Art von der vorhergehenden, durch die nur wenig 
verschmälerte Spitze und insbesondere durch die genäherten äusserst 
feinen unter wenig spitzem oder fast rechtem Winkel entspringenden 
Seeundärnerven von Dryandroides Zenkeri zu unterscheiden. 


Dryandroides latifolius Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 10. 

D. folüs coriaceis lineari-lanceolatis, 25 millim. latis, basi 
apiceque acuminatis, margine serratis, dentibus approwi- 
matis abbreviatis aculis nervo primario valido, prominente, 
recto, nervis secundariis arcuatis, vix conspicuis. 

In sehisto argillaceo ad Niederschoena. 

Entspricht der Dryandroides banksiaefolia Heer, einer in den 
Schichten der Tertiärformation ziemlich verbreiteten Proteacee und 
unterscheidet sich von derselben nur durch die kleineren mehr 
gedrängt stehenden zugespitzten Randzähne und die mehr bogig 
sekrümmten, wie es scheint entfernter stehenden Secundärnerven. 
Ich habe bis jetzt nur das einzige hier abgebildete Blatt dieser Art 
unter den Pflanzenfossilien von Niederschoena gefunden. 


Dryandroides Zenkeri Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 1, 3, 11. 


Salıe fragihformis Zenker, Beiträge zur Naturgeschichte der Urwelt, 
S. 22, Taf.3 H. 

D. folüis petiolatis coriaceis linearibus vel lanceolato-linearibus 
vel oblongo-lancevlatis, 7—12 millim. latis, utringue acumi- 
natis, serrulatis, dentibus minutis acutis vel obtusiusculis, 
approximatis, nervo primario distincto, recto, nervis secun- 
darüs tenuissimis, arcuatis. 

In sehisto argillaceo ad Niederschoena, nee non ad Dreistätten Austriae 
inferioris. 

Dem in der Tertiärformation weit verbreiteten Dryandroides 
acuminata Ettingsh. sehr nahe verwandt, jedoch durch die etwas 
schärfere Randzahnung und die allmähliche längere Verschmälerung 
der Basis verschieden. Die Secundärnerven verlaufen weniger bogig 
gekrümmt und sind einander mehr genähert, als wie bei der vorher- 
gehenden Art, von welcher sich die D. Zenkeri auch dureh die bedeu- 
tend schmäleren Blätter und die kleineren Randzähne unterscheidet, 


258 C. v. Ettingshausen. 


Apocynaceae. 


Apocynophyllum eretaceum Ettingsh. 
Taf. III, Fie. 19. 

A. foliis petiolatis coriaceis, oblongo-lanceolatis, integerrimis, 
basi subobtusis, apicem versus angustatis, nervatione campto- 
droma, nervo primario prominente, recto, nervis secundarüs 
sub angulis 55—65° orientibus tenuibus, 15—20 millim. in- 
ter se remotis arcuatis, simplicibus. 

In schisto argillaceo ad Niederschoena. 

Der Blattstiel ist am Abdrucke abgebrochen, mußte daher ziem- 
lich lange gewesen sein. Von Tertiärnerven konnte ich nichts wahr- 
nehmen. Das Blatt ist größer, breiter und an der Basis mehr stumpf- 
lich als das sehr ähnliche Blatt von Apocynophyllum haeringianum 
Ett. aus der Tertiärflora von Häring in Tirol. Bei letzterem ent- 
springen die Secundärnerven unter etwas stumpferen Winkeln. Von 
den Apocynaceen der Jetztwelt kommt der beschriebenen Art eine 
noch unbestimmte asiatische Tabernaemontana-Art (Ettingsh. 
Blattskelete d. Dicotyled. Taf. 29, Fig. S) sehr nahe. 


Ampelideae. 


Credneria euneifolia Bronn. 

Bronn, Lethaea geogn. 1846. p. 583, t. 28, f. 11. — Geinitz, Charaeteri- 
stik der Schichten u. Petrefaeten des sächsisch-böhmiscehen Kreide- 
gebirges. S. 97. 

C. folüs cuneiformibus lateribus subrectis apice truncatis sinu- 
ato-dentatis marginatis penninervüs, nervis secundarüs ra- 
mosis, rete venoso denso. 

In schisto argilloso ad Niederschoena. 

Daß die Crednerien nicht mit dem Geschlechte Populus, son- 
dern mit Cissus am nächsten verwandt sind und daher auch nicht 
den Salicineen sondern den Ampelideen eingereiht werden müssen, 
habe ich bereits an einem anderen Orte (S. Jahrbuch der k. k. geol. 
Reichsanstalt, II. Bd., Abth. 2, S. 171) ausgesprochen. | 

Von dieser und den nachfolgenden Arten sah ieh wohlerhaltene 
Blätter theils in der Cotta’schen Sammlung, theils im kais. Hof- 
Mineralien-Cabinete; darunter auch Exemplare, welche über die 
Selbstständigkeit der letzteren in mir einige Zweifel erweckten, Es 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 259 


mangelte mir jedoch das genügende Material um hierüber Aufschluß 
zu erhalten. 


Credneria Geinitziana Ung. 
Unger, Genera et species plant. foss. p. 422. * 
C. foliis transversim ellipticis, apice dentatis. 


In schisto argilloso ad Niederschoena. 


Credneria grandidentata Ung. 
Unger, in bot. Zeit. 1849, Nr. 19, S. 348, Taf. 5, Fig. 5. — Genera et spec. 
plant. foss. p. 422. 
C. foliis rhomboidalibus, lateribus inferioribus subrectis, superi- 
oribus sinuato-dentatis, haud marginatıs, penninervüs, ner- 
vis secundariis ramosis, rete venoso lawo. 


In schisto argilloso ad Niederschoena. 


Acerineae. 


Acer antiquum Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 17. 

A. folüs parvulis petiolatis subcoriaceis, palmatim trilobis vel 
subquinquelobis, basi rotundatis, lobis inaequalibus ovatis 
vel lanceolatis, integerrimis obtusiusculis, lateralibus paten- 
tibus, medio multo latiore, sublobato, sinubus angulum rectum 
vel acutum formantibus ; nervis primarüs tribus basilarıbus, 
medio prominente recto, nervis secundarüs tenuissimis arcu- 
fis angulo acuto exeuntibus, nervis tertiarüs obsoletis. 

In schisto argilloso ad Niederschoena. | 

Bei der Bestimmung dieses interessanten Fossils hatte ich die 
Geschlechter Quercus, Manglesia, Anadenia, Grevillea, Lirioden- 
dron und Acer im Auge. Die mehr zarte als lederartige Textur, welche 
der Abdruck verräth, die Form und Tracht des Blattes, sowie auch 
die Nervation veranlaßten mich das fragliche Fossil der letzteren 
Gattung einzureihen. 

Dasselbe läßt sich mit dem Blatte von Acer decipens Heer der 
Tertiärflora der Schweiz sehr wohl vergleichen, weicht jedoch von 
demselben hauptsächlich durch den viel größeren und breiteren, am 
Ursprunge (an dem abgebildeten Exemplar zufällig nur auf einer 
Seite) lappig eingeschnittenen Mittellappen und die abgerundete, 
nicht herzförmige Basis ab. Der ziemlich dünne Stiel ist am Abdrucke 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV..Bd. I, Abth, 18 


260 C. v. Ettingshausen. 


abgebrochen, der Mittellappen an der Spitze verletzt. Die Basalnerven 
divergiren untereinander wie bei Acer decipiens unter Winkeln von 
45—60 , der mittlere ist aber doppelt so stark als die seitlichen. 
Die sehr feinen Seeundärnerven entspringen am Mittellappen unter 
Winkeln von 40—50°. An den seitlichen Basalnerven fehlen, wie 
auch bei Acer decipiens hervortretende Außennerven. Der Zipfel am 
Mittellappen wird nur von einem Secundärnerv, der aus dem mittleren 
Hauptnerv entspringt, versorgt. 


Celastrineae. 


Celastrophyllum lanceolatum Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 9. 

C. foliis rigide coriaceis oblongo-lanceolatis, remote serrulatis, 
basi attenuatis nervo primario valido recto, nervis secunda- 
rüs tenuibus, sub angulo acuto orientibus, brochidodromis, 
nervis tertiarüs tenuissimis, sub angulis acutis varüs vel 
subrectis egredientibus, dietyodromis. 

In sehisto argillaceo ad Niederschoena. 

Nach der Form, Zahnung des Randes, sowie nach der anschei- 
nend derben lederartigen Beschaffenheit und der Nervation stimmt 
dieses Blatt am meisten mit Blättern von Elaeodendron- und Ce- 
lastrus-Arten der Jetztwelt überein. Ich halte dasselbe deßhalb für 
ein Celastrineenblatt, kann jedoch keine Art dieser Geschlechter 
bezeichnen, mit welcher es sich in eine nähere Beziehung brin- 
gen ließe. 


Celastrophyllum integrifolium Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 14. 
©. foliis coriaceis, ovatis vel subrhombeis, integerrimis, utrinque 
paullo angustatis, apice obtutis, nervo primario valido, ex- 
currente, nervis secundariis tenuibus, vix conspicuis. 
In schisto argillaceo ad Niedersehoena nee non ad Aigen prope Salis- 
burgum. 

Das vorliegende Blattfossil ist an der Basis verletzt; die Spitze 
scheint umgebogen zu sein. Der scharf hervortretende Rand und der 
starke Primärnerv deuten auf eine steife derbe Blattextur. Von Se- 
eundärnerven, die sehr fein gewesen sein mußten, sind nur Spuren 
wahrzunehmen. 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 261 


Einige Arten von Pterocelastrus, besonders P. tetrapterusWalp. 
(Ettingsh. Celastrineen, Taf. 4, Fig. 1) vom Cap der guten Hoffnung, 
scheinen in der Blattbildung mit der fossilen Pflanze in auffallender Weise 
übereinzustimmen, worüber besser erhaltene Reste in der Folge Auf- 
schluß geben dürften. 

Mpyrtaceae. 
Callistemophyllum Heerii Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 13. 

©. folüis rigide coriaceis, lanceolato-linearibus, integerrimis, 
basi acutis, apicem versus angustatis, nervo primario pro- 
minente, nervis secundarüs tenuissimis approximatis, angulo 
acuto exeuntibus. 

In schisto argillaceo ad Niederschoena. 

Dem Callistemophyllum melaleucaeforme Ett. der fossilen 
Flora von Häring entsprechend, aber kleiner und an der Basis nur 
spitz, nicht verschmälert. Das Fossil fällt durch seine glänzende 
Oberfläche, die ziemlich starkeVerkohlung seiner Substanz und durch 
den verhältnismäßig mächtigen Primärnerv auf, Eigenschaften, welche 
auf ein besonders diekes starres Blatt schließen lassen, wie solehe 
vielen Myrtaceen zukommen. 

Papilionaceae. 
Palaeocassia angustifolia Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 6 und 7. 

P. folüis pinnatis, foliolis petiolatis, subcoriaceis anguste vel 
lineari-lanceolatis, integerrimis, basi subaequali vel obligqua 
acutis, apice acuminatis, nervo primario distincto attenuato, 
nervis secundariis tenuissimis arcuatis approximatis; rhachi 
crassa, striata. 

In schisto argillaceo ad Niederschoena, nee non ad Aigen prope Salisburgum. 

Das hier abgebildete Fossil stellt ein Bruchstück einer stark 
macerirten zerrissenen Blattspindel dar, sammt einem Theilblättchen, 
welches an einem zum Theile losgetrennten Fetzen der Spindel noch 
befestigt ist. 

Daß dieses Fossil einer Papilionaceen-Art angehörte, dürfte 
kaum zu bezweifeln sein. Obgleich dasselbe eine unverkennbare 
Ähnlichkeit mit Cassia-Arten zeigt, so schien es mir doch gewagt, 
nach den wenigen und zu unvollständig vorliegenden Resten diese 


jetztweltliche Gattung für die Kreideflora anzunehmen. 
18* 


262 C. v. Ettingshausen. 


Palaeocassia lanceolata Ettingsh. 
Taf. I, Fig. 8; Taf. II, Fig. 8. 

P. folüs pinnatis, foliolis petiolatis, membranaceis lanceolatıs, 
integerrimis, basi inaequali acutis, apice acuminatis, nervo 
primario distincto, prominente, nervis secundarüs camptodro- 
mis, subflexuosis. 

In sehisto argillaceo ad Niederschoena, nee non ad Aigen prope Salis- 
burgum. 

Entspricht der Cassia Phaseolites Ung. aus den fossilen Floren 
von Sotzka und Radoboj, mit welcher dieses Fossil in der Blatt- 
beschaffenheit und Tracht ziemlich übereinstimmt. Es unterscheidet 
sich jedoch von der genannten Art durch den längeren Stiel und die 
auffallend stärker verschmälerte Spitze der Theilblättchen. 


Mimoseae. 


Inga Cottai Ettingsh. 
Taf. III, Fig. 18. 

P. foliis bigeminis, foliolis subsessilibus vel brevissime petiola- 
fis ovato-oblongis, vel elliptieis integerrimis, bası obliquis, 
nervo primario distincto, recto,nervis secundarüs tenuissimis, 
angulo acuto egredientibus, plerumque obsoletis. 

In schisto argillaceo ad Niederschoena. 

Die nächst verwandte fossile Art ist Inga europaea Ettingsh. 
der Tertiärflora von Häring. Von derselben weicht die oben be- 
schriebene Art durch die nur an der Basis schiefen Blättchen ab. 
Hierin gleicht sie jedoch der westindischen Inga foedita Willd. 
(Ettingsh. Blattskelete der Dicotyledonen Taf. 95, Fig. 2), welche 
als die Analogie dieser Kreidepflanze in der Flora der Jetztwelt zu 
betrachten ist. 


Planta incertae sedis. 
Carpolithes eretaceus Ettingsh. 
Taf. III, Fie. 2. 
C. fructu elliptico, pericarpio coriaceo, longitudinaliter costato, 
apice truncato. 


In schisto argillaceo ad Niederschoena, nee non ad Aigen prope Salis- 
burgum. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


1 


3. 
we 
7. 


8. 
9. 
10. 
11— 


13. 


12. 
13. 


Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 263 


Erklärung der Tafeln. 


Tafel I. 


—2. Wedelfragmente von Didymosorus comptoniaefolius Debey et 


Ettingsh. 

Rhizombruchstück von Culmites eretaceus Ettingsh. 

6. Fruchtzapfen von Cunninghamites Sternbergii Ettingsh. 
Aylomites ellipticus Ettingsh. Auf einem Blatte von Ficus Geinitzii 
Fig. 7 5 dieser Blattpilz vergrößert dargestellt. 

Phacidium Palaeocassiae Ettingsh. Auf einem Fiederblättehen von 
Palaeocassia lanceolata. Fig. 8 b und c der Pilz vergrößert gezeichnet. 
Fruchtzapfen von Cunninghamites Oxycedrus Sternb. 
Zweigbruchstücke von Frenelites Reichü Ettingsh. 

12. Wedelfragmente von Pterophyllum saxonicum Reich. Fig. 12 5 
ein Fiederbruchstück vergrößert dargestellt. 

Blattfragment von Daphnogene primigenia Ett. 


Tafel II. 


. Stammbruchstück von Caulinites stigmarioides Ettingsh. 
. Blatt von Quercus Beyrichiü Ettingsh. 
. Blatt von Fagus prisca Ettingsh. Fig. 3, 5 die Nervation desselben 


vergrößert. 


. Blattfragment von Artocarpidium ceretaceum Ettingsh. 
. Blattfragment von Ficus protogaea Ettingsh. 
. Blatt von Ficus bumeliordes Ettingsh. 


9—11. Blätter von Ficus Geinitzi Ettingsh. Fig. 9 5 die Nervation 
vergrößert dargestellt. 

. Blatt von Daphnites Goepperti Ettingsh. 

Blatt von Protea Haidingeri Ettingsh. 

Blatt von Laurus eretacea Ettingsh. 


Tafel III. 


1, 3 und 11. Blätter von Dryandroides Zenkeri Ettingsh. 


2. 


Carpolithes eretaceus Ettingsh. 


4 und 12. Blätter von Conospermites hakeaefolius Ettingsh. 


5. 
6. 


Theilblättehen von Rhopala primaeva Ettingsh. 
Blättchen, Fig. 7 Spindelbruchstück mit einem Blättehen von Palaeo- 


cassia angustifolia Ettingsh. 


> * * r * * “ 
204 C. v. Ettingshausen. Die Kreideflora von Niederschoena ın Sachsen. 


Fig. 


.» Fiederblättehen von Palaeocassia lanceolata Ettingsh. 
. Blatt von Celastrophyllum lanceolatum Ettingsh. 

. Blatt von Dryandroides latifolius Ettingsh. 

. Blatt von Callistemophyllum Heerii Ettingsh. 

. Blatt von Celastrophyllum integrifolium Ettingsh. 

. Blattbruchstück von Dapänogene primigenia Ettingsh. 
. Blatt von Lomatites Palaeo-Iex Ettingsh. 

. Blatt von Acer antiquum Ettingsh. 

. Blattfragment von Inga Cottai Ettingsh. 

. Blatt von Apoeynophyllum eretaceum Ettingsh. 


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Steindachner. Herpetologische Notizen. 26 


ot 


Herpetologische Notizen: 


Von Dr. Franz Steindachner, 


Assistenten am k. k. zoologischen Museum. 


(Mit A Tafeln.) 


Fam. Seineoidei. 
Gatt. Hemipodion nov. gen. 


Char. Körpergestalt stark verlängert, walzenförmig; Schwanz lang, 
Extremitäten schwach entwickelt, die vorderen mit drei, die 
hinteren mit zwei kurzen Zehen, deren jede mit einem Nagel- 
gliede versehen ist; Nasenöffnung seitlich zwischen zwei Nasal- 
schildehen gelegen; keine Supranasalia; Rostrale von mäßiger 
Größe, ebenso gestaltet wie bei den Zuprepes - Arten; Ohr- 
öffnung äußerlich nicht sichtbar; unteres Augenlid bei der ein- 
zigen bis jetzt bekannten Art mit einer durchsichtigen Scheibe 
versehen; Gaumen zahnlos mit einer tiefen, dreieckigen Grube; 
Schuppen glatt. 


Art Hemipodion persieum n. sp. 


Char. Kopf kurz, konisch; Schwanz ebenso lang oder etwas länger 
als der übrige Körper; durchsichtige Scheibe am untern Augen- 
lide sehr groß; Seiten des Körpers mit zahlreichen, zarten, 
dunkelbraunen Punkten in regelmäßigen Längsreihen, welche 
der Zahl der Schuppenreihen entsprechen; viele kleinere Punkte 
auf der Oberseite des Rumpfes; größere und etwas dunklere 
Punkte rings um den langen, konisch zugespitzten Schwanz; 
Rumpfschuppen in 20 Längsreihen; eirca 90 Schuppen zwi- 
schen den vorderen und hinteren Extremitäten in einer Längs- 
reihe; 110—120 Querschuppenreihen am Schwanze. 


Das Nasalschildehen ist im Gegensatze zu anderen verwandten 
Scincoiden - Geschlechtern, mit welchen Hem. persicum in der 


266 Steindachner. 


Lage der Nasenöffnung und in der Gestalt des Rostralschildes so wie 
in der unvollkommenen Entwicklung der Extremitäten übereinstimmt, 
getheilt, und stoßt an der Oberseite der Schnauze mit dem Nasale 
der entgegengesetzten Körperseite zusammen. Das Rostralschild ist 
nur von mäßiger Größe und schiebt sich mit seiner oberen Spitze 
zwischen die Nasalschildchen ein, durch welche es von dem Prä- 
frontale getrennt wird. Letzteres ist breiter als lang, am hinteren 
Rande bogenförmig abgerundet, während sich die beiden vorderen 
Ränder unter einem stumpfen Winkel vereinigen. Die kleinen Post- 
frontalia sind durch das Präfrontale und das sehr große Frontale 
medium, welches nach hinten an Breite zunimmt, von einander ge- 
schieden. Vier Supereiliarschildehen. Das einfache Oceipitalschild 
ist beiläufig halb so groß, wie das Frontale medium, Acht Oberlippen- 
schilder (ohne Rostrale) begrenzen den oberen Mundrand, das fünfte 
derselben liegt unter dem Auge, dessen unteres Lid eine große, 
rundliche, durchsichtige Scheibe zeigt. 

Die Extremitäten sind äußerst zart und kurz; die zwei äußeren 
Zehen des Vorderfusses sind nahezu gleich lang, die dritte innere Zehe 
ist nur halb so lang wie die vorangehenden. Von den beiden Zehen 
des Hinterfußes erreicht die innere fast nur 1/;, der Länge der äuße- 
ren oder ersten Zehe. Sämmtliche Zehen besitzen ein deutlich ent- 
wickeltes Nagelglied. 

In der Körpergestalt und Körperzeichnung zeigt Hemip. persi- 
cum viele Ähnlichkeit mit Eumeces punctatus, durch die unvoll- 
ständige Entwicklung der Extremitäten und Zehen schließt es sich 
an Hemiergis decresiensis an, bei welchem jedoch das Nasalschild 
nicht getheilt, die Ohröffnung deutlich sichtbar ist und die Zahl der 
Zehen an jeder der Extremitäten constant drei beträgt. Die früher 
von mir gemachte Bemerkung, daß die Zahl der Zehen bei letzterer 
Art zwischen 2—4 schwanke (Rept. d. Novara-Exped. pag. 50), 
beruht auf einem Irrthum, zu dem ich durch die Untersuchung von 
drei schlecht erhaltenen, zum Theile verstümmelten Exemplaren ver-- 
anlaßt wurde. Aus diesem Grunde glaube ich nunmehr auch das 
Geschlecht Tetradactylus nicht unter die Synonima von Hemiergis 
stellen zu dürfen. Das Wiener-Museum besitzt vier, vortrefflich 
gut erhaltene Exemplare von Hemipodium persicum, welche Dr. 
Theod. Kotschy schon im Jahre 1845 in Persien sammelte. Das 
größte dieser vier Exemplare ist 6 Zoll lang; bei eben demselben 


Herpetologische Notizen. 267. 


beträgt die Schwanzlänge 3” 41/,’; bei einem zweiten kleineren 
Individuum von 5” 5” kommt auf die Schwanzlänge 2 8" 1). 


Fam. Coronellidae. 
Gatt. Liophis Wagler. 
1. Art Liophis pulcher nov. spec. 


Char. Kopfgestalt conisch, hinter dem Auge schwach bauchig erwei- 
tert; acht Oberlippenschilder, von denen das vierte und fünfte 
unter dem Auge liegen; ein Präoculare, zwei Postocularia; 
Temporalschilder in zwei Reihen zu 1+2; Rumpfschuppen in 
19 Längsreihen; Analschild getheilt; Bauchschilder 193; Sub- 
caudalschilder in 69 — 70 Paaren, Schwanz stark zugespitzt. 
Grundfarbe des Rückens hell gelblichbraun, Oberseite des Kopfes 
etwas dunkler, Bauchseite und die zwei untersten Längsschuppen- 
reihen des Rumpfes gelblichweiß. Eine breite schwarze Binde 
zieht vom hinteren Augenrande zur Nackengegend, breitet sich 
daselbst stärker aus und vereinigt sich mehr oder minder voll- 


1) Diese von mir zum ersten Male beschriebene neue Art fand ich im Wiener-Museum 
bereits als Heteropodion Kotschyanum Fitz. bezeichnet; da jedoch der Gattungs- 
name Heteropodion auf eine nahe Verwandtschaft mit Heteropus hinzudeuten 
scheint, die nicht vorhanden ist, und meines Wissens weder eine Charakteristik 
der Gattung Heteropodion, noch eine Beschreibung der Art von Dr. Fitzinger 
gegeben wurde, so habe ich nach längst allgemein anerkannten und von den 
gewiegtesten Gelehrten öffentlich ausgesprochenen Grundsätzen nicht die geringste 
Verpflichtung, einen Musealnamen beizubehalten, der mich nicht der Mühe enthob, 
die als Heteropodion Kotschyanum bezeichnete Gattung und Art genau zu unter- 
suchen, sie im Systeme einzureihen und die gesammte herpetologische Literatur, 
so weit sie mir zugänglich war, zu durchforschen. Die von Fitzinger in der 
herpetologischen Abtheilung des Wiener-Museums leider so häufig in Anwendung 
gebrachte Methode, Musealnamen einzuführen, deren spätere Rectification unter- 
blieb, und die willkührliche, prineipienlose Abänderung der Benennungen längst 
bekannter Species haben mich überhaupt in die Nothwendigkeit versetzt, eine 
neuerliche Bestimmung unserer gesammten herpetologischen Sammlung vorzu- 
nehmen. Bei dem bedeutenden Aufwande an Zeit und Mühe, den die Durchführung 
dieser Aufgabe erheischt, wird es meinerseits wohl nicht unbescheiden und die 
Rechte meines Herrn Vorgängers verletzend erscheinen, wenn ich den wenigen, 
zwar mit einer handschriftlichen Benennung versehenen, aber nicht beschriebenen 
Arten nunmehr einen mir zusagenden Namen beilege, da doch jedenfalls stets 
nur dem die Beschreibung gebenden Zoologen die Verantwortlichkeit bezüglich 


der als neu publieirten Art zufällt. 


268 Steindachner. 


ständig mit der entsprechenden Binde der entgegengesetzten 
Kopfseite; ein schwarzer Strich oder eine undeutlich abgegrenzte 
Binde zieht von der Mitte des Frontale medium zur Vereinigungs- 
stelle der Augenbinden am Nacken, An jeder Seite des Rumpfes 
liegt eine Reihe quergestellter, ovaler, intensiv schwarzer Flecken, 
welche mit denen der gegenüberliegenden Rumpfseite regel- 
mäßig alterniren, und wie die, zwischen ihnen in der unteren 
Hälfte ihrer Höhe vorkommenden kleineren, gleichfalls schwarzen 
Flecken nur bis zur dritten Schuppenreihe (vom Bauchrande 
gezählt) herabreichen. Über die Höhenmitte der dritten bis 
siebenten Längsschuppenreihe (über dem Bauchrande) laufen 
schwach ausgeprägte, schmale, bräunliche Längsstreifen bis zur 
Schwanzspitze. Die Bauchseite ist, wie schon früher erwähnt, 
gelblichweiß, und nur in dem dritten und vierten Fünftel der 
Rumpflänge (ohne Schwanz) zeigen sich hie und da an dem 
kurzen vorderen Seitenrande einzelner Bauchschilder kurze, 
schwarze Strichelchen. 


Ein Exemplar von 14 Zoll in der Totallänge aus Chile. 
2 Art Liophis Reginae sp. Lin. 


Das Wiener Museum erhielt von dieser Art durch Johann 
Natterer eine beträchtliche Anzahl von Individuen in den ver- 
-schiedensten Altersstufen. Die einzelnen Exemplare variiren so auf- 
fallend in der Körperzeichnung, daß man sie ohne Untersuchung 
einer größeren Reihe leicht verschiedenen Arten zuweisen könnte. 
Ich beschränke mich hier auf die Schilderung der Körperzeichnung 
einiger Individuen, welche einer, wie ich glaube noch unbeschriebe- 
nen Varietät angehören, die selbst wieder nach den verschiedenen 
Altersstufen in der Zeichnung einige Abweichungen zeigt. 

Bei jungen Exemplaren läuft nämlich vom Auge eine scharf 
abgegrenzte gelbe Linie nach vorne rings um die Schnauze längs der 
Schnauzenkante; hinter dem Auge zieht sie längs dem Seitenrande 
der Oceipitalschilder bis zum hintern Ende derselben fort und erweitert 
sich daselbst zu einem größeren gelben Flecke. Bei alten Exemplaren 
verschwindet der vor dem Auge gelegene Theil dieser gelben Linie 
vollständig und selbst von der hinteren Längenhälfte derselben bleibt 
sehr häufig nur der große Fleck übrig, der zuweilen (unter sieben 
Exemplaren bei zwei) bis zur Mundwinkelgegend herabreieht und 


Herpetologisehe Notizen. 269 


sich daselbst mit der viel breiteren gelben Binde mehr oder minder 
vollständig vereinigt, welche längs der Oberlippenschilder bis zum 
Rostrale zieht, am oberen Rand stets schwarz eingefaßt und in der 
Mitte der einzelnen Oberlippenschilder häufig schwarz gefleckt oder 
gesprenkelt ist. Auf den Oceipitalschildern und zwar fast in der 
Längenmitte derselben (aber etwas näher dem inneren als dem 
äußeren Rande) bemerkt man bei der Mehrzahl der Exemplare einen 
hellgelben, scharf abgegrenzten, kleinen Punkt. Stets zeigt sich 
längs der Mitte des Rückens eine mehr oder minder dunkle Binde; 
bei jungen Individuen liegt zu jeder Seite derselben eine Reihe 
unregelmäßig rhombenförmig gestalteter, schwarzbrauner Flecken, 
welche bald regelmäßig alterniren, bald aber querüber zu kurzen 
Binden zusammenfließen und hellbraun gesäumt sind. Bei alten 
Exemplaren verlieren sich diese Flecken in der Medianbinde des 
Rückens, welche eine schwärzliche Färbung annimmt und sich in die 
Breite ausdehnt, mehr oder minder vollständig und sind oft nur in 
den Auszackungen der Rückenbinde, welche ihrem Außenrande ent- 
sprechen, angedeutet. Die Seiten des Rumpfes sind schwärzlichgrau 
gefärbt und mit zahlreichen, äußerst kleinen schwarzen und gelben 
Pünktchen gesprenkelt. Nach unten ist diese breite Seitenbinde, 
welehe am Schwanze an Höhe rasch abnimmt, durch eine Reihe tief 
schwarzer Punkte, welche bereits auf dem aufsteigenden Seitentheile 
der Bauchschilder liegen, ziemlich scharf abgegrenzt, nach oben ist 
sie gleichfalls, doch minder deutlich schwarz gerandet, doch ist der 
obere Saum stets durch zahlreiche gelbe Punkte in regelmässigen 
Zwischenräumen unterbrochen. Bei alten Exemplaren löst sich die 
Seitenbinde in dem vordersten Viertel der Rumpflänge in große, 
schwarzbraune oder grauschwarze runde Flecken auf, welche am 
vorderen Rande tiefschwarz gesäumt und von einander durch helle 
Zwischenräume, die am oberen Rande einen gelben, kleinen Fleck 
zeigen, getrennt sind. Weiter nach hinten wird die Seitenbinde 
heller, undeutlicher und verliert sich bei manchen Exemplaren fast 
vollständig in die dunkel olivengrüne Grundfarbe des Körpers; doch 
ist ihre obere Grenze durch das Vorhandensein der schon früher 
erwähnten gelben Fleckchen, welche von einem schwarzen Ringe 
umgeben sind, zum mindesten angedeutet. Die Unterseite des Körpers 
ist mit Ausnahme der schwarzen Flecken an den Seitentheilen der 
Bauchschilder bei jungen Exemplaren der Variatio maculata weißlich- 


270 Steindachner. 


gelb, bei alten dagegen zeigt mit Ausnahme der vordersten gelben 
Bauchschilder nur mehr die hintere Querhälfte jedes Bauchschildes 
eine gelbe Färbung, während die vordere Hälfte bläulichschwarz ist. 
(Bei anderen Varietäten sind zuweilen einzelne Bauchschilder ihrer 
ganzen Ausdehnung nach, oder zur Hälfte schwärzlich, andere aber 
einfärbig gelb.) Die Subcaudalschilder zeigen in der Regel nur an 
den Rändern eine bläulichschwarze Färbung. Die Grundfarbe des 
Rückens ist bei jungen Exemplaren der Variatio maculata hellbraun, 
bei alten schmutzig-olivengrün oder dunkelgran. 

Die Zahl der Subeaudallschilder beträgt bei ganz jungen Exem- 
plaren 62—68, bei alten häuflg 80—90; die der Längsschuppen- 
reihen bei ersteren 15, bei letzteren 17. 

Fundort: Ypanema (November 1819 durch Johann Natterer.) 


Gatt. Dromicus Bibr. 
Art Dromicus chilensis n. sp. 

Char. Schuppen glatt in 23 Reihen; acht Oberlippenschilder, das 
vierte und fünfte liegt unter dem Auge; ein Präoculare, drei 
Postocularschilder ; Nasale getheilt; Lorealschild länger als hoch; 
Analschild einfach. Rücken braun mit vier gelben nicht besonders 
scharf abgesetzten Längslinien, von denen die beiden oberen 
nach vorne bis zum hinteren Ende des oberen Augenrandes 
reichen und am Hinterhaupte an Intensivität der Färbung etwas 
zunehmen. Oberlippenschilder gelb, am oberen Rande schwarz 
eingefalst. Rückenschuppen zwischen den gelben Längslinien 
unregelmässig schwarz gefleckt; Seiten des Halses gelb. Unter- 
seite des Kopfes schwarz gefleckt; die vorderen Bauchschilder 
schwarz, nur am hinteren Rande gelb gesäumt; die übrigen 
gelb mit einer Reihe verschwommener, wässerig schwarzer 
Flecken, die sich stellenweise zu Binden vereinigen, an den 
Seitentheilen und mit einem sehr schmalen , schwärzlichen 
Saume am hinteren Rande. Subcaudalschilder ringsum braun 
gesäumt und mit einem schief nach hinten und innen gekehrten 
dreieckigen gelben Flecke an der inneren Hälfte, während der 
übrige größere Theil derselben hellbraun gefärbt ist. 

In der Gestalt des Kopfes hat diese Art viele Ähnlichkeit mit 

Dr. antillensis, doch begrenzen nur das vierte und fünfte Oberlippen- 

schild das Auge nach unten. Hinter dem Auge liegen drei Oeular- 


Herpetologische Notizen.. 271 


schildehen, von denen das unterste nur halb so groß wie das mittlere 
ist, und letzteres kaum die halbe Größe des obersten erreicht. Das 
Lorealschild ist eirca zweimal so lang wie hoch. Eilf Paare von 
Unterlippensehildern. Bauchschilder 214, Subeaudalschilder paarig, 
nur die zwei ersten sind zufälliger Weise an dem von uns untersuch- 
ten Exemplare ungetheilt, im Ganzen 110. 

Ein Exemplar aus Chile; Totallänge 44 Zoll, von denen 113/,4” 
auf die Schwanzlänge fallen. 


Gatt. Geoptyas Steind. 
(Coryphodon Dum., Bibr. part.) 

Char. Körper verlängert, ziemlich dick, sehr schwach eomprimirt; Kopf 
ziemlich kurz und breit, deutlich vom Rumpfe abgesetzt; Nasen- 
öffnung seitlich zwischen zwei Nasenschildern gelegen. Beschil- 
derung des Kopfes regelmäßig; Frontale medium kurz, breit; 
Oceipitalschilder groß und breit, ein Loreal- und ein Präocu- 
larschild; Maxillarzähne stufenweise nach hinten an Länge 
zunehmend: Analschild einfach; Subeaudalschilder getheilt, 
Schuppen glatt. 


Indem Dr. Günther und Cope die von Dumeril und Bib- 
ron in das Geschlecht Coryphodon, dessen Name von Owen bereits 
früher einem fossilen Säugethiergeschlechte beigelegt wurde, ein- 
gereihten ostindischen Arten in eine eigene Gattung, Piyas, stellt, 
welehe durch das Vorkommen von 2—-3 Lorealschildern und zweier 
Präocularia so wie eines getheilten Analschildes ausgezeichnet ist, 
glaube ich für die amerikanischen Arten Coryphodon pantherinus 
und constricetor so wie für die beiden nachfolgend zu beschreibenden 
Arten ein besonderes Geschlecht gründen zu sollen, falls es nicht 
bereits in einer mir unbekannt gebliebenen Abhandlung geschehen 
sein sollte. 

1. Art @eoptyas collaris n. sp. 

Char. Kopf vorne abgestumpft, verschmälert, nach hinten bedeu- 
tend an Breite zunehmend; 7—8 Oberlippenschilder, das dritte 
und vierte, oder das vierte und fünfte derselben begrenzen das 
Auge nach unten; zwei Postoeularschilder; Oceipitalschilder 
am hinteren kurzen Rande stark concav, am hinteren, läng- 
sten Seitenrande wellenförmig ausgeschweift ; tiefschwarze 
Striche am hinteren Rande des vierten, fünften, sechsten und 


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Steindachner. 


siebenten Oberlippenschildes, welche sich auch auf den hin- 
teren Rand der gegenüber liegenden Unterlippenschilder fort- 
setzen; eine schief nach hinten und unten ziehende tiefschwarze, 
mehr oder minder breite Binde an jeder Seite des Halses; 
Rücken- und Bauchseite gelbbraun, nur der hinterste Theil des 
Rumpfes (nach allmäligem Übergange) und der ganze Schwanz 
schwarz; ein schwärzlicher in der Mitte in der Regel unter- 
brochener schmaler Querstrich am hinteren Rande jedes zweiten 
oder dritten Bauchschildes (in dem gelbbraun gefärbten Körper- 
theile). Ziekzackförmige, schwarze, unregelmässige Querstriche, 
gebildet durch die schwarze Umsäumung einzelner Schuppen 
des Rumpfes oder der zwischen den Schuppen liegenden 
Körperhaut in mehr oder minder unregelmäßigen Zwischen- 
räumen liegen in dem mittleren, größeren Längendrittel des 
Rumpfes; zuweilen sind sie nur schwach angedeutet oder 
aber durch die schwarze Umrandung fast sämmtlicher Rumpf- 
schuppen stellenweise ersetzt. 

Bauchschilder 211—203; Subeaudalschilder 883—76, bei 
einem Exemplare ist das zweite, dritte und vierte Subcaudal- 
schild ungetheilt; Längsschuppenreihen des Rumpfes 17. 


Zwei große Exemplare (Männchen) aus Brasilien; eines der- 


selben ist 593/,” Jang; Schwanzlänge dieses Exemplares 12 Zoll. 


2. Art Geoptyas flaviventris n. sp. 


Char. Kopf nach vorne stärker zugespitzt als bei der früher be- 


schriebenen Art, Oberlippenschilder 8$—9, das vierte und fünfte, 
oder das fünfte und sechste bilden den unteren Augenrand. Ein 
Präoeulare, zwei Postocularia. Temporalschilder in zwei Reihen 
zu 2+2 wie bei @. collaris. Oberseite des Körpers bald hell-, 
bald dunkelbraun ; Bauchseite gelb; zuweilen zahlreiche, dunkle, 
schmale, in gleichen Abständen von zwei zu zwei Schuppen- 
längen regelmäßig sich wiederholende Querstriche von schwarzer 
Färbung am Rücken bis zu den Bauchschildern hinab, (aber 
niemals auf diesen selbst), und zwar am hinteren Rande der 
(uerschuppenreihen. Am aufsteigenden Theile der Bauchschilder 
ein hellbrauner Fleck, durch eine schmale, gleichfalls hellbraune 
Linie am hinteren Rande jedes Ventralschildes mit dem der 
entgegengesetzten Seite verbunden; doch fehlen unter sechs 


Herpetologische Notizen. 273 


Exemplaren bei dreien die schwärzlichen Querstreifen des Rum- 

pfes, und die hellbraunen Flecken auf den Bauchschildern. 

Durch den Mangel von schwarzen Streifen an den Lippen- 
schildern, sowie der breiten schwarzen Binde am Halse unterscheidet 
sieh diese Art von der früher beschriebenen auf den ersten Blick; 
auch ist der Kopf stärker zugespitzt. Zuweilen trennt sich von dem 
dritiletzten Oberlippenschilde der obere Theil als ein selbstständiges 
Schildchen ab. Die Schwanzlänge beträgt nahezu nur 1/, der Total- 
länge. 

Schuppenreihen des Rumpfes 17, Bauchschilder 212—210; 
Subeaudalschilder 74—70. 

Sechs, sehr große Exemplare von 79 Zoll Länge (Schwanz- 
länge 13:/, Zoll) und darüber, von Matogrosso, Cuyaba und dem 
Rio Vaupe durch Johann Natterer. 


274 


Steindachner. Herpetologische Notizen. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel I. 


Fig. 1. Hemipodion persicum in natürlicher Größe. 


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Oberseite des Kopfes. 
Seitenansieht desselben. 
Unterseite desselben. 

vordere Extremität derselben Art. 
hintere Extremität. 


(Fig. 2—6 in 3maliger Vergrößerung.) 


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Tafel II. 


. Liophis pulcher n. spee. 


obere Ansicht des Kopfes. 
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Tafel III. 


. Dromicus chilensis, Seitenansicht des Kopfes. 


Unterseite des Kopfes. 
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Oberseite des Kopfes. 
Unterseite „ si 
ein Stück aus der Längenmitte der Körperseiten. 


Tafel IV. 


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2 
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„ %. Geoptyas collarıs, Seitenansicht des Kopfes und Halses. 
5. 
6 
7 


. Geoptyas flaviventris, Oberseite des Kopfes. . 


Seitenansicht desselben. 
Unterseite des Kopfes. 
ein Stück aus der Mitte der Körperseiten. 


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275 


VI. SITZUNG VOM 14. FEBRUAR 1867. 


Der Secretär legt folgende Abhandlungen vor: 

„Kreidepflanzen aus Österreich“, von Herrn Prof. Dr. F. Unger 
in Graz. 

„Über genaue und invariable Copien des Kilogramms und des 
_ Meter-Prototyps der Archive zu Paris“, von dem auswärtigen e. M. 
Herrn Dr. €. A. Steinheil in München. Diese Abhandlung ist für 
die Denkschriften bestimmt. 

Das ce. M. Herr Prof. Dr. K. Peters in Graz übersendet eine 
ihm von Herrn v. Malinovsky, k. osman. Obersten in Tuldscha, 
mitgetheilte Liste von Ortschaften im Quellengebiete des Euphrat, 
welche durch das daselbst am 30./11. Mai 1866 stattgehabte Erd- 
beben am meisten gelitten haben. 

Herr Prof. Dr. E. Mach in Graz übermittelt eine weitere Notiz 
über wissenschaftliche Anwendung der Photographie & Stereoscopie. 

Die Direetion der kgl. land- und forstwirthschaftlichen Lehr- 
anstalt zu Kreuz dankt, mit Schreiben vom 10. Februar 1. J., für die 
Betheilung dieser Anstalt mit den Sitzungsberichten der Classe. 

Das w. M. Herr Prof. Dr. Aug. Em. Reuss überreicht eine 
Abhandlung: „Über Crustaceenreste aus der alpinen Trias Öster- 
reichs“. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Astronomische Nachrichten. Nr. 1627. Altona, 1867; 40. 

‚Bauzeitung, Allgemeine. XXXI. Jahrg., 1. Heft. Nebst Atlas: 
Wien, 1867; 40 & Folio. 

Comptes rendus des sdances de I’ Academie des Sciences. Tome 
LXIV, Nr. 4. Paris, 1867; 40. 

Cosmos. 2° Serie. XVI® Annde, 5° Volume, 6° Livraison. Paris, 
1867: 80. | 
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 

XXVII. Jahrg. Nr. 6. Wien, 1867; 80. 
Sitzb. d. mathem,-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 19 


Jahres-Bericht, Sechzehnter, des Doctoren - Collegiums der 
mediein. Faeulität in Wien. 1865—1866. Wien, 1867; 80. 
Jena, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften für 1866. 

40 & 80, 
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 6. Wien, 
1867; 40. 

Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg. 
1867. I. Heft, nebst Ergänzungsheft Nr. 18. Gotha; 40. 
Moniteur seientifique. 245° Livraison. Tome IX’, Annee 1867. 

Paris; 40. 
Wiener medizin. Wochenschrift. XVIL. Jahrg. Nr. 12 —13. Wien, 
1867; 4°. 


7 Ele . . Z . ler? 
Reuss. Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 2IH 


Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 


von dem w. M. Prof. Dr. A. E. Reuss. 


(Mit einer lithographirten Tafel.) 


Mit Ausnahme der langschwänzigen Krebse, welche schon vor 
längerer Zeit von Bronn !) und von mir?) aus den Raibler Schich- 
ten beschrieben worden sind, hatte die alpine Trias Österreichs bis- 
her keine anderen Crustaceenreste geliefert. Auf den nachfolgenden 
Seiten gebe ich nun die Schilderung einiger derselben Formation 
entnommenen fossilen Überreste dieser Thierelasse, welche trotz 
ihrem sehr fragmentären Erhaltungszustande mir eine vorläufige 
Besprechung zu verdienen scheinen. Ein besonderes Interesse knüpft 
sich an die Reste einer Gattung von vollkommen paläozoischem 
Habitus, die sich an manche Gattungen aus dem Silur, Devon und aus 
der Steinkohlenformation sehr nahe anschließt. Die übrigen nehmen 
wenigstens das Vorrecht für sich in Anspruch, die ersten Überreste 
ihrer Art aus der alpinen Trias Österreichs zu sein. 

I. Herr D. Stur theilte mir vor längerer Zeit einige Petrefacten 
von fremdartigem Aussehen zur Untersuchung mit, die aus Kalk- 
schichten im Liegenden des Hallstädter Salzstockes im Steinbruch 
am Langenbichl in Lupitsch inW. von Aussee, welche dem Muschel- 
kalke zugerechnet werden 3), herstammen. Sie stellen nur flach- 
gepreßte Abdrücke in einem plattenförmigen rauchgrauen Kalksteine 
dar, an denen nur stellenweise Fragmente der in eine pechglänzende 
kohlige Substanz umgewandelten dünnen Schale haften. Dies mochte 
Veranlassung gegeben haben, daß man in ihnen Überreste von Pflanzen 


1) Bronn’s und Leonhard’s Jahrbuch 1858, pag. 1 #. 
2) Reuss in den von v. Hauer herausgegebenen Beiträgen zur Paläontologie Öster- 
reichs 1. 1. pag. 1 fi. Taf. I. 
3) Stur in den Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Sitzung am 4. Dec. 
1866, pag. 182, 183, 
197 


a ©) 
278 -Reuss. 


und zwar von Blättern, — im Umriß übereinstimmend mit jenen von 
Sagittaria —, zu sehen nicht abgeneigt war. Die genauere Unter- 
suchung, welehe hin und wieder eine sehr feine eoncentrische Strei- 
fung erkennen läßt, widerlegte jedoch diese Ansicht bald. 

Bei dem Mangel jeder Übereinstimmung mit irgend einem 
andern Thierreste konnte trotz dem vollständigen Flachgedrücktsein 
der Fossilreste kaum ein Zweifel obwalten, daß man es mit den 
Überresten des hornigen Panzers einer Crustacee zu thun habe. 
Doch auch da wollte sich lange kein näherer Anknüpfungspunkt 
finden. Denn die älteren Beschreibungen und Abbildungen von Pel- 
focaris aptychoides Salt.t) sind nach mangelhaften Exemplaren 
entworfen, so daß sie zu einer fruchtbringenden Vergleichung keinen 
Anhaltspunkt bieten konnten. 

Erst in einer vor Kurzem von Herrn Woodward gegebenen 
Notiz ?) finden wir ein ausführlicheres Bild von Peltocaris aptychoi- 
des Salt. nach einem besser erhaltenen, in W. Carruther's Samm- 
lung befindlichen Exemplare, so wie der sehr verwandten Discino- 
carıs Browniana W oodw. ebenfalls aus den silurischen Schiefern 
von Garple Burn bei Moffat in Dumfriesshire. Diese liefern den 
offenbaren Beweis, daß auch das Fossil von Aussee ihnen sehr nahe 
steht. 

Es liegen mir von demselben fünf Exemplare vor, davon eines 
in beiden Gegenplatten. An allen nimmt man denselben breit-pfeil- 
förmigen oder vielmehr parabolischen Umriss wahr, welcher dadurch 
entsteht, daß aus dem sehr breit-elliptischen, durch keine Rücken- 
nath getheilten Schilde am Vorderende ein breit-trianguläres Segment 
mit beinahe geraden Seitenrändern gleichsam herausgeschnitten ist. 
Die Spitze dieses Ausschnittes reicht bis zum Centrum des Schildes, 
das zugleich den erhabensten Theil desselben bildet. Übrigens 
scheint es nur mäßig convex gewesen zu sein, was man aus den an 
den jetzt ganz ebenen Abdrücken wahrnehmbaren schmalen radialen 
Einrissen schließen kann, die vom peripherischen Rande sich etwa 
bis zur Hälfte des Halbmessers nach innen erstrecken. An dem größ- 
ten Exemplare ist der freie Rand deutlich etwas nach innen gebogen, 


*) Quart. Journ. of the geol. Soc. VIII, p. 391. Taf. 21, Fig. 10; XIX. p. 87 ff. Fig. 1. 
1) Quart. Journ. of the geol. Soc. 1866. Nov. pag. 503 ff. Taf. 25, Fig. 4—7. 


Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 279 


Die den Ausschnitt begrenzenden Lappen sind stumpf zuge- 
spitzt und die größte Breite des Schildes liegt nur wenig hinter 
denselben. Der Hinterrand verläuft in ununterbrochener bogenförmi- 
ger Rundung. 

Nur drei der vorliegenden Exemplare sind vollständig erhalten 
und gestatten Messungen nach allen Richtungen. Das größte der- 
selben mißst in der Linie der größten Breite (1) 29-5 Mm. Die Länge 
von dem gerundeten Hinterrande bis zu einer die Spitzen der Vorder- 
lappen verbindenden Querlinie (2) beträgt 31 Mm; der Abstand des 
centralen Wirbels vom Hinterrande (3) 17 Mm.; die Distanz endlich 
der Spitzen der beiden Vorderlappen (4) 23:5 Mm. 

Die anderen zwei Exemplare geben für die erwähnten vier 
Richtungen folgende Dimensionen: 


(1) 2) (3) ©) 
20 21 12 16 Mm. 
und 20 21:5 13 14-5 Mm. 


Das kleinste Exemplar, von welchem das Hinterende abgebro- 
chen ist, mißt in der Richtung (4) :12 Mm., in der Richtung (1): 
13:5 Mm. 

Eines der untersuchten Exemplare bietet noch deutliche Über- 
reste der Oberflächenseulptur dar. Man überzeugt sich, daß das 
Schild mit äußerst feinen und gedrängten concentrischen Linien 
bedeckt ist, welche seinem peripherischen Rande parallel verlaufen, 
daher ebenfalls eine parabolische Richtung nehmen. In der Nähe der 
Ränder des Frontalausschnittes biegen sie sich rasch gegen den- 
selben um. Sie stehen auf der gesamten Ausdehnung des Schildes 
einander ziemlich gleich nahe; höchstens in der unmittelbaren Um- 
gsebung des Wirbels drängen sie sich etwas mehr an einander. Es 
kommen beiläufig 20—22 auf die Länge von 3 Mm. zu stehen. 

Endlich gewinnt man bei genauerer Untersuchung die Über- 
zeugung, daß der beschriebene trianguläre Ausschnitt am Vorderende 
des Schildes, gleichwie bei Peltocaris und Discinocaris, nicht ur- 
sprünglich vorhanden ist, sondern dafs er durch einen dreieckigen 
Rostrallappen ausgefüllt wird, welcher, mit dem übrigen Schilde 
zusammenhängend, von demselben beiderseits durch eine deutliche 
treppenförmig absetzende Furche abgegrenzt wird. 

Woodward hat für Peltocaris und Discinocaris das Vor- 
handensein des Ausschnittes auf sehr sinnreiche Weise dadurch 


280 Reuss. 


erklärt, daß die Weichtheile auf ähnliche Weise, wie bei Apus, mit 
dem Kopfe und dem Rostraltheile des Schildes weit inniger zusammen- 
hängen, als mit dem übrigen Umfange desselben, dafs sich daher bei 
dem Absterben und der nachfolgenden Einhüllung in die sich bilden- 
den Gesteinschichten dieser Rostraltheil samt den weichen Theilen 
von dem übrigen Schilde leicht trennt. Die Trennung erfolgt meist 
in den durch die Grenzfurchen der Rostralplatte angedeuteten Rich- 
tungen und führt daher zu der Entstehung eines regelmäßig gestal- 
teten Ausschnittes. Derselbe Vorgang dürfte auch bei unserem 
Fossilreste stattgefunden haben. Auch hier wird eine Rostralpartie 
durch Furchen von dem übrigen Umfange des Schildes abgegrenzt 
und wenn auch die Trennung in den meisten Fällen gerade im Ver- 
laufe dieser Grenzfurchen erfolgt ist, so beobachtet man doch an 
einem der vorliegenden Exemplare, dal zunächst den Furchen ein 
schmaler Streifen der Rostralplatte hängen geblieben ist, auf welchen 
man die zarte Streifung der Schalenoberfläche sich fortsetzen sieht. 

Aus der vorangehenden Beschreibung ergibt sich, dafs die von 
mir untersuchten Fossilreste sich zunächst an die Gattungen Pelto- 
caris und Discinocaris anschließen. Die vollständige Analogie in 
der Bildung des Rückenschildes läßt daran nicht zweifeln. Leider 
sind bisher auch hier andere Körpertheile, welche den feineren Bau 
des betreffenden Thieres erläutern würden, nicht aufgefunden worden. 
Doch kann es keinem Zweifel unterliegen, daß dasselbe der Familie 
der Apusiden aus der Ordnung der phyllopoden Crustaceen angehört, 
welche nebst dem lebenden Genus Apus, dessen vermuthlich ältester 
Repräsentant — Apudites antiguus Schimp. — im bunten Sand- 
stein liegt, noch eine Reihe paläozoischer Formen umfaßt, welche, 
einander sämtlich verwandt, meistens noch sehr unvollständig 
bekannt sind. Dergleichen sind Aymenocaris Salt., Peltocaris 
Salt., Ceratiocaris M'Coy. und Discinocaris Woodw. aus dem 
Silur, Dietyocaris Salt. aus dem oberen Silur und unteren Devon, 
Dithyrocaris Seoul. und Argas Scoul. aus der Steinkohlenforma- 
tion. Als einer der jüngsten Repräsentanten dieser paläozoischen 
Typen schließt sich nun unser Fossil aus dem Muschelkalk an. Am 
nächsten steht es, wie schon hervorgehoben wurde, der erst in der 
jüngsten Zeit von Woodward beschriebenen Discinocaris, mit 
welcher es in der Form des Schildes und seines Rostralausschnittes, 
in der centralen Wölbung desselben und in der feinen eoncentrischen 


Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 281 


Streifung unläugbare Berührungspunkte besitzt. Auch in dem Mangel 
einer Rückennath des Schildes findet Übereinstimmung Statt. 

Doch besitzt das Schild keine so deutlich ausgesprochene Kegel- 
form, ist im Umrisse nicht so kreisförmig und scheint nur wenig 
gewölbt zu sein. Die concentrische Streifung ist weit feiner. Auch 
sind die Größenverhältnisse der Schilder durchgehends beträchtlicher. 
Im Vergleiche mit Peltocaris kommt auch der Mangel einer in der 
Medianlinie verlaufenden Rückennath hinzu. Erwägt man nun über- 
dieß, daß das geologische Niveau unseres Fossiles hoch über den 
Silurschiehten, der Fundstätte von Discinocaris und Peltocaris, 
liegt, so erscheint eine Vereinigung mit diesen Gattungen nicht 
rathsam. Sie würde um so mißlicher sein, als außer dem Rücken- 
schilde bisher keine anderen Körpertheile vorliegen, in welchen trotz 
der großen Analogie des Ersteren doch sehr wesentliche Abweichun- 
gen stattfinden können. 

Ich habe es daher vorgezogen, das untersuchte Fossil vorläufig 
für den Typus einer selbstständigen Phyllopoden-Gattung anzusehen 
der ich von der schildförmigen Gestalt der Rückenplatte den Namen: 
Aspidocaris beilege. Die Species bezeichne ich als A. triasica Rss. 

Il. Aus demselben Kalkstein von der Petschenstraße im Stein- 
bruche unter dem Bachwirth in W. von Aussee stammt ein anderes 
Petrefaet, welches mir Herr D. Stur mittheilte. Es stellt zwar nur 
einen etwas fragmentären Abdruck dar, an welchem überdieß die 
einzelnen Details nur wenig deutlich hervortreten. Aber demunge- 
achtet gewahrt man leicht, daß es der Gattung Halicyne v. Mey. 
angehört, welche der Familie der Pöcilopoden beigesellt wird. Bisher 
waren drei Species bekannt: A. agnota v. Mey. und H. laxa v. Mey. 
aus dem unteren Keuperdolomit von Rottweil !) und H. plana v. Seeb. 
aus dem schiefrigen Lettenkohlensandstein des Gelmeroder Berges 
in Thüringen 2). Da nun auch die von Herrn Stur gefundene Species 
analogen Schichten entnommen ist, so scheint die Gattung Halicyne 
überhaupt für diese Gruppe der Trias bezeichnend zu sein. 


1) H. v. Meyer in Palaeontographica I. pag. 134 fl. Taf. 19. Fig. 23—26. Eine 
dritte von v. Meyer aus den gleichen Schichten erwähnte Species (1. ce. Taf. 19, 
Fig. 27, 28) gestattet wegen sehr fragmentärer Erhaltung keine nähere Bestim- 
mung. 

2) v. Seebach, Entomostraceen aus der Trias Thüringens in d. Zeitschr. d. deutsch. 
geolog. Gesellschaft 1857. IX. p. 202 fi. Taf. 8, Fig. 6. 


282 Reuss. 


Unsere Species unterscheidet sich von den bisher beschriebenen 
schon durch ihre absoluten und relativen Größenverhältnisse. Sie ist 
die größte Species, denn sie mißt 34 Millim. in der Länge. Während 
die übrigen Arten entweder ebenso breit oder selbst noch etwas breiter 
als lang sind, waltet hier die Länge über die Breite vor, denn letztere 
beträgt nur etwa 28 Millim. Der Umrib ist breit-eiförmig und die 
größte Breite liegt im Anfange des letzten Drittheiles der Schildlänge. 
Das vordere Ende des vorliegenden Steinkernes ist gerundet; von 
der an den anderen Arten daselbst vorspringenden Spitze ist keine 
Spur vorhanden. Der Rand verläuft in ununterbrochener Bogenlinie 
bis zum Hinterrande. Aber auch dieser bildet keineswegs so deutlich 
vorspringende Ecken, wie bei den schon früher bekannt gewesenen 
Arten, sondern stellt vielmehr vollkommen abgerundete Lappen dar, 
deren horizontaler Abstand von einander 12:5 Millim. beträgt. Der 
zwischen denselben liegende Hinterrand zeigt eine ziemlich tiefe 
Ausbuchtung, in welcher man wieder mehrere (fünf) kleine Ein- 
biegungen erkennt, die mit den Zwischenräumen der im hintersten 
Theile des Schildes befindlichen Protuberanzen, welche bei allen 
Arten von Halicyne wiederkehren, zusammenfallen. 

Diese Hügel sind an dem vorliegenden Exemplare leider nicht 
scharf begrenzt; doch erkennt man, daß der mittlere lang- und spitz- 
dreieckig ist. An diesen schließen sich in etwas schräger Lage, nur 
durch seichte Furchen geschieden, die schmal-lanzettlichen mittleren 
an. Die äußersten sind sehr schräge, langelliptisch und nach innen 
durch breite, ziemlich tiefe Furchen abgegrenzt. Sie sind zugleich 
am längsten und ihr hinteres Ende erstreckt sich bis in die hinteren 
Seitenlappen des Schildes. 

Über die Beschaffenheit der mittleren Region (der Spitzbogen- 
region v. Meyer ’s) läßt sich keine Auskunft geben, da dieselbe an 
dem vorliegenden Steinkerne abgesprengt ist. Jedoch ergibt sich, 
daß diese Region des Schildes ziemlich stark gewölbt sein müsse. 
Der vordere Theil des Schildes, der sich allmälig abdacht, ist offen- 
bar durch Druck abgeflacht worden, denn man bemerkt am Rande 
mehrere dadurch hervorgebrachte kurze radiale Einrisse. Dagegen 
unterliegt es keinem Zweifel, daß die hinteren Seitentheile des 
Schildes im Verhältnisse zu der angrenzenden hinteren Mittelregion 
und den nierenförmigen Seitenregionen sehr niedergedrückt gewesen 
sind. Auch erstreckte sich von da, aber sich sehr verschmälernd, ein 


= .. . . „ . 9 
Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 283 


deprimirter Saum um die Seitentheile und den Vordertheil der Peri- 
pherie des Schildes. 

So mangelhaft der Erhaltungszustand des beschriebenen Petre- 
faetes auch sein mag, so ist es doch unwiderlegbar, daß es der Gattung 
Halicyne angehört und daß es sich von sämtlichen schon bekannten 
Arten derselben schon durch seine Gestalt und die relativen Längen- 
und Breitenverhältnisse unterscheidet. Ich glaube daher berechtigt 
zu sein, es zu einer neuen Species zu erheben, welcher ich den 
Namen Halicyne elongata Rss. beilege. Die Lücken in der gegebe- 
nen Characteristik werden hoffentlich durch Entdeckung vollständi- 
gerer Exemplare ausgefüllt werden. 

III. Die Zahl der bisher aus den Triasschiehten beschriebenen 
Ostracoden ist sehr beschränkt. Herr v. Schauroth) hat zwei 
Species — Bairdia triasina und calearea — aus dem Muschelkalk 
von Recoaro, der dem deutschen Wellenkalke gleichgestellt wird, 
angeführt. Ebenso verdanken wir Herrn v. Seebach 2) die Be- 
schreibung von vier Arten — Bairdia pyrus, procera, teres und 
Cythere dispar — aus der Lettenkohlengruppe Thüringens. 

In den, dem mittleren Keuper angehörigen Raibler Schichten, 
die an Pflanzen-, Krusten- und Fischresten so reich sind, gelang es 
ebenfalls, eine Ostracodenspecies, wenngleich in spärlicher Zahl, 
aufzufinden. Es sind stets nur vereinzelte Klappen , die überdieß 
gewöhnlich auf mannigfache Weise verdrückt sind und sich aus dem 
umgebenden Gesteine nur schwer auslösen lassen, so daß es schwer 
hält, zur Untersuchung geeignete zu erhalten. Aus diesem Grunde 
muß die Beschreibung auch mangelhaft bleiben. Ich thue ihrer hier 
nur Erwähnung, weil es die ersten in den Raibler Schichten, ja 
in der alpinen Trias Österreichs, aufgefundenen hieher gehörigen 
Formen sind. 

Die Schalen, welche eine Länge von 0:53 und eine Breite von 
0-33 Millim. besitzen, zeigen einen bohnenförmigen Umriß und sind 
an beiden Enden beinahe gleichbreit und abgerundet. Das Vorder- 
ende ist kaum etwas schmäler. Ebenso lassen beide Ränder keinen 
erheblichen Unterschied wahrnehmen, indem beide von der geraden 
Linie nur wenig abweichen. Der Rückenrand ist sehr schwach 


1) Sitzungsb. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Bd. 34, p. 350. Taf. 3, Fig. 19, 20. 
?) „Zeitschr. d. deutschen geol. Ges, Bd. IX, p. 198 ff. Taf. 8, Fig. 1—4. 


2SA Reuss. Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 


bogenförmig, der Bauchrand eben so schwach eingebogen. Der flach 
gewölbte Rücken der Klappen fällt ziemlich rasch und zwar gleich- 
mäßig nach allen Seiten ab. Ob die Schalenoberfläche glatt oder 
punktirt sei, wird nicht klar, da dieselbe stets durch Einwirkung des 
Wassers etwas corrodirt erscheint. 

Von der Bairdia triasina v. Schaur. unterscheidet sich 
unsere Species durch die gleichmässige Rundung der Enden, sowie 
dureh die größere Gleichförmigkeit des Rücken- und Bauchrandes. 
Am meisten stimmt sie im Umriße mit Cythere Richteriana Jones) 
aus dem Zechstein von Könitz, nur ist diese etwas schmäler. Wegen 
dieser Verwandtschaft belege ich die von mir beschriebene Raibler 
Species mit dem Namen: Cythere fraterna Rss. 


Erklärung der Abbildungen. 


Fig. 1. Aspidocaris triasica Reuss. Abbildung des größten Exemplares des 
Rückenschildes mit Rostralaussehnitt in natürlicher Größe. 

» 2. Dasselbe Rückenschild mit idealer Ergänzung der Rostralplatte. 

„ 3. Ein anderes kleineres Rückensehild in natürlieher Größe. 

„ %&. Ein Stück des Schildes (Fig. 3) vergrößert, um den abgerissenen Rand 
der Rostralplatte und die eoncentrische Streifung der Schalenober- 
fläche zu zeigen. 

„ 5. Fragmentärer Abdruck des kleinsten Sehildes in natürlicher Größe. 

. Halicyne elongata Rss. in natürlicher Größe. 
. Cythere fraterna Rss. vergrößert. 


er) 


er 


I 


1) Kirkby on Permian Entomostraca pag. 47, Taf. 11, Fig. 21 aus Tyneside 
Naturalist’s Field Club Transact. 1859. IV. 2. Newcastle. 


Reufs : Über Crustaceenreste der alpinen Trias. 


Joh. Strohmayer gez.u. lith. A.d.k.k. Hof-u Staats-Druckerei 


I-3. Aspidocaris triasica Rl;. b Halieyne elongata Rs. 
Z.Cythere fraterna Rls. 


Sitzungsb.d.k.Akad.d.W.maih.naturw.C1.IVBd. 1, Abth.18 67. 


285 


VIl. SITZUNG VOM 28. FEBRUAR 1867. 


Die Direetion der k. k. Öberrealschule zu Rakovac in der 
Militärgrenze dankt, mit Schreiben vom 23. Februar, für die Bethei- 
lung dieser Lehranstalt mit den Sitzungsberichten der Classe. 

Das e. M. Herr Vice-Director K. Fritsch übermittelt eine 
Abhandlung über „die Eisverhältnisse der Donau in den beiden 
Jahren 1860/, und 1861/,.* 

Herr Dr. A. Boue& übergibt eine Mittheilung „Über eine neu 
entdeckte Höhle im tertiären Conglomerat Gainfahrn’s“. 

Herr Director K. v. Littrow legt „Einige Bemerkungen über 
Cometen“ von Herrn Prof. C. Bruhns in Leipzig vor. 

Das e. M. Herr Dr, G. Tschermak überreicht eine Abhand- 
lung über „Quarzführende Plagioklasgesteine“. 

Herr Dr, O0. Stolz legt eine Abhandlung vor, betitelt: „Die 
Axen der Linien zweiter Ordnung in allgemeinen trimetrischen Punkt- 
Coordinaten,* 

Der Secretär liest den Bericht der Commission zur Berathung 
der Modalitäten bezüglich der Herstellung und Aufbewahrung des 
metrischen Urmasses und Urgewichtes, welcher von der Classe ein- 
stimmig genehmiget wird. 

An Druckschriften wurden vorgelegt: 

Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 4. 
Wien, 1867: 80. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1628—1630. Altona, 1867; 4°. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Seiences. Tome 
LXIV, Nrs. 5—6. Paris, 1867; 40. 

Cosmos. 2° Serie. XVI® Annee, 5° Volume, 7°—8° Livraisons. Paris, 
1867; 80. 

Gelehrten-Gesellschaft, k.k., zu Krakau: Jahrbuch. X. — XI. 
Band. Krakau, 1866; 8°. — Diplomata monasterü Clarae 
Tumbae prope Cracoviam. Krakau, 1865; 40. 

Gesellschaft, k. k. zoolog.-botanische, in Wien: Verhandlungen. 
Jahrgang 1866. XVI. Band. Wien; 80. — Neilreich, 
August, Nachträge zur Flora von Nieder-Österreich. Wien, 


286 


1866; 8%. — Brusina, Spiridione, Contribuzione pella fauna 
dei molluschi Dalmati. Vienna, 1866; 80, 

Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXVII. Jahrg. Nr. 7—8. Wien, 1867; 80. 

Gutzeit, W., Das Metersystem und dessen Einführung in Deutsch- 
land und Rußland. 89. 

Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 7—8. 
Wien, 1867; 4°. 

Lotos. XVII. Jahrgang. Januar 1867. Prag; 80. 

Moniteur scientifique. 244° Livraison. Tome IX°, Annee 1867. 
Paris; 40. 

Paeini, Filippo, Della natura del Colera Asiatico ete. Firenze, 
1866; 8°. 

Reichsforstverein, österr.: Monatsschrift für Forstwesen. 
XVI. Band. Jahrgang 1866. November- und December-Heft. 
Wien, 1866; 8°. 

Reise der österr. Fregatte Novara um die Erde etc. Zoologischer 
Theil. I. Band. Fische. 3. Abtheilung. Bearbeitet von Rudolf 
Kner. — Reptilien. Bearbeitet von Franz Steindachner. 
Wien, 1867; 40. 

Society, The Geological, of Glasgow: Transactions. Vol. II. 
Parts 1 & 2. Glasgow, 1865; 80. 

— The Asiatie, of Bengal: Journal. Part I, Nr. 2. 1866. Part II, 
Nr. 2. 1866. Caleutta; 8°. 

Verein für Landeskunde von Nieder-Österreiech: Blätter für Landes- 
kunde von Nieder-Österreich. II. Jahrg. Nr. 9—12. Wien, 
1866; gr. 80. 

Werner-Verein, XV. Jahresbericht. Brünn, 1866; 80. — 
Foetterle Franz, Geologische Karte der Markgrafschaft 
Mähren und des Herzogthums Schlesien. (2 Blätter) Wien 
1866; gr. Folio. 

Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 16—1%7. Wien, 
1867; 4% 

Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts - Gesellschaft. 
XVI. Jahrg. Nr. 4. Gratz, 1867; 4°. 


Tscehermak. Quarzführende Plagioklasgesteine. 28 7” 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 
Von dem c. M. @ustav Tschermak. 


Erst in der letzten Zeit wurde es bekannt, daß plagioklastische 
Feldspathe in Verbindung mit Quarz als Hauptgemengtheile meh- 
rerer Gesteine auftreten. Obgleich das Vorkommen von Plagioklas ?) 
in den quarzführenden Orthoklasgesteinen häufig beobachtet, zuwei- 
len ein Überwiegen des Plagioklas wahrgenommen worden, obgleich 
Angaben vorlagen, welche vermuthen ließen, daß es auch quarzfüh- 
rende Gesteine gebe, deren Hauptmasse aus Plagioklas bestehe, so 
war doch G. v. Rath'’s Arbeit über den Tonalit die erste vollständige 
Untersuchung einer Felsart, welche die bisher ungewöhnliche Ge- 
sellschaft von Quarz und einem Kalkfeldspath darbot. Seither sind 
aber auch Gesteine aus der Porphyr- und Trachytgruppe gefunden 
worden, welche dieselbe mineralogische und chemische Zusammen- 
setzung wie der Tonalit zeigen. Demnach hat jedes quarzführende 
Orthoklasgestein ein entsprechendes Glied in der Reihe derPlagioklas- 
gesteine. 


Orthoklasgesteine Plagioklasgesteine 
IT Tl 
Granit, Tonalit, 
(uarzporphyr, Quarzporphyrit, 
Quarztrachyt, (Juarzandesit. 


Die Felsarten der zweiten Reihe sind es, welche bisher noch 
wenig beobachtet, eine Besprechung verdienen. 


Tonalit. 


G. v. Rath fand im Adamellogebirge an der Grenze Tirols und 
der Lombardei in dem bis dahin für Granit gehaltenen Gesteine, 
welches dieses Gebirgsmassiv bildet, Plagioklas, Quarz nebst etwas 
Biotit und Hornblende als Gemengtheile. Er unterschied diese Fels- 
art vom Granit und nannte dieselbe nach dem Paß Tonale in jenem 
Gebirge Tonalit2). Der in zwei Gesteinsabänderungen enthaltene 
Plagioklas wurde analysirt und die Zusammensetzung eines Andesines 


288 Tschermak. 


gefunden. Dieses Resultat war ein unerwartetes, denn man dachte 
sich als Regel, dafs nur kalkarme Plagioklase mit Quarz im Gemenge 
vorkommen. Die Analyse des Gesteines ergab eine viel mehr basische 
Zusammensetzung als sie gewöhnlich bei den Graniten vorkommt, 
und es zeigte sich hier die ungewöhnliche Erscheinung, daß eine 
Felsart mit 67 Pet. Kieselsäure reich an Quarzkörnern ist, was 
jedoch durch die Verbindung von Andesin mit 57 Pet. Kieselsäure 
und Quarz erklärlich wird. Die Analyse des Tonalites vom Aviosee 
aus der Mitte des Adamellogebirges erscheint unter A, während die 
beiden anderen Zahlenreihen die Zusammensetzung der Feldspathe 
aus dem Tonalit des Val San Valentino darstellen. 
A. B. C. 
Kieselsäure . . . 66:91 5679 58-415 
Thonerde ....7 7520 123-485 26555 
Eisenoxydull . . 645 — — 
Kalkerder WE MS 8.56 8:66 
Magnesia . . . 2:35 0:00 0:06 
Kali 4 BRENNER 0.34 ‚riss 
Natron m MT 6:10 6:28 
Glühverlut - . 0-16 024 0:30 
9899 100.51 100.00 

Aus der Analyse der Felsart berechnet Kenngott3) 28:6 Pet. 
Quarz, 50-3 Pet. Feldspathe, im Übrigen Hornblende, Biotit, Magnetit, 
nimnıt jedoch in der Hornblende keine Kalkerde, im Biotit kein Kali 
an. Wenn man sich in dem Gestein einen Feldspath von der Zusam- 
mensetzung B denkt und nur 4 Pet. Hornblende annimmt, die min- 
destens 03 Pet. Kalkerde beanspruchen, so berechnen sich 40 Pet. 
Andesin, aber es bleiben noch 0°73 Pet. Kali und 0:89 Natron übrig, 
die auf einen Alkalienfeldspath deuten. Aber auch, wenn alle 
8:75 Pet. Kalkerde auf Andesin B berechnet werden, so erhält man 
43-2 Andesin und es bleiben doch noch 0-72 Kali und 0:68 Natron. 
In beiden Fällen kommt man zu der Vermuthung, daß außer dem 
Andesin noch eine kleine Menge eines Alkalien-Feldspathes vor-. 
handen sei. 

Der Tonalit kann nach seiner mineralogischen Zusammensetzung 
ein Plagioklasgranit oder ein (uarzdiorit genannt werden. Jeden- 
falls ist er ein selbstständiges Gestein unter den körnigen Gesteinen 
der Plagioklasreihe, 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 289 


Zwischenglieder, welehe den Übergang vom Granit zum Tonalit 
vermitteln, sind bereits früher beschrieben worden. Streng hat in 
der Reihe seiner verdienstvollen Gesteinsanalysen auch Granite aus 
der Tatra bearbeitet, welche reich an Plagioklas erscheinen und 
einen größeren Reichthum an Kalkerde und Natron, und einen gerin- 
geren Kieselgehalt aufweisen, als die andern damals untersuchten 
Granite *). Später fand Haughton in Irland ähnliche Gesteine und 
nannte dieselben Natrongranite (Soda-Granites) zum Unterschiede 
von den gewöhnlichen, den Kaligraniten (Potash-Granites) 5). Die 
Natrongranite bilden zwischen Wiklow und Wexford drei isolirte 
Massen, die von Schiefern der Silurformation umgeben werden, 
während westlich davon der Kaligranit in einem fortlaufenden Zuge 
sich bis gegen Dublin ausbreitet. Außerdem findet sich in der Granit- 
partie bei Newry außer dem gewöhnlichen auch der basischere 
Natrongranit. Die Zusammensetzung des letzteren ist überall dieselbe: 
grauer (Juarz, weilser oder röthlicher Feldspath, schwarzer oder grüner 
Biotit und etwas Hornblende. Der Feldspath wurde leider nicht mine- 
ralogisch bestimmt, auch nicht analysirt, aber die Analysen des Ge- 
steines setzen dieGegenwart einer bedeutenden Menge von Plagioklas 
neben Orthoklas außer Zweifel. Um die Verwandtschaft der zuletzt 
angeführten Gesteine mit dem Tonalit hervorzuheben, führe ich hier 
neben der Analyse des Tonalites (1.) noch folgende an: 

2. Natrongranit von Ballymotymore, Wexford, nach Haughton. 

3. Natrongranit von Ballinamuddagh, Wexford, nach demselben. 

4. Granit aus dem kleinen Kohlbachthal, Tatra, nach Streng. 

5. Granit aus dem Fischseethal, Tatra, nach demselben. 

1. a 3. 4. 5. 
Kieselsäure 66-91 66:60 6856 6888 6931 
Thonerde 1520 1326 1444 1787 1640 
Eisenoxyd 717 132 504 3:61 481 
Kalkerde 373 386 83:85 3:12 3:06 
Magnesia 2:35 122 043 0-85 0:83 
Kali 0:86 231000278 2:99 2:87 
Natron 3:33 360 3:36 3:58 3:29 
Wasser 0:16 236 1:00 0:80 0-84 
99:71 100:01 99-46 101.20 10141 

Diese Vergleichung zeigt wieder, wie nothwendig eine mög- 

Jiehst genaue Bestimmung der Alkalien bei der Analyse der Felsarten 


290 Tschermak 


sei, denn nur durch die Menge derselben und deren Verhältniß 
sind die angeführten Zwischenglieder chemisch vom Tonalit unter- 
schieden. 


Quarzporphyrit. 


So wie man im Granit häufig neben dem Orthoklas auch 
Plagioklas erkannte, so beobachtete man im Quarzporphyr öfters 
beide Feldspathe nebeneinander, wie dies Rose 6), G. Leonhard”), 
Naumanns), Streng °), Laspeyres 10) u. A. angeben. Aber 
man begegnet auch Beobachtungen, welche dahin lauten, daß Quarz- 
porphyre und Felsitporphyre 11) auftreten, welche blos Plagioklas- 
krystalle eingeschlossen enthalten. So sagt Delesse, daß in 
manchen von ihm gesehenen Porphyren blos Plagioklas vorkomme !?). 
H. Fischer führt einen Plagioklasporphyr an, den er bei St. Märgen 
in Baden fand 13). v. Richthofen beschreibt unter den Quarzpor- 
phyren Südtirols auch plagioklasreiche Felsarten!*) aus dem Pelle- 
grinthal und von der Trostburg. 

Bei Gelegenheit der Untersuchung der Südtiroler Quarzporphyre 
habe ich nun auch das plagioklasführende Gestein aus dem Pellegrin- 
thal der Beobachtung unterzogen, wobei sich die nahezu vollständige 
Gleichheit mit dem Tonalit — die Textur ausgenommen — ergab. 

In dem mittleren Theile des Val San Pellegrino, eines Seiten- 
thales des Fassa, findet sich am südlichen Gehänge des Monte Boeche, 
gerade dem Monzoni gegenüber, ein tiefgrauer quarzführender Por- 
phyr in ziemlich bedeutender Verbreitung und in Verbindung mit 
dem südlich davon, weithin fortsetzenden gewöhnlichen Quarz- 
porphyr. Das schwärzlichgraue Gestein ist hart und ziemlich zähe, 
es zerspringt häufig in flache Stücke. Die Textur ist nicht sehr 
deutlich porphyrisch, da nur wenig Grundmasse erkennbar. Die ein- 
geschlossenen Mineralien sind: 

Zahlreiche farblose oder grauliche Quarzkörner bis zu 6 Millim. 
groß. Die Menge schätzte ich auf ungefähr 20 Pet. 

Körner von Plagioklas, trübe, grünlich oder milchweiß, kleiner 
als die Quarzkörner, aber in größerer Menge vorhanden. Sie zeigen 
keine ausgezeichnete Spaltbarkeit, lassen aber die Riefung sicher er- 
kennen. Mit der Grundmasse sind sie innig verwachsen. 

Biotithlättehen, schwarz, kleiner als die Plagioklaskrystalle sind 
häufig. 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 291 


Die spärliche Grundmasse ist dicht, schwärzlich. Durch Ver- 
srößerung erkennt man Biotit als Ursache der Färbung. 

Magnetit und Epidot kommen in kleinen Mengen in dem Gesteine 
vor. Die Eigenschwere desselben ist 2:737. Die chemische Zusam- 
mensetzung hat große Ähnlichkeit mit der des Tonalites. Dies zeigt 
folgende von Herrn S. Konya ausgeführte Analyse 15). 


Quarzporphyrit, Konya. Tonalit, v. Rath. 
De N CE N, nn / 


Kieselsäure . . . 6675 66-91 
Thonerde . . . 16:53 15-20 
Eisenoxyd .®. . . 2:76 | en 
Eisenoxydul . . . 1:66 6-45 
Kalkerde’ 4%... 22 4-71 | 3:73 
Magnesia . . . . 2:64 2:35 
Kal. 08 7,....,.8 21:82 0-86 
Nairon..@n ).; . ..0.92:86 3'839 
iWMiasser) =}. „ „9. 212 0-16 

101-85 98-99 


Der Feldspath des Quarzporphyrites dürfte nahe dieselbe Zusam- 
mensetzung haben wie der des Tonalites, da sich die Zusammensetzung 
der beiden Gesteine wenig unterscheidet und da der Quarzporphyrit 
nur wenig Grundmasse hat, welche gewöhnlich einen anderen Feld- 
spath enthält, als der in den eingeschlossenen Krystallen. Leider 
hatte ich nicht mehr so viel Material zur Verfügung, um den Feld- 
spath untersuchen zu können. 

Das eben beschriebene Gestein aus dem Pellegrinthale ist im 
Vergleiche zu dem gewöhnlichen Orthoklas-Quarzporphyr ein Pla- 
gioklas-Quarzporphyr und im Vergleiche mit Porphyrit (letzterer 
aus Plagioklas, nebst Hornblende oder Biotit bestehend gedacht) ein 
Quarzporphyrit zu nennen. Er ist in der Reihe der Porphyre dasselbe, 
was der Tonalit in der Granitgruppe. 

Zwischenglieder, welche den Quarzporphyrit und den Quarz- 
porphyr verbinden, sind bereits untersucht worden. So beschreibt 
Streng einen der „grauen Porphyre* des Harzes vom linken 
Abhange des Bodethales unterhalb Lucashof, welcher aus Quarz, 
weißem frischem Orthoklas, weißem mattem Plagioklas, einem grünen 
Mineral nebst wenig Biotit besteht und die Zusammensetzung c 
besitzt 16). Scheerer hat eine von Dr. Rube ausgeführte Analyse 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, LV. Bd. I. Abth. 20 


292 Tschermak. 


eines braunen Porphyrs aus dem Travignolothal veröffentlicht 17), 
freilich ohne Angabe der mineralogischen Zusammensetzung. Die 
Zahlen stehen unter d. Das Travignolothal ist vom Pellegrinthale, 
mit dem es parallel verläuft, nur eine Meile entfernt und gleichfalls 
ein Seitenthal des Avisio- (Fassa-, Fleims-) thales. Die Zahlen für 
Quarzporphyrit gehen voran. 


a b c 
Kieselsäure . . . 6675 67.51 67:54 
Thonerde . . . 1653 1401 1497 
Eisenoxydul .. 414 500 5.16 
Kalkerde- ... 471 247 2:84 
Magnesia . . . 264 241 1:30 
Kal. uno. . 1825.050 4-58 
Natron m. . 2:8068%. 225 2:28 
Wasser ...r. . 21252.4-67 1:08 
Titansäure . . . — 047 1:22 (Kohlensäure) 


101.57 99:34 100.97 


Quarzandesit. 


Die früheren Untersuchungen der Trachytgesteine haben keine 
Felsarten kennen gelehrt, in welchen plagioklastische Feldspathe und 
Quarz, beide sichtbar und in mineralogisch bestimmbarer Ausbildung 
vorhanden wären. Dagegen waren mehrere Analysen dichter und 
glasiger Massen bekannt, welche bald durch den überwiegenden 
Natrongehalt, bald auch durch die zugleich vorhandene größere Kalk- 
menge bei hohem Kieselgehalt die Vergesellschaftung von Quarz und 
plagioklastischem Feldspath erkennen ließen. Roth hat auf solche 
Analysen aufmerksam gemacht und erklärt, daß die betreffenden Ge- 
steine eigentlich nicht zu den Sanidingesteinen gehören, bei denen er 
die meisten vorläufig aufgezählt hatte 18). 

Nun aber fanden sich in den Trachytgebieten Siebenbürgens 
Felsarten von ausgezeichneter Ausbildung der Gemengtheile, ver- 
schieden vom Quarztrachyt und Sanidintrachyt, bis auf die Quarz- 
krystalle gleich den Andesiten 1?) jenes Landes. Stache, der die 
Felsart zuerst beschrieb, nannte sie „älteren Quarztrachyt“ oder 
„Daeit“, von dem er sagt, daß er „die oligoklasreichen Gesteine 
unter den quarzführenden Trachyten“ umfasse 2°). v. Ricehthofen 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 293 


hatte manche dieser Gesteine schon früher untersucht, aber die Zu- 
sammensetzung nicht richtig erkannt 21). Eine genauere Beschreibung 
und Definition des Gesteines fehlt in Stache’s Arbeit, doch so viel 
geht aus derselben hervor, daß unter Daeit quarzführende Trachyte 
mit zweierlei Feldspath gemeint seien. Die deutlich ausgebilde- 
ten Felsarten von Rodna, Kisbanya, Nagyak werden nämlich 
p. 75 als „hornblendereiche Sanidin-Oligoklastrachyte“ angeführt. 
Nach einer Untersuchung des Gesteines von Rodna, Kisbanya, 
Nagyäk erkannte ich jedoch, daß in diesen Felsarten nur Krystalle 
von plagioklastischem glasigem Feldspath (Mikrotin) neben Quarz 
eingeschlossen vorkommen, von Sanidin nichts zu sehen sei. Damals 
machte ich den Vorschlag, den Namen Daeit für solche Gesteine an- 
zuwenden, welche Quarz und Mikrotin, außerdem Hornblende und 
Biotit als erkennbare Gemengtheile zeigen 2). Zirkel führt die ge- 
nannten siebenbürgischen Gesteine als quarzführende Hornblende- 
Andesite auf, wobei er diese als Unterabtheilung des Hornblende- 
andesites darstellt, ferner macht derselbe auf Abich’'s Analysen süd- 
amerikanischer und transkaukasischer Gesteine aufmerksam, welche 
eine Zusammensetzung aus Mikrotin und Quarz ergeben, obgleich in 
den Gesteinen die außer Mikrotin zuweilen Hornblende, zuweilen 
Augit erscheinen lassen, kein Quarz sichtbar ist 23). Nach diesen 
Beobachtungen und Eintheilungen gäbe es: 1. Quarzandesite mit deut- 
licher Ausbildung der Gemengtheile (Daeite), und 2. solche, die den 
Quarz in der Grundmasse vertheilt enthalten und oft Hornblende, 
zuweilen auch Augit führen. 

Eine Untersuchung der Daeite war sehr zu wünschen. Es er- 
schienen auch in letzter Zeit Analysen mehrerer Daecite von E. v. 
Sommaruga®*), doch lassen dieselben in dem diesfalls wichtigsten 
Punkte, den Alkalien, leider viel zu wünschen übrig. Außerdem 
wurden aber von C. v. Hauer die in einigen Daciten eingeschlossen 
vorkommenden Feldspathe analysirt 25), was die Kenntniß des Ge- 
steines ungemein förderte. 

Im letzten Sommer hatte ich Gelegenheit mehrere der Daeite 
am Orte zu beobachten, ihr Auftreten und die merkwürdigen Ver- 
änderungen zu studiren, welche manche derselben im Laufe der Zeit 
erfahren haben. Diese Gesteine sind im Norden und im Westen Sie- 
benbürgens zu finden. In dem großen Trachytzuge des Ostens 


(Hargittakette) kommen sie nicht vor. Sie treten in einzelnen Kegeln 
20° 


294 Tsehermak. 


oder in Gruppen weniger Kegel, niemals in größeren zusammenhän- 
genden Zügen auf. Öfters stehen sie mit Andesit in Verbindung, der 
sich dann blos durch den Mangel an Quarz von ihnen unterscheidet. 
Sie bilden theils allein, theils zugleich mit Andesit das goldführende 
Gestein Siebenbürgens. In diesem Falle sind die Gesteine jedoch stets 
zu einer weißen, porzellanartigen, oder zu einer splittrigen, grünlichen 
Masse zersetzt. Vollständig frische Gesteine, in denen kein Gemengtheil 
zersetzt wäre, sind selten. Die Gemengtheile sind: Krystalle von Mi- 
krotin, Quarz, ferner von Amphibol oder Biotit in einer sehr feinkör- 
nigen bis dichten und halbglasigen Grundmasse. 

Im Allgemeinen unterscheidet man: 

I. Frischere Gesteine. Quarzführende Hornblende- und Biotit- 
andesite vom Ansehen des Andesites oder Diorites, seltener des 
rauhen Sanidintrachytes. 

Il. Zersetzte Gesteine. Quarzführende weiße matte Gesteine, die 
zuweilen dem Quarzporphyr gleichen, oder grüne Gesteine, die 
sehr an die „Grünsteine“ erinnern. 

Die frischer aussehenden Gesteine sind ausgezeichnete Felsarten. 
Die hellfarbigen Mikrotin- und Quarzkrystalle, so wie die schwarzen 
Amphibol- und Biotitsäulchen heben sich von der Grundmasse deut- 
lich ab. Typische Gesteine sind der Daeit aus dem Illowathal bei 
Rodna, der von Kisbanya und der vom Zuckerhut bei Nagyak. 

Das Gestein des Ilowathales tritt daselbst zwischen (eocenem) 
Karpathensandstein auf, den es durchsetzt. Die Proben, welche ich 
untersuchte, erhielt ich durch die Freundlichkeit des Herrn Berg- 
ingenieurs F. Posepny, der dieselben in dem genannten Thale 
zwischen Magura und St. Joseph unterhalb Dialu Burlesi sammelte. 
Frische Stücke sehen blaßgrau aus und zeigen weiße und schwarze 
Punkte. Das deutlich porphyrische, schon an Granit erinnernde Ge- 
stein bricht flach, die blaßgraue Grundmasse ist matt, dicht, nicht 
felsitisch, weicher als Feldspath. Durch mikroskopische Betrachtung 
erkennt man darin weiße und grauliche Körnchen, die wohl als Feldspath 
und Quarz zu deuten sind, ferner grüne Punkte, wohl Hornblende. An den 
weißen Körnchen, die nicht allzuklein sind, konnte ich in einem Fall bei 
120facher Vergrößerung die Riefung auf der Spaltfläche erkennen. 
Diese Grundmasse überwiegt ein wenig die Einschlüsse, welche sind: 

Mikrotin — schneeweiße, kaum halbdurchsichtige, oft 8 Millim. 
lange Krystalle von den Flächen M, P, TI x begrenzt, nach der 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 295 


Klinodiagonale gestreckt, an der Oberfläche matt, im Bruche glas- 
glänzend, auf der Endfläche die Riefung deutlich zeigend. Die Menge 
der Krystalle beträgt nach meiner Schätzung etwas über 20 Pet. 
Wenn Herr €. v. Hauer nicht viel über 12 Pet. schätzt, so kann sich 
dies wohl nur auf die größeren Krystalle beziehen. Die Zusammen- 
setzung dieses Mikrotins ist nach v. Hauer: 


Kieselsäure, . ... ... .... -.0.04:08 
iRhonerde” . ..... u. 24%. 2080 
Kalkerde 2... 2 10. 2,.,,9:62 
Na ee en ee 1-81 
NER 5-98 
Gluhnerlust oo... 0, Sg 0er. 1:21 

100.52 


Aus der Vergleichung mit den meiner Arbeit über die Feld- 
spathe beigegebenen Tafeln ergibt sich sogleich, daß dieser Feldspath 
in die Andesinreihe zu stellen sei. So wie im Tonalit ist also auch im 
Daeit die Gesellschaft von Quarz und einem Kalkfeldspath erkannt. 

Quarz, in graulichen Doppelpyramiden, meist 3 bis 4 Millim. 
lang, an der Oberfläche matt. Die Menge beträgt etwa die Hälfte von 
der des Mikrotines. 

Hornblende — in kleinen schwarzen, im Bruche stark glänzen- 
‘den Säulehen, meist 5 Millim. lang, mit der Form der basaltischen 
Hornblende. Die Menge beträgt etwa 6 bis 8 Pet. 

Magnetit — eisenschwarze Octaäder, zuweilen 5 Millim. hoch, 
Menge sehr gering. 

Das Eigengewicht ist 2:650 und die Zusammensetzung nach der 
von Herrn F. W. Slechta ausgeführten Analyse: 


Kreselsaure =. 27 0 0641 
DOT I re 
SCHE re er 
Bisenoxydul m 0 I ERENRTTFSDUr 
aller ae a REN 0 
NEISTESTE head ar acer energie ie > 
1.5 yhhlae a haar ia aazre  1 
SE a er > 
LESE War eur sa Us 

100-01 


296 Tschermak. 


Diese Zahlen geben ein Mittel, auch die mineralogische Zusam- 
mensetzung der Grundmasse beiläufig zu erkennen. 

I. Reehnet man die Alkalien und die ganze oder die halbe 
Menge der Kalkerde auf Feldspath, das Übrige von Magnesia, Kalk- 
erde, Eisen auf Hornblende, so bleiben mindestens 26 Pet. freie 
Kieselsäure, was 26 Volumpercenten Quarz entspricht. So viel ist 
nicht an Quarzkrystallen vorhanden. Es muß also noch etwas Quarz 
in der Grundmasse sein. 

2. Zieht man von obiger Analyse so viel ab, als 20 Pet. 
Andesin der gefundenen Zusammensetzung entsprechend fordern, 
so bleiben Kalkerde 2-04, Kali 1:29, Natron 273 Pet. übrig. Die 
8 Pet. Hornblende verlangen ungefähr 0-8 Pet. Kalkerde. (Nach 
den für basaltische Hornblende bekannten Analysen.) Somit blei- 
ben für die Grundmasse Kalkerde 1:24 gegen die obige Kali- und 
Natronmenge. Dieses entspricht einem Feldspath Or,Ab,An,, der 
ein kalireiches Glied der Oligoklasreihe wäre. Ob man sich nun 
einen oder zwei Feldspathe in der Grundmasse denkt, so viel ist 
sicher, daß außer dem in Krystallen im Gestein eingeschlossenen 
Andesin noch ein kalkarmer natronreicher Feldspath in der Grund- 
masse auftritt. 

Das Resultat dieser Berechnungsversuche, welche für die 
Grundmasse (Quarz und einen triklinen Feldspath ergeben, stimmt 
vollkommen mit der mikroskopischen Beobachtung. Die Analyse 
v. Sommaruga's, welche in dem Gestein blos 0-74 Pet. Natron 
angibt, kann in diesem Punkte nicht richtig sein, denn schon die 
20 Pet. Andesin erfordern 1'2 Pet. Natron, und außerdem findet sich 
noch ein plagioklastischer, folglich natronhaltiger Feldspath in der 
Grundmasse. 

Außer dem Gesteine des Illowathales kommen auch noch andere 
Daeite in der Umgebung von Rodna vor. Sie haben entweder Biotit 
und Hornblende, oder blos Biotit. Die Textur ist dieselbe wie bei der 
vorgenannten Felsart 2°). 

Bei dem Gesteine des Illowathales muß ich noch bemerken, daß 
v. Richthofen ein quarzführendes Gestein unter den in Californien 
auftretenden trachytischen Bildungen mit der Illowaer Felsart ver- 
gleicht 2”). Bestätigt sich diese Ähnlichkeit, daun dürften die in dem 
fernen Goldlande gefundenen granitähnlichen Trachyte gleich sein 
mit dem Dacit des siebenbürgischen Goldfeldes. 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 29% 


Der Daeit von Kisbanya, welcher in der Nähe dieser Ortschaft 
im Granitgebiete (Granitit nach Stache) auftritt, hat eine dichte, 
etwas schimmernde blaßgraugrüne, fast felsitische Grundmasse, darin 
viele kleine und einzelne größere (8 Millim.) weißliche durchschei- 
nende Mikrotinkrystalle, grauliche Quarzkörner, viel weniger als Mi- 
krotin, Biotitsäulchen, etwa so viel als Quarzkörner, endlich Horn- 
blendesäulchen, die in eine graue chloritische Substanz umgewandelt 
sind. Einzelne Mikrotinkrystalle sind zum Theil in Epidot verwan- 
delt. Einschlüsse die Grundmasse fast überwiegend. v. Soemmaruga 
fand in dem Gesteine 6469 Kieselsäure, 16°94 Thonerde, 6-06 Eisen- 
oxydul, 395 Kalkerde, also nahe dasselbe wie im Gesteine des 
Illowathales. Dem Kisbanyer Daecit nähern sich im äußeren Ansehen 
die frischeren Partien des Dacites von Verespatak und von Boiza, 
doch gibt es an diesen Punkten nur selten ein Stück, das nicht ganz 
zersetzt wäre. 

Der Dacit von Nagyak, welcher im Westen dieses Bergortes an 
der Zuckerhut genannten Kuppe vorkömmt, unterscheidet sich im 
äußeren Ansehen sehr merklich von dem vorigen. Das Gestein im 
Ilowathal erinnert an Granit, das von Kisbanya sieht wie ein Felsit- 
porphyr aus, der Nagyager Daeit hat ein echt trachytisches Ansehen. 
Die gelblichgraue Grundmasse ist matt, rauh, erdig, mit vielen winzi- 
gen Pünktchen von Biotit und Hornblende. Darin liegen viele ziemlich 
große (6Millim.) durchsichtige stark glänzende Mikrotinkrystalle mit 
ausgezeichneter Riefung, grauliche Quarzkörner vonfast gleicher Größe 
aber nicht bedeutender Anzahl, endlich dieke Säulen von Hornblende 
und Biotit, öfters über erbsengroß. Einschlüsse gegen die Grund- 
masse fast überwiegend. Dieser Felsart ist der größere Theil des 
Dacites vom Coleu Cioramuluj bei Offenbanya sehr ähnlich. In dem 
letzteren fand v. Sommaruga 64-21 Kieselsäure, 16-51 Thonerde, 
5-76 Eisenoxydul, 412 Kalkerde, also nahe die Zahlen wie bei dem 
Gestein des Illowathales. 

Von größerer Wichtigkeit als die eben besprochenen frischeren 
Gesteine sind für den Bergbau die zersetzten Massen, die aus dem 
Daeit und Andesit entstanden, jetzt in Klüften goldhaltigen Eisenkies 
und andere Sulfite führen. Die aus dem Daecit hervorgehenden Ge- 
steine sind entweder kreideartig weiß bis graulich, oder dicht und 
grün gefärbt. Außer den (Quarzkrystallen enthalten besonders die 
weißen Gesteine oft Pseudomorphosen von Mikrotin, Hornblende, Biotit 


298 Tschermak. 


herrührend. Da die Pseudomorphose des Biotites oft weiß und perl- 
mutterglänzend aussieht, so mag sie wohl für Kaliglimmer gehalten 
worden sein, und die Angaben Stache’s, daß weißer Glimmer 
in derlei Gesteinen vorkomme (pag. 57 und 517), mag sich hier- 
auf beziehen. Kaliglimmer ist noch niemals im Traehyt gefunden 
worden. 

Das weiße Gestein von Rodna, von Herrn Posepny im 
Szamosthal bei St. György gesammelt, hat das Ansehen eines sehr 
feinkörnigen Dolomites. Es enthält grauliche Quarzkörner, grünlich 
weiße perlmutterglänzende Blättehen (Biotitpseudomorphosen) ohne 
eigentliche Spaltbarkeit und zersetzte Mikrotinkrystalle. 

Das weiße Gestein von Verespatak, das Muttergestein des Gol- 
des, ist durch die großen Quarzkrystalle ausgezeichnet. Es hat eine 
scheeweiße bis grauweiße bald dichte schimmernde, bald kreideartig 
matte Grundmasse. Darin liegen Quarzkrystalle, die oft nußgroß 
sind und bei der Verwitterung herausfallen. Die zuweilen erhaltenen 
Mikrotinpseudomorphosen lassen erkennen, dafs die früheren Kry- 
stalle dieses Minerales verhältnißmäßig groß waren. Bei der totalen 
Zersetzung bleiben oft Hohlräume mit Quarzkrystallen ausgekleidet. 
Außerdem finden sich Höhlungen von der Form der Hornblende und 
des Biotites, zuweilen mit Eisenkies ausgekleidet oder erfüllt. 
Partienweise ist das Gestein verquarzt, hornsteinartig, so im 
Süden des Kirnik an der Piatra Corbuluj. Auf Klüften finden sich 
allenthalben Quarz, Hornstein, Manganspath, Kalkspath, Pyrit, der 
oft goldhaltig ist, auch andere Sulfite, selten Gold. Die Verwitte- 
rungsrinde erscheint gelblich. Dieses Gestein setzt zum großen Theil 
die Berge im Süden des Bergortes Verespatak zusammen, es bildet 
den Kirnik und die nördlichen Abhänge des Boi (Affinis). Dasselbe 
überlagert (nach Posepny) die conglomeratischen und sandstein- 
artigen Eruptivtuffe, welche aus Trümmern von verändertem Daeit 
und Glimmerschieferbruchstücken bestehen, und reich an Quarz 
Chalcedon und Pyrit sind. 

Diese Tuffe, welche auf dem (eocenen) Karpathensandstein 
liegen, bilden im Norden und im Süden des Daeites große, oft deut- 
lich geschichtete Massen, welche an Quantität den Daeit bedeutend 
übertreffen. Sie sind eben so gut goldführend wie der massige 
Daeit, daher der Name goldführender Sandstein F. v. Hauer's. 
Wegen der innigen Verbindung der Trümmer durch quarzige Masse 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 299 


wurden die quarzigen Tuffe zuweilen für ursprüngliche Gesteine 
gehalten, daher wohl auch die Angabe v. Richthofen’s, daß 
in diesem quarzhaltigen Trachyt Kaliglimmer vorkomme 2), — 
Der Kaliglimmer rührt aber von dem eingeschlossenen Glimmer- 
schiefer her. 

Im Norden und im Osten von Verespatak erheben sich Kegel 
von Andesiteonglomerat (Eruptiveonglomerat) und Andesit, welche 
jünger als der Daeit erscheinen. Oberhalb des Abhanges Affinis be- 
steht am Gipfel des Felsens ein kolossaler Verhau, Cetate genannt, 
dessen Gestein der vorgenannte sandsteinartige Tuff ist. Cotta 2°) 
hat bezüglich der Cetate mehrere irrige Angaben veranlaßt, indem 
er dieselbe mit dem östlich davon liegenden Kirnik identifieirte, 
ferner als Cetategestein eine verkieselte Daecitbreceie aufführt, die 
indeß nicht an der Cetate vorkommt, auch kein ursprüngliches 
Gestein ist, wofür Cotta dieselbe erklärte. Auch in Stache’s 
Beschreibung des Gesteines sind diese Angaben übergegangen. Eine 
gründliche Darlegung der Verhältnisse ist demnächst von PoSepny 
zu erwarten, welchem ich die obigen Notizen bezüglich der Lage- 
rung verdanke. / 

Der weilse Daeit von Boiza unterscheidet sich von der Felsart 
Verespataks blos durch die Kleinheit der Quarzkrystalle. In der 
kreideähnlichen Masse sitzen viele kleine (2Millim.) Quarzpyramiden. 
Poröse Stellen von gelblicher Färbung bezeichnen die Reste von 
Hornblende und Biotit. Stellenweise finden sich Kaolinkörper, die 
noch die Umrisse des Mikrotins haben und perlmutterglänzende 
Schuppen als Überbleibsel des Biotites. 

Dieses Gestein setzt in der Gegend von Boiza die Kuppe des 
Svridiel und die östlich davon aufragende Höhe zusammen, in wel- 
chen beiden viele Goldbaue liegen. Die geologische Combination ist 
ungewöhnlich. Im Süden des Städtchens zieht W.—-O. eineKette von 
Jurakalk. Im Liegenden desselben findet sich Melaphyr und Mandel- 
stein, die an den Vorhügeln und in den Thälern erscheinen. Karpa- 
tensandstein umgibt als jüngeres Sediment diesen Gebirgszug. Bei 
Boiza erhebt sich zwischen Jurakalk Melaphyr und Sandstein der 
Daeit zu einem alles überragenden Kegel. Der goldhaltige Pyrit 
kommt nicht nur im Daeit vor, sondern reicht auch hinab in den zer- 
setzten Melaphyr, welcher sich unterhalb ausdehnt. Bleiglanz, Blende, 
Fahlerz, Baryt begleiten ihn. 


3 0 0 Tschermak. 


Als Beispiel der grünen zersetzten Daeite kann ein Gestein 
gelten, das in den Nagyager Gruben häufig auftritt. Die Textur ist 
porphyrisch, die Farbe graugrün, die Grundmasse dicht, etwas split- 
trig, aber weich, mit dem Messer leicht ritzbar. 

Kleine Krystalle von halbdurchsichtigem Mikrotin und Quarz- 
körner liegen darin, außerdem Biotitpseudomorphosen vom An- 
sehen des Chlorites. In den Klüften Caleit. Ähnlich ist der zersetzte 
Daeit von der Breaza bei Zalatna, der indeß außer Mikrotin und 
Quarz chloritische Hornblendepseudomorphosen in großer Menge 
enthält. Daß der Daeit bei der Zersetzung einmal eine porzellanartige 
weiße, ein anderes Mal eine splittrige grüne Grundmasse liefert, 
scheint in der ursprünglichen Zusammensetzung der Grundmasse zu 
liegen. Es ist dies derselbe Unterschied, welcher das Aussehen der 
grünsfeinartigen und der porösen rauhen Andesite bedingt. 

Da dasGold immer nur im zersetzten älteren Andesit und Quarz- 
andesit und in dessen Tuff, außerdem nur in dem knapp daran liegen- 
den fremden Gestein (Karpatensandstein in Verespatäk, Melaphyr in 
Boiza) vorkömmt, so erscheint es mir nicht zweifelhaft, daß das Gold 
aus dem älteren Andesıt und Quarzandesit stammt, und bei der Zer- 
setzung derselben in den Gesteinklüften mit anderen Zerlegungs- 
produeten abgesetzt und in solcher Weise eoncentrirt wurde. 

Nicht alle Gesteine, welche die Zusammensetzung des Daeites 
haben, zeigen so wie dieser den Quarz in wahrnehmbaren Krystallen. 
In Siebenbürgen selbst, häufiger aber in Ungarn, kommen Gesteine 
vor, die ausgezeichnete Mikrotinkrystalle in einer felsitischen oder 
glasigen Grundmasse zeigen. So an der Piatra Vunet bei Offenbanya 
eine Felsart, die eine schwärzlich-graue, halbglasige Grundmasse 
besitzt, worin schwarze Hornblende und Biotitkrystalle und viele grö- 
ßere gelbliche Mikrotinkrystalle liegen, so in derGegend von Schem- 
nitz, wo ähnliche Gesteine nicht selten sind. Von diesen Felsarten 
sind indeß gegenwärtig noch keine genaueren Analysen bekannt, 
welche diese Stellung im Systeme bestätigen würden. Dagegen liegen 
Untersuchungen von Abich, ferner von G. v. Rath vor, welche, 
wie Zirkel gezeigt hat, mehrere Gesteine in Transkaukasien, 
Süd-Amerika und den Euganeen zu den felsitischen Quarzandesiten 
stellen. 

Abich hat im Verlaufe seiner umfangreichen Untersuchungen 30) 
auch Andesite mit sehr deutlichen Mikrotinkrystallen analysirt, die 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 301 


zwar keinen Quarzgehalt erkennen lassen und eine dichte zuweilen 
hornsteinartige Grundmasse zeigen, aber eine solehe chemische Zu- 
sammensetzung besitzen, deren Interpretation auf eine nicht ganz 
unbedeutende Menge freier Kieselsäure führt. Solche Gesteine finden 
sich am Ararat, Kasbek, Chimborazo, Guagapichincha. 

Das Hof-Mineraliencabinet besitzt Felsarten vom Kasbek, ge- 
sammelt von Professor Kolenati, deren Aussehen vollständig mit 
Abich’s Beschreibungen harmonirt. Sie haben eine dichte, zu- 
weilen fast felsitische Grundmasse, worin leicht erkennbare weiße 
Mikrotinkrystalle. In einer dieser Felsarten vom Kasbekgipfel er- 
kannte ich eine sehr eigenthümliche Textur. Die Masse desselben 
wird von kleinen braunen Felsitkörnchen und von Mikrotinkrystallen 
gebildet. Bei allen diesen Felsarten darf man schon nach dem äuße- 
ren Ansehen der Grundmasse auf freie Kieselsäure schließen. 

G. v. Rath beschrieb in seiner verdienstvollen Arbeit über die 
Euganeischen Trachyte >:) unter dem Namen Oligoklastrachyt solche 
Felsarten , die zum Theil hieher gehören dürften. Wenn auch 
v. Rath nieht geneigt ist, in denselben freie Kieselsäure anzuneh- 
men, so läßt doch die Zusammensetzung eines dieser Gesteine, näm- 
lich der Felsart vom Monte Alto keine andere Deutung zu, als daß 
mindestens 18 Pet. freier Kieselsäure vorhanden seien. 

Um die Ähnlichkeit zwischen der Zusammensetzung des Daeites 
und dem chemischen Bestande der zuletzt erwähnten Felsarten her- 
vorzuheben, stelle ich die Analysen zusammen: 

1 2 3 4 5 6 
Kieselsäure . . 66.41 6546 69-47 65-09 67:07 68-18 
Thonerde . . 1741 1536 1498 1558 13:19 13-65 


Eisenoxyd . . 412 — 231 383 AT — 
Eisenoxydul. . — 665 104 173 Mn.0-32 6:69 
Kalkerde. . . 396 424 468 2-61 3:69 2:23 


Magnesia . . 182 211 09 410 346 042 
Bau 54 3 TA 199 2189:0.1708 
Natron ....383 409 446 446 490 6-00 
Glühverlutt (#0)0-81 034 035 041 0-30: 0-55 
s— 2.650 2-635 2595 2-685 2:580 2-545 

1. Dacit aus dem Illowathal bei Rodna. 
2. Araratgestein mit zahlreichen Mikrotinkrystallen, undeutlichem 


302 Tschermak. 


Amphibol und Biotit in einer schwarzgrauen hornsteinähnlichen 
Grundmasse. 

3. Gipfelgestein vom großen Ararat, sehr feinkörnig, licht aschgrau, 
mit sehr vielen glasglänzenden Mikrotinkrystallen, wenig Horn- 
blende und vielen glasglänzenden Punkten, vielleicht Quarz. 

4. Chimborazogestein aus 15180 Fuß Seehöhe, mit vielen klei- 
nen und einigen ziemlich großen Feldspathkrystallen, wenig 
Hornblende, Partien von grünem Augit und fein eingesprengtem 
Magnetit. 

5. Gestein vom Guagapichincha aus 14248 Fuls Seehöhe, mit 
schwarzer pechsteinartiger Grundmasse, worin Mikrotintafeln, 
grauer Augit, zerstreute Punkte von Magnetit. 


6. Gestein vom Monte Alto in den Euganeen mit- feinschuppiger 
brauner Grundmasse, worin viele 1—2 Linien große durchsich- 
tige Mikrotine, vieleHornblendenadeln und spärliche sehr kleine 
Biotitblättchen. 


Der Dacit und die ihm gleichkommenden Quarzandesite sind 
in chemischer Beziehung durch einen bedeutenderen Natrongehalt 
charakterisirt, der die Menge des Kali übertrifft. Gesteine, welche 
bei gleichem Kieselgehalte eine größereKalimenge aufweisen als der 
Dacit, werden alsÜbergangsglieder zwischen Daeit und Quarztrachyt 
anzusehen sein. Solcher intermediärer Gesteine gibt es natürlicher 
Weise sehr viele, weil ja eine Abgrenzung der Gesteinstypen nicht 
existirt. Als ein Beispiel führe ich ein Gestein an, welches im öst- 
lichen Kärnten nächst Prevali und Straschischa im Gebiete des Thon- 
glimmerschiefers auftritt und in der Nähe eines anderen grünstein- 
artigen granatenführenden Amphibolandesites vorkömmt. Dasselbe ist 
grau, zeigt eine matte aschgraue diehte Grundmasse, worin viele 
kleine Mikrotinkrystalle und kleine Biotitblättehen, wenig Quarz- 
körner zu sehen sind. Die Grundmasse überwiegt ein wenig gegen 
die Einschlüsse. Das Eigengewicht ist 2-661. Die chemische Zusam- 
mensetzung nach der Analyse des Herrn Hauptmannes S. Streit: 


Kieselsaure Y , FW 706344 
Thonerder. we am, "DENE 2910-81 
Eisenoxyde.. SUR ®, BWIy  Varjebt 
Eisenoxydul "PRWORETIE NER 1208 
Kalkerdeat VE EUREN TIT, 


Quarzführende Plagioklasgesteine. 303 


Masmesial. Gase. 3% ur... 194 

Balsam Me! „Int... 8.88 

Natson . EHRE. Ua 9S ......',8-64 

Mlasser . dom . 00% ..2.. 200 

100.63 
Wenngleich in dem Gestein kein Sanidin zu bemerken ist, so 
weist doch der bedeutende Kaligehalt darauf hin, daß in der Grund- 

masse ein Kali-Feldspath auftrete. 


Vergleichung der quarzführenden Plagioklasgesteine. 

Der Tonalit bildet den mächtigen Gebirgsstock des Adamello, 
welcher der Reihe der alten krystallinischen Formationen zugehört. 
Der Südtiroler Quarzporphyrit ist ein Bestandtheil jener mächtigen 
Porphyrdecke, welche zwischen dem Thonglimmerschiefer und der 
Trias der Südalpen zu liegen kommt. Der Daeit ruht auf dem als 
eocen angenommenen Sandstein der östlichen Karpaten. 

Das geologische Alter dieser Gesteine ist demnach ein sehr ver- 
schiedenes, die mineralogische Zusammensetzung derselben aber ist 
gleich: Plagioklas und Quarz nebst Biotit und Hornblende, im Daeit 
‚hat der Plagioklas das glasige Ansehen. Die Textur ist beim Tonalit 
großkörnig, bei den beiden anderen porphyrisch. 

Die chemische Zusammensetzung der drei Gesteine ist unge- 
mein wenig verschieden, wie aus der Zusammenstellung der drei 
früher angeführten Analysen hervorgeht: 

Tonalit Q.-Porphyrit Daeit. 
Kieselsäure . . . . 6691 66-76 66-41 
Piimerde, ...... 15-20 16-53 17-41 
Bisenoxyd ... .. 645 4-60 4-12 
Kalwerde -. ... ... .oio 471 3:96 
Maswesia &......... :2°8D 2.64 1:82 
Ba ne lesen, „0:86 1:82 1:65 
Dalrons.2uN,.uaa in 988 2-86 3:88 
Basser 90-16 2-12 0-81 

98-99 102.03 100.01 

Von den Feldspathen dieser Gesteine sind die des Tonalites 
von G. v. Rath und des Daeites von €. v. Hauer untersucht. Aus 
der folgenden Zusammenstellung wird man die Ähnlichkeit erkennen, 
welche die chemische Zusammensetzung derselben zeigt: 


304 


Tsehermak. 


1 2 


Kieselsäure . 58-15 56.79 
Thonerde 2655 2848 
Kalkerde . . 8:66 8:56 
Magnesia . . . 0:06 0:00 
Kalkluise ua ala 10% 
Natsonv ik Mal; rrbr28 6-10 
Glühverlust . . 0-30 0:24 
100-00 100-51 

s=2676 2695 


100.52 


3. 
54:58 
27:37 

9-62 


1:81 
5:98 
1:21 


2.686 


A. 
57:20 
25-12 

6:96 
Spur. 
1:87 
7:28 
1.68 
100-11 
2.985 


1. und 2. aus dem Tonalit des Val San Valentino, 3. aus dem 
Daeit im Illowathal bei Rodna, 4. aus dem Daeit von Nagy-Sebes. 


Alle diese Feldspathe gehören in die Andesinreihe. 


Man darf daher sagen, daß die genannten Gesteine durch Andesin 
charakterisirt werden. 


Anmerkungen. 


1) So wie man alle monoklinen orthoklastischen Feldspathe, welche auch durch den 


*) 


2) 


vorwiegenden Kaligehalt charakterisirt 


sind. unter der generellen Bezeichnung 


Orthoklas zusammenfaßt, so empfiehlt es sich als zweckmäßig, alle die triklinen, 


plagioklastischen Feldspathe, die sich überdies durch den Kalkerde- und Natron- 


gehalt von den vorigen unterscheiden, unter dem allgemeinen Namen Plagioklas 


zu begreifen. 


pag. 566.) 


(S. meine Studien über die Feldspathgruppe in den Sitzungsber. 
der Wiener Akademie, Bd, L. 


Bei dem Plagioklas kann man dem bisherigen Gebrauche entsprechend, folgende 


Unterabtheilungen machen: 


Albit mit 0 bis 

Qligoklası 2,21 720227216 
Andesin cn 64510 
Labradorit „ 10 „ 13 
Bytownit Pa en ir 
Anorthit „. 1004.20 


” ”„ » 


10 
8 
5 
3 
1 


2) 


”» 


8 
3» 
3» 
> 
0, 


2 Pct. Kalkerde und 12 bis 10 Pet. Natron 


So wie man ferner die glasig und rissig ausgebildete Abänderung des Orthoklas 


als Sanidin bezeichnet, so kann man für die glasige und rissige Abänderung des 


Plagioklas die Bezeichnung Mikrotin anwenden. 
In der Zeitschrift der deut. geol. Gesellsch. (1864) Bd. XVI, p. 249. 
3) Ebendaselbst (1865), Bd. XVII, p. 569. 
*#) Poggendorff’s Annalen Bd. XC, p. 125 (1853). 


Quarterly Journal of the geological society of London 1856, Bd. XII, p. 171 


and 1858, Bd. XIV, p. 301. 


„ 
a, 


Quarzführende Plagioklasgesteıne. 30 5 


Zeitschr. d. deut. geol. Ges, 1849. Bd. I, p- 373. 
Die quarzführenden Porphyre. 1853. 


8) Lehrbuch der Geognosie. 1858, Bd. 1, p. 599. 


u) 
10) 


11) 


18) 
19) 


In dem grauen Porphyr des Bodethales. Jahrb. für Mineralogie 1860, p. 267. 

In den Felsitporphyren von Halle. S. d. Zeitsch. d. deut. geol. Ges. 1864. Bd. XVI, 
p- 367. 

Da gegenwärtig schon eine Anzahl von Porphyren bekannt ist, welche bei unbe- 
waffnetem Auge keinen Quarz erkennen lassen, aber eine sehr kieselreiche Felsit- 
masse darstellen, in welcher meist Feldspathkrystalle eingeschlossen erscheinen, 
so möchte es vielleicht zweckmäßig sein, diese als Felsitporphyre zu bezeichnen, 
während unter Quarzporphyr solche Orthoklasgesteine zu verstehen wären, welche 
deutlich wahrnehmbaren Quarz führen. 

Memoires de la soc. geol. de France Il. serie, T. IV, p. 301 (1852). 

Berichte über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg. 
1. Bd., p. 544 und II. p- 215. 

Geognostische Beschreibung von Südtirol. Mit einer geognostischen Karte. 1860, 
p- 120. 

Diese Analyse ist so wie die des Dacites von Rodna und des Trachytes von Prevali 
im Laboratorium des Herrn Prof. Redtenbacher ausgeführt. 

Jahrbuch für Mineralogie 1860, p. 267. 

Über die chemische Constitution der Plutonite. Abdruck aus der Zeitschrift für 
das Jubiläum der Freiberger Akademie 1866. p. 34. 

Die Gesteinsanalysen 1861. p. XXXIV. 

Nach dem Vorschlage Roth’s werden bekanntlich alle jene Trachytgesteine, welche 
als hauptsächlichen Bestandtheil einen triklinen Feldspath enthalten, als An- 
desite bezeichnet und die Unterabtheilungen: Amphibolandesit und Augitandesit 
gemacht. In Siebenbürgen und Ungarn finden sich auch ausgezeichuete Biotit- 
andesite. 

Geologie Siebenbürgens von F. v. Hauer und G. Stache 1863. p. 7i. 

Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt 1860. Bd. XI, pag. 153. 

Jahrbuch d. geol. Reichsanstalt 1866. Bd. XVI, Verh. p. 65. 

Lehrbuch der Petrographie 1866, Bd. II, p. 207 und 221. 

Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt 1866. Bd. XVI, p. 461. Daß die Alkalien- 
bestimmung in diesen Analysen nicht richtig sein könne, ergibt sich sogleich 
aus dem Umstande, daß die untersuchten Gesteine sämmtlich reich an plagioklasti- 
schem Feldspath sind und keinen Sanidin erkennen lassen, während die Analysen nur 
0'28 pCt. bis 1°38 pCt. Natron angeben. Bei dem Gestein aus dem Illowathal stellt 
sich der Vergleich zwischen der im Texte angeführten Analyse von Slechta 


und der vonSommaruga wie folgt: 


Slechta v. Sommaruga 

u nn 
Bieselsäure,. Hi 2dMN:aHN6 Al 6621 
Mliamerde: . 17.,2:0.., +1. 3, 141 1784 
ERSeHosyvion.. ohne an mi? 6:17 
Kakerdersn ash ta, 396 464 


NET GETE WE Bee ec a SL 3Y- 0°47 


® * * 
306 Tscehermak. Quarzführende Plagioklasgesteine. 


Kal er 3 3:84 
INBLFONG 5.0 near air. OROR 0.74 
Wasser- 5, 0 verachten. S0B4 1:26 (Glühv.) 
10001 10117 N} 


In allen von mir publieirten Analysen ist die Alkalienbestimmung eine directe 
aus Kaliumplatinchlorid und Chlornatrium, während v. Sommaruga die Alkalien 
nicht einzeln gewogen, sondern aus der Summe der Chloralkalien und deren Chlor- 
menge berechnet hat. 

°5) Verhandlungen der geolog. Reichsanstalt 1867, Nr. I, p. 12. 

26) S.Posepny im Jahrb. der geolog. Reichsanstalt 1865, Bd. XVI, Verh., p. 163. 
27) Zeitschr. der deut. geolog. Gesellschaft 1864, Bd. XVI, p. 609. v. Richthofen 
will für diese Felsarten die Namen Nevadit, Liparit und Rhyolith vorschlagen. 

*8) Jahrb. d. geolog. Reichsanstalt 1861, Bd. XI, p. 167. 
29) Gangstudien, Bd. IV, pag. 66. 
30) Über die Natur und den Zusammenhang der vulkanischen Bildungen. 1831. 

Über die geolog. Natur des armenischen Hochlandes. 1843. 

31) Zeitschrift d. deut. geolog. Gesellschaft (1864), Bd. XVI, p. 500. 


Graber. Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit etc. 307 


Zur Entwickelungsgeschichte und Reproductionsfähigkeit der 
Orthopteren. 


Von Vitus &raber, 


stud. phil. in Innsbruck. 
(Mit 4 Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung vom 3. Jänner 1867.) 


Da es selbst mit Aufopferung vieler kostbarer Zeit nicht so leicht, 
ja oft geradezu unmöglich ist, gewisse biologische Beobachtungen 
im Freien zu machen, so habe ich mir nach dem Beispiele anderer 
Biologen gleichfalls einen eigenen Schaukasten (aus Glas) an einem 
recht sonnigen Platze aufgestellt und den Boden desselben, damit es 
unseren Thierchen nie an entsprechender und frischer Nahrung fehle, 
mit einem blumigen Rasenteppich belegt. 

Dadurch ward es mir möglich, namentlich über die Häutungen 
der Orthopteren, manches Interessante zu beobachten, was andern 
Orthopterologen ganz oder theilweise entgangen ist. 

Im Folgenden werde ich es nun versuchen, das Ergebniß meiner 
diesbezüglichen Studien, welche allerdings erst vor zwei Jahren be- 
gannen, auf möglichst gedrängtem Raume darzustellen, und würde 
mich außerordentlich freuen, wenn es mir wirklich gelungen wäre, 
durch meine Beobachtungen die Entwicklungsgeschichte der Ortho- 
pteren auch nur eine kleine Strecke weitergebracht zu haben. 


Zur Entwickelungsgeschichte. 


Nach der Art und Weise, wie die Ansätze der Flugwerkzeuge in 
den zwei letzten Entwickelungsstadien an Meso- und Metanotum an- 
gefügt sind, können wir die Orthopteren zum übersichtlichen Studium 
ihrer Entwickelüngsgeschichte in zwei Classen abtheilen: bei der 
ersten Classe, wozu sämmtliche Forficulina, Blattina und Mantodea 
gehören (wahrscheinlich auch die Phasmodea), haben die Flügel- 
ansätze in allen Stadien im Allgemeinen dieselbe Lage; erscheinen 
als mehr oder minder starke lappenartige Erweiterungen des hinteren 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 21 


308 Graber. 


Außenrandwinkels am Meso- und Metanotum, und hangen die der 
einen mit denen der andern Seite gleichsam durch eine mittlere 
Rückenlinie zusammen (quasi in linea dorsi mediana cohaerere vi- 
dentur t). Fig. S, T. II, veranschaulicht die allmähliche Flügelent- 
wiekelung dieser Classe an den Jungen einer Blatta germanica L. 

In der ersten Figur (a), welche die jüngsten zwei Stadien dar- 
stellt, sind die hinteren Außenrandwinkel des Meso- und Metanotums 
(x und 5) nur wenig verlängert; im dritten und vierten Stadium (5) 
dagegen schon deutlich lappenförmig erweitert und umschließen mit 
ihrem Innenrande die erste und zweite Rückenschiene. Im letzten 
(fünften) Entwiekelungsstadium (c) sind die Läppchen noch größer, 
umfangen bogenförmig die drei ersten Rückenschienen und zeichnen 
sich weiter noch durch ein deutliches Geäder aus, das dem der voll- 
ständig ausgebildeten Flügel (im Kleinen) genau gleich ist. In all’ 
diesen fünf Bildungsphasen aber sind die Flügelansätze der einen mit 
denen der anderen Seite innig verwachsen, also unfrei und von hori- 
zontaler Lage. 

Die übrigen Orthopterenfamilien nämlich die @ryllodea, Locu- 
stina und Akridiodea, welche wir in eine zweite Classe stellen wollen, 
zeigen eine von den früheren mehrfach verschiedene Flügelbildung. 
Allerdings kommen auch bei ihnen die ersten Spuren der späteren 
Flugwerkzeuge als kleine seitliche lappenförmige Anhängsel des 
Meso- und Metanotums zum Vorschein, liegen aber nicht mehr hori- 
zontal, wie wir es bei der früheren Abtheilung gesehen haben, sondern 
vertical an den Köperseiten. Taf. IV, Fig. 1, 2 und 3 zeigt diese 
lappigen Flügelansätze im ersten, zweiten und dritten Stadium einer 
Feldgrille. 

Ein weiterer und sehr auffallender Unterschied in der allmählı- 
chen Flügelentfaltung dieser Classe von der früheren besteht darin, 
daß (gewöhnlich) bei den zwei letzten Entwickelungsphasen die An- 
sätze der Flugwerkzeuge ihre frühere verticale Seitenstellung mit 
einer mehr horizontalen oder dachförmig gegeneinander geneigten 
Rückenlage vertauschen, d. i. sich gleichsam an der Haftstelle des 
Meso- oder Metanotums (Taf. II, Fig. 6 und 7, —y) um-und auf- 
stülpen, wobei benannte Verbindungslinie bedeutend kürzer wird, 
und die früheren nur lappenförmigen Anhängsel die Gestalt wirklicher 


1) Fischer, Orthoptera Europaea pag. 39. 


Zur Entwiekelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit d. Orthopteren. 309 


kleiner und ganz freiliegender Flügelscheiden annehmen, die unter- 
einander in gar keiner Verbindung stehen, und deßhalb ohne das 
Meso- oder Metanotum zu verletzen, von ihrer Haftstelle abgelöst 
werden können (Taf. IV, Fig. 7, ß), was bei der früheren Classe 
nie geschehen kann, da in derselben die Flügelansätze aller Stadien 
mit dem Meso- und Metanotum unzertrennlich verwachsen sind. 

Die Entwickelung der Flugwerkzeuge ist also in dieser zweiten 
Abtheilung von doppelter Art, nämlich in den ersten Stadien unfrei 
und vertical, in den letzten Phasen ganz frei und horizontal oder (be- 
sonders im letzten Entwickelungsstadium) mehr dachförmig. 

Über die Entwickelung der in die erste Classe gehörigen Familien 
haben wir zu dem von Fischer Mitgetheilten nichts Neues oder 
Berichtigendes beizufügen und beschäftigen uns lediglich mit jenen 
Familien, die wir eben durch das Vorhandensein eigentlicher Flügel- 
scheiden in den letzten Stadien charakterisirt haben. 


Gryllodea 


Unsere Feldgrille, an der ich die Entwickelung dieser Familie 
studirte, macht vom Ausschlüpfen aus dem Ei bis zur vollständigen 
Ausbildung fünf) Stadien durch, von denen, wenigstens in hiesiger 
Gegend, die ersten vier auf den Sommer und Herbst, und das letzte 
sowie ein Theil des vorletzten auf das nächste Frühjahr entfällt, d.h. 
sie häutet sich vor dem Winter drei- und nach demselben noch 
zweimal. 


1) Nach den neuesten über die Entwickelung der Forficulinen und Mantiden gemach- 
ten Beobachtungen („Die Häutungen der Gespenstheuschrecke, Mantis religiosa 
von Pagenstecher“ im Archiv f. Naturgeschichte XXX. pag. 7—25. Taf. I; 
„Anatomisk Undersogelse af de Danske Orentviste, ved Fr. Meinert. Forste 
Afdeling“. [Naturhist. Tidsskr. 3. Stank. II. pag. 427—482. tab. 19]) zu urtheilen, 
ist es höchst wahrscheinlich, daß die Zahl der Häutungen auch bei den von uns 
behandelten Familien eine größere sei, als bisher angenommen wurde, und da es 
mir leider noch nicht gelungen ist, die Entwickeluug einer Heuschrecke oder Grille 
unmittelbar seit ihrem Ausschlüpfen aus dem Ei zu studiren, so kann es sehr wohl 
möglich sein, daß jenes Stadium, welches ich gleich meinen Vorgängern als das 
erste annehme, in der That schon das zweite oder (mit weniger Gıund) dritte seı. 
Die übrigen Stadien dagegen konnten in ihrer ununterbrochenen Reihenfolge 
genau (zu Hause im Schaukasten) beobachtet werden, und hat die Beschreibung 
und Aufzählung derselben, auch wenn eine solche angedeutete Entdeckung gemacht 


würde, noch ihre volle Giltigkeit. 


ZA 


310 Graben, 


Dal einem so eifrigen Biologen wie Roesel und von einem so 
bekannten Inseete, das er zu Hause beobachtet zu haben vorgibt, 
das letzte (fünfte) Stadium ganz entgangen ist, und er also nur vier 
Entwieckelungsstadien und Häutungen kennt, muß uns jedenfalls be- 
fremden'). In wieferne D. Geubels Ansicht (neuere Beiträge) rich- 
tig sei, der sechs Häutungen für @ryllus campestris annimmt, lassen 
wir einstweilen auf sich beruhen und gehen zur kurzen Beschreibung 
der einzelnen Stadien selbst über, wobei wir bei dem Umstand, daß 
sich am Orthopterenkörper überhaupt mit Ausnahme der Flügelansätze 
keine sicheren Unterscheidungskennzeichen namentlich nicht für die 
unmittelbar aufeinanderfolgenden Bildungsphasen finden lassen, durch- 
gehends nur diese letzteren berücksichtigen wollen. 

Die Flügelbildung der Feldgrille ist in den drei ersten (Sommer- 
und Herbst-) Stadien vertical-unfrei, in den zwei letzten (Überwin- 
terungs- und Frühlings-) Phasen horizontal-frei. 

Im ersten Stadium (Taf. IV, Fig. 1, «. ß.) ist die Meso- und 
Metanotumsschiene mit den übrigen Rückensegmenten fast ganz 
gleich geformt. Die Seiten desselben zeigen nicht die geringste Spur 
eines Flügelansatzes und der Unterrand verläuft einfach bogig (ohne 
buchtige Ausschweifung) in den Hinterrand; während wir schon nach 
der ersten Häutung, d. i. im zweiten Stadium (Taf. IV, Fig. 2, «. B.), 
namentlich am verticalen Seitentheil des Mesonotums eine mehr min- 
der tiefe buchtige Ausschweifung des Hinterrandes wahrnehmen, 
und das unterste Ende des Metanotums in eine von einer convexen 
und concaven Bogenlinie gebildete nach vorne sehende Spitze aus- 
läuft, welche mit dem Unterrand des Metanotums in gleicher Höhe 
liegt. Im dritten Stadium sind besonders die zipfelförmigen Flügel- 
ansätze des Metanotums (Taf. IV, Fig. 3, 8.) stark entwickelt und 
mit einer nach hinten gewendeten etwas zugerundeten Spitze ver- 


1) Über die weitern fälschlichen Behauptungen Roesels (s. Insektenbelustig. B. II, 
pag. 81, 82) wollen wir uns nicht des Nähern einlassen, sondern nur bemerken, 
daß seine drei ersten Stadien mit den von mir gezeichneten (Fig. 1, 2, 3) insoferne 
identisch sind, daß er sie — aber ohne ein Wort zur Unterscheidung derselben zu 
sagen — im vertical-unfreien Zustande abbildet, und der irrigen Ansicht ist, daß 
das III. Stadium überwintert, während man schon im September Thiere des IV. 
findet. Seine IV. (Frühlings-) Phase fällt ebenfalls mit unserem IV. (Überwinte- 
rungs-) Stadium zusammen. Das V. Stadium jedoch kennt er gar nicht, da er das 


Imago unmittelbar aus unserem IV. entstehen läßt. 


Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit d. Orthopteren. 311 


sehen, die bedeutend tiefer reicht als die halbkreisrunden durch eine 
Bucht am Hinterrand deutlich von den Mesonotum-Seiten geschiede- 
nen Deckenansätze, welche wie die des Metanotums durch erhabene 
Längslinien (Adern) von denen des früheren Stadiums, wo diese ganz 
fehlen, ausgezeichnet sind. 

Das erste Stadium der horizontal-freien Flügelbildung, d. i. die 
vierte Entwickelungsphase, zeigt schon deutlich entwickelte Scheiden 
der späteren Flugwerkzeuge (Taf. IV, Fig. 4). Die an den Seiten 
des Metanotums angefügten Flügelscheiden (ß) sind länglich, reichen 
mehr minder über das breite Metanotum in die erste Rückenschiene, 
und sind etwas schmäler als die dazwischen gelegenen rundlichen 
Deckscheiden (x), welche unter dem Pronotum nur wenig vorragen 
und kaum in die Mesonotumsmitte reichen. Die Thiere des fünften 
oder letzten Entwickelungsstadiums besitzen schon größere und deut- 
lich geaderte Flügelscheiden (Taf. IV, Fig. 5), welche — und das 
ist besonders hier der Fall — die des Imagos im Kleinen genau vor- 
bilden: die Flügel (ß) sind nicht mehr einfach länglich, sondern von 
deutlich dreieckiger stumpfspitziger Form und reichen in die Mitte 
der zweiten Rückenschiene; die wenigstens.ans Ende des Mesonotums 
langenden Deckscheiden sind gleichfalls stumpf, dreieckig, bogenseitig 
und nähern sich mit ihrem Innenrande dermassen, daß das schmal 
unter dem Pronotum vorschauende Mesonotum fast gänzlich bedeckt 
wird und der sichtbare Theil des Metanotums ein Trapez darstellt. (Q ) 

Außerdem sind letztere nicht mehr wie im vorigen Stadium ganz 
flach, sondern zeigen eine horizontale und eine mehr verticale (in 
unserer Zeiehnung schattirte) Hälfte, welche dem an den Körpersei- 
ten des Imagos liegenden Deckentheil genau entspricht. 

Die Flügellage der Feldgrille im fünften Stadium verdient aber 
noch aus einem anderen Grunde eine weitere Beachtung. Während 
wir nämlich bei den durch horizontal-freie Flügelentfaltung ausge- 
zeichneten Familien namentlich die letzten Stadien von dem vollkom- 
men entwickelten Inseet dadurch sicher unterscheiden können, daß 
beim Imago die Decken immer außen (extrinsecus), die Flügel aber 
immer innerhalb (intrinsecus) derselben liegen, also von jenen oft 
gänzlich verdeckt werden, verhält sich das in den Entwickelungs- 
stadien fast sämmtlicher Grillen, Laub- und Scehnarrheuschrecken 
gerade umgekehrt, d. h. die Decken liegen entweder zwischen den 
Flügeln, also innerhalb derselben (gewöhnlich im vorletzten) oder 


312 Graber. 


werden von den Flügeln bedeckt (gewöhnlich im letzten Stadium). 
Von dieser Regel bildet nun aber das fünfte Stadium der Feldgrillen 
eine Ausnahme, da hier die Flügel mitunter 1) wie beim ausgewach- 
senen Insecte theilweise (wie aus Fig. 5. ersichtlich) von den Decken 
verhüllt werden; die Flügelscheiden liegen nämlich, da sie im Ver- 
gleich zu denen der Akridier und Lokustinen ziemlich klein sind, 
während das Mesonotum bei der Feldgrille viel breiter ist, mehr hin- 
ter- als neben- und aneinander. 

In Bezug auf die verschiedenen Geschlechter gestaltet sich die 
allmähliche Ausbildung der Flugwerkzeuge mit unbedeutenden Diffe- 
renzen völlig gleichartig, was auch bei den nächsten Familien der 


Fall ist. 


Loeceustina. 


Die Laubheuschrecken stehen der vorigen Familie nicht bloß im 
Körperbau sehr nahe, sondern zeigen auch in Bezug auf Entwickelung 
mit denselben eine innige Verwandtschaft. | 

Wir finden auch hier wieder im Allgemeinen fünf Entwickelungs- 
stadien, und zwar ebenfalls drei mit bloß lappenförmigen Flügelan- 
sätzen am Meso- und Metanotum, und zwei mit wirklichen Flügel- 
scheiden. 

Da es aber in dieser und der nächstfolgenden Familie der Akri- 
dier Thiere mit vollkommen ausgebildeten Flugwerkzeugen und solehe 
mit bloßen Flügelrudimenten (oft fehlen die Flügel gänzlich und sind- 
nur schuppenartige Decken vorhanden) gibt, die bezüglich der Flü- 
selentwickelung eine namentlich in den letzten Stadien wesentlich 
verschiedene Gestalt besitzen, werden wir in diesem und dem folgen- 
den Abschnitte bloß Thiere mit vollständigen Flugwerkzeugen ins 
Auge fassen und die unvollständig geflügelten Laub- und Schnarr- 
heuschrecken am Schlusse gemeinschaftlich behandeln. 

Im ersten Stadium der vollständig geflügelten Locustinen ist der 
Unterrand der Meso- und Metanotumsseiten einfach bogig zugerundet 
(Taf. I, Fig 9, «. ß.), also von den übrigen Rückenschienen kaum 
verschieden; während derselbe schon nach der ersten Häutung d. i. 
im zweiten Stadium sowohl am Mittel- als Hinterrücken lappenförmig 


1) Nach den in diesem Frühjahre gemachten Beobachtungen scheint die eben be- 


schriebene Flügellage wirklich ganz abnorm zu sein. 


Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit d. Ortliopteren. 31 3 


verlängert und etwas nach hinten gewendet erscheint (Taf. I, Fig. 10, 
&. ß.). Im dritten Stadium sind diese ersten Spuren der spätern Flug- 
werkzeuge noch besser ausgesprochen (Taf. I, Fig. 11) und lassen 
bereits einige erhabene Längslinien (das spätere Geäder) erkennen: 
die Deekenansätze sind schmal, zungenförmig, und das Mesonotum, 
mit dem sie seitlich verwachsen sind, ganz vom Halsschilde bedeckt; 
die am Metanotum angefügten Flügelansätze hingegen (der Natur der 
Sache genau entsprechend) viel breiter, und zeigen schon mehr die 
bogenseitig-dreieckige und stumpfspitzige Figur des vollständig aus- 
gebildeten Flügels. In der dritten Häutung (viertes Stadium) erhält 
die dureh vollständige Flugwerkzeuge ausgezeichnete Laubheuschrecke 
deutliche horizontal auf dem Rücken postirte Deck- und Flügelschei- 
den (Taf. I, Fig. 12, und Taf. IV, Fig. 6); letztere ($) sind merklich 
längs geadert, mehr minder bogenseitig-greieckig und berühren sich 
gegenseitig an ihrem Innen- (Hinter-) Rande gleichwie die da- 
zwischen liegenden etwas kürzeren zungenförmigen Deckscheiden 
nicht (Taf. IV. Fig. 6), haben bei den verschiedenen Arten gewöhn- 
lich auch eine etwas differirende Länge, reichen aber selten über die 
dritte Rückenschiene hinaus. Im Allgemeinen ist die mehr horizon- 
tale als dachförmige Flügellage, der Abgang deutlich entwickelter 
Queradern an den Deckscheiden sammt der geringen Länge derselben 
für dieses Stadium charakteristisch. 

Im letzten (fünften) Entwickelungsstadium (Taf. I, Fig. 13 und 
Taf. IV, Fig. 7) liegen die langen wenigstens über die vierte Rücken- 
schiene reichenden Flügel- und die deutlich quergeaderten, oft schon 
durch dunklere und hellere Felder, wie beim Imago, ausgezeichneten 
Deckscheiden (Fig. 13, elytrae vagina von Platycleis grisea) mehr 
auf- als nebeneinander, berühren sich ganz oder theilweise an ihrem 
Innensaum, wodurch das Mesonotum und oft noch einige Rücken- 
schienen verdeckt werden, und schließen sich über derRückenmittel- 
linie dachförmig zusammen. 

Am Schlusse wollen wir noch kurz die Ansichten Roesels t) 
und Fischers 2) über die Ausbildung der Flugwerkzeuge in den 
einzelnen Stadien vernehmen. — Die Beschreibung der ersten drei 
durch bJosse Flügelansätze charakterisirten Entwickelungsstadien 


1) Insecetenbelustigungen. Bd. Il, pag. 56, 57, 69. 70. 
2) Orthoptera Europaea pag. 36. 


314 Graber. 


stimmt bei beiden Auctoren bis auf einige Ungenauigkeiten mit der 
unserigen überein; die zwei letzten durch deutliche Flügelscheiden 
ausgezeichneten Stadien dagegen werden von ihnen irrthümlicher- 
weise in eine einzige verschmolzen. So zeichnet Roesel das eine Mal, 
bei Decticus verrueivorus L., unser vorletztes (viertes) Stadium für 
das letzte (bei ihm ebenfalls viertes) ab, das andere Mal (bei Zocusta 
viridissima) wird unser letztes (fünftes) Stadium von ihm für das 
vierte angesehen, woher es kömmt, daß er in der That sämmtliche 
fünf Stadien abbildet, und der einzelnen Art doch nur vier zuschreibt, 
weil ihm eben unsere vierte und fünfte Entwickelungsphase identisch 
scheint. 


Akridiodena. 


Bei den mit vollkommenen Flugwerkzeugen ausgestatteten und 
von uns untersuchten Akridiern finden sich immer vier Entwiekelungs- 
stadien, also um eins weniger wie mehrentheils bei Grillen und 
Laubheuschrecken. 

Die ersten zwei Phasen zeigen bloß lappenförmige, die zwei 
letzten aber wie bei den früher behandelten Familien scheidenartige, 
horizontal oder dachförmig auf der Rückenfläche postirte Flügel- 
ansätze. Der Unterrand der Meso- und Metanotumsseiten ist im ersten 
Stadium wieder ganz ähnlich einfach bogig abgerundet, wie wir das- 
selbe bereits bei Grillen und Laubheuschrecken beschrieben und 
gezeichnet haben (Taf. II, Fig. 5 und Fig. 1,« ß). Die schon merk- 
lich von den Meso- und Metanotumsseiten durch eine Ausschweifung 
am Hinterrande unterschiedenen läppchenartigen Flügelansätze im 
zweiten Stadium gleichen denen der Locustinen im dritten, sind 
gleichfalls mit einigen erhabenen Längsadern durchzogen, und bildet 
der Hinterrand derselben mit dem der Meso- und Metanotumsseiten 
einen stumpfen mehr minder bogenseitigen Winkel, das Hauptmerk- 
mal, wodurch das zweite Stadium der Akridier und Locustinen vom 
ersten unterschieden werden kann. — Die Deck- und Flügelscheiden 
des dritten Stadiums (Taf. II, Fig. 7, « ß), gleichen so ziemlich 
denen der Locustinen im vierten; nehmen eine mehr seitlich-horizon- 
tale als dachförmig in der Mittelrückenlinie zusammenschließende 
Stellung (viertes Stadium) ein, und reichen nie über die erste Hinter- 
leibssehiene. Überdies zeigen die Deckscheiden nur einige wenig 
entwickelte Längs- aber niemals auch deutliche Queradern, und 


Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit d. Orthopteren. 315 


werden von den meist etwas längeren Flügelscheiden nur wenig ver- 
deckt. — Das letzte (vierte) Entwickelungsstadium charakterisirt sich 
dureh deutlich längs- und quergeaderte über der Rückenmittellinie 
mehr minder dachförmig zusammenneigende Flügel und von diesen 
großentheils verhüllte Deckscheiden (Taf. II, Fig. 8 und Taf. II, 
Fig. 5, « ß ), welche das Mesonotum, die erste und gewöhnlich auch 
noch einen Theil der zweiten Rückenschiene verdecken, und stets 
in die zweite Hinterleibsschiene, mitunter (es ist die Länge der 
Flügelscheiden d. i. ihr Verhältniß zu den Segmenten des Abdomens 
bei den einzelnen Gattungen oft auch Arten etwas verschieden) selbst 
über dieselbe hinausragen, im Allgemeinen aber stets kürzer sind als 
die im letzten Stadium der Locustinen. 
| Führen wir schließlich noch die einzige auf die Entwickelung 

der Akridier bezügliche Stelle aus Fischer an !): In Akrideodeis 
denique, quae nonnisi tres (4!) mutationes obire dieuntur, involuero- 
rum prima vestigia jam post primam mutationem, ut videtur, manifesta 
sunt (Zinnani Osservaz. pag. 16. Coloptenus italieus) et situm 
eundem, ut illa Locustinorum post tertiam mutationem monstrant; 
seeunda vero Akridiodeorum mutatione peracta involucra quartam 
abdominis partem longitudine aequant et tertia (quarta!) imago 
evadit. 

Wir ersehen daraus, daß Zinnani unser drittes Stadium gar 

nieht beobachtete, und sein letztes (unser viertes) unmittelbar aus 
unserem zweiten Stadium entstehen läßt. 


Zur Unterscheidung und Bestimmung der einzelnen Entwicke- 
lungsstadien bei den durch vollständige Flugwerkzeuge ausgezeich- 
neten Grillen, Laub- und Schnarrheuschreeken können wir aus 
obigem Detail folgende kurze analytische Tabelle zusammenstellen, 
die man allerdings gerne auf sämmtliche Orthopteren ausgedehnt 
hätte, wenn nicht theils gewisse Familien noch in dieser Richtung 
zu wenig bekannt wären, theils zu große Unterschiede in der 
gleichen Familie vorkämen, als daß man sie nach einer allgemeinen 
Richtschnur eintheilen könnte. 


1) Orthoptera Europaea, pag. 36. 


{3} £) 


[u 
w 
— 
— 
w 


Freie auf der 
Rückenfläche 


scheiden. 


postirte Flügel- 


Graber. 


Deckscheiden höch- 
stens längs - geadert, 
Lage derselben mehr ge- 
trennt und horizontal. 


Deckscheiden auch 
quer-geadert, Lage der- 
selben mehr dachförmig 
zusammenneigend (exc. 


IV. St. d. Gryllodea u. Locu- 
stina; u. III. St. d. Akridier. 


V. St. d. Gryllodea u. Locu- 
stina u. 1V. St. d. Akridier. 


\@ryllodea). 


Unterrand der Meso- u. Metanotum- 
seiten einfach abgerundet, regelmäßig 
in den Vorder- u. Hinterrand verlaufend. 


1. St. d. Gryl- 
lodea, Locustina 


Keine eieentli- an 
S u. Akridier. 


chen Flügel- 
scheiden. son- 


zeichneten Orthopteren. 


dern höchstens 
lappenförmige 
Ansätze an den 
Meso- u. Meta- 
notumseiten. 


Die verschiedenen Entwickelungsstadien der durch voll- 


Unterrand der Meso- 


u. Metanotumseiten mehr 


minder lappenf. verlän- 
gert. in den Vorder- u. 
Hinterrand derselben mit 


Flügellappen II. St. d. Akri- 
mit einigen er- dier u. Ill. der 
habenen Längs- Gryllodea u. Lo- 
linien (Adern.) custina. 


freie Flügelbildung im unausgewachsenen Zustand ausge- 


ständige Flugwerkzeuge im Imago- und durch horizontal- 


einer buchtigen Aus- Flügellappen 1l.St.d. @ryl- 
schweifung übergehend. \aderlos. lodea u. Locu- 
stina. 


Die Entwickelungsstadien der mit unvollständigen Flugwerkzeugen 
ausgestatteten Akridier und Locustinen. 


Unsere Untersuchungen über die Ausbildung genannter Ortho- 
pteren mußten leider im günstigsten Zeitpunkt (wegen der Theil- 
nahme am letzten Sommerfeldzug) abgebrochen werden, und sind 
wir deßhalb nur in der Lage die Entwickelungsstadien einer Laub- 
heuschrecke (Thamnotrizon apterus) bis zum vierten Stadium und 
die eines einzigen Akridiers (Chrysochraon brachypterus) bis zu 
dessen vollständiger Ausbildung mitzutheilen; demungeachtet aber 
sind wir auf diesem Gebiete bereits zu einer außerordentlich interes- 
santen Erscheinung gelangt, die wir im Nachstehenden etwas näher 
beschreiben wollen. 

Bekanntermassen trifft man Akridier und Locustinen, die im 
ausgewachsenen Zustand blos mehr minder verkürzte oft schuppen- 
oder spatenförmige Decken aber keine Spur von Flügeln besitzen. 
Demzufolge sollte man erwarten, daß im letzten Entwickelungsstadium 
gleichfalls keine Flügel- sondern nur Deckscheiden vorkämen, was 
aber in Wirklichkeit uicht der Fall ist. — Betrachten wir z. B. die 
einzelnen Entwickelungsphasen bei Thamnotrizon apterus: die ersten 
Ansätze der Flugwerkzeuge in den drei ersten Lebensstadien findet 
man in Taf. I, Fig. 5, 6 und 7 abgebildet, und unterscheiden sich 


Zur Entwiekelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit d. Orthopteren. 317 


von einander, wie ein Vergleich der Figuren 5, 6, 7 lehrt, nur durch 
ganz unscheinbare Merkmale: so daß zweite Stadium vom ersten 
durch den stark entwickelten leistenförmigen Unterrand der Meso- 
und Metanotumseiten (Fig. 6), das dritte von dem übrigen durch 
eine buchtige Ausschweifung der Flügelansätze am Vorderrand 
(Fig. 7). 

Das vierte Stadium zeigt uns nun eigenthümlicherweise nicht 
nur deutliche halbkreisrunde bis ans Metanotum breit vorragende 
Deckscheiden, sondern auch schmale zungenförmige Flügelhülsen, 
die am Unterrand der ersten Rückenschiene fast bis ins letzte Drittel 
derselben verlaufen. Ob diese Flügelscheiden auch noch im nächsten 
(wahrscheinlich letzten) Stadium sieh vorfinden, können wir, da man 
die vierte Häutung nieht mehr beobachten konnte, blos vermuthen, 
und ist für die Darstellung dieser jedenfalls auffallenden Erscheinung 
auch gleichgiltig. 

Ein weiteres Beispiel zur Erläuterung dieses Verhältnisses 
bietet uns das Weibchen von Chrysochraon brachypterus, das gleich- 
falls nur ganz kurze Decken aber niemals Flügel besitzt. Die Form 
der Meso- und Metanotumseiten im ersten (Taf. Ill, Fig. 1, « ß) 
und zweiten Stadium (Fig. 2, « 8) entspricht genau jener der voll- 
ständig geflügelten Akridier (vergl. Fig. 1 mit 5, und Fig. 2 mit 6). 
Das dritte Stadium zeigt bei J' und @ deutliche Deck- und Flügel- 
scheiden: erstere sind etwas kürzer und reichen ungefähr in die Mitte 
des Metanotums, letztere wenig über dasselbe hinaus (Fig. 3, « ß). 
Im letzten (vierten) Entwickelungsstadium ist die Lage und Form der 
Flügelscheiden bei Q und 5 etwas verschieden: Die Decken des 
‘ reichen bis zur zweiten Rückenschiene und neigen sich an der 
Mittelrückenlinie dachförmig zusammen (Fig. 4, « ß, 5); die Deck- 
scheiden des Weibes dagegen überragen das Metanotum nur wenig 
und berühren sich gegenseitig an ihrem Innenrande nicht. Die 
Flügelscheiden (des @) sind allerdings im Verhältniß zu den Decken 
klein, aber, obgleich dieselben im ausgewachsenen Zustand gänzlich 
mangeln, in diesem letzten Stadium der Entwickelung noch vor- 
handen. 

Bei sämmtlichen Pezotettixarten, denen die Flügel (großentheils) 
gänzlich mangeln, läßt sich diese interessante Erscheinung ebenfalls 
studiren, d. h. wir finden bei ihnen im letzten Stadium außer den 
Decken- immer auch deutliche Flügelscheiden. Ein Gleiches gilt von 


318 Graber., 


Platyphyma Giornae Rossi: auch bei dieser Art finden sich näm- 
lich im ausgewachsenen Zustand nur kurze spatenförmige in die 
zweite Rückenschiene reichende Decken vor aber keine Spur von 
Flügeln (Taf. II, Fig. 2, «&), während wir im letzten Entwickelungs- 
stadium neben den winzigen spitz-bogenseitig-dreieckigen Deckschei- 
den (Fig. 1, x) auch ganz analog geformte Flügelscheiden (Fig. 1, B) 
wahrnehmen. 

Aus diesen wenigen Beispielen über das, meines Wissens, noch 
von keinem Orthopterologen beobachtete 1) und gewils nicht unin- 
teressante Verhältniß der Flügelbildung zwischen dem ausgewach- 
senen und noch in der letzten Häutung begriffenen Inseete können 
wir mit Sicherheit schließen, daß auch bei den unvollständig geflü- 
gelten Locustinen und Akridiern die Anlage zu vollkommener Flügel- 
bildung in ihrer Jugend vorhanden sei, und die Flügelscheiden des 
letzten Stadiums, sobald das Insekt in den Zustand des Imago über- 
geht, verkümmern, also zu keiner weiteren Ausbildung mehr gelangen 
können. Vielleicht geben uns fernere Beobachtungen über den Grund 
dieser Erscheinung einigen Aufschluß. — 


Es erübrigte noch, daß wir über die Entwickelung der mehr 
gleichbleibenden (typischen) Körpertheile sowie über die Dauer der 
einzelnen Stadien und deren Wachsthum Einiges beifügten, halten 
es jedoch für zweckmälsiger das allerdings ansehnliche Materiale, 
welches wir bereits auf diesem mehrentheils noch wenig erforschten 
Felde gesammelt haben, noch zu vermehren, da man nur aus einem 
großen Schatze von Beobachtungen allgemeine für die Wissenschaft 
wirklich werthvolle Resultate ziehen kann, und die betreffenden 
Gebiete dann später einmal zu behandeln. 


1) Aus dem, was Fischer Orthoptera Europaea pag. 38 hierüber berichtet, kann man 
nur entnehmen, daß ihm die Flügelscheiden ganz unbekannt waren, da er von den 
unvollständig geflügelten Gattungen (Odontura, Thamnotrizon ete.) bloß sagt: „in 
earum nymphis elytrorum involuera (Deckscheiden) aegre sub pronoto conspieci- 
enda, plana et non venosa (sie sind etwas geadert Auct.) esse solent“. 


Über das ähnliche Verhältniß bei Akridiern schweigt er gänzlich. 


Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit d. Orthopteren. 319 


Über die Bezeichnungsweise der Entwickelungsstadien bei den 
durch horizontal-freie Flügelentfaltung ausgezeichneten 
Orthopteren. 


Darüber, dafs die Ausdrücke „Zarva“ und „nympha (seu 
pupa)“, die bei Inseceten mit vollkommener Verwandlung (1. holome 
tabola) ganz bezeichnend sind, für die Jungen namentlich unserer 
Ordnung aber durchaus nieht passen, und gleichwohl von allen älte- 
ven und den meisten neueren Orthopterologen angewendet werden, 
ereifert sich bereits Fischer !), und schlägt eine neue Bezeichnung 
vor. Er nennt nämlich alle unausgewachsenen Thiere „instar,“ und 
unterscheidet die einzelnen Phasen durch ein nachgesetztes erstes, 
zweites etc. dem letzten Stadium gibt er den Namen „instar- 
imago“ 2). Diese Ausdrucksweise, die man ja im vorliegenden Schrift- 
chen der Hauptsache nach selbst gebrauchte, müssen wir allerdings 
billigen, wünschten aber doch, daß für die Jungen mit vertical- 
unfreier und die mit horizontal-freier Flügelentwickelung, ein Verhält- 
niß, das meines Erachtens auch von Fischer zu wenig gewürdigt 
worden, zum Zwecke besserer Vorstellung und Übersicht ein eigener 
Terminus gewählt würde. Vielleicht wäre für die durch lappenförmige 
Flügelansätze charakterisirten Stadien der Ausdruck stadium lobulare 
(seil. involucrorum) 1. I. ete. und für die mit deutlichen Flügel- 
scheiden ausgestatteten der Terminus stadium vaginale 1. Il. etc. 
(seu ultimum ) empfehlenswerth. 


Über den Geschlechtsunterschied der Akridier und Locustinen 
im ersten Stadium. 


Ältere Orthopterologen stellten die Behauptung auf, daß man den 
Unterschied der Geschlechter bei Laub- und Schnarrheuschrecken, 
erst nachdem sie sich etliche Male gehäutet hätten, wahrnehmen 
könne. — Fischer nun sagt allerdings 3), daß es ihm gelungen sei, 
bei Laubheuschrecken (Locusta, Deeticus ete.) in den ersten Stadien 


1) Orthoptera Europaea, pag. 36, 37. 
2) Ibidem... „attamen illos terminos in... .scienfiam introducere non audeo, ante- 
quam alii quoque auctores sententiam suam de hac re elocuti sunt“. 


3) Orthoptera Europaea, pag. 38. 


320 Graber. 


bereits die Ansätze der Legeröhre, wodurch sich eben. das Q vom 
Mas unterscheidet, aufzufinden; nach den wenigen Worten aber, die 
man hierüber an bezeichneter Stelle findet und noch aus einem 
andern Grunde, den wir später noch eingehender besprechen wollen, 
darf man vermuthen, daß er den Sexualunterschied im ersten Stadium 
nicht beobachtet habe, weßhalb wir denselben kurz andeuten. t) 

Taf. I, Fig. 2 stellt das Hinterleibsende eines männlichen Tham- 
notrizon apterus stark vergrößert von der Unterseite dar: die letzte 
(9.) Bauchplatte zeigt eine meist viereckige an den Langseiten etwas 
bogig nach hinten sich verschmälernde Form, die an den zwei Hinter- 
ecken mit kleinen stilartigen Anhängseln versehen ist; beim Weibe 
dagegen finden sich nur acht Bauchplatten, da wir an Stelle der letz- 
ten (9.) die ersten Spuren des äußeren weiblichen Geschlechts- 
apparates sehen, welche in Fig. 5 abgebildet sind. Das ganze Organ 
besteht aus drei Paar schmaler, langgestreckter etwas zugespitzter 
blättehen, von denen die des ersten (x) und dritten(y) Paares hinter- 
einander, die des zweiten Paares (8) aber, welche bedeutend kürzer 
und schmäler sind als die übrigen, zwischen denen des dritten liegen. 

Im zweiten Stadium d. i. nach der ersten Häutung zeigt der 
äußere Geschlechtsapparat des © die Form, wie sie uns Fig. 4 dar- 
stellt: der winzige aber schon deutlich ausgebildete Ovipositor 
scheint, von Außen betrachtet, blos aus zwei Paar Blätichen dem 
ersten (, Fig. 3) und dem dritten (7, Fig. 3) zusammengesetzt zu 
sein. Es war nun die Ansicht aller Orthopterologen, auch die 
Fischers, daß die Legeröhre der Locustinen wirklich nur aus 
zwei Paar Blättchen bestünde 2), die in den ersten Stadien mehr über- 
einander, in den letzten aber und beim Imago mehr seitlich anein- 
ander liegen, „ita, ut primo intuitu ovipositor monnisi bivalvis esse 
videtur“ 3). 

Aufmerksam gemacht durch die Untersuchung des äußeren 
weiblichen Genitalorganes im ersten Stadium, das, wie wir gesehen 
haben, aus drei Blättchenpaaren zusammengesetzt wird (ähnlich wie 
bei den Montodeis), haben wir die Legeröhre vieler Locustinen und 
in sämmtlichen Stadien näher untersucht, ob sie — wie Fischer 


!) Leider waren wir nicht in der Lage uns die ganze einschlägige Literatur zu ver- 
schaffen. 

2) Orthoptera Europaea, pag. 21. 

3) Ibidem pag. 21. 


Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit d. Orthopteren. 321 


angibt — in der That blos zweipaarig sind, und gefunden, daß die- 
selbe, der Zeichnung in Fig. 3 genau entsprechend, aus drei Paar 
Blättern gebildet sei, von denen die des mittleren Paares (ß) aller- 
dings sehr schmal fast borstenförmig und sehr eng an die mehr 
minder rinnenförmigen Unterblätter [y] (etwa wie die Stechborsten 
im Saugrüssel der Dipteren und Hemipteren) angeschlossen erschei- 
nen. Die Legeröhre der meisten Laubheuschrecken besteht dem- 
zufolge aus zwei seitlich zusammengedrückten dreiblättrigen Hälften. 

Wenn Fischer also wirklich den weiblichen Legeapparat im 
ersten Stadium beobachtet hätte, würde er zweifelsohne auch auf 
die wahre Zusammensetzung des nach ihm nur vierblättrigen Ovipo- 
sitors gekommen sein. 

Der Geschlechtsunterschied im ersten Stadium der Akridier 
kann gleichfalls aus der Form der letzten Bauchplatte erkannt werden, 
die beim © (Fig. 1, @) schon deutlich die vierblättrige Scheide 
des Imagos und der letzten Stadien vorbildet, beim 5 dagegen mehr 
oval und höchstens im ersten Stadium am hinteren Ende etwas aus- 
gerandet oder geschlitzt erscheint (Fig. 1, 5). 


Über Reproductionsfähigkeit. 


Gleichzeitig mit den im Schaukasten gepflogenen Studien über 
die Entwickelung haben wir auch Gelegenheit gehabt einige Beob- 
achtungen über das Regenerationsvermögen dieser Insectenordnung 
zu machen, die wir noch kurz berühren wollen. Freilieh konnten 
manche Versuche, die man z. B. mit einem Thierchen des ersten 
Stadiums anstellte, da dasselbe oft starb, nicht bis zur völligen Aus- 
bildung desselben verfolgt werden, und sind deßhalb unvollständig, 
aber vielleicht dennoch der Aufzeichnung werth. 

Die von uns angestellten Versuche beschränken sich auf die 
Reproduction verletzter Fühlhörner, Flugwerkzeuge und Lege- 
scheiden bei jungen Thieren; das vollkommen entwickelte Insect 
scheint die Fähigkeit lädirte Extremitäten zu regeneriren gar nicht 
oder doch nur in sehr geringem Grade zu besitzen, da selbst abge- 
sehnittene Antennen, die sonst am schnellsten und vollständigsten 
nachwachsen, bis zum Absterben des Thieres (wenigstens nach 
meinen Beobachtungen) sich nicht mehr reprodueirten. 


328 Graber. 


Je jünger das Inseet ist, an dem man eine solche Beschneidung 
einzelner Gliedmassen ausführt, desto vollständiger wird der betref- 
fende Körpertheil wieder ergänzt. So verkürzte ich z. B. die 
16 Millim. langen Antennen eines Thamnotrizon apterus im zweiten 
Stadium bis auf 5 Millim. und nach der nächsten Häutung waren 
sie wieder auf 12 Millim. und in der zweitfolgenden schon auf 
20 Mm., (die normale Antennenlänge dieses Stadiums) angewachsen. 
Einer Locusta viridissima schnitt ich wenige Tage vor der ersten 
Häutung die 10 Millim. langen Fühlhörner ab, und zwar das eine bis 
auf 3, das andere bis auf 5 Millim.; nach dem Hautwechsel waren 
beide um 3 Millim. länger wie vorher, und der nachgewachsene Theil 
viel dünner und gegen den ursprünglichen fast peitschenförmig 
geknickt; vor der nächsten (zweiten) Häutung verkürzte ich die 
Antennen abermals bis auf 6 Millim., und sie waren nach dem Haut- 
wechsel, wie das erstemal, gleichfalls um 3 Millim. nachgewachsen, 
viel dünner wie die zwei früheren Stücke und gegen dieselben unter 
einem stumpfen Winkel gebrochen, so daß sie schließlich, nachdem 
wir obiges Verfahren noch einmal wiederholten, aus vier verschiede- 
nen Theilen zusammengesetzt erschienen und ungefähr die Gestalt 
beistehender Zeichnung hatten. 

Die Reproduetion lädirter Legeröhren (bei 

Grillen und Laubheuschreeken) geht nicht so rasch 

en und vollständig vor sich, wie die der Antennen, 

ü und wachsen während eines Stadiums höchstens 

um zwei Millim. nach, während das (ungehinderte) Wachsthum der 

Fühlhörner von einer Häutung zur andern wenigstens acht Millim. 
beträgt. | 

Verletzte Tarsenglieder scheinen sich, nach meinen Beobachtun- 
gen, nicht zu regeneriren, und ist nur zu bemerken, dafs ein Gerad- 
flügler, besonders wenn ihm ein Hinterbein fehlt, um die Haut abzu- 
streifen, sich oft halbe Tage lang abmühen muß, 
während sonst dies Geschäft gewöhnlich in einer 
Viertelstunde beendet wird. 

Über die Reproduetion der Flugwerkzeuge 
bin ich nur in der Lage einen einzigen Versuch 
anzuführen, den ich mit einem Flügel des Decticus 
verrucivorus L. im IV. Stadium anstellte, und der 
ein ganz interessantes Resultat ergab. Ich machte 


Zur Entwiekelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit d. Orthopteren 323 


nämlich am Vorderrand des linken Flügels einen ziemlich tiefen 
winkeligen Einschnitt (x), während der rechte unbeschädigt gelassen 
wurde. 

Als sich die Heuschrecke nach einer Woche häutete (also in das 
letzte fünfte Entwiekelungsstadium überging) , war der frühere Aus- 
schnitt des linken Flügels bis auf eine seichte Ausschweifung (bei y) 
völlig verwachsen, aber — und darin besteht das interessante Er- 
gebniß dieses Experimentes — der linke Flügel war beinahe um die 
Hälfte kürzer als der rechte, der sich ungestört entwickeln konnte. 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel I, 
Fig. 1. Hinterleibsende von Sienobothrus pratorum von der Unterseite im 
I. Stadium. 
» 2. Hinterleibsende von Tkamnotrizon apterus (') von der Unterseite im 
I. Stadium. 


» 3. Hinterleibsende von 7A. apterus ( Q) von der Unterseite im I. Stadium 
um das äußere Geschlechtsorgan darzustellen. 
» 4. Dasselbe im II. Stadium. 
» 3. Pro-, Meso- und Metanotum von TA. apterus im I. Stadium, wobei 
(sowie in den ferneren Figuren) « die Decken-, % die Flügelansätze, 
v den Vorder-, m den Mittel-, % den Hinterrücken und s,, 83 ... die 
Rückensegmente bezeichnet. 
6. Dasselbe im II. Stadium. 
act. F SEIEN, , 
Ben, A 
9. 5 von Platyeleis grisea im I. Stadium. 
10. a im II. Stadium. 
u #: 5 211) 
» „VW. „ 
» 13. Deckscheide von Platycleis grisea im V. Stadium. 


Tafel II. 


Fig. 1. Obere und vordere Ansicht von Plafyphyma Giornae im vorletzten Sta- 
dium, um die Flügelscheiden (x #) zu veranschaulichen. 
» 2. Dasselbe im ausgewachsenen Zustand. 
» 3. Obere und vordere Ansicht von Gryllus Heydenü Fisch.(2), um das 
Geäder der Decken («) zu zeigen. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, LV. Bd. I. Abth. 232 


324 


Fig. 


eosau ww - 


og mwm- 


Graber. Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit ete. 


. Seitenansieht desselben. 
. Letztes Entwickelungsstadium von Paraeinema bisignatum. 
. Der Eisack von Blatta germanica, um die eigenthümliche Lage der 


Bauchschienen zu versinnlichen. 
P von Blatta germanica mit ihrem Eisack. 


. Unausgewachsene Thiere von B. germanica (al. u. Il., 5 Hl. u. IV, e 


V. Stadium.) 
Tafel III. 


. Pro-, Meso-, u. Metanotum im I. Stadium von Chrysochraon brachypterus. 
. Dasselbe im Il. Stadium. 


S „>. 5 
» ” IV. ” (J)- 


. Vordere und seitliche Ansieht von Parapleurus typus im I. Stadium. 
. Dasselbe im II. Stadium. 


” ” II. ” 
5 >uly. h, 


. Ovipositor von Thamnotrizon striolatus. 


Tafel IV. 


. Pro-, Meso-, und Metanotum von @ryllus campestris im 1. Stadium. 
. Dasselbe im Il. Stadium. 


> Yu le x 


. Obere Ansicht von Gryllus campestris im IV. Stadium. 9. 

. Dasselbe im V. Stadium. 

. Obere Ansicht von Conocephalus mandibularıs im IV. Stadium. 

. Dasselbe im V. Stadium. 

. Die linke Hälfte vom Ovipositor des Thamnotrizon apterus & Ober-, 


ß Mittel-, y Unterblatt. 


V. Graber Zur Entwicklungsseschichte der Orthepteren. 


Sitzungsb.der k.Akad.d.W.math. naturw. CL.LV. Bd. T.Abch.1867. 


„V.Graber, Zur Entwickhumss $eschichte der Orthopt eren. Tafl. 


127 1: m .TL. 
— 


Tee een ea, ART En a rn 
Fahr mbacher Lin. AUS AKRK.UNN 


Sit zungsb.der k.Akad.d.M.m afh.naturw C1.LV. Bd. 1Abth.1867. 


La, . eilt FE 3 
x i B ee EL SWEIE. MIR 2. all 
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2 nn Be #7. 


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7 », [. 
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V.&raber, Zur Entwieklimgsgeschichte der Orthopteren. Taf. Il, 


Fahrmbaoher Lith. 


Aus L kkHotu Staatsdruckerei 


Sitzungsb.der k Akad. d.W, math. naturw. CI.LV. Bd. I.Abth.1867. 


E ee Er Vak “u. e 22 ua 8 hi # 
El U wenäkau a eh meh 


- 
v) 7% R 


V.Graber. Zur Entwieklungsgeschichte der Orthopteren. Taf.IV. : 


elyera 


Fig.6. 
Fahrmbacher Lith. Aus d.kk 


Sitzungsb. der k.Akad. d.W-math.naturw. CL. LV.Bd. I. Abth. 1867. 


Bou&. Über eine neu entdeckte Höhle im tertiären Conglomerate ete, 325 


Über eine neu entdeckte Höhle im tertiären Conglomerate 
von Gainfahrn. 


Von dem w. M. Dr. A. Bou&. 


Im obern tertiären Conglomerate zu Gainfahrn entdeckte man 
neulich beim Brunnengraben auf dem Grunde des Herrn Netzel in einer 
Tiefe von 10 Klaftern eine unterirdische Höhle. Die Loecalität ist auf dem 
äußersten östlichen Gebiete Gainfahrns, unterhalb des obern Vöslauer 
Terrains. So weit man sie hat untersuchen können, hat sie eine un- 
regelmäßige dreieckige Form (s. Figur) mit einem wellenförmigen, 
hie und da gezackten Contour. An jeder Spitze des rechtwinkligen 
Dreiecks verengt sie sich zu einer Art niedrigen Canals, welcher 
theilweise mit Wasser gefüllt ist, was auch mit einem Theile der 
Höhle bei e und d der Fall ist. 


Nach der Aufnahme des Baumeisters Reiter mißt die Hypo- 
thenuse dieses Dreieckes ungefähr 13 Klafter, so weit man wenigstens 
in der Höhle hat vordringen können. Die zwei anderen Seiten des Drei- 
ecks haben jede ungefähr die Hälfte dieser Länge. Die größte Breite 
ist in dem rechten Winkel 3 Klafter, 3 Schuh. Die Höhe wechselt von % 
(e) und 2’6” (d) bis zu 5’ (b) und 7’ (a). Diese letzteren Höhen finden 
sich gegen Gainfahrn und reichen bis unter die Johannes-Bildsäule, 
indem die minderen gegen Vöslau unter das Hölzl’sche Haus zu 
stehen kommen. Vielleicht sollte man annehmen, daß der Ausfluß des 
Wassers von dieser Seite stattfindet, was auch der etwas gegen Osten 
geneigten Stellung der Conglomeratenschichten entsprechen würde, 
indem der Hauptzufluß des Wassers aus denzweianderen Ecken käme. 
Doch müssen in der Grotte allgemeine Wasserdurchsickerungen außer- 


dem noch stattfinden; denn mehr oder weniger schöne, meistentheils 
22” 


DE>WEI “ . u . a. 
326 Boud. Über eine neuentdeckte Höhle im tertiären Conglomerate ete. 


jedoch nur kleine Tropfsteine, bilden die Decke der Höhle. Sie wird 
dadureh nur zu einem langsamen Auswaschungsproduet der Tagewäs- 
ser gestempelt, welches mit der aus viel größerer Tiefe emporkommen- 
den Vöslauer Thermalquelle in gar keiner Causalverbindung steht. 
Die Kohlensäure des Schnee- und Regenwassers hat wahrscheinlich 
dureh die Kalkstein-Auflösung den AushöhlungsprocelS befördert. 

Es ist nur ein großartiges Seitenstück zu den kleineren ähnlichen, 
in solchen Gesteinen entdeckten Höhlen, namentlich sowohl der im 
Jahre 1845 beim Brunnengraben im ehemaligen Schenk’schen Hause 
zu Ober-Vöslau entdeckten, als der etwas größeren, im Steinbruche 
des Herrn Mittellechner nächst der Vöslauer Schießstätte noch jetzt 
theilweise vorhandenen. Im Orte Gainfahrn selbst soll man, nach Dr. 
Friedmann'’s Versicherung, eine ähnliche Höhle mit einem kleinen 
Teiche durch eine Felsenspalte in dem Keller eines Dorfeinwohners 
sehen können. Alle diese Thatsachen sind eine neue Bestätigung 
unserer im Jahre 1856 ausgesprochenen Vermuthung, daß die schö- 
nen Quellen von reinem kalten Wasser mit einer Temperatur von 
S’R. zu Gainfahrn auch nur von unterirdischen Höhlen kommen, 
welche zwischen diesem Orte und dem in der Erde verschwindenden 
hohrbacher Wasser liegen, wodurch das zufällige Erscheinen von 
Fischen genugsam erklärt wird. (Siehe akad. Sitzungsber. Bd. 21, 
S. 538.) 

Nebenbei gesagt, sind wir der Meinung, dass überhaupt die 
Erdhülle viele leere, oder mit Gasarten, Dämpfen oder Wasser gefüllte 
Räume enthält, welche ganz und gar nicht gleichmäßig vertheilt, son- 
dern nach besonderen Entstehungsumständen, wie Hebungen, Senkun- 
gen und Rutschungen stellenweise angehäuft sind, indem sie anderswo 
fast fehlen. Ob eine solche ganz eigenthümliche Erdkrustenstruetur 
auf die wohl bekannten Pendel-Anomalien Einfluß hat oder nicht, 
lassen wir dahin gestellt sein. Eine andere Frage bleibt es auch, wie 
tief in der Erde sich die Wässer durch Einsickerung verbreiten, und 
dann wie tief die mit Wasser gefüllten Räume sich erstrecken? Ob 
man da wirklich nach den gangbaren Ansichten über Druckkraft so 
wie über die Steigerung der Erdwärme mit Zunahme der Tiefe eine 
bestimmte, und genau überall dieselbe Grenze für das Vorhandensein 
der Wässer und der mit jener Flüssigkeit gefüllten Räume annehmen 
kann und muß? 


SITZUNGSBERICHTE - 


DER 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


LV. BAND. 


ERSTE ABTHEILUNG. 


3. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, 


Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


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Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 


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329 


VII. SITZUNG VOM 14. MÄRZ 1867. 


Se. Excellenz Herr Graf von Taaffe zeigt mit Zuschrift vom 
11. März ]. J. an, daß er, von Sr. k. k. Apost. Majestät mit der Lei- 
tung des Ministeriums des Innern betraut, sein Amt angetreten habe, 
und es sich zur angenehmen Pflicht machen werde, den Wünschen 
und Interessen der kais. Akademie der Wissenschaften in dem ihm 
anvertrauten Wirkungskreise die kräftigste Förderung angedeihen 
zu lassen. 

Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 


„Über die Hydrokaffeesäure und die Hydroparacumarsäure“, 
von Herrn Prof. Dr. H. Hlasiwetz. 

„Über Seidenraupenkrankheit“, von Herrn J. A, Hübner in 
Prag. 

Herr Prof. Dr. Aug. Em. Reuss überreicht eine Abhandlung: 
„Zur Foraminiferenfauna in Österreich“, von Herrn F. Karrer. 

Herr Prof. Dr. €. Freih. v. Ettingshausen legt den II. Theil 
seiner für die Denkschriften bestimmten Abhandlung: „Die fossile 
Flora des Tertiärbeckens von Bilin“ vor. 

Herr Dr. S. Stricker übergibt eine Abhandlung: „Experi- 
mentelle Untersuchungen über die traumatische Leberentzündung“, 
von Herrn Dr. F. Holm aus St. Petersburg. 

Herr Dr. Fr. Steindachner legt eine Abhandlung: „Ichthyo- 
logische Notizen“ IV. vor. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats- 
bericht. November 1866. Berlin; 80. 

Annales des mines. VI‘ Serie. Tome IX, 3° Livraison de 1866. 
Paris, 1866; 80. 

Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 5. 


Wien, 1867; 80% 
23% 


330 


Astronomisehe Nachriehten. Nr. 16381— 1632. Altona, 1867; 40. 

Comptes rendus des seances de l’ Academie des Sciences. Tome 
LXIV. Nrs. 7—8. Paris, 1867; 4°. 

Cosmos. 2° Serie. XVI® Annde, 5° Volume, 9°—10° Livraisons. " 
Paris, 1867; 8°. 

Discours prononees sur Ja tombe de M. Auguste Viquesnel le 
11 fevrier 1867. Paris, 1867; 40. 

Gesellsehaft, Oberlausitzische, der Wissenschaften: Neues Lau- 
sitzisches Magazin. 43. Band, 2. Doppelheft. Görlitz, 1867; 80. 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXVIH. Jahrg. ir. 9—10. Wien, 1867; 8°. 

Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 9 — 10. 
Wien, 1867; 40- 

Lotos. XVII. Jahrgang. Februar 1867. Prag; 8°. 

Ludwig, C., Arbeiten.aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig 
vom Jahre 1866. Leipzig, 1867; 80. 

Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg. 
1867, III. Heft. Gotha; 4% 

Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 18— 21. Wien, 
1867; 4°. 

Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts - Gesellschaft. 
XVI. Jahrg. Nr. 5. Gratz, 1867; 40. 


Karrer. Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 331 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 
Gesammelte Beiträge von Felix Karrer. 


(Mit 3 Tafeln und einer Übersichtstabelle.) 


I. Über die Foraminiferen des Schlier (Meletta Tegel und 
Menelitschiefer) in Niederösterreich und Mähren. 


Nach Prof. Suess’ trefflichen Untersuchungen über den Charak- 
ter der österreichischen Tertiär-Ablagerungen ?) liegen als trennen- 
des Glied zwischen den älteren tertiären Ablagerungen des sogenannten 
außeralpinen Beckens von Wien, die bisher als Horner-Schichten 
bezeichnet wurden und der marinen Stufe des alpinen Beckens, 
Schichten von blauweißem und grauem Mergel und Sanden mit Schup- 
pen von Meletta sardinites, Nautilus Scherben, marinen Conchilien 
und zahlreichen Foraminiferen, ferner Gypslagen und Sandsteinplatten 
mit Landpflanzen, Lignitflötzchen und brakischen Einschwemmungen. 

Diese Gruppe bisher als Meletta-Tegel und Menilitschiefer bezei- 
net, hat in paläontologischer Beziehung eine so vollständige Überein- 
stimmung mit dem oberösterreichischen Schlier, daß Suess diesen 
Namen auch auf die entsprechenden Bildungen der Niederung von 
Wien, auszudehnen sich bewogen fand. | 

Der oberösterreichische Schlier ist von Prof. Reuss schon 
wiederholt einer Untersuchung unterzogen worden. 

In Ehrlich's geognostischen Wanderungen im Gebiete der nord- 
östlichen Alpen 2), bespricht Reuss das Resultat der Untersuchung 
eines faustgroßen Stückes Tegel aus einem Vorkommen nächst Linz 
am Weg gegen den Kirnberg (Hauserer Bauernhaus). 

Es fanden sich darin kleine Fischzähne von Lamna - Arten, 
Entomostraceen (Cythere sulcata und punctata Rss., und Oythera 


1) Suess, Über den Charakter der österr. Tertiärabl. Heft I. Sitzungsber. d. kais. 
Akad. d. Wissensch. Bd. LIV. 1866. 

®) Ehrlich, Geognost. Wanderungen im Gebiete der nordöstl. Alpen. Linz 1852. 
pag. 69. 


anne r 
332 Karrer 


Edwardsi Roem.) und 28 Arten Foraminiferen darunter neun neue 
Arten. 

Bis auf diese neun Arten kommen alle auch im Wiener Becken 
vor; doch sind sie meist schlechter erhalten, und gerade die um 
Wien häufigen, fehlen um Linz ganz, wodurch dieser Fauna ein eigen- 
thümliehes Gepräge verliehen wird. 


Es sind: 
Verneulina spinulosa Rss. 
Cristellaria armata Rss. n. sp. 
» placenta Rss. n. sp. 
Cristellaria (Robulina) celypeiformis d’Orb. 
s calcar var. cultrata d’ Orb. 
5 callosa Rss. n. sp. 
Üvigerina pygmaea d’Orb. 
Polymorphina (Globulina) gibba d’Orb, 
» » spinosa d’ Orb. 
Sphaeroidina austriaca d’ Orb. 
Bolivina lineolata Rss. n. sp. 
Cassidulina oblonga Rss. 
Pulvinulina Haueri d’Orb. 
Discorbina planorbis d’Orb. 
Rotalia eryptomphala Rss. n. sp. 
»  multisepta Rss. n. sp. 
»  Soldanü d’Orb. 
Truncatalina Boueana d’Orb. 
Rosalina cincta Rss. n. sp. 
Polystomella erispa d’Orb. 
Listeri d’ Orb. 
Antonina d’Orb. 
caniniformis Rss. n. sp. 
Ehrlichi Rss. n. sp. 


Eine unbestimmbare Truncatulina (Anomalina) eine Polymor- 
phina (Guttalina) und zwei Nodosarien. 

Über den Schlier von Ottnang äußert sich Prof. Reuss 1) folgen- 
der Weise: derselbe ist schwer zu schlämmen und im Allgemeinen 


1) Reuss, Schlier von Ottnang. Jahrbuch d. kais. geolog. Reichsanstalt XIV. Band 
1864. V. pag. 20. 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 333 


arm an Foraminiferen, welche durch ihre ungemeine Kleinheit auf- 
fallen. Nur wenige Miliolideen und Cristellarien erreichen größere 
Formen. Im Ganzen fanden sich in der untersuchten Probe 21 Species, 
wovon drei nicht bestimmbar waren. 


Es sind: 


Plecanium abbreviatum d’Orb. 
Quinqueloculina Ungeriana d’Orb. 

» foeda Rss. 

> obtecta Rss. n, sp. 
Nodosaria venusta Rss. 
Dentalina acuta d’Orb. 
Cristellaria (Marginulina) hirsuta d’Orb. 

a Josephina d’Orb. 


5 variabilis Rss. 
Cristellaria (Robulina) calcar var. cultrata d’Orb. 
» = similis d’ Orb. 
» = intermedia d’Orb. 
» = inornata d’Orb. 
» » simplex d’Orb. 


Cassidulina oblonga Rss. 

Textilaria pectinata Rss. 

Rotalia eryptomphala Rss. 
»  Haidingerü d’Orb. 

Alle diese Arten gehören dem marinen Tegel an, und sind aus 
Baden bekannt mit Ausnahme von Nodosaria venusta, Rotalia eryp- 
tomphala und Cassidulina oblonga. 

An Übereinstimmung des Schliers mit demselben kann daher 
gar nicht gezweifelt werden und die anscheinende Fremdartigkeit 
seiner Foraminiferenfauna liegt darin, daß Formen vorwalten, die in 
Baden nur spärlich entwickelt sind. 

Auffallend ist das Fehlen aller Globigerinen und Polystomellideen, 
ebenso mangeln Bryozoen und von Anthozoen fand sich nur eine inte- 
ressante Art Placotrochus elegans n. g. & n. sp., die auch in Baden 
vorkömmt. 

Alles deutet auf eine Ablagerung in bedeutender Tiefe und Ein- 
wirkung lokaler Differenzen, deren Einfluß auch im Schlier von 
Linz nicht verkennbar ist, wie dessen abweichende Fauna es beweist. 


334 Karrer. 


Diesen sehr werthvollen Beobachtungen bin ich in der Lage 
einige neue hinzuzufügen, indem es mir gegönnt war mehrere der von 
Ozizek und Prof. Suess selbst, theils in Niederösterreich , theils in 
Mähren gesammelten Proben des Schliers, einer eingehenden Unter- 
suchung zu unterziehen. Das daraus gewonnene Resultat dürfte in 
Kürze in Folgendem sich zusammenfassen. 

Von kieselschaligen Foraminiferen ist nur die Gattung Clavu- 
lina u. z. Olavulina communis häufiger angetroffen worden; alles 
Übrige ist Seltenheit. Die Familie der Miliolideen ist durchwegs 
selten. Die Nodosarideen zeigen zwar eine größere Anzahl Arten 
ihre Individuenzahl ist aber stets eine sehr beschränkte, ganz im Ge- 
gensatze zu dem Tegel von Baden, wo dieselben eine Hauptrolle 
spielen. Nur Nodosaria (Dentalina) elegans macht davon eine Aus- 
nahme, da dieselbe fast an allen Schlierlocalitäten zu treffen war und 
mitunter nicht selten. 

Die Familie der Cristellarideen ist der vorherrschende Ty- 
pus. Fast durch alle Fundorte gehen die Species: C. calcar, cultrata, 
cassis, inornata, wo diese fehlen, treten andere, mitunter auch neue 
Arten auf. 

Die Polymorphinideen sind nur wenig vertreten; Uvigerina 
. pygmaea und Polymorphina problema gehen aber fast durch alle 
untersuchten Proben, mitunter auch nicht selten. 

Die Globigerinideen dagegen sind durchwegs sehr zahlreich 
vertreten, damit in Gesellschaft stets Orbulina universa. Merkwürdig 
erscheint das gänzliche Fehlen im oberösterreichischen Schlier. Trun- 
catulina Dutemplei fehlt fast keiner Localität, sie ist stets mehr oder 
weniger häufig. 

Die Rotalideen und Polystomellideen haben allerdings 
einige Vertreter; doch ist ihre Erscheinung immer eine Seltenheit. 

Die Nummulitideen fehlen so zu sagen ganz. 

Vergleichen wir sohin diese Fauna mit der jüngerer und älterer 
Horizonte, so finden wir, daß unsere Schlierfauna durchwegs mit 
jener von Baden übereinstimmt, es sind alle Arten auch dort vertre- 
ten, nicht so ergeht es mit der Fauna von Nußdorf. Es ist zwar auch 
nicht geringe Übereinstimmung was die Species anbelangt damit vor- 
handen, keineswegs aber die Häufigkeit gewisser Formen, und auch 
diese betrifft nur die tiefere Zone der marinen Uferbildung des soge- 
nannten Leythakalkes. Die höhere, die Amphisteginen-Zone unter- 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 335 


scheidet sich natürlich eben so wesentlich davon, wie vom Badner 
Tegel. 

Mit dem Schlier von Ottnang zeigt sich hauptsächlich in dem 
Vorwalten der Cristellarideen Übereinstimmung. 

Mit den Vorkommnissen des deutschen Oberoligocens stimmen 
16, mit dem deutschen Septarienthon 25 Arten überein. (Nach Prof. 
Reuss’ tabell. Übersichten.) Freilich sind dies keineswegs die typi- 
schen Formen des Schliers und auch in diesen älteren Tertiärschich- 
ten eine seltene Erscheinung. | 

Die große Übereinstimmung mit der Badner Fauna wird aber 
oft schwer eine Sonderung mit Sicherheit zulassen, wenn man es blos 
mit Foraminiferen zu thun hätte, da sich beide Stufen jedenfalls sehr 
nahe stehen. Das überwiegende Auftreten der Cristellarideen zusam- 
men mit Globigerinideen während Nodosarideen und Rotalideen sowie 
alle Miliolideen zurücktreten, dürfte vorläufig noch den einzigen Maß- 
stab zur Beurtheilung abgeben, wenn nicht andere typische Merk- 
male hinzutreten. Jedenfalls deutet aber der ganze Charakter der 
Fauna auf eine Ablagerung des Schliers in größerer Tiefe. 

Im Folgenden sind die Details der einzelnen Untersuchungen 
enthalten. Die beigegebene Tabelle erleichtert die Übersicht über 
das Gesagte, am Schlusse ist die Beschreibung einiger neuer Arten 
beigefügt. 

Grübern. !) Der viele Klafter mächtige Schlier dieses Ortes liegt 
hier auf den älteren Tertiär-Ablagerungen, diese ihrerseits auf dem 
Urgebirge des Mannhartsgebirges. Schon vor Jahren habe ich von 
Bergrath Czizek selbst gesammelte Proben des Schliers untersucht. 
Derselbe ist voll von Schuppen und Knöchelehen der Meletta sardi- 
nites, führt auch etwas Bryozoen. Cidaritenstachel, Cypridinen, Reste 
von Balanen und enthält etwa 13 Arten Foraminiferen in zahlreichen 
Individuen, es sind: 

Quinqueloeulina triangularıs dOrb. s. 
Nodosaria elegans dOrb. s. 
Oristellaria inornata d’Orb. h. 

4 simple dOrb. h. 
Polymorphina problema d’Orb. hh. 
Globigerina bulloides dOrb. h. 


1) Siehe Suess: Österr. Tertiärablag. I. 1. ce. pag. 24, 25. 


3 36 Karrer. 


Orbulina universa (Orb. h. 
Truneatulina lobatula dOrb. ns. 
Discorbina planorbis d’Orb. s. 
Pulvinulina Boueana d’ Orb. ns. 
Rotalia Beccarü dOrb. ns. 
Polystomella erispa d’Orb. s. 

R‘ obtusa d’Orb. s. 

Die ganze kleine Fauna ist eigenthümlich genug. Zum größten 
Theile die Formen führend, die dem Badner Tegel eigenthümlich 
sind, und daher auf eine Ablagerung in grolser Tiefe hinweisend, be- 
fremdet das fast gänzliche Fehlen der in Baden so sehr entwickelten 
Familie der Nodosarien, der Miliolideen, Textilarideen u. s. w. Vor- 
herrschend sind die Cristellarideen, Rotalideen und Polymorphinideen, 
Nicht ganz unähnliche Verhältnisse zeigt uns auch der oberösterrei- 
chische Schlier. 

Platt. ?) Hier ist der Meletta-Schuppen führende Tegel in ge- 
störten Lagerungs-Verhältnissen. Von Czizek gesammeltes Materiale 
enthielt 15 Arten Foraminiferen in zahlreichen Individuen, u. z.: 


Plecanium subangulatum d’Orb. ss. 
Nodosaria spinicosta d’Orb. ns. 
Oristellaria simplex d’Orb. s. 
N calcar var. ceultrata d’Orb. h. 
FA inornata d’Orb. ns. _ 
Polymorphina problema d’Orb. hh. 
Textilaria deperdita ss. 
& carinata ss. 
Pullenia bulloides d’Orb. ss. 
Globigerina bulloides d’Orb. h. 
5; triloba Rss. h. 
Truncatulina Dutemplei d’Orb. s. 
5 lobatula d’Orb. s. 
Rotalia Schreibersii d’Orb. s. 
Nonnionina communis d’Orb. s. 
Somit wieder Badner Formen jedoch in Auswahl namentlich 
Cristellarien, Polymorphinen, Globigerinen. 


1) Prof. Suess I. ce. pag. 42, 43. 


se Da IR . rd 
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 33% 


Grußbach. 1) Das Materiale dieser Loealität ward einer Brunnen- 
bohrung entnommen und bezieht sich auf folgende Lagerungs-Ver- 
hältnisse: Das Plateau dieser Gegend ist mit Belvedere - Schotter 
bedeckt, darunter liegen jüngere marine Bildungen meist Sand mit 
der Fauna von Grund. Drei Klafter unterhalb des Plateaus liegt 
nun der erwähnte Brunnen, welcher in seinen erbohrten ersten sieben 
Klaftern die oberen Lagen des Schliers uns zeigt. Die Foramini- 
feren dieser sandig mergligen Partie 24 Arten an der Zahl, sind nun 
folgende: 

Clavulina communis dOrb. h. 


Nodosaria baccillum d’Orb. ss. 
ki elegans dOrb. ss. 


je bifurcata d’Orb. ss. 
Cristellaria similis d’Orb. ss. 

> cassis d’Orb.ns. 

= calcar d’Orb. ns. 

Re „ var. cultrata d’Orb. hh. 

> ornata ss. 


Uvigerina pygmaea d’Orb. h. 
Bulimina pupoides d’Orb. s. 

E Buchiana d’Orb. s. 
Polymorphina problema d’Orb. ss. 
Orbulina universa dOrb. s. 
Globigerina regularis d’Orb. ss. 

5 quadrilobata d’Orb. ss. 

N triloba Rss. s. 
Truncatulina Dutemplei d’Orb. s. 
Rotalia Soldanii d’Orb. s. 
Polystomella erispa d’Orb. ss. 

r flexuosa dOrb. ss. 
Nonnionina communis d’Orb. s. 

e . Soldanit d’Orb. s. 
Amphistegina Hauerina d’Orb. s. 

Die darunter folgenden 4 Klafter sind blauer plastischer Thon 
mit 41 Arten Foraminiferen. u. z.: 


1) Prof. Suess I. c. pag. 44, 45. 


338 Karrer. 


Clavulina communis dOrb. h. 
Quinqueloculina Haidingerii d’Orb. ss. 
Fissurina laevigata Rss. ss. 
Glandulina laevigata d’Orb. ss. 
Nodosaria affinis d’Orb. ss. 

3 baceillum d’Orb. s. 

ss hispida d’Orb. s. 


- aculeata dOrb. ss. 
» elegans dOrb.h. 
a Verneulii d’Orb. ss. 


5 Adolphina d’Orb. s. 

a floscula d’Orb. ss. 

5 bifurcata d’Orb. ss. 

5 punctata dOrb. ss. 
Vaginulina badenensis dOrb.h. 
Lingulina costata dOrb. ss. 
Cristellaria similis dOrb. ss. 
cristellaroides Cz. ss. 


.. 
22 


2 abbreviata Karr. ss. 

55 cassis dOrb. ns. 

” semiluna dOrb. ss. 

? Josephiniana d’Orb. ss. 

” calcar d’Orb. ss. 

5 „ var. culirata d’Orb. hh. 
® vortex Ficht. et Moll. ss. 
x ariminensis d Orb. ss. 

" echinata d’Orb. ss. 

r clypeiformis d’Orb. ss. 

B inornata dOrb. s. 


Uvigerina pygmaea d’Orb. h. 
Bulimina ovata d’Orb. ss. 
Polymorphina problema d’Orb. ss. 
Sphaeroidina austriaca d’Orb. s. 
Orbulina universa dOrb. s. 
Globigerina biloba dOrb. s. 

ri regularis d’Orb. ss. 
Truncatulina austriaca dOrb. s. 

e Suessi Karr ss. 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 339 


Truncatulina Dutemplei d’Orb. hh. 
Rotalia Schreibersii d’Orb. ss. 
Amphistegina Hauerina d’Orb. ss. 

Beide Schichten aus dem Schlier von Grußbach, namentlich die 
tieferen, zeigen eine sehr große Verwandtschaft mit der Foramini- 
feren-Fauna von Baden. Die überwiegende Arten und Individuenzahl 
an Cristellarien scheint auch hier bezeichnend, die sonst im Schlier 
selteneren Nodosarien sind wohl hier in vielen Arten vertreten, aber 
doch selten an Individuen, im Ganzen wiederholt sich also der eigen- 
thümliche Typus des Schlier. 

Laa '). Der außerhalb der Stadt in einem Ziegelofen entblößte 
Schlier zeigte in dem gewonnenen Schlemmrückstande eine eigen- 
thümliche Combination von Trümmern von Kalkspath, Jurakalk, von 
milchweißem splitterigen Quarz, neben rauchgrauen abgerundeten 
Quarz, von weißen und tombakbraunen Glimmer, ferner kohlige Sub- 
stanzen mit Pyrit durchzogen und zahlreiche organische Reste: Echi- 
nodermentafeln, Cidaritenstachel, Cypridinen nebst Gasteropoden und 
Bivalven. Foraminiferen, echte Badner Formen, sind eben nicht sehr 
zahlreich, aber auch nicht eine Seltenheit u. z. folgende: 

Plecanium Hauerit ss. 
Spiroloculina Sp.? ss. 
Quinqueloculina foeda Rss. ss. 


en Dutemplei d’Orb. ss. 
rn longirostris d’Orb. ss. 
“ badensis d’Orb. ss. 


Alveolina melo d’Orb. ss. 
Nodosaria incerta Neug. ss. 
Cristellaria hirsuta d.Orb. ss. 


ei vortex Ficht. et Moll. ss. 
& calcar var. eultrata d Orb. s. 
N inornata dOrb. ss. 


Üvigerina pygmaea dOrb. s. 
Teztilaria carinata d’Orb. ss. 
Truncatulina Dutemplei d’Orb. s. 
Rotalia tuberosa n. sp. ss. 


» Beccarü d’Orb.h. 


1) Suess I. c. pag. 45—A7. 


A „ 
340 Karren. 


Polystomella erispa dOrb. h. 
4 Fichtelliana d’Orb. ss. 
Nonnionina communis d’Orb. s. 


Enzersdorf bei Staats '). Der an dieser Stelle in sehr gestörter 
Lage befindliche Scehlier, in welchem nebst Mel. sardinites und Nau- 
filus zahlreiche Conehilien vorkommen, enthält außerdies den Placo- 
trochus elegans von Ottnang, Cidaritenstachel, Bryozoen-Spuren 
und mehrere Arten Foraminiferen aber alle in geringer Zahl u. z.: 


Nodosaria aculeata d’Orb. ss. 
A elegans d’Orb. ss. 
A Verneulii d’Orb. ss. 


R acuta d’Orb. ss. 
Cristellaria semiluna d’Orb. ss. 
2 cassis d’Orb. ns. 
» calcar var. cultrata d’Orb. ns. 


F inornata d’Orb. ns. 

H simplex d’Orb. ss. 
Dvigerina pygmaea d’Orb. s. 
Polymorphina problema d’Orb. ss. 
Orbulina universa d’Orb. s. 
Globigerina biloba d’Orb. ss. 

» bulloides d’Orb. h. 

e triloba Rss. hh. 
Pulvinulina Partschiana d’Orb. s. 
Truncatulina Akneriana d’Orb. ss. 

a Dutemplei d’Orb. ss. 
Rotalia Schreibersii d’Orb. ss. 

is Soldamit d’Orb. ss. 
„ econoidea Ü2. ss. 
Nonnionia Soldanüt d’Orb. ss. 
Amphistegina Hauerina d’Orb. ss. verschwemmt. 

Es sind durchweg bezeichnende Badner Formen, namentlich 
sind es Cristellarien, die uns hier ebenfalls entgegentreten, wie in 
allen Schlier-Vorkommnissen. 

Orlau. Diese Localität, nordwestlich von Ostrau gelegen, gibt in 
einem daselbst aufgeschlossenen Sandsteinbruch nach Prof. Suess 


1) Suess ]. e, pag. 47, A8. 


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Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 341 


folgende Lagerungs-Verhältnisse. Auf den steil aufgerichteten nach Ost 
fallenden eocänen Sandsteinbänken, liegt discordant weißblauer Thon 
mit zahlreichen Petrefaeten, darunter Ostrea crassissima, das Ganze 
ist mit petrefaetenleerem Sand bedeckt. Dieser Thon führt nun außer 
den stets auftretenden hier besonders schönen und zahlreichen Cida- 
ritenstacheln, etwas Bryozoen und eine große Masse Foraminiferen, 
es sind darunter einige dreißig sehr gut erhaltene Arten, u. z.: 

Clavulina communis d’Orb. ns. 

= rostrata Rss. ss. 
Lagena hispida Rss. ss. eine oligocäne Form. 
Nodosaria badenensis d’Orb. ss. 


R. inornata dOrb. ss. 
3 elegans d’Orb. ns. 

E: Verneuli d’Orb, ns. 
4 acuta d’Orb. ss. 


Amphimorphina Hauerü Ne ug. ss. 
Cristellaria pedum d’Orb. ss. 


e hirsuta d’ Orb. ss. 

& abbreviata Karr. ss. 

e crassa d Orb. ns. 

5 cassis d Orb. ns. 

= calcar d’Orb.h. 

> calcar var. cultrata d’ Orb. h. 
r echinata d’Orb. hh. 

> inornata d’ Orb. hh. 

re vortex Fieht. et Moll. ss. 
a dentata n. sp. 

an deformis n. sp. 


Pullenia bulloides d’Orb. ss. 
Sphaeroidina austriaca d’Orb. ss. 
Uvigerina pygmaea d’Orb.h. 
Bulimina Buchiana d’Orb. s. 
Polymorphina problema d’Orb. ss. 
\ punctata Orb. ss. 

Orbulina universa d’Orb. hh. 
Globigerina biloba d’Orb. h. 

R bulloides dOrb. hh. 

55 triloba Rss. hh. 


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en 
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Karrer. 


Truncatulina Dutemplei d’Orb. hh. 
3 rotella dOrb. hh. 
Rotalia Girardana Rss. ss. eine oligocäne Form. 
„ Beccarü d’Orb. ss. 
R seutellaris Karr. ss. 
Nonntionina Soldanii d’Orb. h. 


Die ganze Masse dieser Fauna ist hauptsächlich auf die Badner 
Formen beschränkt. Cristellarien und Globigerinen, diese Typen tie- 
fen Wassers sind auch an diesen, den früheren Vorkommnissen ziem- 
lich fern liegenden Punkte, vorwaltend. 


Ostrau. Eine Probe von Tegel aus einem Steinbruch neben dem 
Dreifaltigkeits-Schachte an dem Steinkohlenbaue, dessen Hangendes 
der Schlier bildet, lieferte nur wenig Foraminiferen, die allein häufi- 
gen sind wieder Cristellarien und Globigerinen. Es sind: 


Clavulina communis d’Orb. ss. 
Glandulina laevigata d’Orb. ss. 
Nodosaria elegans d’Orb. ss. 

2 Reussi d’Orb. ss, 


Cristellaria calcar var. cultrata dOrb.h. 
” inornata d’Orb., h. 
Bulimina pyrula d’Orb. ss. 
Dvigerina pygmaea d’Orb. ss. 
” semiornata d’Orb. ss. 
Orbulina universa d’Orb. h. 
Globigerina bulloides d’Orb. h. 


r triloba Rss. h. 
Truncatulina Dutemplei d’Orb. ss. 
> austriaca d’Orb ss. 


Jaklovetz. Dieser Ort liegt unweit Ostrau, hier ruht nach Prof. 
Suess’ Beobachtungen, auf den Kohlenflötzen in horizontaler Lage- 
rung, abwechselnd Sandstein und Basalttuff etwa zwei Klafter mäch- 
tig, darüber blauer Schlier, welcher viel Cidaritenstachel, einige Cy- 
pridinen und wieder sehr zahlreiche Foraminiferen enthält, die aus- 
gezeichnete Badnertypen repräsentiren. Als bezeichnend treten hier 
die Cristellarien in ganz außerordentlicher Zahl, defßgleichen auch die 
Globigerinen, auf. 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 343 


Clavulina communis d’Orb. h. 
Bigenerina agglutinans d’Orb. ss. 
Nodosaria aculeata d’Orb. ss. 
rudis d’Orb. ss. 


= guttifera d’Orb.. ss. 
= acuta d’Orb. ss. 
a5 elegans d’Orb. ss. 


= inornata dOrb. ss. 
Cristellaria cassis d’Orb. h. 
calcar d’Orb. s. 
? „ var, cultrata dOrb.h. 
simplex d’Orb. h. 
inornata dOrb.h. 
vortex Ficht. et Moll. s. 


= dentata n. Sp. 
> undulata n. sp. 


Bulimina pupoides d’Orb. s. 

u Buchana d’Orb. ns. 
Üvigerina semiornata d’Orb. ns. 
Globigerina bulloides dOrb. hh. 

»  Zriloba d’Orb. hh. 
Orbulina universa d’Orb.h. 
Truncatulina Dutemplei d’Orb. ns. 

Ra austriaca dOrb.h. 
Rotalia Schreibersii d’Orb. ss. 
Nonnionina Soldanü d’Orb. ss. 
Amphistegina Hauerina d’Orb. ss. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 24 


Karrer. 


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Beschreibung der neuen Arten. 
4. Cristellaridea. 
l. Cristellaria dentata Karr. (Taf. I, Fig. 1.) 


Die Schale dieser neuen Art ist sehr eomprimirt, schön lanzett- 
förmig und mit einem Kiel versehen, welcher namentlich in jüngeren 
Individuen auffallende Zacken zeigt. Die Zacken sind aber nur am 
unteren Theile der Schale entwickelt. Die Kammern sind zahlreich, 
nur durch sehwache Linien bezeichnet, und die erste derselben, na- 
mentlich in jüngeren Individuen, ansehnlich aufgeblasen, ihre Zahl 
steigt bis zu mehreren zwanzig. Die Mundfläche ist vollkommen eben 
abgeschnitten, der Mund eine längliche Spalte. i 

Diese Art hat einige Ähnlichkeit mit der von Prof. Reuss in der 
Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. B. IV, S. 17 beschriebenen Or. 
spinulosa, welche im Septarienthon von Görzig unweit Köthen und 
von Greif bei Salzgitter, so wie im Unteroligocän von Calbe vor- 
kömmt. Diese oligocäne Species ist jedoch weit weniger comprimirt, 
alle ihre Kammern sind etwas aufgeblasen und beschränken sich auf 
die Zahl 9. Sie sind auch durch Leisten oder Rippchen von einander 
getrennt, die letzte durch eine tiefe Naht; somit sind hinreichende 
Unterschiede von Cr. dentata gegeben, welche in Jaklovetz und Or- 
lau vorkommt, und auch aus dem Tegel eines Brunnens im neuen 
Gymnasial-Gebäude zu Brünn gewonnen wurde. Sie ist im Ganzen 
nicht selten. Ihre Größe steigt bis zu 4:5 Millimeter. 


2. Cristellaria undulata Karr. (Taf. I, Fig. 2.) 

Eine sehr frappante aus sechs Kammern bestehende Art. Jede 
Kammer ist für sich aufgeblasen und es liegen die Nähte ganz ver- 
tieft inzwischen. Am Umfange sind diese Kammern etwas abgerundet 
und der die Schale umfassende Flügelsaum zeigt daher eine wellen- 
förmige sehr ausgezeichnete Contour. Die älteren Kammern sind 
durchweg mit kleinen Tuberkeln bedeckt, welche auch im Centrum 
der Schale auftreten. In ganz ausgebildeten älteren Individuen ver- 
fließen diese Knötchen zu 2—3 Rippen. Die Mundfläche ist schwach 
gewölbt und am Saume von zwei schwachen Flügeln eingefaßt. Der 
Mund wenig gestrahlt. Als Verwandte ist Or. moravica Karr. zu be- 
zeichnen, die aber die doppelte Anzahl Kammern besitzt, etwas com- 
primirter ist und keine Verzierung hat. Die gleichfalls ähnliche Cr. 
ariminensis hat mehr Kammern, ist auch niedergedrückter und hat 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 349 


eine viel regelmäßigere Ornamentik. Die Größe der neuen Art dürfte 
13/, Millim. erreichen. Sie ist im Thone von Jaklovetz ziemlich selten. 


3. Cristellaria deformis Karr. (Taf. I, Fig. 3.) 


Eine der Cr. moravica Karr. verwandte Art. Nur besitzt sie 
keine crista wie diese, wohl aber in den älteren Individuen Nähte 
die tief gespalten und an der Peripherie gegabelt sind. Ihre Schale 
ist eiförmig, stark comprimirt, die Zahl der Kammern schwankt zwi- 
schen 7 und 9. Der Nabel erscheint durch accessorische Tuberkeln 
zum Theil bedeckt. 

Die Mundfläche ist etwas gewölbt, sehr schmal, der Mund eine 
Spalte, oben gestrahlt. 

Sie zeigt eine Neigung zur Deformität der letzten Kammer, die 
manchmal einseitig aufgeblasen ist, so daß sie sich nach einer Seite 
neigt, wo dann eine Nabelbucht zu sehen ist. 

In einem Exemplar ist die vorletzte Kammer über die Peripherie 
der letzten in eine Spitze vorgezogen, die strahlig ist. Es ist dies 
offenbar der Rest des früheren Mundsaumes, der nicht resorbirt 
wurde, während sich doch eine neue letzte Kammer vollständig her- 
ausbildete, so dal am Rande. zwei vorgezogene Schnäbel entstehen- 
Die Größe beträgt 2 Millimeter. Sie ist übrigens selten in Orlau. 


2. Rotalidea. 
4. Rotalia tuberosa Karr. (Taf. I, Fig. 4.) 


Die Schale dieser Art ist sehr aufgetrieben und durch ihre Ver- 
zierung sehr ausgezeichnet. Sie zählt auf der Nabelseite 16 Kammern 
und zeigt hier eine prachtvolle Ornamentik. Es sind die Kammer- 
nähte nämlich sehr tief eingeschnitten und beiderseits verlauft als 
Einfassung der Kammer eine Reihe ganz nahe neben einanderstehen- 
der Knötchen. Der Nabel erscheint ganz bedeckt mit solchen Höckern, 
die sehr stark hervortreten. Die Nähte stehen senkrecht auf der Peri- 
pherie der Schale, welche vullkommen abgerundet ist. 

Die Spiralseite steigt etwas gegen das Centrum an und zeigt 
nur 3 Umgänge. Auch hier setzen sich die Tuberkeln der Nabelseite 
fort und sind sowohl die einzelnen Kammern, als auch die Windungen 
durch eine Doppelreihe von Knoten besetzt. 

Der Mund ist eine kurze zum Nabel sich hinziehende Spalte. Sie 
ist 2 Millim. groß und sehr selten im Tegel der Ziegelgrube von Laa. 


350 Karrer. 


II. Die Foraminiferenfauna von Grund. 


Die prachtvolle Molluskenfauna, welche wir aus dieser Localität 
besitzen, ruht hier in einem hauptsächlich aus abgerollten Quarzkör- 
nern, Muscheln und Schneckentrümmern bestehenden Sande von gel- 
ber Farbe. Da die Foraminiferenfauna dieses so petrefactenreichen 
Sandes bisher nicht näher untersucht worden, er selbst aber in so 
innigem Zusammenhange mit den im vorhergehenden Kapitel behan- 
delten Schliervorkommnissen steht, so mag es nicht uninteressant sein, 
etwas näher darauf einzugehen, um das Bild der so reichhaltigen 
österreichischen Tertiärfauna nach Möglichkeit zu vervollständigen. 

Die mikroskopische Fauna dieses Sandes besteht aus einigen 
wenigen Cidaritenstacheln, Cypridinen, und Foraminiferen, welche in 
nicht unbedeutender Arten, weniger Individuenzahl darin vorkommen. 

Namentlich ist der Sand, welcher aus dem Innern der Mollus- 
ken-Schalen gewonnen wird, die Fundstätte der schönsten und zahl- 
reichsten Formen. 

Sie sind zum größeren Theile ganz gut erhalten und lassen sich 
mit voller Sicherheit bestimmen, doch ist in manchen Fällen ihr Vor- 
kommen in einem sandigen Medium nicht zu verkennen, da sie mit- 
unter etwas abgeschliffen, die langen Formen meistens zerbrochen 
erscheinen. 

In ihrer Totalität aufgefaßt, stimmt diese Fauna mit jener des 
Badner Tegels überein, ungleich mehr aber mit jener des Leithakalkes, 
und zwar mit jener der tieferen oder Bryozoen-Zone. Deßgleichen 
kommen alle in den marinen Sanden von Pötzleinsdorf, Neudorf an 
der March, Imendorf u. s. w. enthaltenen Formen ebenfalls im Grun- 
der Sande vor. 

Die meisten Vertreter zählt die Familie der Nodosarideen, dar- 
unter sehr häufig Nodosaria elegans, daran schließen sich die Cri- 
stellarideen mit Oristellaria cultrata und inornata als vorwaltende 
Arten. Überwiegend ist die Familie der Polymorphinideen, sehr häu- 
fig darunter ist: Bulimina pupoides, Uvigerina pygmaea, Polymor- 
phina problema. 

Von Rotalideen ist besonders häufig: Discorbina planorbis, 
Truncatulina Dutemplei und Rotalia Beccarü, welche letztere Art 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. s5l 


fast die Hälfte der ganzen Foraminiferen-Menge ausmacht. Die Poly- 
stomellideen sing gleichfalls häufig, namentlich Polystomella crispa 
und fleruosa, sowie Nonnionina communis. 

Sehr selten dagegen sind die Foraminiferen mit kieseliger 
Schale, dann alle Miliolideen, sowie die Textilariden und Globigerini- 
deen, ein Zeichen geringerer Meerestiefe. Deßgleichen fehlen so zu 
sagen ganz die Nummulitideen. 

Die bisherige Untersuchung des Sandes von Grund hat an 
100 Arten ergeben, darunter 6 ihrer besonderen Merkmale wegen, als 
neu bezeichnet wurden. Es tritt darin der Hauptcharakter dieser 
Fauna so entschieden hervor, dal spätere Funde wohl eine Vermeh- 
rung des Catalogs, gewiß aber keine Veränderung des jetzt schon 
klar ausgesprochenen Typus bilden können. 

Im folgenden Verzeichnisse bedeutet B das Auftreten derselben 
Art im marinen Tegel von Baden — N das Vorkonımen in den Mer- 
geln des Nulliporenkalkes von Nußdorf. 

Verneulina spinulosa Rss. ss. N. 

Plecanium abbreviatum d’Orb. ss. B. 
laevigatum d’Orb. ss. N. 
Mariae d’Orb. ss. B. N. 

5 deperditum d’Orb. ss. B. N. 
Olavulina communis d’Orb. ss. B. N. 
Triloculina gibba d’Orb. ss. B. N. 
inflata d’Orb. ss. B.N. 

bs tricarinata d Orb. ss. Wieliezka. 
Quinqueloculina Mayeriana d’Orb. ss. B.N. 

Akneriana d’Orb. ss. B. 
 badenensis d’Orb. ss. B. 

u Hauerina d’Orb. ss. B. 
Lagena Villardeboana d’Orb. ss. Crag. 
Fissurina carinata Rss. ss. Wieliezka. 
Nodosaria spinicosta dOrb. ss. B. 

Mariae dOrb. ss. B. 

- rudis dOrb. ss. B. 

5 aculeata dOrb. ss. B. 

> baccillum s. B. 

= (Dentalina) inornata d’Orb. ss. B. 
elegans d’Orb. hh. B. N. 


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Nodosaria (Dentalina) Boueana d’Orb. ss. B. 


R M brevis d’Orb. ss. B. 

“ N guttifera dOrb. ss. B. 

N L Adolphina d’Orb. s. B. 

. - pauperata d’Orb. ss. B. 

„ - elegantissima d’Orb. ss. B. 

r 5 acuta d’Orb. ss. B. 

" 5 floscula d’Orb. ss. B. 

® M Beyrichi Neug. ss. Lapugy. 

5 5 globuligera Neug. ss. Lapugy. 
x x trichostoma Rss. ss. Möllersdorf. 
M N scabra Rss. ss. B. 

e 5 seminuda Rss. ss. B. 

4 n pupiformis n. sp. ss. 


Frondicularia mucronata n. sp. ss. | 
Amphimorphina Hauerana N eug, ss. Lapugy. 
Psecadium subovatum Karr. ss. Benkovae. 


Cristellaria (Marginulina) regularis d’Orb. ss. B. 


5 e similis d’Orb. ss. B. 

5 ex hirsuta dOrb. ns. B. 

P E abbreviata Karr. ss. Ödenburg. 
» cymboides d’Orb. ss. B. 

5 reniformis d’Orb. ss. B. 

e crassa d’Orb. ss. B. 

® calcar d’Orb. s.B. 

x calcar var. cultrata d’Orb. h. B. 


r simplex d’Orb. ss. B. 
inornata d’Orb. h. B.N. 


— vortex Ficht et Moll. ss. B. 
5 variabilıs Rss. ss. B. 

> semituberculata n. sp. ns. 

> Grundensis n. Sp. SS. 


inflata n. sp. ss. 
henn bulloides d’Orb. ss. B. N. 
Bulimina pyrula d’Orb. ns. B.N. 
4 pupoides d’Orb. hh. B. N. 
5 ovata d’Orb. ss. N. 
„ Buchiana d’Orb. ss. B. N. 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 353 


Bulimina elongata d’Orb. ss. N. 
Uvigerina pygmaea d’Orb. hh. B. N. 


= asperula Cziz. ns. B. 
Polymorphina problema d’Orb. h. B. N. 
£ gibba d’Orb. ns. B.N. 
= aequalis d’Orb. ss. N. 
e spinosa d’Orb. ss. N. 


Virgulina Schreibersü Cziz. ss. B. E 
Sphaeroidina austriaca d’Orb. ss. B. N. 
Tezxtilaria carinata d’Orb. ss. B. N. 
Globigerina triloba Rss. ss. B. N. 

= bulloides d’Orb. ss. B. N. 

5 arenaria n. Sp. ns. - 
Discorbina planorbis d’Orb. hh. B. N. 

r obtusa d’Orb. ss. N. 
Pulvinulina Hauerü d’Orb. s. B.N. 


R Boueana d’Orb. ss. B. N. 

5 Kalembergensis d’Orb. ss. B. N. 

Li Partschiana d’Orb. ss. B. 
Truncatulina Dutemplei d’Orb. hh. B.N. 

1 Akneriana d’Orb. ss. B. N. 

r austriaca d’Orb. ss. N. 


2 lobatula d’Orb. ss. B.N. 
= Schreibersü d’Orb. ss. B. N. 
I Haidingerii d’Orb. ss. B. N. 
Rotalia Beccarü d’Orb. hh. B.N. 
A Brognartii d’Orb. ss. B. 
Polystomella Fichtelliana d’Orb. ns. B.N. 
hs rugosa dOrb. ss. B. N. 


$ obtusa d’Orb. ss. B. N. 
i crispa dOrb. hh. B.N. 
% flexuosa dOrb. h. B.N. 


Nonnionina communis d’Orb. hh. B. N. 
h; granosa d’Orb. ss. B. N. 
» Soldaniti d’Orb. s. B. N. 
Heterostegina costata d’Orb. ss. B. N. 
Amphistegina Hauerii d’Orb. ss. B. N. 


u le 2 IL II 


3 54 Karrer 


Beschreibung der neuen Arten. 


1. KRhabhbdoidea. 
&. Nodosaridea. 

l. Nodosaria pupiformis Karr. Taf. I, Fig. 5. 

Diese Dentalinenartige Form ist nur schwach gebogen und nach 
unten und oben verschmälert, so daß die letzte Kammer kleiner er- 
scheint als die vorletzte, dieselbe ist überdies in einen rüsselförmigen 
Schnabel vorgezogen. Die erste Kammer dagegen ist etwas weniges 
aufgeblasener als die nächstfolgende und nimmt von da die Größe 
der Kammern, deren Zahl neun beträgt, überhaupt nur allmälig zu. 
Die Kammernähte sind sehr deutlich und geradegestellt. Die kaum 


1:/, Millim. große Schale ist vollkommen glatt und im Sande von 
Grund sehr selten. 


ß. Frondicularidea, 


2. Frondicularia mueronata Karr. Taf. I, Fig. 6. 


Foraminiferen aus der Gattung Frondicularia gehören in den 
neogenen Ablagerungen immer zu den Seltenheiten. Aus dem Wiener 
Becken sind bisher nur acht Arten bekannt geworden, wovon 
d’Orbigny eine, Prof. Reuss drei und der Verfasser dieses vier 
beschrieben haben. Aus Lapugy sind durch Neugeboren vier 
Species bekannt geworden. 

Es ist daher um so erfreulicher, daß die in so vieler Beziehung 
interessanten Sande von Grund einen weiteren Beitrag zu dieser 
Gattung geliefert haben. 

Es ist diese neue Frondicularia eine vierkantige, vollkommen 
glatte Form, welche von unten nach oben nur wenig an Breite zu- 
nimmt und ihrem Character nach sehr zu dem Genus Rhabdogonium 
hinneigt, indem sie kantig ist und jede Kammer an vier Stellen immer 
von der nächst jüngeren umfaßt wird. Jedoch ist ihr Querschnitt 
nicht tetragonal, sondern ein langgezogenes Parallelogramm, ihre 
letzte Kammer besitzt keine centrale Zuspitzung und ihr Mund ist 
nicht völlig rund, daher sie zu Frondicularia gestellt werden mußte. 

Sie ist, wie oben bemerkt, comprimirt, die Kanten erheben sich 
etwas über die Seitenflächen, welche dadurch geringe eoneavirt er- 
scheinen, die Zahl der Kammern steigt bis vierzehn, die Nähte sind 


, . . . . 9 
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 355 


sehr deutlich, im obern Theil des Gehäuses vertieft, dasselbe etwas 
einsehnürend und durchaus gleich sanft gebogen. Die erste und 
letzte Kammer erscheinen etwas aufgeblasen und trägt die erste zwei 
schwache Rippen, während die letzte und vorletzte in ganz aus- 
gewachsenen Exemplaren, auf jeder Seite mitten einen kleinen erha- 
benen Kamm besitzt. Die Mundöffnung ist etwas längsgezogen und 
zum Theil verästelt. Die Größe beträgt bis 2'/, Millim. 
Sie ist im Grund sehr selten. 


2, Cristellaridea. 


3. Cristellaria semitubereulata Karr. (Taf. I, Fig. 5.) 

Es ist diese Art eine Marginalinenform von ziemlicher Kleinheit, 
sie hat nur 11/),—2 Millimeter. Die Krümmung der Schale ist nicht 
bedeutend und die Zahl der Kammern beträgt 9—10. Die ersten 7 
sind mit perlenartig angereihten Knötchen besetzt, die letzten zwei 
namhaft größer und deutlich eingeschnürt, sind aber glatt, nur in 
den tiefen Nähten zeigt sich ein Rest der Tuberkeln, der bisweilen 
noch die vorletzte Kammer schwach überzieht. 

Die Mündung ist gestrahlt und wenig vorgezogen, die erste Kam- 
mer aber manchmal mit einer kleinen Spitze versehen. Es ist diese 
Form allen gezierten, bekannten tertiären Arten ganz unähnlich in 
Folge der eigenthümlichen Ornamentik. 

Ziemlich selten im Sande von Grund. 


4. Cristellaria @rundensis Karr. (Taf. I, Fig. 6.) 

Eine der größten Foraminiferen in der sonst mehr durch kleine 
Formen ausgezeichneten Fauna von Grund. Sie hat etwas über zwei 
Millimeter, ist besonders flachgedrückt, lanzettlich, vollkommen glatt 
und zählt —9 deutlich durch transparente Nähte geschiedene Kam- 
mern, die am Umfange einen schmalen Flügelsaum tragen. 

Die Mundfläche ist eben abgeschnitten und beiderseits am Rand 
von einem erhabenen Saum eingefaßt, der Mund ist ein länglichter 
Spalt. Von Cr. Ruditziana Karr. unterscheidet sich dieselbe durch 
ihre weit geringere Kammeranzahl und bedeutendere Compression. 

Ziemlich selten in Grund. 

>. Cristellaria inflata Karr. (Taf. I, Fig. 7.) 

Diese Art ist stark aufgeblasen, aber weniger als Or. crassa 
d’Orb. aus Baden. Sie hat 4 Kammern, welche durch deutlich ein- 
gebuchtete Nähte scharf geschieden sind. Jede Kammer trägt an der 


356 Käarrer. 


Stelle ihrer größten Elevation ein kleines Knöpfehen, das sich manch- 
mal in eine gespaltene Querrippe auszieht. Am Umfange befindet sich 
ein nieht unbedeutender Flügelsaum, welcher bis zu einem Drittel in 
die Mundfläche sich hineinzieht. Diese ist lanzettlich oben und unten 
zugespitzt, eingebuchtet und an beiden Rändern von einem Saume 
eingefaßt. Der Mund ist eiförmig, die Spitze nach oben, die Erwei- 
terung nach unten stehend. Die Größe ist ein Millimeter. 

Sehr selten im Grunder Sande. 

Von Oristellaria ornata, die etwas größer ist, ist sie hinreichend 
dadurch unterschieden, daß die Kammern bei der d’Orbigny’schen 
Art nieht durch Nähte sondern durch Rippen getrennt erscheinen, 
und die Verzierung in mehreren starken Querrippen besteht. 


3. Globigerinidea. 


6. Globigerina arenaria Karr. (Taf. I, Fig. 8). 

Die Schale dieser neuen Art ist von der Seite eigenthümlich 
comprimirt, von einer Seite jedoch etwas mehr und gegen den Mit- 
telpunkt zu etwas vertieft. Die letzte Kammer ist groß, eiförmig, nach 
vorne abgeschnitten, und befindet sich die Spaltöffnung am unteren 
Theile, wo sich die letzte Kammer an die noch sichtbare älteste Kam- 
mer anlegt. 

Unterhalb des Mundes beginnt die älteste sichtbare Kammer, an 
sie setzen sich besonders schön, spiral angeordnet noch fünf Kam- 
mern, so daß im Ganzen vorne sechs Kammern sichtbar sind, deren 
letzte wie gesagt, sehr bedeutend aufgeschwollen ist, im Verhältniß 
zu den übrigen. 

Durch die besagte Compression sind die sechs Kammern auf der 
flacheren Seite sichtbar, auf der entgegengesetzten weniger compri- 
mirten Seite, sind je nach dem Individuum oft bis 10 Kammern sicht- 
bar, je nachdem die letzte große Kammer sich mehr oder weniger 
einhüllend über die älteren legt. 

Die Schale ist sehr fein porös, ist kaum 0-5 Millim. groß und 
in Grund im ganz feinen aus den Mollusken-Schalen entnommenen 
Sande ziemlich häufig. 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 357 


II. Neue Foraminiferen aus der Familie der Miliolideen aus 
den neogenen Ablagerungen von Holubica, Lapugy und 
Buitur. 


1. Biloeulina globiformis Karr. (Taf. II, Fig. 1.) 


Die Schale dieser Art nähert sich fast der Kugelform, nur gegen 
die Mundöffnung ist sie etwas zusammengezogen. Die letzte Kammer 
ist bedeutend aufgeschwollen, die vorletzte durch sehr schwache 
Naht von ihr geschieden, ist mehr eiförmig. Die Peripherie ganz ab- 
gerundet, der Mund eine lange halbmondförmige Spalte. Die Schale 
vollkommen glatt, ist kaum 0-5 Millimiter groß und unterscheidet 
sich von der ebenfalls sehr aufgetriebenen B. simplex d’Orb. aus 
dem Wiener Becken hinreichend dadurch, daß diese ungleich größer 
weniger aufgeblasen und mehr eiförmig ist, überdies ist der gezahnte 
Mund, sowie die tief ausgeprägte Kammernaht ein sehr charakterisi- 
rendes unterscheidendes Merkmal der d’Orbigny'schen Art. 

Von Biloculina globulus Born. aus dem Septarienthon von 
Hermsdorf, welche gleichfalls sehr klein und kugelig ist, unterscheiden 
sie zwei Merkmale, erstens ist bei B. globulus die vorletzte Kam- 
mer ein Kugelsegment, bei B. globiformis ist sie elyptisch, und zwei- 
tens ist die Öffnung der Hermsdorfer Art ein gleichseitiges Dreieck, 
welehes durch einen dreieckigen Zahn zu einer knieförmigen geboge- 
nen Spalte verengt ist, während sie hier entschieden halbmondförmig 
gebildet ist. | 

B. globiformis ist eine sehr seltene Form aus dem Lehın von 
Holubiea bei Pieniaky in Galizien 1), allwo eine sehr schöne Foramini- 
feren-Fauna sich findet. 


2. Spiroloculina lapugyensis Karr. (Taf. II, Fig. 2.) 


Eine langgestreckte lanzettliche Form mit vorgezogener letzter 
Kammer, glatt, sehr comprimirt, bestehend aus 6 Kammern, die ge- 


1) Stur: „Fossilien aus den neogenen Ablagerungen von Holubica bei Pieniaky in 
Galizien,“ Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanst. Bd. XV, Heft 3, Wien 1856. 


358 KR anrier. 


gen die Mitte abfallend auf beiden Seiten eine tiefe Einbuchtung 
bewirken. Am Umfange ist sie mit einer seichten Rinne versehen. 
Der Mund ist rundlich, auf der kantigen Peripherie eben abgeschnit- 
ten, der Zahn ist ein oben T-förmig verbreiteter Stift. 

Die Größe beträgt 1—1:5 Millimeter. 

Von Sp. canaliculata d’Orb. des Wiener Beckens unterschei- 
det sie die weit größere Kammernzahl dieser letzteren, ihre bedeu- 
tendere Einbuehtung und der Umstand, dafs ihre Kammern seitlich 
nicht auch jede eine Aushöhlung besitzen. 

Sie ist selten in Lapugy. 


3. Spiroloculina cavernosa Karr. (Taf. II, Fig. 3.) 


Eine der vorigen sehr ähnliche Form, aber noch mehr lanzettlich 
zugespitzt, comprimirt. Die Kammern fallen noch mehr gegen die 
Mitte ab; so daß beiderseits eine bedeutende Einbuchtung entsteht. 
Der Rücken ist beiderseits von zwei.Kanten gebildet, aber er zeigt 
keine Rinne, wie bei der vorigen Art, sondern ist etwas gewölbt, in 
der Mitte am breitesten, nimmt er gegen oben und unten etwas ab. 
Der Mund ist rund, mit einem oben sich verbreiternden keilförmigen 
Zahne versehen. Die ganz glatte Schale hat nur 1:5 Millim. und ist 
sehr selten im Tegel von Lapugy. 


4. Spiroloculina ecompressiuseula Karr. (Taf. II, Fig. 4.) 


Diese Art ist weniger langgestreckt, außerordentlich eomprimirt. 
Sie hat sechs Kammern, ist an den Seiten ganz flach und zeigt nur 
schwache Nähte mit Ausnahme der letzten Kammer, welehe durch 
einen ziemlich tiefen Einschnitt von der nebenstehenden getrennt ist. 
Die Peripherie ist vollkommen abgerundet, der Mund ist rund ohne 
deutlichen Zahn. 

Die glatte Schale ist ein Millimeter grofß und sehr selten in 


Lapugy- 
5. Spiroloculina tenuirostra Karr. (Taf. IL, Fig. 5.) 


Diese eigenthümliche Art besitzt eine flachgedrückte blattartige 
Schale, welche gegen die Mitte zu sich erhöht, wo sich die Kammern 
etwas aufblättern. Ihre Anzahl beträgt vier bis fünf und zeichnen 
sich die beiden letzten durch größere Breite besonders aus, die letzte 
ist etwas vorgezogen und gegen den Mund etwas erweitert, Dieser 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 359 


selbst ist rund und kein Zahn bemerkbar. Die Peripherie des Gehäu- 
ses ist scharf, schneidig etwas gewellt, wie überhaupt die Form in 
den einzelnen Individuen ziemlich unregelmäßig ist, ohne jedoch 
ihren bestimmten Character zu verleugnen. 

Das 2 Millim. große Gehäuse ist nicht selten in Lapugy. 


6. Triloculina angulata Karr. (Taf. II, Fig. 6.) 


Eine sehr ausgezeichnete Art, welche ziemlich stark aufgetrieben 
ist. Ihre Contour ist nahezu kreisförmig. In der vordern Ansicht 
erhebt sich die drittletzte Kammer in der Mitte einen hohen Kamm 
bildend. Sie wird von der zweiten und dritten Kammer sichelförmig 
umfaßt, auch diese fallen gegen die Peripherie ab. Auf der anderen 
Seite fallen die zwei letzten Kammern aber gegen die Mitte zu und 
bilden hier eine Vertiefung. Die Nähte sind beiderseits vollkommen 
deutlich. Die Peripherie von zwei scharfen Kanten gebildet ist etwas 
gewölbt, mitten breit, gegen die Enden sich verschmälernd. Der 
Mund ist oval und hat einen nicht sich verbreitenden Zahnstift. 

Die Schale ist glatt und ist 1-7 Millim. groß. Sehr selten im 
Tegel von Buitur in Siebenbürgen. 


7. Triloeulina pyrula Karr. (Taf. II, Fig. 7.) 


Eine ausgezeichnet aufgeblasene Art von fast kreisrunder Gestalt 
mit ganz abgerundeter Peripherie. Die letzte Kammer ist beinahe 
kugelig und umfaßt die vorhergehende vorletzte Kammer sehr bedeu- 
tend, die drittletzte Kammer erhebt sich nur wenig und ist auch voll- 
ständig abgerundet. Die Nähte sind durchaus deutlich, der Mund 
oval gegen unten verschmälert, der Zahn ein sich oben verbreiternder 
birnförmiger Stift, die Schale ist glatt und 1:5 Millim. groß. Von Tr. 
inflata d’Orb. aus dem Wienerbecken ist dieselbe durch ihre noch 
bedeutendere Aufgetriebenheit, kreisförmige Gestalt und den eigen- 
thümlichen nicht gespaltenen Zahn unterschieden. 

Sie ist sehr selten in Lapugy. 


8. Triloculina euneata Karr. (Taf. II, Fig. 8.) 


Eine sehr flachgedrückte Schale von unregelmäßiger Eiform, 
etwa ein verschobenes Viereck mit abgerundeten Ecken. Die Ober- 
fläche ist etwas gefaltet und zeigt die dritte Kammer nur wenig 
entblößt, indem die beiden letzten sehr breit sind und die mittlere 

Sitzb. d. mathem.-naturw, Cl. LV. Bd. I. Abth. 23 


360 Rarrer. 


beinahe ganz umhüllen. Nähte sehr deutlich. Die Peripherie ist ganz 
abgerundet, der Mund oval, die Schale scheint sehr diek und des- 
gleichen der ganz keilförmige Zahn, welcher ansehnlich noch über 
dem Abschnitte des Mundsaumes hervorsteht. 

Diese Schale ist 1:5 Millim. groß und sehr selten im Tegel 
von Lapugy. 


9. Triloeulina nodosaroides Karr. (Taf. II, Fig. 9.) 


Es ist dies eine Mischform ganz eigener Art. Wir haben vor 
uns eine Triloculina der schönsten Form, die letzte Kammer aber 
statt mit dem Mundrande abzuschneiden, setzt noch eine neue Kam- 
mer an, die größer als die ganze übrige Schale uns die letzte Kammer 
einer Nodosaria quadrata d’ Orb. aus dem Wiener Becken darstellt. 
Vorläufig wird diese eigenthümliche Form nicht als Mischtypus, 
sondern nur als eigenthümliche Art bezeichnet, bis ein wiederholtes 
Vorkommen die Berechtigung dazu geben würde. 

Unsere Triloculina ist eine sehr schöne in ihrem Character sehr 
ausgeprägte ziemlich hochgebaute Art. Betrachten wir zuerst die 
Vorderseite. Hier tritt die mittlere Kammer ziemlich stark hervor, 
ein kleiner Bogen mit zwei Kielen am Rande, mitten eine deutliche 
Rinne. Dieselbe wird umfaßt von zwei prachtvoll helmkammartig 
geschwungenen Kammern, welche auf dieser Seite etwas eingebuch- 
tet sind. Auf der Rückenseite, wo diese Einbuchtung schwächer, 
fallen diese Kammern gegen die Mitte, gleichsam ein Thal bildend, 
ab. Die Nähte sind sehr deutlich ausgesprochen. Die Peripherie der 
vorletzten Kammer hat ebenfalls zwei scharfe Kanten, mitten ist sie 
etwas vertieft, die Peripherie der letzten Kammer dagegen hat außer 
diesen zwei scharfen Kanten noch eine dritte mitten wie ein Kamm 
verlaufende Kante, somit zwei Rinnen; alle drei Kanten verlaufen 
unten zusammen sich knaufartig um die vorletzte Kammer legend. 

Die am Ende der letzten Kammer sich vorwerfende Nodosarien- 
kammer, ist ein sehr verlängertes Ei mit sechs stark vorspringenden 
Kanten, mitten fünf Rinnen begrenzend. Sie endet in einen etwas 
vorgezogenen Canal, der sich oben wie ein Kelch etwas erweitert 
und in dessen Mitte eine Mundöffnung sich befindet, die einen fünf- 
strahligen Stern darstellt. 

Die ganze Schale ist vollkommen weiß und glatt und etwa 
2-5 Millim. lang. Sie ist eine Rarität aus Lapugy. 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 361 


10. Quinqueloeulina seidula Karr. (Taf. III, Fig. 1.) 

Diese Form ist ganz blattartig zusammengedrückt, glatt und in 
ihrem Ganzen wellig gebogen. Auf der Vorderseite ragt die drittletzte 
Kammer als papierdünner Kamm etwas hervor, wellig gebogen, die 
letzte Kammer ist bedeutend groß, legt sich halbrund unten um die 
vorletzte umfassend herum, oben biegt sie sich über die mittleren 
Kammern um, und senkt sich seitlich bis zu ein Drittel der Schale 
herab mit der vorletzten Kammer einen stumpfen Winkel bildend. 

Die Peripherie ist scharf, schneidig wie ein Blatt, unregelmäßig 
hin und her gebogen, geknittert; der Mundsaum erweitert sich etwas 
und endet in eine länglichte schmale Spalte ohne Zahn. 


Sie ist 11/, Millim. groß und sehr selten in Holubiea. 


ll. Quingueloculina graeilis Karr. (Taf. III, Fig. 2.) 


Zeigt eine langgestreckte wenig comprimirte Schale mit ab- 
gerundeten Kammern. Auf der Vorderseite hebt sich die vorletzte 
Kammer deutlich empor, auf der Rückseite ist die Schale etwas ver- 
tieft und mit deutlichen Nähten versehen. Unten greift die letzte 
Kammer über die vorletzte herum nur wenig abgerundet, oben ist 
der Mundsaum schräg abgeschnitten und etwas vorgezogen. Die 
Peripherie ist rundlich, der Mund rund mit kurzen oben sich ver- 
breiternden r-förmigen Zahn. 

Diese Art 1-6 Millim. grols ist sehr häufig im Lehm von 
Holubiea. 


12. Quinqueloculina undosa Karr. (Taf. III, Fig. 3.) 

Die Schale ist etwas niedergedrückt, ziemlich breit, glatt, oben 
abgeschnitten unten unregelmäßig abgerundet. Die Kammern sind 
viereckig, unmerklich an den Seiten ausgehöhlt, an der Peripherie 
aber sehr stark, so daß eine tiefe Rinne entsteht. Vorne erhebt sich 
bedeutend die drittletzte Kammer, gleichfalls diese starke Einbuchtung 
zeigend. Dabei sind alle Kammern vielfach gewunden, geknittert, 
gewellt etwa wie Q. contorta d’Orb. aus dem Badner Tegel, welche 
aber eine sehr schmale Form hat und weniger verbogen ist. 

Der Mundsaum ist etwas erweitert, der Mund ein großes läng- 
liehtes, zum Theil unregelmäßiges Viereck mit einen langen schma- 
len Stift. 


Die Größe dieser in Lapugy nicht seltenen Art ist 1:5 Millim. 
25” 


362 Karrer. 


13. Quinqueloculina eostata Karr. (Taf. II, Fig. 4.) 

Die Schale ist sehr schmal, auf der Peripherie nur schwache 
Biegung bemerkbar, unten abgerundet, letzte Kammer etwas vor- 
gezogen. Auf der Vorderseite tritt die mittlere Kammer stark hervor, 
sie ist abgerundet, und fast gleich breit wie die beiden letzten. Die 
Rückseite ist fast eben, die Nähte sind deutlich. An der Peripherie 
ist das Gehäuse gleichfalls ganz abgerundet, der Mund vollkommen 
rund, der Zahn ein kurzer Stift. Über die ganze Oberfläche verlaufen 
stark hervortretende nicht zahlreiche Rippen, welche die Form sehr 
characterisiren. 

Die Größe beträgt 1'/,; Millimeter. Sie ist sehr selten in 
Lapugy. 


14. Quinquelsculina striatopunetata Karr. (Taf. III, Fig. 5.) 


Ebenfalls eine durch Längsstreifen charakterisirte Form. Sie ist 
wenig breit, elyptisch, die letzte Kammer unten etwas herabgezogen, 
sehr ecomprimirt, der Mundsaum oben gerade abgeschnitten. Die Kam- 
mern sind nur wenig wulstig, die mittleren kaum etwas über die bei- 
den letzten emporsteheud, die Seiten somit fast flach, namentlich die 
rückwärtige, die Nähte jedoch sehr deutlich. Die Peripherie ist ganz 
abgerundet, der Mund eine langgestreekte ovale Öffnung mit einem 
kurzen dieken Zahnstift. Auf beiden Seiten, sowie über die Peripherie 
laufen zahlreiche Längsstreifen oder Rippchen, die Furchen zwischen 
diesen aber sind mit ganz nahestehenden Grübchen versehen, wo- 
durch eine eigenthümliche sehr schöne Ornamentik entsteht und sich 
diese Art von allen gestreiften Arten sehr gut unterscheidet. 

Die Größe beträgt 1°6 Millimeter. Sie ist sehr selten in 


Lapugy. 
15. Quinqueloculina lacunosa Karr. (Taf. III, Fig. 6.) 


Eine hochaufgetriebene Art, die Form ein langgestrecktes Oval, 
unten abgerundet, letzte Kammer aber nur wenig vorgezogen. Die 
Kammern sind schmal und abgerundet. Die drittletzte erhebt sich be- 
deutend über die beiden letzten, ist ebenfalls ganz abgerundet und 
sehr lang, sie bildet fast ein Drittel der Vorderseite. Die Rückseite ist 
eben, nur die Kammern sind durch deutliche Nähte geschieden. Die 
Peripherie der zwei letzten Kammern ist abgerundet, jedoch bei bei- 
den etwas flachgedrückt, in der Mitte am breitesten, gegen die Enden 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 363 


etwas abnehmend. Der Mundsaum ist schief abgestutzt, der Mund 
oval und an einem Ende gerade abgeschnitten, er ist vollkommen 
rund, ohne Zahn, nur mit kleinen Zäckehen versehen. 

Die ganze Oberfläche ist ebenfalls eigenthümlich geziert, sie ist 
nämlich mit regelmäßig gleichsam in Längsstreifen verlaufenden deut- 
liehen Grübchen versehen, wodurch sie sich der Q. striatopunctata 
nähert, welche aber flachgedrückt ist, und überdies noch Längsrip- 
pen trägt. 

Die Größe dieser nicht ganz seltenen Art im Tegel von Lapugy 
beträgt 1:6 Millimeter. 


364 Kafreir! 


IV. Über einige Foraminiferen aus dem weissen Jura von 
St. Veit bei Wien. 


Schon seit langer Zeit sind die rothen kieselreichen Kalke be- 
kannt, welehe am Rande des Wiener Sandsteins zwischen Lainz und 
St. Veit in zwei längst aufgelassenen Steinbrüchen erschlossen wur- 
den. Sie gehören dem weißen Jura an, der seine Fortsetzung weiter 
in den Alpen findet. Kaum eine halbe Stunde davon entfernt zeigt sich 
in der Nähe des kaiserlichen Thiergartens ein grober buntgefärbter 
Sandstein, der aus Quarzkörnern mit einem kieseligen Bindemittel be- 
steht und den Werfner Schiefern zugezählt wird. Zwischen diesem 
und den rothen Kalken werden in den Feldern die Grestner Schich- 
ten angetroffen und wurden in neuerer Zeit in den Entblößungen an 
den Wegen, sowie aus Brunnengrabungen in den letzten Häusern des 
Ortes sowohl die Etagen des untersten Lias, als jene des braunen 
Jura nachgewiesen. 

Die nun Eingangs erwähnten rothen, kieselreichen Kalke, die 
dem weißen Jura ängehören, sind in schmale Bänke geschichtet, 
welche durch merglige Zwischenlagen von 8—4 Zoll Mächtigkeit ge- 
schieden sind. Dieselben sind gleichfalls roth gefärbt, enthalten Gyps- 
erystalle, Quarz in scharfen eckigen Stücken, Faserkalk, und kleine, 
lose Bergkrystalle, sowie nicht selten gut erhaltene Versteinerungen, 
namentlich: Aptychus latus Voltz, Aptychus lamellosus Voltz, 
Belemnites canaliculatus Schloth. Letzterer ist charakteristisch 
für das Oxfordien. Geschlemmt gibt dieser Mergel einen rothen Rück- 
stand, in welchem sich neben den Spuren von Asterias-Tafeln, Cida- 
ritenstacheln, Fischzähnen und Bryozoen auch Foraminiferen vorfinden, 
die alle roth gefärbt sind. Im Ganzen sind es nur wenige Arten, die 
deutlich sind und eine Bestimmung zulassen, aber die Individuen-Zahl 
ist eine nicht unbedeutende. Die hervorragenderen neuen Formen 
sollen in den folgenden Zeilen besprochen werden. 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 365 


Beschreibung der neuen Arten. 


l. Biloculina antiqua Karr. (Taf. II, Fig. 7.) 


Das Gehäuse ist kreisrund, nur wenig gegen den Mund vorge- 
zogen; die vorletzte Kammer rund, ziemlich groß, die letzte nicht 
sehr breit sie umfassend und während jene nicht sehr stark eonvex 
ist, erscheint diese sehr stark aufgeblasen, fast wie ein halbes Kugel- 
segment. Der Mund ist halbmondförmig, scheinbar von der übergrei- 
fenden letzten Kammer mit einem schwachen Wulst überdacht. Diese 
Form ist sehr klein höchstens 1 Millim. groß und sehr selten. 


2, Lagena Dianae Karr. (Taf. Ill, Fig. 8.) 


Das Genus Lagena umfaßt alle einkammerigen, meist rundlichen 
und mehr oder weniger in die Länge gezogenen Foraminiferen; de- 
ren kalkige, glasige, feinporöse und dünne Schale eine ziemlich große 
runde Mündung stets an dem einen Ende trägt. 

Nach Professor Reuss’ trefflicher Monographie der Lageniden t) 
tritt dieses horizontal und vertical sehr verbreitete Geschlecht am 
entwickeltsten in der Gegenwart und in der Tertiärformation auf; der 
Septarienthon zählt allein 15 Arten 2). Von der Eocän-Periode nimmt 
aber ihr Vorkommen schnell ab und im Gault findet sich nur Z. api- 
culata Rss. als einsamer seltener Rest. 

Terquem führt zwar in seinen sechs Memoiren über die Fora- 
miniferen des Lias3) sieben Arten unter dem Genusnamen Oolina 
an; die dem mittleren Lias, dagegen eine die dem unteren Lias ange- 
hört und mit Ausnahme von Oolina lanceolata T erg. nur sehr selten 
sind, allein’ dieselben dürften zum größten Theile, wie schon Prof. 
Reuss bemerkt, nur Bruchstücke von Nodosarien sein. 

Gümbel eitirt aus den Streitberger Schwammlagern *) eben- 
falls drei Arten, die sehr selten sind, von denen er eine selbst als sehr 
fraglich hinstellt. 


1) Reuss: „Die Foraminiferenfawilie der Lagenideen.“ Sitzungsber. d. kais. Akad. 
d. Wissensch. Bd. XLVI, pag. 308. ss. 

?2) Reuss: „Die Foraminiferen, Anthozoen u. Bryozoen d. deutsch. Septarienthones.* 
Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. XXV. 

3) M. O0. Terquun Premiere. — Sixieme Memoire sur les foram. du Lias des Depart. 
de la Moselle etc.“ Metz 1858 — 1866. 

*) Gümbel: Die Streitberger Schwammlager und ihre Foraminiferen - Einschlüsse 
in den württemb, naturw. Jahresb. 1862. 


3 6 6 Karrer. 


Conrad Schwagert) gibt ferners aus dem unteren Oxfordien 
von Gruibingen bei Boll auch zwei Arten an; Lagena franconica von 
Gümbel bereits beschrieben und Z. stilla Schwager, beide sind 
jedoch auch sehr selten. 

Weitaus am reichsten stellt sich jedoch die Anzahl der in allen 
Meeren jetzt lebenden Arten heraus, namentlich was die Individuen- 
zahl anbelangt. 

So findet man bei Williamson in seiner Monographie über 
die recenten Foraminiferen von Großbritannien ?) 21 Arten und Va- 
rietäten theilweise als Entoselenia beschrieben. 

Heinrich Brady führt in seinem Catalog über die recenten 
Foraminiferen von Nordhumberland und Durham 3) zehn meist häufig 
vorkommende Arten an, und in seinen Foraminiferen von Shetland #) 
eine noch größere Zahl, wenn man die Varietäten dazu rechnet. 

Parker und Rupert Jones zählen in ihrer Abhandlung über 
die Foraminiferen des nordatlantischen und arktischen Oceans mit 
Einschluß der Davidsstraße und der Baffınsbay 5) eine noch bedeu- 
tendere Anzahl auf, und bringen noch anhangsweise äußerst interes- 
sante neue Arten, theils lebende von Australien, theils fossile von 
St. Domingo, Bordeaux, Grignon u. Ss. w. 

Von der von Seguenza in einer Beschreibung der einkamme- 
rigen Foraminiferen der miocänen Mergel von Messina 6) unter ver- 
schiedenen Gattungsnamen aufgeführten zahlreichen Lagenen dürfte 
wohl der größte Theil theils untereinander, theils mit schon bekann- 
ten Arten vereinigt werden. 

Die sehöne Ausbeute an Foraminiferen, welehe Dr. Stache aus 
den tertiären Mergeln des Whaingaroa Hafens (Provinz Auckland) in 


1) Conrad Schwager: „Beitrag zur Kenntniß der mikroskopischen Fauna juras- 
sischer Schichten.“ Württemb. naturw. Jahresber. 1865. 

2) Williamson: „On the recent foraminifera of Great Britain.“ Roy. Society 1858. 

3) Brady, „A Catalogue of the recent foram. of Northhumberland and Durham.“ 
Nat. hist. Trans. Northumberland and Durham. 1865. 

#) Idem: „On the Rhizop. fauna of the Shetlands.“ Linn. Soc. 'Transaet. vol. XXIV. 
1864. 

5) Parker and Rupert Jones. „On some foraminifera from the North Atlantie and 
Arctic. Oceans ete.“ Phil. Trans. 1865. 

6) Seguenza: „Descrizione dei foram. monotal. delle marne mioceniche del distretto 
di Messina.“ 1862. 


Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 367 


Neu-Seeland beschrieben ı) ergab dagegen nur zwei sehr seltene 
Arten. 

Nach dem Vorausgeschickten ist es daher von Interesse, daß die 
rothen Jura-Mergel von St. Veit einen weiteren Beitrag zu der bespro- 
chenen Gattung geliefert haben. Die neue Art Lagena Dianae unter- 
scheidet sich durch die Zierlichkeit ihrer Sceulptur so wesentlich von 
allen bereits beschriebenen Arten, daß ein Blick auf die Abbildung 
eine mühsame Aufzählung jeder weiteren Distinetion von selbst be- 
hebt, und die Aufstellung als selbstständige Art rechtfertigt. 

Die neue Zagena ist im Querschnitt vollkommen rund und hat 
die Form einer Birne an deren mehr oder weniger zugespitzten einem 
Ende die Mundöffnung sich befindet, die von einem Strahlenkranze 
eingeschlossen wird. An dem entgegengesetzten, also abgerundeten 
Ende, sitzt ein solider Stachel, welcher allmälig sich erweiternd mit 
der hoch aufgeschwollenen Schale verschmilzt. 

Die Ornamentik der kleinen Foraminifere ist wirklich ausge- 
zeichnet. Rund um ihren ganzen Umfang herum ziehen sich 12—15 
erhabene Leisten, manchmal perlenschnurartig zusammengezogen, 
die vertiefte Rinne zwischen je zwei solehen ist mit nahe neben- 
einanderstehenden Grübchen versehen, die zuweilen so ineinander 
fließen, daß ein ziekzackförmiges Band entsteht. Die Spitze dagegen 
ist glatt. Dabei erreicht das Schälchen kaum die Größe von 3/, Millim. 
Wenngleich die ganze Foraminiferenfauna dieser Mergel eine arme 
genannt werden muß, so ist doch die Individuenzahl selbst dieser 
schönen Art nicht allzu geringe und liegt davon, trotz des ganz 
bescheidenen Materiales, wohl ein Dutzend vor. 

3. Nodosaria triloculata Karr. (Taf. III, Fig. 9.) 

Von diesem Genus liegen mir einige Stücke vor, deren Erhal- 
tungszustand kein besonders günstiger ist, daher ich dieselben unge- 
achtet nieht unmerklicher Verschiedenheit nur mit einer Bezeichnung 
umfasse und nur das deutlichst erhaltene abbilde. Es ist ein drei- 
kammeriges Gehäuse, dessen beiden jüngsten Kammern kugelig und 
glatt sind, während die älteste konisch zugespitzt und eingebogen ist, 
so daß eine Dentalinenform sich darstellt. Ein kleiner Wulst umgibt 
den rundlichen Mund. Größe 1°5. Millim. 

Sie ist ziemlich selten. 


1) Stache: „Die Foraminiferen der tert. Mergel des Whaingaroahafens.“ Novara- 
Exped. Geol. Theil, I. Band, 2. Abth. Paläontologie. 


368 Karrer. Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 


4. Orbulina neojurensis Karr. (Taf. II, Fig. 10.) 


Das Genus Ordbulina d’Orb., welches von Reuss auf die zum 
Behufe des Generationsgeschäftes losgelösten letzten kugeligen Kam- 
mern mancher Globigerinen Arten zurückgeführt wird (nach Car- 
penter soll dies nieht der Fall sein, sondern Orbulina ein selbst- 
ständiges Genus sein), kömmt nach d’Orbigny lebend an den Ufern 
des adriatischen und mittelländischen Meeres, an den kanarischen 
Inseln, den Antillen und in Indien vor. Fossil ist sie sehr häufig in 
den mitteltertiären Ablagerungen und geht nach Reuss bis in die 
Kreide hinab. 

Während d’Orbigny nur Orbulina universa als Art aufstellt, 
führt Costa in seiner Palöontologia del Regno di Napoli part. II, pag. 
120, Taf. XI und XV eine andere Species ©. granulata mit drei Va- 
rietäten aus dem Thone von Tarent an. 

Seguenza fügt in seiner Deserizione dei foraminiferi monota- 
laminı delle marne mioceniche Messinesi; Messina 1862, eine weitere 
neue Art O. faveolata mit der var. maculata hinzu. 

Terquem kennt in seinen Memoires sur les foraminiferes du 
Lias mehrere neue Arten: ©. rugosa. O. spinosa, O. liassica und O. 
punctata. 

Zu dieser kleinen Suite haben die rothen Mergel von St. Veit 
einen neuen Beitrag geliefert. Es ist die häufigste der darin vorkom- 
menden Foraminiferen, die man zu Hunderten sammeln kann. Die 
Schale ist eine meist vollkommene Sphäre, mit sehr undeutlicher oft 
fehlender Mundöffnung. 

Auf ihrem ganzen Umfang ist dieselbe wie mit einem Netz von 
eckigen Maschen bedeckt, zwischen denen sich ziemlich große runde 
Poren befinden. Die meisten Individuen sind zwar ziemlich von cor- 
rodirtem Aussehen, doch sind ganz schöne Exemplare auch aufzufin- 
den, wie aus der Abbildung zu ersehen ist. Die Größe dieser Art 
erreicht kaum 05 Millimeter. 


on A a eh Dr en nn 


En 


a 0 


I (ristellaria dentata n. fr: 


2 Cristellarıa undnlata n f 7E, 
3.Cristellaria deformis  n. Y/ ji 
YRotalia tuberosa n. fr. 


3.Nodosarin puyiformis n. fr 


b Frondieularia mucronata n. fp 
.2.(ristellaria femituberenlaten. f. 
6.Cristellaria Grundensis rn. fn: 


9.Cristellaria inflatu n. fr 


10. Globtigerina arenaria n. [m 


Sitzungsb. d.k Akad.d.Wmath.naturw ELLVBd.LAbth 1867 


Karrer: Zur Foraminiferen Fauma in Desterreich. 


V.d. Nat.gez.u lith.v. Joh Strohmaye 


4 


3 Spirolocuwlina tenuirostra n.fp. 


1. Biloculina globiformis 7. /r- 


2. Sptroloeulina Lapugyensts n./p. 6.Triloculina angulala v2. /f- 


3. Sptroloculinu cavernosa n.fp. ZTriloculina pyrıla n.fp 


4. ‚Spirolocuwlina comypiressiuscula N. fr 6.Zrtloceulina cuneata n. ft 


9. Triloculina nodofaroıdes nL. fm: 


Sitzungsb.d.kAkad.d.W.math.naturw.C1.LV.Bd.l.Abth.1867. 


Karrer: Zur Feraminiferen Fauna in Desterreich . 


N-d.Nat.gezu.lith v. Joh. Strohmayer Ad.kk.Hof-u n er 
I Ouingueloenlina feidla n./p: b. Qrunqueloculina lacunosa n. fm: 
2 Qrunqueloenlina graclis n. fy I. Biloenlina antigua n. 

> Oninqueloenlina undosa n ft 6. Lagera Dianae n. p 

4 Oningneloeulina costata n. fr. 9. Nodosaria triloenlata n. ff 


3 Oningueloculina ‚striato punctata n. fp. 10. Orbulina neojurensis n. /p. 


Sitzungsb.d.k. Akad. dW math.naturw. CLLV. Bd 1.Abth 1867. 


Jelinek. Über die Stürme des November und December 1866. 369 


Über die Stürme des November und December 1866 >: 


Von dem w. M. Dr. €. Jelinek. 


(Mit 4 Tafeln.) 


Der Winter des Jahres 1866—1867 gehört zu jenen, welche 
sich durch eine höhere Temperatur und durch stürmische Luftbewe- 
gungen auszeichnen. 

Die vielen Stürme, welche insbesondere den Beginn des Winters 
begleitet haben, verdienen eine sorgfältigere Untersuchung und 
dürften sie auch finden, sobald das hiezu erforderliche Beobachtungs- 
Materiale in seiner Gänze zu Gebote stehen wird. Für den gegenwär- 
tigen Augenblick und an diesem Orte läßt sich über die in ungewöhn- 
lich rascher Folge eingetretenen bedeutenden Luftbewegungen nur 
ein allgemeiner Überblick geben. 

Schon das erste Drittel des November 1866 hatte mehrere 
Stürme an den Westküsten von Frankreich, England und Norwegen 
gebracht. Die eigentliche Sturmperiode aber für Mittel-Europa beginnt 
mit dem 13. November. 

Am 12. November ?2) war das Barometer zu Christiansund (Nor- 
wegen) ungewöhnlich tief — bis zu 732-8 Millim. — gesunken, im 
Canal la Manche herrschten starke West- und Südwest-Winde. Am 
13. November trat eine neue barometrische Depression im Norden von 
Schottland auf, indem das Barometer zu Nairn 742-2 Millim. zeigte; 
dabei wüthete im Canal ein Sturm aus Südwest 3). Am 14. ist die 


1) Eine kürzere Mittheilung wurde in der Sitzung der kais. Akademie vom 29. Nov. 
1866 gemacht; die Drucklegung des vorstehenden Aufsatzes hat sich aus dem Grunde 
verzögert, weil ich einige Daten auswärtiger Stationen in die Untersuchung mit 
einbeziehen wollte. Durch diese verspätete Drucklegung ist es möglich geworden, 
auch die stürmischen Luftbewegungen des December 1866 zu berücksichtigen. 

2) Um 8 Uhr Morgens — nach Le Verrier’s Bulletin International. 


3) Am Abend dieses Tages tritt schon starker SW. Wind zu Agram, starker W. zu 
Krakau und Wien auf. 


370 Jeliüec® 


erwähnte barometrische Depression weiter nach Ost oder Südost 
gerückt, in Gröningen ist der Luftdruck 747-1 Millim., dabei Sturm 
aus NW. im Canale. Die an der k. k. Centralanstalt f. M. u. E. 
gezeichneten meteorologischen Karten zeigen schon für diese Tage 
die charaeteristischen Kennzeichen der Sturmtage, das Zusammen- 
drängen der Linien gleicher barometrischer Abweichungen. Am 13. 
November laufen diese Linien im allgemeinen von W. nach ©. Die 
Linie der barometrischen Abweichung — 5 Millim. (jene Linie, 
welche jene Orte verbindet, deren Barometerstand um 5 Millim. tiefer 
ist als der durehsehnittliche desselben Tages) zieht durch die Mitte 
von Böhmen, jene der Abweichung +4 Millim. in der Nähe von 
Venedig, Pola, Lesina, Werschetz. Der höchste Stand ist zu Lesina 
(+49 ober dem Normale), der tiefste zu Prag (5°9 Millim. unter 
dem Normale, die Differenz also 10°8 Millim.) Am 14. November 
laufen die Linien gleicher barometrischer Abweichung von WNW. 
nach OSO. Der tiefste Stand ist bei Krakau (12°3 Millim. unter dem 
Normale), der höchste bei Triest (11 Millim. unter dem Normale, 
also Differenz 11°2 Millim.); im Südwesten von Triest, also auf der 
appenninischen Halbinsel nimmt aber derLuftdruck wieder ab und ist 
z. B. bei Ancona 6°6 Millim. unter dem Normalstande. Die Temperatur 
ist am 14. November ungewöhnlich erhöht und übersteigt z, B. das 
Mittel für Wien !) den normalen Stand um 11-0 Celsius. In der Nacht 
vom 13. auf den 14. November erhebt sich zu Wien ein stürmischer 
Westwind, der mit geringer Abwechslung bis zum 15. November um 
10 Uhr Morgens anhält. Das Barometer, welches zu Wien am 12. um 
7 Uhr Abends 33104 Par. Linien (74677 Millim,) zeigt, sinkt bis 
zum 14. um 3 Uhr Nachmittags auf 326"05 (73551), also in 44 
Stunden um 4”99 (11-26 Millim.), um bis zum 15. um 10 Uhr 
Abends auf 33211 (749-18 Millim.), also um 6”06 (13-67 Millim.) 
zu steigen. Am 14. November regnet es stark zu Szegedin, Pancsova 
und Agram; an letzterem Orte weht Morgens starker SW., Mittags 
starker SW. zu Valona, Abends Sturm aus West zu Krakau. Am 15. 
November laufen die Linien gleicher barometrischer Abweichung im 
Allgemeinen von Nord nach Süd, nur im Nordosten (wo Lemberg um 
10:5 Millim. unter dem normalen Stande zurückbleibt) haben sie eine 


1) Nach der Art der Berechnung aus den Temperaturen von 2" und 10" Abends am 
13., und 7" Morgens am 14. Nov. für den 13. Nov. 10" Abends geltend. 


Über die Stürme des November und December 1866. 371 


Krümmung, deren concave Seite nach NO. gerichtet ist, als Andeu- 
tung nach welcher Seite hin das barometrische Minimum zu suchen 
ist und im Westen (wo bei Bludenz der Luftdruck den normalen um 
3-2 Millim. übertrifft, Differenz 15°7 Millim.) ist die concave Seite 
der Krümmung nach Westen gewendet. An diesem Tage herrscht zu 
Wien, Prag, Klagenfurt stürmischer Westwind, am Mittage zu Agram 
starker NO., zu Szegedin und Yalona starker NW,, in der folgenden 
Nacht an letzterem Orte Gewitter. Am 16. ist das Barometer (in 
Österreich) beträchtlich (insbesondere im Südosten) gestiegen, das 
Maximum ist zu Lesina (7-2 Millim, ober dem normalen Stande), das 
Minimum zu Prag (2-7 Millim. unter dem normalen Stande). In Agram 
und Szegedin herrscht Abends Sturm aus SW., zu Bludenz heftiger 
Föhnwind (SO.), in der Nacht (vom 16.— 17. November) zu Szegedin 
Sturm aus Süd. 

An demselben Tage — 16. November — tritt über den briti- 
schen Inseln eine neue barometrische Depression auf, das Minimum 
ist 742°3 Millim. zu Greencastle (Irland); dabei im Canal Sturm 
aus SW.) Am 17. November ist die Region des barometrischen 
Minimums in unsere Gegenden fortgeschritten. Der niedrigste in 
Le Verrier’s Bulletin für diesen Tag notirte Barometerstand (750-8 
Millim.) findet zu Ancona statt. Die vorherrschende Windrichtung in 
West-Europa ist nördlich, zu Dünkirchen, Boulogne, Havre herrscht 
Sturm aus Norden. Nach den meteorologischen Karten der Central- 
anstalt würde das barometrische Minimum am Morgen dieses Sturm- 
tages im Norden von Böhmen zu suchen sein!), indem Prag eine 


= 


1) Es scheint hierin ein Widerspruch mit dem Bulletin International zu liegen. Eine 
vollständige Übereinstimmung der Curven des Bulletin International mit jenen der 
Centralanstalt ist jedoch aus mehrfachen Gründen nicht zu erwarten. Einmal sind 
die barometrischen Curven auf wesentlich verschiedene Weise construirt; jenen 
Le Verrier’s liegen die absoluten auf das Niveau des Meeres redueirten Baro- 
meterstände zu Grunde, bei jenen der Centralanstalt ist die Reduction auf das 
Meeresniveau vermieden, dagegen werden der Construction die Differenzen gegen 
den Normalstand zu Grunde gelegt. Da bekanntlich der Luftdruck in unseren 
Breiten von Süden gegen Norden abnimmt, so sollten aus diesem Grunde die 
barometrischen Minima bei Le Verrier nördlicher liegen, als in den Karten 
der Centralanstalt; denn wenn der Luftdruck in normaler Weise von Süd nach 
Nord abnimmt, würden die Karten der Centralanstalt kein Minimum ergeben, 
während bei Le Verrier allerdings ein solches im Norden zu suchen wäre. 


Ein zweiter Grund der Verschiedenheit ist dieser, daß die Karten des Bulletin 


372 Jelinek. 


barometrische Depression von 21-4 Millim. unter dem Normalstande 
zeigt, was bei Anhringung der Reduetion auf das Meeres-Niveau 
(nach der im Bulletin International befolgten Übung) einen Stand von 
739-0 Millim. ergeben wärde. Die meteorologische Karte vom 17. 
November ist höchst interessant. Die Linien gleicher barometrischer 
Abweichung sind dieht gedrängt. Im Norden der Monarchie laufen 
dieselben von West nach Ost mit einer gegen Norden gerichteten 
Coneavität. In Tirol, Oberösterreich, Steiermark u. s. f. überhaupt 
im Südwesten ist der Zug dieser Linien von Nord nach Süd mit einer 
gegen Westen geriehteten Coneavität. In Ungarn und Siebenbürgen 
dagegen ziehen die Curven von SW. gegen NO. mit einer leichten 
Coneavität gegen SO. 

Nach dieser Anordnung der Curven sind zwei barometrische 
Maxima, das eine südöstlich von Siebenbürgen, das andere nordwest- 
lieh von Böhmen zu suchen. Die Station, welehe den relativ höchsten 
Barometerstand hatte, war Bludenz (3-4 Millim. unter dem Normal- 
stande, also mit Prag verglichen ein Unterschied von 18-0 Millim.). 
Der Westen von Österreich ist am 17. November !) ungewöhnlich 
warm, Bludenz ist um 8-4 C. wärmer als gewöhnlieh, Agram um 6-2, 
Prag und Krakau um 5-9 €. Die herrschende Windesriehtung nach 
derselben Karte — also an dem Tage wo sich ein nördlicher Luft- 
strom über Frankreich, England und den Canal ergeß — war in 
Österreich südwestlich. Es scheint als ob der warme Südwest- 
Strom sich mit Gewalt Bahn breehen mußte zwischen zwei kalten 
nördliehen Strömungen; denn während einerseits die Existenz eines 
nördliehen Stromes in West-Europa durch Le Verrier's Bulletin 
erwiesen ist, zeigen unsere Karten im Osten der Monarehie dureh 
niedrigere Temperatur, (z. B. bei Hermannstadt 3-3 C. unter dem 
Normalstande bei heiterem Himmel), die Existenz einer solehen nörd- 
liehen Strömung an, während überall, wo der Südwest-Wind stür- 
misch eindringt, derselbe (wie oben erwähnt wurde) eine beträcht- 
liche Temperatur-Erhöhung mit bedeektem Himmel im Gefolge hat. 
Dieses Einbreehen des Südstromes kündigt sich dureh ein beträcht- 
liehes Fallen des Barometers an, welches z. B. für Wien vom 15. um 


International für 8 Uhr Morgens (im Winter), jene der Centralanstalt für 7 Uhr 
Morgens gelten. 
1) Eigentlich am Abend des 16. November; siehe die Bemerkung auf S. ?. 


Über die Stürme des November und December 1866. 373 


10 Uhr Abends bis zum 17. um 7 Uhr Morgens, wo der Luftdruck 
322"47 (72744 Millim.) ist, also in 33 Stunden 9"64 (21-74 Millim.) 
beträgt. In Szegedin fällt eine bedeutende Regenmenge bei einem 
Sturme, der Morgens aus SW. beginnt und des Abends sich nach 
NW. dreht. In Agram starker SW. mit Regen, in Wien Vormittags 
stürmischer Westwind, ebenso des Mittags in Krakau, Abends stürmi- 
seher NO. in Pola, Sturm aus OSO. in Panesova; in Valona in der 
Nacht vom 17.—18. Gewitter.) In Leipzig bricht am Morgen des 
17. November zwischen 5 und 6 Uhr ein starker Orkan aus WNW. 
ein, begleitet zuerst von Regen, dann von Schnee; die Temperatur 
sinkt von 1 Uhr Morgens (7-6 R.) bis 9 Uhr Morgens (—0'6 R.) 
um 8'2 R., das Barometer steigt binnen 3 Stunden um nicht weniger 
als 5-24 Linien, um 6 Uhr Morgens zeigt es 32298 um 9 Uhr Mor- 
gens 328:22. 

Am 18. November befindet sich (nach dem Bull. Int.) ein baro- 
metrisches Minimum in der Gegend von Neapel, wo der Luftdruck 
757 Millim. beträgt. Nach den Karten der Centralanstalt ist das baro- 
metrische Minimum gegen Osten fortgerückt, Der nördliche Strom 
dringt mit großer Vehemenz durch; der Luftdruck zu Wien erhebt 
sich am 18. um 10 Uhr Morgens auf 332"46 (749-98 Millim.), somit 
seit dem Minimum des 17, ein Steigen in 27 Stunden um 9"99 
(22-54 Millim.). ”) Am Abend dieses Tages ist eine bedeutende 
Abkühlung im Süden und Südosten der Monarchie eingetreten, so 
daß die Temperatur zu Lesina nicht weniger als 84, jene zu Her- 
mannstadt 8:3 C. unter dem Normalstande zurückbleibt. 

Am 19. November tritt ein barometrisches Minimum (748 Millim. ) 
zu Gröningen auf, An demselben Tage laufen die barometrischen Cur- 
ven in Österreich im Allgemeinen von WNW. nach OSO.; Bludenz 
hat den relativ höchsten Stand (0-3 Millim. unter dem Normale), 
Prag den tiefsten (12°1 Millim. unter dem Normale, somit Unter- 
schied 11-8 Millim.). Vom Abend ‘desselben Tages wird aus Prag 
starker Nordwind gemeldet. °) 

Am 20. November hat sich das vorhin erwähnte barometrische 
Minimum bis in die Ostsee fortbewegt und das Barometer zeigt zu 
Hörnesand (Schweden) 742-9 Millim., zu Riga 743°0 Millim, Ziem- 
Sch starke Nordwinde herrschen in der Ostsee, der übrige Theil von 
Europa genießt eine verhältnißmäßig kurze Ruhe. In der Regel tritt 
in Wien stürmischer Westwind ein, sobald das barometrische Mini- 


374 Jelinek. 


mum nach Osten rückt, so auch diesmal in der Nacht vom 20. bis 
21.November, und dieser heftige Westwind währt fort bis zum Morgen 
des 22. November !). Am 20. November herrscht zu Valona ein SW. 
der sich Abends zum Sturme steigert, in Krakau (des Mittags) stür- 
mischer West, zu Curzola starker Regen: am 21. November zu 
Krakau (des Morgens) starker Westwind, zu Agram Abends starker 
SW.; am 22. November (des Morgens) zu Krakau starker Nord-, zu 
Agram starker Nordwest-Wind, (Mittags) zu Szegedin starker NW. 
Vom 19. bis 22. ist die Temperatur in der österreichischen Monarchie 
beträchtlich tiefer als die normale. Am 20. (richtiger 19. Abends) 
beträgt die Temperatur-Depression zu Hermannstadt 8:8, am 21. zu 
Agram 11:0, am 22. zu Lesina 7°8 C. unter dem Normalstande. Diese 
tiefe Temperatur im Südosten der Monarchie hält auch an den folgen- 
den Tagen an und es sind die Temperatur-Depressionen unter dem 
Normalstande am 23. zu Debreezin 7:5, am 24. zu Hermannstadt 
10:6 C. 

Am 23. November, mit welchem Tage eine neue Reihe stürmi- 
scher Luftbewegungen beginnt, tritt eine barometrische Depression 
im Norden von Schottland auf, zu Yarmouth ist der Luftdruck 749-7 
Millim., zugleich nehmen im Canal die Winde (von westlicher Rich- 
tung) an Intensität zu. 

Am 24. November ist die Stelle des geringsten Luftdruckes 
weiter nach Osten gerückt und zwar erscheint in dem Bulletin Inter- 
national als Station mit dem tiefsten Barometerstande Riga (nämlich 
mit 741-8 Millim.). Während im Canal Nordwinde mit ziemlicher 
Intensität herrschen, haben im mittelländischen Meere starke West- 
und Südwinde die Oberhand. Das Einbreehen des Äquatorialstro- 
mes kündigt sich in Oesterreich durch ein bedeutendes Fallen des 
Barometers (bei Prag um 18-9 Millim., bei Krakau um 16-9 Millim., 
bei Ischl um 15°8 Millim.) vom 23. zum 24. November an. In der 
Nacht vom 23. zum 24. November bricht der Südwind bereits bei 
Pola stürmisch herein. Die Karten der meteorologischen Central- 
anstalt 2) deuten wieder ein barometrisches Minimum nördlich von 


1) In der Nacht vom 21— 22. November gibt das Anemometer von Robinson eine 
mittlere Windgeschwindigkeit von 30°5 Par. Fuß in der Secunde — das Maximum 
des sonst so stürmischen Monates. 

2) Siehe die betreffenden Karten. Ich habe unter den vielen Sturmtagen des Novem- 
ber jene vom 24. und 30. herausgewählt; den ersteren als einen Repräsentanten 


Über die Stirme des November und December 1866. 375 


Böhmen an. Der Luftdruck zu Prag ist 17°3 Millim. unter dem 
Normalstande; auf das Niveau des Meeres redueirt, würde dies einen 
Stand von 743-1 Millim. ergeben. Dieselben Karten der Central- 
anstalt zeigen zu derselben Zeit eine sehr ungleiche Temperatur- 
vertheilung, indem am 24. November die Temperatur zu Hermann- 
stadt nicht weniger als 10°4 €. unter dem Normalstande bleibt, wäh- 
rend Klagenfurt um 42, Pola um 2:3C. wärmer sind als gewöhnlich. 
Es scheint also an diesem Sturmtage neuerdings der schon beim 
17. November erwähnte Fall eingetreten zu sein, daß ein südlieher 
Wind mit Gewalt sich Bahn brechen mußte zwischen zwei nördlichen 
kälteren Strömungen. Der durchaus bedeckte Himmel über der öster- 
reichischen Monarchie und die Niederschläge zu Triest, Ischl, Wien, 
Debreezin, Lemberg dürften, auf die Mengung zweier ungleich war- 
mer Luftströme hindeutend, diese Ansicht unterstützen. An diesem 
Tage (24. November) weht in Szegedin des Morgens starker NO., 
zu Valona den Tag über stürmischer SW. und S., zu Agram Mittags 
starker NNW., zu Curzola starker SO.'). 

Kaum hat sich die beim 24. November erwähnte barometrische 
Depression nach Osten bewegt !), so tritt am 25. November schon 
wieder ein neues barometrisches Minimum in der Nordsee auf, indem 
das Barometer zu Gröningen 748-7 Millim. anzeigt. Der Wind ist im 
Canale stark, aus West und Südwest. An diesem Tage weht (Mittags) 
zu Szegedin starker NW., (Abends) zu Agram starker SW. 

Am 26. November ist dieses Minimum nach Osten gerückt; der 
Wind ist stürmiseh aus Nord im Canal, im mittelländischen Meere stür- 
misch aus West, im adriatischen aus Süd und Südost. Unsere Karten 
deuten wieder ein Minimum im Norden von Böhmen an, die Baro- 
metercurven laufen von West nach Ost; in Prag ist eine barometrische 


des Falles, wo der Äquatorialstrom stürmisch eindringt, den letzteren, um das 
Hereinbrechen der Bora, des kalten Nordwindes zu veranschaulichen. Für jeden 
der beiden Tage sind zwei Karten gegeben, wie dieselben täglich an der k. k. 
Centralanstalt (von dem Zeichner Herrn Josef Harbieh) eonstruirt werden. Die 
eine Karte enthält die Linien gleicher barometrischer Abweichung, nebstbei die 
Windesriehtungen und Windstärken (mittelst der Länge der Pfeile), die zweite 
Karte die Linien gleicher Temperatur-Abweichung und nebstbei den Zustand des 
Himmels an den einzelnen Stationen (mittelst schraflirter Kreise und der leicht 
verständlichen Zeichen für Regen, Schnee, Nebel u. s. f.). 

1) Hiemit im Einklange steht das stürmische Einbrechen des Westwindes zu Wien am 
Mittag des 24.; der stürmische West währt bis zum 25. Morgens. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 26 


3716 Jelinek. 


Depression von 12-8 Millim., in Pola von 10:0 Millim., in Lesina von 
4-3 Millim. Im Südosten der Monarchie erhält sich die tiefere Tem- 
peratur (zu Hermannstadt 4:3 C. unter d. N.), während der Rest der 
Monarchie wärmer ist als gewöhnlich (Wien um 42, Pola um 3°9C.). 
An demselben Tage weht (des Morgens) zu Pola starker SSO., (des 
Mittags) zu Curzola Sturm aus SO., (Abends) zu Agram starker SW.; 
zu Szegedin und Agram starker Regenfall °). 

Am 2%. November ist das barometrische Minimum weiter 
nach Osten gerückt (zu Lemberg ist die barometrische Depression 
12-1 Millim.); an mehreren Orten fällt Regen und Schnee, so zu 
Bludenz die beträchtliche Menge von 30:2 Millim. 

Am 28., 29. und 30. November finden niedrige Barometerstände 
im östlichen Theile des mittelländischen Meeres statt, und im Zusam- 
menhange mit der Zunahme des Luftdruckes in Central-Europa und 
Rußland sind die Bedingungen zum Einbrechen der Bora im nörd- 
lichen Theile des adriatischen Meeres gegeben, und schon am 28. 
Abends (an welchem Tage zu Pancsova ein bedeutender Nieder- 
schlag stattfindet), dringt der Sturm aus NNO. bei Curzola ein ‘). Am 
29. November ist der Zug der Barometereurven nach denKarten der 
Centralanstalt von Ost nach West gerichtet, in Krakau ist das Ba- 
rometer 6°9 Millim. über, in Lesina 3-1 Millim. unter dem Normal- 
stande; am 30. November (von welehem Tage wieder die meteoro- 
logischen Karten diesem Aufsatze angehängt sind), steht das Baro- 
meter zu Lemberg 10°9 über, zu Lesina 9-6 Millim. unter dem 
Normalstande, was eine Differenz von 20-5 Millim. gibt. Eine heftige 
nordöstliche Luftströmung tritt auf; zu Agram fällt Schnee bei star- 
kem NO., zu Lesina in der Nacht vom 30. November zum 1. Decem- 
ber bei Gewitterregen eine Niederschlagsmenge von 24-8 Millim. Die 
Temperatur-Depression ist nach Westen vorgerückt und es steht das 
Thermometer am 30. November (eigentlich am 29. Abends) zu Blu- 
denz um 5°8, zu Lesina um 3°9, am 1. December zu Bludenz um 8-0, 
zu Ischl um 43 C. unter dem Normalstande. Am 29. und 30. Novem- 
ber behauptet die Bora ihre Herrschaft und zwar am 29. Morgens als 
Ost zu Valona, den ganzen Tag als ONO. zu Triest, als NO. zu Pola 
und Curzola, vom Mittag an zu Szegedin als NO., vom Abend an zu 
Agram und Krakau als NO. Am 30. November währt der NO.-Sturm 
fort den ganzen Tag über zu Krakau (zuletzt als ONO.), zu Triest 
und Pola, zu Szegedin am Morgen und zu Curzola fällt starker Regen 


Über die Stürme des November und December 1866. 31% 


bei mässigem SO., ebenso zu Valona. Noch den 1. December hin- 
durch herrscht ein NO.-Sturm zu Krakau. Bemerkenswerth hierbei 
ist, daß die Bora früher im Süden (bei Curzola) begann, ehe der 
NO.-Sturm bei Krakau hereinbrach, und ebenso am 30. im Süden 
schon erlosehen war, als die Gewalt des Sturmes im Norden sich noch 
steigerte. Es scheint also in diesem Falle die Fortpflanzung des 
Sturmes in einem der Richtung des Windes entgegengesetzten Sinne 
stattgefunden zu haben, oder wie man sich manchmal auszudrücken 
pflegt, die Fortbewegung der Luftmassen nicht durch Propulsion, 
sondern durch Aspiration hervorgerufen worden zu sein. Diese 
letztere Bezeichnung möchte ich übrigens durchaus nicht befürwor- 
ten, sie ist nur geeignet, die Begriffe zu verwirren und die Meteoro- 
logen unbemerkt auf einen längst überwundenen Vor-Torricelli- 
schen Standpunkt zurückzuführen. 

Am 1. und 2. December genießt nahezu ganz Europa einer ver- 
hältnißmäßig kurzen Ruhe; im Meerbusen von Biskaja tritt eine 
leichte barometrische Depression auf und der Barometerstand ist am 
1. December zu Lorient 753°0 °). 

Am 2. December ist diese Depression im Canal, wo SW.-Winde 
von mäßiger Stärke wehen; zu Havre ist der Barometerstand 752-0. 

Am 3. December tritt ein barometrisches Minimum im Norden 
von Sehottland auf, wo das Barometer (zu Nairn) 7412 zeigt. Die 
SW.-Winde im Canal gewinnen an Stärke. In Wien weht in der 
Nacht vom 2. auf den 3. December ein lebhafter SO. Am 4. Decem- 
ber ist das barometrische Minimum in der Gegend von Norwegen 
gerückt, wo das Barometer (zu Christiansund) 730°8 anzeigt. Im 
Canal herrscht SW.-Sturm. In Oesterreich tritt ungeachtet des hohen 
Luftdruckes zu Bludenz starker Südwind auf. Am 5. December ist 
das barometrische Minimum in die Ostsee gerückt. Der Barometer- 
stand beträgt zu Haparanda 733-1 Millim., zu Hernösand (Schweden) 
733°2 Millim., zu Stockholm 733-5 Millim. "Im Canal Sturm aus 
WSW. 

Am 6. December tritt in der Gegend von Irland ein neues baro- 
metrisches Minimum auf; Luftdruck zu Valentia 7449 Millim., zu 
Havre und Cherbourg starker Westwind. Am 7. December ist dieses 
barometrische Minimum in die Gegend von Norwegen gerückt; Luft- 
druck zu Skudesnaes 732-8; zu Boulogne Sturm aus WSW. Am 
8. December ist das barometrische Minimum in Rußland, Luftdruck 

26* 


378 LT eslliıntoik, 


zu Petersburg 734°5, im Canal Sturm aus NW. Am Mittag des 8. De- 
cember tritt zu Wien starker WNW.-Wind ein, zu Krakau weht den 
ganzen Tag stürmischer Westwind, zu Triest tritt starker Regenfall 
ein"). Am 9. December ist das barometrische Minimum im Osten 
von Petersburg, wo der Luftdruck 740-4 ist; zu Riga weht starker 
NW.-Wind. In Wien findet vom 7. Abends 10 Uhr, wo der Baro- 
meterstand 328"62 (74131 Millim.) ist, bis zum 9. um 4 Uhr Nach- 
mittags, wo das Barometer 336"15 (758:29 Millim.) anzeigt, ein 
rasches Steigen des Luftdruckes um 7"58 (16-938 Millim.) in 42 Stun- 
den statt. 

Am 9. December tritt ein neues barometrisches Minimum im 
Nordwesten von Norwegen auf. In Bludenz herrscht an diesem Tage 
starker SO.-Wind, dagegen zu Szegedin Sturm aus NW. und N., in 
Krakau (Vormittags) sehr starker Westwind, zu Lesina in der Nacht 
vom 9. zum 10. starke Bora. . 

Am 10. December befindet sich das vorher erwähnte Minimum 
in der Ostsee, wo der Luftdruck zu Helsingfors 7407 beträgt; 
hiebei Sturm aus West im Canal. In Krakau tritt am .Mittage Sturm 
aus W. ein. Das Barometer sinkt in Wien vom 9. Deeember 4 Uhr 
Nachmittags, wo es 336"15 (758°29 Millim.) zeigt, bis zum 11. um 
2 Uhr Morgens, wo der Stand 328”22 (740-40 Millim.) ist, somit 
in 34 Stunden um 7"93 (17:89 Millim.) '). 

Am 11. December ist der niedrigste im Bulletin International 
verzeichnete Barometerstand jener zu Petersburg — 736-4 Millim. — 
Am Allgemeinen ist die Atmosphäre weniger bewegt, nur in Krakau 
herrscht den ganzen Tag über heftiger Westwind. 

Am 12. December scheint die barometrische Depression in das 
nordöstliche Rußland weit gerückt zu sein; im Canal herrschen 
ziemlich starke SW.-Winde. ? 

Am 13. December tritt eine neue barometrische Depression nörd- 
ich von Sehottland auf, das Barometer zu Nairn zeigt 741-7 Millim., 
zu Dünkirchen und Boulogne herrscht Sturm aus WSW . In Oesterreich 
ist der Barometerstand zu Lemberg 11:6 Millim. unter dem Normal- 
stande, zu Wien fällt das Barometer rasch und zwar von dem höch- 
sten Stande 331”91 (74873 Millim.). am 12. um 9 Uhr Vormittags 
zu dem tiefsten Stande 322”53 (72757 Millim.), am 14. um 6 Uhr 
Morgens, also um 9:38 (21:16 Millim.) in 45 Stunden. Schon am 
13. December weht den ganzen Tag zu Agram lebhafter Wind aus 


Über die Stürme des November und December 1866. 379 


West und Südwest, zu Krakau Abends aus WSW.: an letzterem 
Orte Nachts starker Regen. In Wien vom 13. Morgens bis 14. Nach- 
mittags Sturm aus WNW. und W., wobei an dem Anemometer von 
Robinson am 13. zwischen 2 und 6 Uhr Nachmittags das Maximum 
der Windgeschwindigkeit — mit 38-4 P.-Fuß in der Seeunde — 
erreicht wird. 

Am 14. December ist das Minimum zu Nairn noch tiefer, näm- 
lieh 735-1 Millim., im Canal herrscht Sturm aus W. Zu Krakau ist 
die barometrische Depression unter den Normalstand 21-7 Millim. 
In Krakau Vormittags Sturm aus West, zu Agram des Morgens 
starker SW., inValona des Morgens starker SW., Abends starker 
SO*.) 

Am 15. December erhält sich der tiefe Barometerstand zu Nairn 
mit 741-3 Millim. Starker Westwind im Canal. In Oesterreich trifft 
der tiefste Barometerstand auf Hermannstadt, von wo eine barometri- 
sche Depression von 15:9 Millim. gemeldet wird. Nach den Karten des 
Bulletin International scheint übrigens zwischen Sieilien und Afrika 
ein zweiter Mittelpunkt barometrischer Depression zu existiren und 
schon vom 12. December angefangen, läßt sich auf atmosphärische 
Störungen im südöstlichen Theile des Mittelmeeres schliessen. In 
Valona ist an diesem Tage des Morgens starker SW., der Mittags in 
NW. übergeht; in der Nacht vom 15. bis 16. daselbst Gewitter '). 

Am 16. December ist das barometrische Minimum in die Ge- 
gend von Norwegen gerückt, das Barometer zu Christiansund zeigt 
743-1 Millim. an, zu Boulogne und Havre herrscht Sturm aus WNW. 
In Szegedin weht des Mittags ein lebhafter Nordwind ”). 

Am 17. December ist der Luftdruck im ganzen Norden ziemlich 
gleichförmig vertheilt und liegt zwischen 752 und 755 Millim. 
Nach den Karten des Bulletin International scheint in der Gegend 
von Griechenland sich ein zweites barometrisches Minimum zu be- 
finden. In Toulon herrscht an diesem Tage Sturm aus NNW; in 
Oesterreich tritt Abends zu Curzola lebhafter Ostwind, zu Valona 
lebhafter SO.-Wind ein; in Valona findet ein Gewitter statt. Der 
Ostwind zu Curzola dürfte wohl als Vorbote der am nächsten Tage 
auf dem adriatischen Meere herrschenden Bora zu betrachten sein "). 

Am 18. December ist der tiefste im Bulletin International an- 
gegebene Barometerstand zu Nairn 7542 (verhältnißmäßig hoch); 
im Süden von Sicilien scheint eine barometrische Depression vor- 


380 Jelinek. 


handen zu sein. In Oesterreich ist der Luftdruck höher als der nor- 
male, in Ischl z. B. um 12:5 Millim. ; gegen das adriatische Meer hin 
nimmt er ab. Das Barometer zu Wien ist seit dem 16. December 
1 Uhr Nachmittags, wo es 327"83 (73953 Millim.) zeigt, in 
raschem Steigen begriffen und erreicht am 18. um 10 Uhr Morgens 
seinen höchsten Stand von 836"83 (75871 Millim.); somit ein 
Steigen um 8"50 (19-18 Millim.) in 45 Stunden. Im Nordosten der 
Monarchie ist eine Temperatur-Depression eingetreten, und zwar ist 
die Temperatur zu Lemberg um 6°3 C. tiefer als gewöhnlich. Hiemit 
sind die Bedingungen zum Eintreten der Bora am adriatischen Meere 
gegeben. Dieselbe weht den ganzen Tag über zu Triest aus ONO., 
zu Curzola aus NNO., zu Valona aus NO. (Abends sturmartig), zu 
Zara vom Mittag bis zum Abend aus NO. Zu Valona tritt in der 
Nacht vom 18. bis 19. Gewitter ein. 

Am 19. December ist im Norden von Europa ein beträchtliehes 
Sinken des Barometerstandes eingetreten, das Barometer zu Christian- 
sund zeigt 735-3 Millim. zu Gröningen weht starker SSW. 

Am 20. December ist dieses barometrische Minimum nach Osten 
gerückt, das Barometer zu Haparanda zeigt 743-4 Millim. Gleich- 
zeitig scheint nach den Karten des Bulletin International im Südosten 
von Sicilien eine neue barometrische Depression zu liegen. Im adria- 
tischen Meere weht noch am 19. Morgens und Mittags zu Valona 
starker NO., zu Triest am 20. Morgens Bora (ONO.). Hiemit sind 
die Störungen des atmosphärischen Gleichgewichtes für das Jahr 
1866 in unseren Gegenden abgeschlossen. Nur am 28. und 29. De- 
cember, wo das barometrische Minimum beziehungsweise bei Riga 
(734-3 Millim. mit NW.-Sturm bei Boulogne) und bei Nairn 
(743-7 Millim., W.-Sturm bei Havre) liegt, wird die Atmosphäre 
unserer Gegenden theilweise in die stürmische Bewegung hinein- 
gezogen. Das Barometer steht am 28. zu Prag 13°4 Millim., aın 29. 
zu Lemberg 218 Millim. unter dem normalen Stande und zu Wien 
ist vom 26. December 10 Uhr Vormittags (Stand 333"75 oder 
75288 Millim.) bis zum 29. December um 3 Uhr Morgens (Stand 
324"07 oder 73105 Millim.), also in 65 Stunden ein Sinken um 
9"68 (21-83 Millim.) erfolgt. In Krakau weht vom Mittag des 28. 
bis Mittag des 29. starker Westwind, zu Szegedin am Mittag 
des 29. starker SW. und zu Zara am Mittag des 29. lebhafter 
OSO. °) 


Über die Stürme des November und December 1866. 381 


Wenn wir aus der eben angeführten Übersicht der Erscheinun- 
gen, wie sie die Monate November und December 1866 darbieten, 
Folgerungen ziehen wollen, so drängt sich uns zunächst die Bemer- 
kung auf, daß die Windverhältnisse über dem Gebiete der österrei- 
chischen Monarchie außerordentlich verwickelte sind, wie dies bei 
der Mächtigkeit, Anzahl und Lage der einen großen Theil des Terri- 
toriums einnehmenden Gebirgsketten nicht wohl anders erwartet 
werden konnte. 

In der Regel treten barometrische Minima im Nordwesten von 
Europa zuerst auf und nehmen ihren Zug nach Osten. Halten diesel- 
ben so ziemlich die Richtung von West nach Ost ein, um im nörd- 
lichen Rußland sich der Beobachtung zu entziehen, so affieiren sie 
die Atmosphäre unserer Gegenden in geringem Mafßse. Blos die nörd- 
lich von den Alpen und nördlich von den Karpathen liegenden Sta- 
tionen nehmen an der allgemeinen Luftbewegung Antheil und es 
treten an den Stationen Prag, Wien, Lemberg und Krakau lebhafte 
Westwinde auf; dieselben beginnen mit S. oder SW., so lange das 
barometrische Minimum im Nordwesten liegt, und endigen mit Nord- 
west, sobald das Minimum nach Osten gerückt ist. Die Atmosphäre 
über dem adriatischen Meere wird nur wenig in die Luftbewegung 
hineingezogen, bei stärkerer barometrischer Depression treten zu 
Lesina lebhafte Südostwinde auf. Das Auftreten der Südostwinde im 
adriatischen Meere (anstatt der anderwärts vorwaltenden Süd- oder 
Südwestwinde) erklärt sich wohl unschwer aus der Richtung der 
Küsten, und es ist wohl nicht nöthig, hiebei die Rotation der Erde zu 
Hilfe zu nehmen !), welche gerade die entgegengesetzte Erscheinung, 
nämlich eine Drehung des Süd- oder Südwestwindes in der Weise, 
daß daraus Westwind hervorgeht, hervorbringen müßte. In höherem 
Grade wird das Gleichgewicht der Atmosphäre in unseren Gegenden 
gestört, wenn das barometrische Minimum auf seinem Zuge durch 
Europa die Richtung von NW. nach SO. nimmt. In diesem Falle 
wird auch die Luft in Ungarn in die stürmische Bewegung hinein- 
gezogen, die Windesrichtung, die anfänglich S. (manchmal sogar 
SO.) war, geht bei rasch steigendem Barometerstande in W., NW. 
auch N. über, und die gewöhnlich im nördlichen Theile des adriati- 


1) S Seechi, Bull. Met. dell’ Osservatorio del Coll. Romane, Vol. VI. p. 2. 


382 JE ID OK, 


schen Meeres wehenden östlichen Winde gewinnen an Lebhaftigkeit, 
nehmen auch eine nordöstliche Riehtung an. 

Besonders gefährlich für den nördlichen Theil des adriatischen 
Meeres sind jene Fälle, bei welchen in Oesterreich eine allgemeine 
Depression des Barometerstandes stattfindet, dabei aber die Größe 
dieser Depression von Nord nach Süd zunimmt, so daß das barome- 
trische Minimum im Süden zu suchen ist. In solchen Fällen tritt 
regelmäßig eine stürmische Auiregung der Atmosphäre über dem 
adriatischen Meere ein. Die auf einander folgenden Richtungen, aus 
welehen der Wind oder Sturm weht, bedürien zu ihrer Feststellung 
noch eingehenderer Untersuchungen, hängen aber jedenfalls von der 
Lage des barometrischen Minimums und der Ortsveränderung des- 
selben ab. 

Während in dem letztgenannten Falle das Eintreten von Stür- 
men, welche sich nicht blos auf den nördlichen Theil des adriatischen 
Meeres beschränken, sondern das letztere in seiner Gänze aflıeiren, 
unschwer prognostieirt werden kann, so ist damit die Reihe der 
Fälle, in welehen die Bora im nördlichen Theile des adriatiscken 
Meeres auftritt, keineswegs erschöpft. Es ist zum Eintreten der Bora 
durchaus nicht erforderlich, daß eine barometrische Depression statt- 
finde, und gerade dieser Umstand, dafs das Eintreten der Bora mit 
normalem oder sogar höherem Luftdrucke ganz gut verträglich ist, 
macht das Vorhersehen solcher Fälle schwierig. So viel steht jedoch 
fest, daß die Barometereurven in der Art angeordnet sein müssen, 
daß die Linien höheren Luftdruckes im Norden liegen. Hohe Baro- 
meterstände im Norden (z. B. bei Prag oder Krakau), insbesondere 
wenn sie auf tiefe Stände rasch folgen und mit einer Temperatur- 
Depression verbunden sind, deuten auf ein wahrscheinliches Ein- 
treten der Bora. 

Als ein interessantes Ergebnif® möge nochmals der Fall der 
Bora am 28. und 29. November 1866 hervorgehoben werden, wo- 
bei die nordöstliche Luftströmung zuerst im Süden (bei Curzola) 
begann und sich nach rückwärts fortpflanzte, so daß sie bei Krakau 
um einen Tag später begann und noch 48 Stunden fortwährte, nach- 
dem dieselbe bereits bei Curzola erloschen war. Wenn sich dieses 
Verhältniß durch andere Fälle bewähren sollte, dann würde die 
Wichtigkeit der nordöstlichen Stationen für die Prognostieirung 
der Bora in beträchtlichem Maße schwinden, dagegen als Nothwen- 


Über die Stürme des November und December 1866. 383 


digkeit sich herausstellen, von südlicheren Stationen telegraphische 
Depeschen rechtzeitig !) zu erhalten. 

Für die Entscheidung einer anderen in neuerer Zeit viel venti- 
lirten Frage: „ob die Stürme in Europa durch das gegenseitige Ver- 
drängen entgegengeseizter Luftströmungen entstehen oder ob sie 
Ähnliehkeit mit den Cyelonen der Tropen haben und als Wirbelstürme 
zu betrachten sind?“ reichen Beobachtungen über einem verhältniss- 
mäßig so beschränkten Gebiete — wie es für meteorologische Unter- 
suchungen die österreichische Monarchie darbietet — nicht aus. Von 
einer vollständigen Wirbelbewegung kann unter allen Umständen 
keine Rede sein; was aber die Drehungen der Windesrichtung um 
90-- 180 Grade in unseren Gegenden anbelangt, so können diese 
ebenso gut durch das Verdrängen zweier entgegengesetzter Luftströ- 
mungen, als durch eine unvollständige Wirbelbewegung (beschränkt 
auf die westliche Seite der Windrose) erklärt werden. 

Wahrseheinlicher dünkt mir die erstere Erklärungsweise haupt- 
sächlich deshalb, weil mit den Drehungen der Windfaline von S. über 
W. nach N. in der Regel starke Veränderungen der Temperatur und 
des gesammten Witterungscharakters verbunden sind, die sich unge- 
zwungener aus dem Gegensatze der beiden Strömungen der südlichen 
(Äquatorialstrom) und der nördlichen (Polarstrom, obgleich an einen 
Ursprung derselben am Pole wohl nieht zu denken ist) — ergeben. 
Allerdings führt auch eine Wirbelbewegung die Luft höherer (nörd- 
licherer) Breiten in tiefere (südlichere) und umgekehrt, allein wenn 
man die Wirbelbewegung nach ihrem strengen Begriffe auffaßt, so 
würde eine und dieselbe Luftmasse im Kreise (oder wie sich die 
Verhältnisse in Europa gestalten) im Halbkreise herumgeführt werden. 
Bei der raschen Bewegung dieser Luftmasse sollte dieselbe aber nahe- 
zu dieselbe Temperatur und dieselben sonstigen Charaktere beibe- 
halten, indem der Einfluß der Temperatur des Erdbodens nicht sehr 
beträchtlich sein dürfte und die Condensation von Wasserdämpfen 
bei den Niederschlägen, die häufig eintreten, wenn der SW. durch 
den NW. abgelöst wird, im entgegengesetzten Sinne — nicht abküh- 
lend, sondern erwärmend — wirken müßte. Insoferne scheint die 
Entscheidung für das Verdrängen der einen Luftströmung durch die 
andere näher zu liegen; daß übrigens partielle Wirbel auftreten 


en 


1) Die Depeschen von Valona (türk. Albanien) treiien regelmässig verspätet ein. 


384 Terltinzeik. 


können und müssen, wo zwei entgegengesetzte Strömungen zusammen- 
treffen, die noch dazu vielfache Hindernisse ihrer freien Fortbewegung 
in den zahlreichen und mächtigen Gebirgszügen finden, und daß diese 
partiellen Wirbel in bedeutendem Maße zur Verstärkung der Luftbe- 
wegung an einzelnen hiefür besonders gelegenen Orten beitragen 
können, dürfte keiner umständlichen Erörterung bedürfen. 


Im Anhange folgen für einige Tage des November und December, 
welche durch besonders rasche und umfangreiche Schwankungen des 
Barometerstandes ausgezeichnet waren, die Stände des Luftdruckes 
von Stunde zu Stunde, wie dieselben durch den Kreil’sehen Baro- 
metrographen an der k. k. Centralanstalt aufgezeichnet wurden. In 
einer zweiten Zusammenstellung folgen für einige Stationen in 
und außerhalb der österreichischen Monarchie die meteorologischen 
Verhältnisse während der Sturmperioden vom 13.—18., 23.—25., 
28.—830. November und 18. — 19. December 1866. Die Beobach- 
tungen zu Leipzig sind einer gütigen brieflichen Mittheilung Herrn 
Professor Dr. Carl Bruhns, jene zu München Professor Lamont’s 
Wochenberichten, jene zu Berlin der Nationalzeitung entnommen. 
Hiebei sind sowohl die absoluten Stände des Luftdruckes und der 
Temperatur, als auch die Abweichungen des ersteren von den 
- Normalwerthen — die ersteren in Pariser Linien, die letzteren in 
Reaumur’schen Graden — angegeben. Die Windstärken sind 
nach der zehntheiligen Scala angegeben, bei jenen Stationen, welche 
die viertheilige Scala benützen (Berlin, München, Prag) wurden 
die betreffenden Zahlen deshalb mit 1%/, multiplieirt, um sie auf die 
zehntheilige Scala zu beziehen. Die Windstärken von Prag (wohl 
aus den Angaben des Autographen berechnet) und Lemberg sind viel 
niedriger als an den anderen Stationen, was bei der ersteren Station 
an den Angaben des Autographen, bei letzterer an der individuellen 
Schätzung liegen mag. Die Beobachtungszeiten an den verschiedenen 
Stationen sind nicht strenge ühereinstimmend, sie wurden deshalb mit 
den allgemeinen Schlagworten „Morgens“, „Mittags“ und „Abends“ 
bezeichnet. Genauer bezeichnet gelten die betreffenden Zahlen bei 
Berlin, Leipzig, Prag, Krakau, Wien, Debreezin, Lesina für 18,5: 2%, 
10", bei Lemberg, Szegedin, Rustschuk, Pola, Agram, Curzola für 19%, 
24, 95 hei Panesova, Triest und Valona für 19”, 2”, 10°, bei München 
für 20" 2° und 6". 


2 


°) 


Über die Stürme des November und December 1866. 385 


Anmerkungen. 


Es dürfte nieht ohne Interesse sein, mit dem oben gegebenen factischen 
Verlaufe der Witterung die telegraphischen Depeschen von Paris und 
Florenz zu vergleichen. In neuester Zeit (seit Mitte November) empfängt 
nämlich die Centralanstalt außer der Depesche der kais. Sternwarte zu 
Paris noch von Florenz durch die Güte des bekannten Gelehrten und 
Physikers, Senator ©. Matteucei, Vorstandes des meteorologischen Departe- 
ments, eine Depesche, welche den Zustand der Atmosphäre an den ver- 
sehiedenen italienischen Stationen in gedrängter Fassung angibt, nebstbei 
aber in besonderen Fällen Andeutungen wahrscheinlicher Witterungs- 
Änderungen und Sturm-Warnungen enthält. 

Für den 17. November lautet das Telegramm von Paris: „La bourras- 
que (venue) de l’Angleterre a marche vers le SE., son centre doit etre dans 
les parages de l’Autriche, elle a amen& des coups de vent pendant la jour- 
nee d’hier et la nuit sur toute la France, les vents franchissent ce matin 
sur les eötes de l’Italie.“ 

Das Telegramm von Florenz (um 2 Uhr Nachmittag aufgegeben, um 
10 Uhr 55 Minuten Abends eingelangt) lautet: 

„L’orage annonee hier entra dans notre atmosphere produisant dans 

le Nord de !’Italie une baisse barometrique tres forte de 14 ä 15mm. en 
tres peu de temps. Beaucoup de pluie. Dans les stations (vent de) SO. fort; 
aussi dans le haut de l’atmosphere. Peut-elre eontinuera la saison pluvieuse 
orageuse. 
Die telegraphische Depesche von Paris für den 18. November lautet: „La 
bourrasque signalee hier en Autriche est aujourdhui au Sud de !’Italie, une 
nouyelle Ja suit et am&ne des coups de vent sur tout le Nord de la France, 
elle marche vers l’Est comme la precedente et menace |’Italie et 
"Adriatique.“ 

Die Depesche von Florenz lautet: „La peninsule est partagee par 
moitie en deux grandes zones. De Aoste ä Livourne et Aneöne est penetre 
le eourant polaire produisant une baisse de temperature de 9 & 10 degres 
et une hausse barometrique de 15 a 16mm. Dans la zone meridionale la 
temperature est augmentee et la pression continue a diminuir de 7 a mm. 
Ciel beau dans le Nord. Mer grosse. Tempete sur l’Adriatique, m&me dans 
le milieu de l’Europe ou il ayait ete grande depression, les barometres 
s’elevent fortement. Peut-Etre le courant polaire s’etendra sur toute Ja penin- 
sule; (vent) dominant NE., surtout sur l’Adriatiq’e.“ 

Die Pariser Depesche vom 19. November lautet: „La baisse eonsiderable 
du barometre ä Vienne indique qu’ une nouvelle tempele entre O. et. N., 
tournante & NE. va sevir sur l’Adriatique.“ 

Die Depesche von Florenz lautet: „Deux grands eourants atmosphe- 
riques, l’equatorial et le polaire se melerent sur notre peninsule. (Dans le) 


386 Velimnick, 


midi a la forte depession d’hier suit aujourdhui hausse baromätrique de 
Ii mm. A Torre et Girgenti le barometre baisse, A Genes et Monealieri il est 
deseendu Sww., Ja baisse eontinue. Mer agitee, elle est grosse au $., mau- 
vaise a l’Adriatique, eiel couvert. Vents NO. et N. tres forts, saison plu- 
vieuse et orageuse probable (pour) nos mers. Les vents tournent A 
NE. et SE.“ 


Für den 24. November enthält das Telegramm von Paris die Ankündigung 
eines Sturmes: „Pour ce soir ou cette nuit tres gros temps ou vent tres 
fort entre SO. et NO. ou N. sur l’Adriatique.“ 

Dagegen stellten die Telegramme von Florenz jede Gefahr in Abrede. 
Jenes vom 23. November enthält die Stelle „Pas de danger, orages pro- 
bables, saison humide et pluvieuse“ jenes vom 24. November „Saison ealme 
dominant eourant @quatorial chaud humide.“ 

Die Depesche von Paris vom 25. November enthält noch die Stelle: 
„Lemps pour l’Adriatique tres incertain, surveillez avee soin le barome&tre“ 
dagegen die Depesche von Florenz „Continue la saison ealme sous eourant 
equatorial.“ 


°) Am 26. November enthält das Pariser-Telegramm die Stelle: „Des bour- | 


‘) 


) 


rasques orageuses et des ecoups de vent ont sevi hier soir et ee matin sur 
les eötes Italiennes, elles se dirigent vers l’Adriatique ou le barome£tre a 
baisse de 14mm. ä Ancöne.“ Die Depesche von Florenz enthält den Schluß: 
„Saison orageuse pluvieuse,* 


Für den 28. 29. 30. November (die Tage der Bora im nördlichen Theile des 
adriatischen Meeres) enthält das Pariser Bulletin keine besondere Ankündi- 
gung schlechter Witterung, sondern blos die Mittheilung, daß der Barome- 
terstand im Süden von Italien tief ist. Die Depesche vom 28. enthält die 
Stelle: „Le barom£tre est bas dans les parages de la Sieile, hier (27.) on 
a signal& un orage & Livourne et.de la neige ä Berne“; jene vom 29. „vent 
fort de l’Est a Naples, barometre 755mm. “, die Depesche vom 30. „basses 
pressions au Sud de l’Italie et de I’IIyrie.“ 


Das Telegramm von Florenz enthält für den 28. November die Stelle: 
„saison calme sans menaces de bourrasques“; für den 29. November: 
„hausse barometrique au nord et au centre de l’Italie, baisse barometrique 
au Sud, neige, pluie — mer agit&e“; für den 30. November: „Mer agitee, 
furieuse a l’Adriatique, vents forts de NO. et NE. — saison orageuse sur- 
tout sur l’Adriatique, vent dominant N.“ 


Die Pariser Depesche vom 1. December sagt: „Une bourrasque aborde la 
France par le golfe de Gaseogne se dirigeant vers la Mediterranee. 


Das Telegramm der k. Sternwarte zu Paris vom 8. December enthält die 
Bemerkung: „Le barometre est tres bas en Russie, il monfe avee une 
rapidite eflrayante (31"m-) en un jour sur l’Ecosse“; das Telegramm von 
Florenz : „Saison humide pluvieuse, probablement des bourrasques penetre- 
ront dans notre atmosphere, ou la pression diminue“. 


Über die Stürme des November und December 1866. 387 


‘) Am 10. Deeember lautet das Telegramm von Florenz folgendermaßen: „I 


") 


) 


in 


=) 


barometro eontinuö ad alzarsi sopra tutto nel mezzogiorno. In tufte le 
nostre stazioni la pressione & per lo meno di 10 a 12 millimetri sopra la 
normale, temperatura nuovamente abbassata, eielo nuvoloso, mare mosso e 
forti venti di tramontana e di maestro. Durano alte le pressioni in Ispagna 
e nell’ Oceidente. Intanto un forte centro di depressione si manifesta nel 
settentrione. I] barometro s’abbassa anche fra noi, da questa mattina il 
barometro abbassa eon rapiditä e dell’ alto deli’ atmosfera il vento soffia 
eon rotazione inversa da greco a maestro. La stagione dura ineerta, vari- 
abile e non sine pericolo di forti venti di tramontana sopratutto nell’ Adri- 


atico. Probabile che le alte pressioni trattengono l’avanzarsi delle burra- 
sche del Nord,“ 


Die Depeschen vom 14. December enthalten folgende Stellen: (von Paris) 
„mauvais temps ä eraindre“, (von Florenz) „il eontinuo abbassamento baro- 
metrico indiea non esaurita l’azione della eorrente equatoriale. Probabile 
duri stagione burraseosa.“ 


Die telegraphische Depesche aus Florenz vom 15. December enthält die 
Stelle: „L’avvieendarsi dei due grandi eorrenti, l’equatoriale e il polare 
mantiene la stagione incerta, burraseosa, tendente a ristabilirsi. Probabile 
vento giri Nordovest Nordest.“ 

In der Depesche aus Florenz vom 16. December heißt es: „Stagione incerta 
p:ovosa. Probabili venti Nordest Sudest.“ 

Die Depesche aus Paris vom 17. December kündigt das Einbrechen der 
Bora an: „Barometre stationnaire en Italie, hausse exeessive de 17mm. sur 
la mer du Nord; ces deux eireonstances rendent des vents tres forts pro- 
bables d’entre NE. et E.“ 


' Die Depesche aus Paris vom 28. Deeember enhält folgende Stelle: „La 


bourrasque signalee hier dans Ja Manche a marche vers l’Estf, elle sevit au- 
jourdhui dans la Baltique. Les Alpes, les Apennins et les montagnes de 
Ilyrie garantissent jusqu’ a present l’Adriatique de son action. Elle se 
dirige vers la mer noire.“ 

Die Depesche aus Florenz vom 29. Dezember enthält die Stelle: 
„Probabile duri stagione ealda umida piovosa senza pericolo di forti venti 
e burrasche.“ 


Die im Vorhergehenden erwähnten Stürme hatten bedeutende Verluste an 
Menschenleben und Schiffen an den britisehen Küsten im Gefolge, riehteten 
aber auch dureh die mit den starken Regengüssen verbundenen Über- 
schwemmungen in England selbst großen Schaden an. 

„Auf die seit dem 10. November herrschenden Stürme“ berichteten 
die Tagesblätter „die mehr eine Kette von wüthenden Windstößen waren, 
ist seit dem 13. Abends ein fürchterlicher, von Regengüssen und Hagel 
begleiteter Orkan aus Nordwesten gefolgt, der die vorhergehenden an 
Heftigkeit noeh übertraf. Die Hagelschlossen waren von nie gesehener Größe 
und richteten an Fenstern und Gewächshäusern bedeutenden Schaden an. 
Von der Küste meldet man viele Unglücksfälle“. 


388 BLerlenleck. 


„Starke Regengüsse, die während der letzten Woche mit Hagelschauern 
und Stürmen abwechselnd fielen, haben in den letzten drei Tagen (14.—16. 
November) angedauert und zu wirkliehen Wolkenbrüchen verstärkt die 
verheerendsten Wirkungen zur Folge gehabt. In Manchester schwollen die 
kleinen die Stadt durehströmenden Flüßchen so sehr an, daß ein großer Theil 
der Stadt unter Wasser gesetzt wurde; gegen 1000 Menschen sind obdach- 
los geworden. In Preston wurden mehrere Fabriken derart beschädigt, daß 
zwischen 1000 und 2000 Arbeiter außer Beschäftigung gesetzt wurden. In 
Wakefield (Yorkshire) stieg das Wasser des Calder 15 Fuß über seinen 
gewöhnlichen Stand und überfluthete die Dämme. In Leeds fanden dureh 
das Einstürzen eines hölzernen, den Fluß (Aix) überhängenden Gebäudes 
an 20 Menschen den Tod. Dazu dauern die Stürme zur See noch fort. 
Während man in Liverpool am Donnerstag (15. November) auf ruhigeres 
Wetter hoffte, verstärkte sieh der Wind gegen Abend wieder und wurde 
während der Nacht zum wirklichen Orkan, welcher den ganzen gestrigen 
Tag (16. November) mit ungeschwächter Kraft fortwüthete.“ (Nat. Z.) 

„Die Überschwemmungen im Norden von England übertreffen alle bis- 

her vorgekommenen Unglücksfälle dieser Art an Größe und Ausdehnung. 
Große Strecken von Lancashire, West-Riding, Derbyshire und Nottingham- 
shire stehen unter Wasser. Unglücklicherweise sind neben dem großen 
Schaden an Eigenthum auch zahlreiche Menschenleben verloren gegangen.“ 
Einige Tage später heißt es: „Aus den Gegenden, die durch die Über- 
schwemmungen gelitten haben, treffen allmälig bestimmtere Nachrichten ein. 
Der Verlust an Menschenleben wird jetzt im Ganzen auf dreißig angegeben. 
Im Thale des Calder-Flusses berechnet man den Schaden auf 300.000 Pfund 
Sterling, im Wakefield und der Umgegend auf 100.000 Pfd. St. und in 
Dewsbury auf 50.000 Pfd. St. In Salford, wo eine öffentliche Versammlung 
gehalten wurde, um Maßregeln zur Unterstützung der Betroffenen zu bera- 
then, waren 2685 Häuser überschwemmt und 3124 Personen außer Beschäf- 
tigung.“ (Neue f. Pr.) 

Auch in Deutschland und Österreich hatten die Stürme vom 14. und 
17. November (insbesondere des letztern) mehrfache Verkehrsstörungen, 
Beschädigungen von Telegraphenleitungen u. s. f. im Gefolge. 


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389 


Über die Stürme des November und December 1866. 


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Luftdruck an der k. k. Centralanstalt in Wien 
in Pariser Linien. 
1866. 


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33518 32350 33140 32749 32493 32435 32903 33434 


13 34:65 28:37 31:59 27:18 24.50 2460 29-10 34:54 
14 33:94 25'322 31:75 2698 24:02 24.83 29:20 34:71 
15 3323 28:27 31:96 26 87 23:49 | 25-06 29:28 34-95 
16 32:80 28:32 31.89 27.01 2298 25:45 29: 38 35:22 
17 32-31 2834 31:85 2696 22 63 25:93 29-53 35:34 
18 31:86 28.48 31:86 26 96 22'533 2643 29:65 35.51 
19 31-52 28:77 3184 26 70 2283 26:85 29-79 35:82 
20 31:26 29-14 31 91 27:00 23-75 27.56 30:27 36-13 
21 30:90 29-26 3191 27:05 23:83 27:98 30:53 36:30 
22 30:44 29:67 31:90 27:10 23:92 28-23 30:78 3633 
23 30:09 29.51 31:78 27:09 24:00 28:52 30:89 36:29 
0 29-73 29-35 31:65 27:08 24-08 28.66 30-99 36:24 
1 29-42 29:29 31:30 26:89 24:10 28.69 31-07 36:12 
2 25-68 29.58 30:96 2664 23.97 28:85 31-25 36:09 
3 25-47 29:76 30:66 2658 23:89 29-01 31:50 36:00 
4 28:57 29-94 30-48 26 20 23.82 29:19 31:68 35:92 
5 28:86 30:21 30:33 26-11 23:65 29-23 32:10 35:92 
6 28:79 30.42 29:74 25:98 2345 29:32 32:39 35:75 
7 28:83 30:73 29:04 26 00 23:29 29-41 32:85 35:78 
8 25.79 30-81 28:65 25:88 23:30 29:37 33:23 35:85 
9 28:69 30:70 28:38 25.60 23:80 29:37 33:53 35:89 
10 28:59 30:85 2807 2538 23.86 29-36 33:85 35:88 
11 2867 31:07 27:82 2532 24:07 29-34 34:16 35:85 


Die Stunden sind vom Mittag an gezählt, das Datum nach bürgerliche (nicht astronomischer) Richtung. 


Über die Stürme des November und December 1866, 


_ Datum Zeit 


Morg. |331 


13.Nov.‘| Mitt. 


j4. „ | Mitt. 


15. Mitt. 


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16. Mitt. 


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Morg. |332 


17. Mitt. 


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Abends|341 


30. Mitt. [340 


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17. Dee. Mitt, 


Morg. 


Mitt, 339: 


| 
| 
| 
| 
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329- 
Abends 330° 


More. |334° 
336° 
Abends|335 ° 


-29 
329- 
Abends |326 


Morg. |326° 
333° 
Abends|336- 


72 
333: 
Abends!329- 


Morg. |335 
Mitt. |333- 
Abends|330° 


Morg. |327° 
Mitt. |328° 
Abends|332- 


Morg. |333° 
Mitt. |331- 
Abends|329- 


Morg. |335° 
63 
Abends|337- 


Morg. |339 
340° 


. 1334 ° 
337: 
Abends|340- 


340° 


Berlin 


+43 
328° 
Abends 329° 


| More. |328° 


79 
52 


94 
09 
53 


09 
17 
94 


42 
99 


45 
87 
80 


Ze! 
24 


81 
62 
94 
47 
99 
00 


24 
13 
43 


05 


54 


61 
83 


:82 
Morg. 1341 


55 


73 
Abends|339- 


87 


48 
83 
31 


66 
95 


Luftdruck in Pariser Linien. 


329° 
327° 
327° 


327° 
328° 
329° 


332° 
333° 


333 


330° 
327° 
324 


322° 
332° 
335° 


334 
330° 
327° 


333° 
77328 
291326 


24322 
54324 
43|326 


13/328‘ 
531326 ° 
381323 


331 


328° 


325° 
327° 
330° 


331 


328: 
326° 


332° 
333° 
333° 


336° 
337° 
338° 


337° 
336° 


339 
331 


331327 
24325 
86|324° 


561324 
01,325 
521326 


31/328 
91|330° 
-641330° 


76328 
581326 
35323 
98/320 


20/327 ° 
01/331 ° 


77330 


811331 


631329: 
361325 


641330 


131323 
601329 
23/331 


17332 
22333 
131334 


661335 
03/332 
"4711331 


"491328 
335° 
337° 


338° 
331° 
Abends|339 96 | 337° 


631331 


:731330° 


811332 


-27330° 
131334 


201335 
901335 
961334 


Leipzig | Prag | Krakau Lemberg 


531328 °41|326° 
25/324 


34325 ° 
521324 ° 


84324 
11/324 041320 
431324 


251325 ° 
601328 
98/331 


65/330 ° 
331327 ° 
23|325° 


36/321 51/320 
321320° 
40|328 


041321 


91/330: 
571327 


891329: 
11|327- 


131323° 
56/322 - 
841324 ° 


23|326° 
94327: 
74325 


18321 


221327 
701328 
581330" 


661332 - 
71333 ° 
23|334° 


621334 
53333 ° 


431325 


851331 
41/331 


76/331 


591328 
55/327 
381332 
321334 
01/335 09331 
89133444 330 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 


02/320. 


90|320- 


831322 
14323 
05326 


001327° 
161325 ° 
081323 


811319: 
481320: 


381325 ° 
211326 
651325 


241325 
80/326 
091325 


04/319 
451319 


31/322 
32323 
761323 ° 


"231323 ° 
561324: 


28331 ° 


671326 ° 
ech 
841329 ° 


601331 
54 


89 


03/316 
27|315° 
-96/315° 
83/314 
481315: 
891316 


10318° 


511319 


841314 


16318 


85/318° 
401316 
37/316 


"55/312 
41/314: 
62/315 ° 


18|316° 
11/314° 
53[313° 


60 316° 
31/317° 
"821317:- 
37328 
68|330 


561319 


57,317° 
319° 
320° 


322° 
322° 
322° 


68 
13 


München 


27330° 
16319 ° 


41,316 
791328 ° 
95/314: 


01/312: 
031316 
98318- 


641320 ° 
221331 
491316 


621332 
04|319- 
35/319 


"52317: 
181317: 
-041316- 


Wien 


361329: 39/333 - 
671327 69/332 
40/330 


361328 
231328 
28328 ° 


49328 


551327: 


961326 
091326 
131327 


581328 
621329 


321332111331 


141330- 


15|326- 


611322 
121326 
60/330: 


15332 ° 


45331 


521328 


54/331 
85/330 
301328 


91|324 
941325 
871326° 


531328 
951328 
701325 


501328 
031329 
96/331: 


681333 
901333- 


99332 
02/332 
721331: 


931329: 
53331 
891333 


69335 ° 
281336 
35335 ° 


27 


Debre- 


czin 


201334 
00334 


761327: 
131327: 
80328 


16332 
.411333 ° 
791332° 


"581333 ° 
67334 
26|333 


79328 
201326 
891327 


831329 
47330: 
941329° 


13|329° 
35/330° 
18/331: 


65334 ° 
301334 
881334 


87334 
06333 ° 
7711333° 


631332 
"251333 
85334 ° 
51/337: 
091338 ° 
88 338° 


341336 
12|334° 
49333 ° 


65/331 
041330- 
651331 ° 


881332 
991332 
00336 ° 


091337: 
091335 - 
:881332 


411330: 
10329: 
65/331: 


231335 ° 
111335 
37334 ° 


341335 
091336 
73334: 


65/330- 
41|329°: 
41331: 


A2\332 
471333 
421332 


8513311 
411332 
001334 ° 


231335 ° 
71336 
09335 


061332 ° 
571334 
50,335 ° 


521334 ° 
339° 
337° 


339° 
340° 
3406 


25 
82 
59 
34 
30 


391 


Szegedin 


392 


Datum 


13. Nov 


ID.2 
Er 
ir 22 


18. „ 


Der 


ale. er: 
17. Dee 
182 5° 


dd 


. 


| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 


Zeit 


Morg. 
Mitt. 
Abends 


More. 
Mitt. 
Abends 
More. 
Mitt 
Abends 
Morg. 
Mitt. 
Abends 


-Morg. 
Mitt. 
Abends 
Morg. 
Mitt. 
Abends 


Morg. 
Mitt. 
Abends 


Morg. 
Mitt. 
Abends 


Morg. 
Mitt. 
Abends 


Morg. 
Mitt. 
Abends 


Morg. 
Mitt. 
Abends 


Morg. 
Mitt. 
Abends 


Morg. 
Mitt. 
Abends 
Morg. 
Mitt. 
Abends 


Pancsova 


336° 
335° 
334° 


333° 
331° 
332° 


333° 
334° 
337° 


338° 
336° 
335° 


332° 
330° 
331° 


335° 
336° 
336° 


337° 
335° 
336° 


332 


330° 
332° 


334° 
334 
334° 


333° 
334° 
335° 


336° 
336° 
336° 


333° 
335° 
335° 


335° 
336° 
338° 


340° 
341° 
341° 


Jelinek. 


Luftdruck in Pariser Linien. 


33938 
33845 
33713 
33537 
33389 
33266 
33315 


33635] 


33888 
339:25 
33914 


33610 
333 80 
33315 


33451 
33665 
33709 


33789 
333:69 
339:17 


337:07 
334.59 
33306 


33418 
33454 
33613 


33387 
33548 
33683 


33897 
33880 
33931 


33904 
338 80 
33850 


33783 
33917 
34944 
342% 70 
34292 
345 44 


Ru- : 
stschuk Triest 


33836 
33782 
33718 


33490 
33354 
33489 


33629 
337:60 
33906 


33884 
33809 
33691 


33223 
33160 
33459 


33866 
33860 
33712 


338 40 
338 11 
337.50 


333° 68 
332 40 
334 12 


33646 
336 61 
335.56 


33457 
335 47 
33647 
337 31 
33678 
33643 


33446 
33404 
33599 


33603 
33747 
339.19 


34097 
34229 
34192 


Pola | Agram | Lesina WR Valona 
| 


33869 
33804 
33717 


33501 
33367 
33484 


33703 
33814 
339:59 


33920 
33830 
336 74 


33256 
33173 
33436 


339.09 
33874 
33822? 


338 54 
338:60 
337.55 


33392 
33266 
33448 


33696 
33664 
33554 


33468 
337.72? 
33661 


33726 
33704 
336.41 


33451 
33421 
33566 


335 44 
33762 
339:52 


34106 
34203 
34202 


332° 
40 
330° 


328° 
327° 
328 


331° 
99 


331 


331 


333° 


333° 
7 


331 


329° 


325° 
:75 
329- 
334 


333° 
332° 


325 


333° 
40 


333 


332° 


327° 
326° 
328° 


331° 
330° 
329° 


329° 
"78 
332° 
334° 


333° 
333° 


330 


331 
331 
331 


331 


333° 
334° 


337: 
337° 


34 


04 


51 
33 
85 


55 


718 
68 


73 
92 


03 


10 
45 
59 


86 


36 


41 
74 
96 


25 
93 
08 


90 


07 
62 
49 
12 


:93 
31 
63 


08 


04 
69 


13 
71 


33767 


338 
338 
338 


336 


334° 
333° 


335° 


337 


339° 


339° 
339° 
337° 


335° 
332° 
332° 


335° 
336° 


336 


338° 
338° 
338° 


335° 
333° 
333° 


333° 
336° 
336° 


333° 
334 
335° 


335 


334° 
333° 


332° 
333° 


339 
335 


335° 
337° 


338° 
339° 
339° 


54 
"37 
"82 


‘15 
25 
37 


06 
"33 
37 


50 
18 
91 


30 
86 
55 


49 
78 
99 


62 
81 
26 


68 
18 
31 


95 
86 
48 


83 
99 
74 


05 
39 
47 


28 
73 
‘13 


38 
59 
45 


20 
18 
76 


33890133897 
33834133889 
336741338 85 


335 
335 


333° 


335° 
336° 
337° 


338° 
338° 
336° 


335° 


331 


330- 


336° 
335° 
335° 


338° 
338° 
337° 


335° 
333° 


331 


336° 
337° 
337: 


338° 


332 


333° 


334° 
339° 
332° 


332° 
332° 
334° 


335° 
335° 
336° 


336° 
337° 
338° 


7% 
41 
23 


52 
88 
13 


83 
gg 
15 


51 
«56 
57 


04 
99 
04 


35 
13 
24 


23 
42 
25 


78 
02 
93 


01 
75 
88 


13 
45 
67 
dp 
14 
60 


84 
84 
93 
57 


63 
21 


337: 
33647 
33532 


33448 
33548 
33806 


33958 
339:26 


337-557] 
335 68 v 
33426 


33388 
33428. 
335.4 


33973 | 
34000 
340-03 


3338-60 
336-7. 
3935-417 


335.69 
33697 
337.58 


33473 
335.09 
33536 


338-87 
332-4) 
336-731 

333-34 


33583 
33671 


Über die Stürme des November und December 1866: 393 


Abweichungen des Luftdruckes vom normalen Stande in Pariser Linien. 


| 


: ? Debre- 
Datum | Zeit Berlin 


czin 


Lemberg |München | Wien Szegedin 


Leine | Prag | Krakan 


Morg. |—4:04 —3:03/—2 36—1:04—0 :71/—0:88/—0-94 +0°40 |+2-13 


13. Nov. Mitt. \—6-68|—5 12! 4-55|—4- 202.47 1-37|—2-64|—0-82 +0:03 
Abends|—5 95 —4 '50|1—5 37)—5 °41|—4 78 —1'69|— 293) —2 45 |—1:66 
More. —6:55|—4'83[—5°05|— 5 441—5-91|— 2 28[— 3:97 —4 30 |— 304 
14. „ Mitt. |—6°401— 438, —4:781—5 42] —6°26|—2 15 —4:101—4'91 |—4 34 
Abends —4:96| +2:87|—3 46 — 4:56) —5 851 —1:11|— 3:05 — 4:30 |—3'24 
Morg ee — 0:10) —1:65|— 3:63) —4:63| + 1°34|—1°85|— 407 — 2:18 
45. Mitt, 0-67 +1 50] +0:701—1:32])— 3:22] +2°03|+0:28|—2 96 |—2-01 
Abends oa +1°23/+1°08)+1°59)—0.57|+2:08|41:771—1°95 |+1-24 
Merg. |—3-23)—1°68/—1:°26) +0 54] +0:69—1:10/—0-15| +1°13 |+3-04 
26. ;,, Mitt. |—-6°10)—4 86) —3:58|—2 30) —0:88|— 2 49/—2-351+1°132|+0:78 
Abends) —8:53|—8 09] —6 68) — 4:38) —2:77—3°09|—3 :90—1:08 |—2:62 
Morg. |—9:08|—9 49 —9-55|— 7 :95|—6 °71|— 4:63] —7 60 —5°57 |—4 52 
2. .;, Mitt. |—1-66|--0 :27)—2:59)—8 65] 7:69 — 1:12) —4 23] —5°88 |—5'28 
Abends 1 -27/+2°54|+1-49]—0°98[— 5:74] +1:36|+0°441— 4:33 |— 2:88 
Morg. |+1-17|+2°32| +1°85/40°92]—1°07|+2-81/41-79|—0°76 |+0°41 
18.5, Mitt. —1-84|—1°86|—0°041)+0:75/—0:55|-+0°98141-101+0°12 |+0°64 
Abends —6-33] —5 13] —4-35|—1 81) —1 22] —0 72] —1:58|—0°'62 |—0:65 
Morg. |—0-02|+1°01| +9°76| + 0:76 —0°84| +1°28/+1-16/+0:31 |+1°06 
Aue: Im Mitt. |—2-21)—0°86| —1°08] +0:32)—0-29—0°41|+0:25| +1°06 |+1°54 
Abends) 4:89) —4 34|—3:86|— 2:39) — 1:32) —0 :961—2-16|+0:70 |—0:26 
Morg. —8-41|— 742) 7:25) —6:311— 5:13) —4 361 — 5:64 —4 41 |—4 12 
24. „ Mitt. |—6-89)— 512) —5 427 451 —7-.27|—2 :33|—5:23/—6°59 |—5°61 
Abends —3-88|—2 23] —3:14— 5-04 —7:06|—1°40|—3-54— 5:65 |—3'89 
Morg. —2-64|—1°561—1:76|—3-18|—4:50|—0 74—1:61|—3°65 |—2.38 
25. „ Mitt. |—4-75|—414|—3:05|—2:17|—3:57|)—2-32| —197|— 2:60 |—1'89 
Abends —6:45|—6 1116 25/373) —3 -15|— 3 °57|—4:50/—3°65 |—2°94 
Morg. |— 1-01 — 0:64 —1:-80|—2:28I—3:07|—0:79|—2-34]—3°26 |—3°09 
28). Mitt. |+0-57| +0°83|—0-32/—0 95] — 2: 36|—0°261—1 12) —2 70 |—2 04 
Abends Si 1:78|4+2°46| 41:56) +0°92]—0-85|+0-67|+0-711—2 11 |— 0:21 
il BR. +3°37|+2:63)-+2°85)+1-89|42-32|+2-16+1°11 |+0°08 
29. Mitt. 4:73)+4'42|4+3°74|+4°16|+3:37|+2°38|+2-81)+1°59 |+1°27 
Abends 15:72 +5:33) +4'20| +5°33| +4:68|-+2-60 +3-39|-+0:97 |+0:09 
Morg. 4 5401 +4:84) 43-58) +4°88|+4-85| +0°68| +2:37/+0°92 |—2 19 
a, „ Mitt. 4-58 +3 2111249141375 +4-51|—0°29]+1-561+0°43 |—0'22 
Abends HE +2:65|44-77|+3°23|44-37\)—0-59|+1-27|+0°36 |+0°10 
Morg. 1:91 —1:77)—1:65|—0:97/—0:10| +0-45| —1:09|--0:86 —0'84 
17.Dee.2| Mitt. ı+1:44 +2-37|+1:03| +0°91|+1:04 42-05) +0-53|— 0:13 |+0°42 


Abends +3-92/+4°47|+4:14|+3°20|+3-01|+3-411+3.13| +1°44 |+1°93 


Morg. |+4-30| +4'94| +5-06|+4-95| 4 4:46| 45-20) 14-78|-4-20 |+4"38 
18. „ 2| Mitt. |+3-62)44°64|14-75|+5°44|44-87|-44-79|45-36|-14°95 |+5°04 
Abends| + 3:60|+4°70|+4°63)-+4:79|-+4:22)+4:86|45-151+4°91 |+5°33 


27% 


y4 Jelinek. 
Abweichungen des Luftdruckes vom normalen Stande in Pariser Linien. 


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Datum | Zeit |Pancsova stschuk Triest Pola Agram 


(| Morg. | +1:33| +2-33| +1-99|+2-06 | +0-38|+2-10| 43-20) 42-29 
13. Nov.!| Mitt. |—0:08| +1°40| +1-45| +1-41 |—0-56| +1°93| +2-64| +2-11 
| | Abends| 1-24) +0-08| +0-81| +0-54 |—1-92| 42-38) +1-04| +2-07 
More. |—2-36| —1:68| —1-47| —1-62 | 3-43] 0:29) +0-04| +1 14 
Mitt. |—3-69| —3-16| —2-83| —2-96 |—4-63| —2-19| —0-29| 0-31 
| Abends| —2-79| —4-39) —1-48| —1:79 | 3-11) 3:07 | —2-47| —1-46 


Morg. | —1'74| —3°91) —0°08| +0°40 | —0:42| —1:38] —0:18| —2 30 


15. „2 Mitt. 0-85] — | +1:23| +1-51 | +0-02| +0-89| +1-18| —1-30 
Abends| +1-55|—0:71| +2°69|+2-96 | +1-81| +2-93| +1 43] +1°28 

(| More. | +2-46| +1-81| +2-46| +2-56 |-+1-70| +3-06| 43-12) — | 
164 ı, Mitt. | +1°30| 42-18) +1-71| +1-66 | —0-27| +2°74|-+3-00| +2:79 
Abends| +0°08| 42:07) +0-53| 10-10 |—2-25| +1-47| 10-44| 42-47 
More. | —3-48| —0 98] —4 15 | —4:08 | 6:07 | —1 14] —0-20| +0:76 
17. „ 2| Mitt. |—4-77| 3-28] —4-78| —4-91 | -6-24|3:58| 4-15 | 1-11 
Abends| —3-67| —3-93| —1-79| —2-28 |—2-96|—3-89| —5-14| —2:53 
More. | —0:04|—2-58| +2-27| +2-44 | +2-10|—0:95| +0-32| —2-91 
18. „ 2| Mitt. | +0-48| 0-44) +2-21| +2-09 | +1'45| +0-34| +0-27| —2-51 
Abends| +0-63| 0-00| +0-73| +1-572| +0-59| +0-55| —0-68| —1-38 
More. | +1-70| +0-73| +1-97| +1-85 |11-82| +2-15| +2-59| 42-89 
23. „ 2| Mitt. | +2-32| +1-53| +1-68| +1-91 | 21-36| +2-34| +2-37| 43-16 
Abends| +1:03| +2-01| +1-07| +0-86 | +0-32) +1:79) +1-48| 43-19 
Morg. | —2:86| —0-11| —2-76| —2:78 |—4:65| —0-80| —0-54| +1-75 
24. „ 2] Mitt. |—4-91| —2-59| —4-04!—4:04 |—5-32|—2-70|) —2-35| —0-11 
Abends | — 3-21 | —4-12| —2-32| —2-22 |—3-10|—3:17| —4-54| —1:68 
More. |\—1:66| —3-02| +0-01|+0:25 |—0-82| —0-54|-11-00| —1-17 
25. „ 2] Mitt. |—0-91|—2:66| +0-16| —0-07 |—1-14| +0-37| +4-24| +0-41 
Abends, —1 10] —1:07\—0-89| —1-17 | —2-99| —0-01| -+2-45|+0-72 
More. | —2-72| —3-38| —1-91| 2:06 |—2-20| —2:68| —2-70| —2- 16 
28. „ 2] Mitt. |—1-63) —1-77| —1-01| +0-982| 1-32 | 1-52] —2-96| —1-80 
Abends —0-25 | — 0-42! —0-01)—0-13 |—0-03| —0:77| —1-83| —1-53 
(| Morg. | +1-04| +1:70| +0-81) +0-50 | +2-50|—1 47) —1-70| +1:96 

29. „ 2] Mitt. | +0-76| -+1-53| +0-28| +0-28 | +1-37| —2-13| —2-38| —3-271 
Abends! +0-43| +2:04| —0-07| —0-35 | +1:00|--3:05| —3-16| —0-182 
Morg. | —0-37| +1:75| —2-05| —2-26 | —0-20|—4-25| —3-67| 3-58 
30. „ 2] Mitt. |—0-47| +1-51|—2-47| —2-56 | —0-82| —2-78| —3-70| —1:09 
Abends| —0-17| 44:21) — 0-52] —1-11 |—0-50) —1:40| —1:24| —0-21 
za Morg. | —103| + 0-14! —0-78|—1-63 |—1-27) —1:41) —0-30| —0-94 
17. Dee.? | Mitt. \—0:08| 41-48) +0-66| +0:55 | +0-69| —1-24| —0-30| -—1-82 
Ü\Abends +2-03| +2-75| +2-38| +2-45 | +2-34| +0-66| +0-59| —1-46 
Morg. | +4°11| 14-98| +4-14| 43-97 | +4:77| +1°39| +0-41| —0-58 
18. Mitt. |+5°04|-15-20| +5-46| +4-94 | 15-35| +2-37| +1-47| —0-09 
Abends, +5°44| +5-72|+5-09) 44:93 | +5-31|+2-95| +2-05| 40-71 


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Über die Stürme des November und December 1866. 


Temperatur nach Reaumur. 


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Über die Stürme des November und December 1866. 397 


Windesrichtung und Stärke. 


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398 


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Windesrichtung und Stärke. 


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Über die Stürme des November und December 1866. 


Windrichinng und Stärke. 


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Jelinek. Über die Stürme des November und December 1866. 


Windrichtung und Stärke. 


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401 


IX. SITZUNG VOM 21. MÄRZ 1867. 


Der Präsident des Central- Comite für die Pariser Welt-Aus- 
stellung, Se. Ex. Herr Grafv. Wiekenburg theilt, mit Zuschrift vom 
19. März l. J. das Programm über die Einsetzung der internationalen 
wissenschaftlichen Commission neben der kaiserlichen Commission 
bei der Pariser Ausstellung mit, und ersucht um Bekanntgabe der 
eventuellen Beschlüsse darüber, ob und wiefern die kais. Akademie 
der Wissenschaften geneigt sei, der kaiserlichen Commission ihre 
Ansiehten über die im Schooße der gedachten internationalen wis- 
senschaftlichen Commission zu pflegenden Untersuchungen und zu 
prüfenden Fragen zu unterbreiten. 

Das ce. M. Herr Prof. Dr. A. Rollett in Graz übersendet zwei 
Abhandlungen, und zwar: &) „Über die Änderung der Farben durch 
den Contrast; 5) „Zur Lehre von den Contrastfarben und dem Ab- 
klingen der Farben.“ 

Das w. M. Herr Director Dr. K. Jelinek überreicht eine Ab- 
handlung: „Die Methodik der darstellenden Geometrie, zugleich als 
Einleitung in die Geometrie der Lage“, von Herrn Dr. W. Fiedler, 
Professor am Landes-Polytechniecum zu Prag. 

Das w. M. Herr Dr. A. Boue& legt eine Abhandlung vor, 
betitelt: „Beiträge zur Erleichterung einer geographischen Aufnahme 
der europäischen Türkei“. 

Das e. M. Herr Dr. G. Tschermak theilt „einige Bemerkun- 
gen über die isomorphe Reihe Glaukodot, Danait, Arsenkies* mit. 

Das ce. M. Herr Prof, Dr. V. v. Lang übergibt eine Abhand- 
lung: „Krystallographisch-optische Bestimmungen mit Rücksicht auf 
homologe und isomorphe Reihen.“ 

Herr Prof. J. Seegen spricht „über die Ausscheidung des 
Stiekstoffs der im Körper zersetzten Albuminate.“ 


402 


Herr Dr. S. Strieker übergibt eine Abhandlung des Herrn 
Dr. W. Reitz aus St. Petersburg: „Untersuchungen über die künst- 
lich erzeugte eroupöse Entzündung der Luftröhre*“. 

Herr Dr. S. L. Schenk legt eine Abhandlung „Zur Entwicke- 
lungsgeschichte des Auges der Fische“ vor. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift, 5. Jahrg. 
Nr. 6. Wien, 1867; 8°. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1633. Altona, 1867; 4°. 

Comptesrendus des seances de I!’ Academie des Sciences. Tome 
LXIV. Nr. 9. Paris, 1867; 4% 

Cosmos. 2° Serie. XVIe Annde, 5° Volume, 11° Livraison. Paris, 
1867; 8% 

Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXVII. Jahrg. Nr. 11, Wien, 1867; 8°. 

Kuczyüski, Stefan, Dwie rozprawy. Kraköw, 1865; 8°, 

Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 11. Wien, 
1867; 4°. 

Mittheilungen des k. k. Genie-Comite. Jahrgang 1867. 1. Heft. 
Wien; 80. 

Moniteur seientifique, 245° & 246° Livraisons. Tome IX°. Annee 
1867. Paris; 40 

Santini, Giovanni, Delle interpolazioni e quadrature mecaniche per 
gli usi astronomiei. (Estr. dal Vol. XIII delle Memorie dell’ 
Istituto Veneto.) Venezia, 1866; 40. 

Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 22—23. Wien, 
1867; 40. 

Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. 
XVI. Jahrg. Nr. 6. Graz, 1867; 40. 


Beiträge zur Erleichterung einer geogr. Aufnahme d. europ. Türkei. A403 


Beiträge zur Erleichterung einer geographischen Aufnahme 
der europäischen Türkei. 


Von dem w. M. Dr. A. Boue. 


(Mit 2 Tafeln.) 


Die geographische Aufnahme eines Landes, fordert wohl eine 
ganz detaillirte Bereisung desselben so wie besonders die astronomi- 
schen und barometrischen Ortsbestimmungen gewisser bedeutender 
Punkte. Doch um ein solches Werk zu beschleunigen, hat man immer 
Bergbesteigungen angewendet, um von sehr hohen Spitzen oder vor- 
theilhaft gelegenen Localitäten fast vollständige Bilder verschiedener 
Gegenden leicht und rasch zu bekommen. Durch den Besuch von 
niedrigen Bergen werden die Deutlichkeit und das Ausführliche der 
Skizzen vervollständigt. Auf diese Weise gewinnt man die Kenntniß 
der günstigsten Punkte für geodätische Stationen und leicht zu mes- 
sende Grundflächen oder sogenannten Basen, wodurch nachher das 
trigonometrische Netz der verschiedenen Orden von Dreiecken 
bestimmt wird. 

Da wir jetzt scheinbar einer Zeit nahe rücken, wo man end- 
lich für die europäische Türkei wenigstens den Anfang nicht nur von 
Eisenbahnen (Rustschuk-Varna), sondern besonders einer andern geo- 
graphischen Aufnahme als einer einfachen mit dem Compass und der 
Uhr bewerkstelligten, erwarten kann, so kam mir der Gedanke, daß 
ich in dieser geographisch-psysiognomischen Richtung noch im 
Stande wäre manche nützliche Winke für die Geomorphie der euro- 
päischen Türkei zu geben. In meinen bisherigen Beschreibungen 
„Turquie d’Europe“ vom J. 1840, „Etablissements de 
bonnes Routes etsurtout de Chemins de fer dans la Tur- 
quie d’ Europe“ vom J. 1852 und den Itineraires vom J. 1854 
erschienen solche Notizen nur verschwommen oder sie wurden gänz- 
lich verschwiegen, weil damals eine Aufnahme des Landes noch in 
weite Ferne gerückt war. In meinen zwei neueren geographischen Ab- 
handlungen über Bosnien und die Herzegovina, die Ethnographie der 


404 Boud. 


Türkei und die Abgrenzung der verschiedenen Provinzen der euro- 
päischen Türkei (siehe Mem. et Bull. Soc. de G&eographie de 
Geneve 1861, Bd. 2, S. 8S5—137; 1863, Bd. 3, Liv. 2, S. 197 bis 
240) fanden sie aber keinen Platz. Jetzt mit der neuen Kiepert'- 
schen Karte der europäischen Türkei (1867) in der Hand, werden 
meine Bemerkungen hoffentlich nicht als überflüssig erscheinen. 

Diesem zu Folge gehe ich an die Arbeit und werde über jede 
grosse Abtheilung der europäischen Türkei meine geomorphischen 
Rathschläge ertheilen, soweit wenigstens meine Kenntnisse und meine 
theilweise fehlerhaften , theilweise durch türkischen Unverstand 
beschränkten barometrischen Messungen es mir erlauben. Die Wie- 
derholung letzterer erspare ich aber den Lesern. Durch die grosse 
Gefälligkeit des Professors Peters und des Herrn A. Kanitz bin 
ich in den Stand gesetzt worden, selbst Einiges über zwei von mir 
nieht besuchte Gegenden der Türkei mittheilen zu können. Mögen sie 
hier meinen Dank empfangen. 

In Serbien gibt es keine Bergspitze, welche eine allgemeine 
Übersicht über das ganze Land gewährt, was nicht nur durch die 
Breite desselben, sondern besonders durch die Höhe der östlichen 
Kette bewirkt wird, indem in der Mitte des Landes eine fast 
von Nord nach Süd laufende Kette vom Avalaberg hinter Belgrad 
bis zum Rukniker Gebirge, den zwei Schturatzer Bergen 
und selbst dem Kotlenik, eineReihe von wenigstens 9 oder 10 Berg- 
spitzen darbietet, um welche alle die Niederungen Serbiens in dem 
Moräva- und Kolubara-Becken sich vor den Augen panorama-ähnlich 
ausbreiten. Östlich wie westlich finden aber diese landschaftlichen 
Bilder ihren Horizont in der östlichen und westlichen Kette Serbiens, 
welche beide höher als die Kette der Schumadia sind. 

Je weiter man von Belgrad oder von Avala die Schumadia 
betritt, desto grösser wird der Gesichtskreis von den Gipfeln der Berge 
aus, welche, obgleich isolirt, wie Avala, Kosmai, Bukovik,Kleschtevitza 
Ventschatz und Suvobor wie staffelföormig von Nord nach Süd immer 
mehr an Höhe gewinnen. Ein breiter und eigentlich der breiteste 
Sattel in jenem Gebirge trennt die Rudniker Gebirge und die Schtu- 
ratz von dem übrigen nördlich gelegenen Kamm (Turquie d’Europe 
Bd. 1, S. 108 und meine Profilzeichnungen in Viquesnel’s Werk 
Voyage en Turquie d’Europe Taf. 22, Fig. 3, 4 und 5 und besonders 
die des Herrn Kanitz dito Taf. 33) und der niedrige Kotlenik tritt 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 405 


gegen das serbische Morava Thal auch ziemlich getrennt von letzterem 
Gebirge auf. Auf dem grossen Schturatz findet man endlich das 
grösste Panorama, denn zu den vorigen Weltgegenden gesellt sich 
auch die südliche oder ein Theil des serbischen Morava Beckens, mit 
ihrem Hintergrunde von hohen Gebirgen (dito S. 109). Von Kotlenik 
beherrscht man das untere Griga Thal wie man das obere von 
Belopolje bei Tzernova übersieht. 

Südöstlich von diesem letztern fast in dem durch die grosse und 
serbische Morava gebildeten Erdwinkel, erhebt sich südlich von Jago- 
din und Tschupria die untergeordnete Kuppe von Juor, von welcher 
aus man Anschluß über das Terrain nördlich von der serbischen 
Morava oder am Südende der Schumadia Kette bekömmt. 

Die anderen weniger hohen Berge zwischen Jagodin und Kra- 
gujevatz sind zu sehr bewaldet um Fernsichten darzubieten, was 
auch grösstentheils um Kragujevatz, ausser auf einem grossen Berg in 
südwestlicher Richtung, der Fall ist. 

In der westlichen Kette bilden die Gebirgsrücken eine ähn- 
liche schiefe Ebene, welche sich von Nord nach Süd erhebt, doch 
ohne so grosse Abstände zu zeigen und ohne jene förmliche Parcelli- 
rung der Schumadia-Berge (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 2 und 
Kanitz Taf. 33). Als gute Observatorien dienen da, einem Vor- 
gebirge ähnlich, der nördlichste schmale Tzer, der etwas breitere und 
waldige Medvednik, mit seinen graulichen Kalkwänden, sowie der 
südliche Jablanik, denn von da aus übersieht man nicht nur das 
serbische Sau-Becken, das der Kolubara und Dubrava (die Dendra- 
Gau), sowie die ganze Schumadia, sondern auch die Verbindungs- 
rücken zwischen den Schturatz und den Gebirgen südlich von Med- 
vednik, welche die Oberzuflüsse der Kolubara und serbischen Morava 
trennen. Endlich kommt noch dazu westlich eine Einsicht in die wellen- 
förmigen, zahlreichen, grösstentheils bewaldeten Hochrücken Bosniens, 
welche mit der in Serbien sogenannten Drina Kette fast parallel 
von NNW. nach SSO. laufen. Das Drina Thal ist aber durch jene 
Rücken so eng eingeschlossen, daß es wie eine Spalte nur hie und da, 
vom Gipfel der Berge zur Ansicht kommt, indem es durch Kalkfelsen, 
Wald und schweizerische Weidepartien oft zu romantischen Ansichten 
Anlaß gibt. Diese Terrainbeschaffenheit ermöglicht für den Beobach- 
ter auf serbischem Gebiete überall ähnliche bosnische Ansichten zu 
gewinnen, sobald er sich an dem Rande eines ziemlich offenen und 


406 Boue. 


nach der Drina sieh mündenden Thales befindet, wie z. B. bei Sokol, 
westlich von der Jagoda-Planina u. s. w. Von der spitzigen Vidoevitza 
bei Leschnitza in Serbien hat man eine ausgedehnte Ansicht der 
unteren Drina. Östlich seitwärts von der Drina-Kette fanden wir, zu 
Petratz, einen sehr guten niedrigen Standpunkt für die Aufzeich- 
nung der westlichen Tlieile des Kolubara Beckens. 

Im südlichen Serbien begrenzt den Horizont östlich nur ein 
grosser Bergrücken, namentlich der etwas bewaldete Jastrebatz 
mit seinen 3000 Fuß absoluter Höhe und Lepenatz (siehe Viques- 
nel Taf. 22, Fig. 8), indem westlich eine Menge von höheren zum 
Theil zuckerhutförmigen, zum Theil breiten Kuppen sich erhebt, die 
kaum mit Gras bedeckt erscheinen. Unter letzteren machen sich 
besonders die Stolovi, der Jelin und als höchster der Kopaonik 
bemerkbar. (dito S. 123, Viquesnel’s Werk Taf. 22, Fig. 6 und 
14 besonders aber H. Kanitz dito Taf. 33.) 

Wenn man von Jastrebatz schon das serbische Morava-Thal, 
den tiefen Sattel zwischen den Bania Gebirgen und Jastrebatz und den 
spaltenartigen Lauf der bulgarischen Morava daselbst übersieht, so 
hat man einen Theil Dardaniens oder des türkischen Obermösiens, 
zu seinen Füssen, wenn man den südlichen Theil des Gebirges betritt. 
Das Toplitza- und Morava-Becken mit ihren kleinen Seitenrücken bilden 
daselbst die Hauptgegenstände, indem in weiterer Ferne die Gebirge 
der Snegpolje sowie andere schon Macedonien berührend, gesehen 
werden müssen. 

Vom Kopaonik aus wird aber die Aussicht noch viel gross- 
artiger, da man schon auf 5882 Fuß Höhe steht. Wahrlich wird der 
Gesichtskreis gegen Serbien durch die nahestehenden hohen Kuppen, 
wie besonders die des Plotsch, des Joschanitza Gebirges, des 
Jelin (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 6 und Kanitz Taf. 33) 
u. s. w. sehr beengt, selbst gegen Osten verhindern untergeordnete 
Gebirgskuppen die Fernsicht, aber desto ausgedehnter ist die 
Ansicht gegen Westen und besonders gegen Süden. Der ganze west- 
liche Theil Dardaniens namentlich das Sitznitza- und Labbecken, sowie 
die kleinen Gebirge, aus welchen die bulgarische Morava mehrere 
Zuflüsse bekommt, breiten sich als eine Landschaft vor dem Auge 
aus, indem bei hellem Wetter in SSW. Richtung die Kette des Schar 
die Wolken des Himmels zu berühren scheint und ein Theil des Beckens 
des Metoja nordöstlich von Prisren, sichtbar wird. Wendet man sich 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A0OYT 


zu dem südlichen Bosnien, so übersieht man den Platz der tiefen 
Furche des Ibar, sowie auch mehrere NW.—SO. laufende Rinnen, 
welche gegen die hohen Kalkmauern des Glieb und Mokra-Gora 
endigen. Endlich von einem Platze des Kopaonik, in einer gewissen 
NW. Entfernung von der Spitze, erlauben einige Gebirgssättel, das 
Auge bis zum Dormitor in der südöstlichen Herzegovina unweit des 
Uskoken Landes und Montenegros hinsehweifen zu lassen. Die plötz- 
liche Erscheinung dieser zahlreichen, hohen, weissen, nackten Dolomit- 
Pyramiden, eine wahre kolossale Säge, in der Mitte dieser grünlichen, 
waldigen Umgebung, macht einen ausserordentlichen Eindruck auf den 
Beobachter. (Vergleiche Turg. d’Europe Bd. 1, S. 125 und Viques- 
nel Taf. 22, Fig. 38.) Was die Ibar-Einsenkung betrifft, muß man 
sie stückweise studiren, wie von der Josehanitza-Planina, von 
Djakovo-Brdo, dem Kopaonik, der Rogosna Planina u. s. w. 

Der südöstliche Winkel Serbiens, mit den Quellen der 
serbischen Morava, bildet fast schon einen Theil Bosniens oder 
wenigstens kann man den Uschitzer Kreis mit seinen triehterförmig 
zusammenlaufenden Wässern und tiefen Thälern, wegen der ziemlich 
hohen östlichen Rücken kaum von den erwähnten serbischen Gebirgs- 
spitzen, sondern nur von den näherliegenden, recht übersehen; (siehe 
die Karte im Glasnik 1860 und Sitzungsber. 1864, Bd. 49.) aber 
von den kleinen südlich gelegenen, ziemlich kahlen bosnischen 
Gebirgskuppen aus mul wenigstens ein bedeutender Theil dieser 
Ecke Serbiens dem Auge des Beobachters sich darbieten. 

Die zwei pyramidal-konischen, graulichen Kalkberge des Ov- 
tsehar und Kablar mit ihrer Menge von Klöstern, westlich von 
Tschatschak, bewachen so zu sagen den östlichen Eingang des 
Uschitzer Kessels, so daß sie selbst keinen Weg längs der Morava 
gestatten und sich die Fahrstrasse mühsam über die südlich gelegene 
Anhöhe des Jelitza winden muß. (Siehe. Hr. Kanitz serb. Karte 
dito Taf. 32.) 

Im östlichen Gebirge Serbiens bilden südlich der hohe 
zweizackige, nadelförmige Rtagn (dito Taf. 22 und 23, Fig. 2), in 
der Mitte die breite kalkige Omolie-Planina (siehe Viquesnel 
Taf. 22, Fig. 9 und 13) und nördlich die theilweise schiefrigen 
Gebirge südlich von und um Maidanpek, wie der Stol u. s. w., die 
Hauptgegenstände und höchsten Massen. Von dem Gebirge Omolie 
muß man fast zwei Drittel Serbiens namentlich als nächst gelegene 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 28 


A0S Boue. 


die Beeken der Mlava, der Ravanitza, der serbischen Morava, der 
Lepenitza u. s. w., dann die ganze Schumadia und über diese die 
breite Vertiefung der Kolubara, übersehen können, indem man nörd- 
lich die Gebirgsrücken über die Gavran-Gora, Staritza-Gora und 
Babinomatschilo bis über die Donau im Banat verfolgen kann. Der 
eigentliche Blick in das Nejotiner oder untere Timok-Becken scheint 
aber nur den Gebirgen zugetheilt, welche zwischen dem Omolie und 
jenem tiefen Loche liegen wie der Stol, weniger der Tzrni-Vrh, Goli- 
Vrh u. s. w. In der nordöstlichen Ecke Serbiens gewähren der 
Mirotsch und Slava-Bogia Aussichten gegen die Donau. Hr. Kanitz 
empfiehlt vorzüglich den Mirotsch als einen Berg, der eine weite 
Aussicht gibt. Über die eigentliche Negotiner Niederung oder 
den untern Lauf des Timok gäbe nach demselben bewährten Geogra- 
phen, eine Erhöhung des Rakovitza am Timoker Ausflusse vollstän- 
dig Aufschluß, indem von dem serbisch - bulgarischen Grenzberg 
Vrtschka-Tschuka man mit der Aussicht auf den Zaitschar- 
Becken diejenige der Gebirge Stol und Mirotsch vereinigt. 

Die isolirte kleine Kalkpyramide des Rtagn (siehe Viquesnel 
Taf. 22, Fig. 9 besonders Kanitz Taf. 33) ist für ein Observatorium 
wie geschaffen. Rundum würde nur Tiefes herrschen, wenn sich 
nicht nördlich die hohe, kahle Kalkfläche der Omolie-Planina vor den 
Augen des Beobachters ausdehnte und ganz an das sogenannte „Stei- 
nerne Meer“ des Salzburgischen und an so manchen deutschen Kalk- 
Alpenbuckel erinnerte. Westlich und nordwestlich sieht man einen 
kleinen Theil des südöstlichen Serbiens mit dem Bania Thal sowie 
den Platz der bulgarischen Morava am Fussedes Jastrebatz. Östlich 
liegt, wie eine Landkarte, vor dem Auge des Beobachters die Niede- 
rung der Tzerna-Rieka und eines Theiles des oberen Timok, und 
südlich schweift das Auge über die durch den Zusammenfluß der 
Nischava und Morava gebildete Ebene von Nisch, über die südlich 
gelegene Gebirgsanhäufung, die Suva-Planina u. s. w., um end- 
lich in der weitesten Ferne selbst noch die Spitze des Vitosch (vergl. 
Viquesnel Taf. 22, Fig. 40 und Taf. 33) erblieken zu können, 
wie Herrn Kanitz’ meisterhafte Zeichnung mir es offenbarte. ( Siehe 
Viquesnel’s Werk Taf. 33.) 

Nach diesen kurzen Andeutungen sieht man erstens, daß Serbien 
eigentlich nur als eine grosse tertiäre Bucht mit einer hohen Umfas- 
sung sich darstellt. Doch in der Mitte erstreckt sich ein ziemlich 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A099 


bedeutendes Vorgebirge, so daß das flache Land in zwei Niederungen 
getheilt wird, welche nur durch die Spalte des Ibar westlich und die 
bulgarische Morava-Pforte östlich mit der Central-Türkei in Verbin- 
dung steht. (Siehe Fig. 1.) Die serbischen Kreise von Knesovatz und 
Negotin gehören schon zum bulgarischen Becken. (Siehe Fig. 4.) 

Zweitens erfährt man, dal bei einer geographischen Aufnahme 
Serbiens die Hauptloealitäten zur Errichtung von Haupt-Visirpunkten 
oder Pyramiden die Spitzen des Schturatz, des Medvednik, des Jelin 
oder Kopaonik, des Jastrebatz, des Rtagn und die Omolie-Planina 
die geeignetsten wären. Als untergeordnete Punkte kämen dann 
eben sowohl der westliche Tzer, als in der Mitte der Kosmai, 
westlich vielleicht der Povlen und östlich wahrscheinlich noch einige 
Kuppen, wie der Stol, der Mirotsch, vielleicht der Tzrni-Vrh, die 
Vrsehka-Tschuka u. s. w. hinzu. 

Endlich sind noch einige viel niedrigere Erhöhungen der Beob- 
achtung werth, weil man von ihnen aus bedeutende Aufklärung über 
die Details der Oro- und Potamographie bekommt, Ausführliches was 
theilweise selbst von sehr hohen Standpunkten gesehen, dem Auge 
entgeht. So z. B. kann das orographische Bild der Schumadia nir- 
gends besser beobachtet werden, als von den niedrigen Höhen östlich 
von Poscharevatz aus. Diese Localität schien mir besonders für die 
Messung einer Basis sehr geeignet, weil man dann von da aus leicht 
durch Visirung der Hauptpunkte jener Kette die nothwendigen Seiten- 
linien für ein Dreiecknetz bekommen könnte. 

Für ähnliche Erleichterung der Aufnahme-Arbeit scheint das 
Kolubara Thal viel weniger sich zu eignen, weil der breite Boden zu 
hügelich ist und die Gebirgsspitzen zu wenig hervorragen, was 
besonders im Westen wegen eines kleinen fast karstförmigen Ter- 
rains der Fall ist. Da können nur kleinere Dreiecke helfen. Ähn- 
liches können wir für geschlossene Kessel wie die der Zuflüsse des 
serbischen Jadar bemerken. 

Der Lauf der Donau von Moldova bis über Dobra kann schön 
von den Kalkhöhen beobachtet werden, welche östlich von dem alten 
Golubatzer Schlosse sich erheben und die südliche Wand dieser 
wahren Donau-Pforte unterhalb Moldova bilden. 

Ober dem Zusammenflusse der beiden Morava zu Stalatsch, 
liegt auf einer mässigen Anhöhe die alte Burg gleichen Namens, von 
welcher man eine ungeheure Fernansicht besonders gegen Norden 

28" 


410 Boue. 


und Nordost hin, in das Moravathal und auf alle die kahlen Kalkgebirge 
oder die Nebenstufen des Omolie-Gebirges, nämlich auch auf das obere 
Mlava-Thal, diesogenannten Gorniak- und Baba-Gebirge u. s.w. genießt. 
(Siehe Itin&raires Bd. 1, 5.179 und Viquesnel Taf. 22, Fig. 9 1). 

Westlich von Kruschevatz bieten die Bergrücken mit dem alten 
Schloß Kosnik eine sehr lohnende Aussicht auf das Kriva-Rieka- 
Beken-Gebirge sowie auf diesen kleinhügeligen Theil Serbiens (theil- 
weise die sogenannte Jupa), welehes von da nach Brus und jener Stadt 
sich erstreckt. Nach Herrn Consul v. Hahn’s Beschreibung sollte 
man glauben, daß die Jankova-Klisura oder der Höhenpass 
westlich von Jastrebatz als Wasserscheide der Rasina und der Toplitza 
einige Aussicht in letzteres Thal gewähren möchte. 

Von den Anhöhen zwischen Grumada und Knjesevatz im 
Timoker-Becken hat man auch östlich eine weite Aussicht bis in die 
walachischen Donauebenen. 

Viele andere Punkte würden sich zu solehen Panorama’s in Ser- 
bien eignen, wenn der Wald nicht so oft störend im Wege stünde; 
denn in jenem Lande haben die Römer gewiss nur wenig Colonien 
und Strassen gehabt und meistens nur in dem Morava- sammt Sau- 
und vielleicht selbst Kolubara-Thale sich aufgehalten. Ob sie schon 
damals die Kupferbergwerke von Maidanpek und Maidan kannten, 
lasse ich dahin gestellt sein. 

In Bosnien wurden mir keine solehen Bergspitzen bekannt, 
welche in der Mitte des Landes gelegen, ein Panorama des größten 
Theiles davon gewähren. Der Grund dieser möglichen Abwesenheit, 
liegt ganz einfach in der Natur der Landes-Gerippe, namentlich nur 
einer Reihe von NW.— SO. laufender Rücken mit meistentheils tiefen 
und engen Thälern. Doch gerade in der Mitte von Bosnien 
erheben sich die Rücken, treten enger zusammen und bilden einen 
Wulst, welcher sich fast von Westen nach Osten erstreckt, namentlich 
von der kroatischen Likaner- Grenze an, nördlich von Glamosch und 
Kupris, dann über die Raduscha- und Bitovnja-Lissatz-Pla- 
nina, südlieh von Sarajevo, weiter über die Romania, Kopita 
und Javor-Planina, wo sie nach Serbien übertritt und den Ter- 
glu, die Stolovi, den Lepenatz und selbst den Jastrebatz noch 
umfaßt. (Siehe Profil 5.) 


1) Die Am-Planina ist aber scheinbar ein nur falscher Name, 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A11 


Die größte Höhe dieses Rückens ist im Raduscha-Gebirge, von 
wo aus es gegen Kroatien abfällt, indem es in östlicher Verlängerung 
eine immer ziemlich bedeutende Höhe behält. Diese bosnische Oro- 
graphie kann symbolisch nicht besser als durch das Bild eines quer 
über alle Furchen eines Feldes aufgeworfenen Maulwurfganges dar- 
gestellt werden. In der westlichen Türkei wiederholt sich dieser Fall 
mehrere Male, namentlich obschon undeutlicher in Montenegro und 
auf der Grenze Bosniens und Nord-Albaniens, dann sehr deutlich in dem 
Cimbunischen Gebirge vom thessalischen Olymp an über den Pindus 
bis zum adriatischen Meere, sowie auch an der griechisch-thessalischen 
und epirotischen Grenze. Ob man den Gabar-Balkan und seine östlich 
gelegenen hohen Gebirge noch dazu zählen soll, mögen Andere ent- 
scheiden. 

Zwischen Sarajevo und Srebernitza muß man wahrscheinlich 
von den Bergspitzen südlich- sowie nördlich bedeutende Strecken 
Bosniens übersehen können, doch leider ist das ganze Land sehr 
bewaldet. Die Berge südlich und südöstlich von Sarajevo sind im Ge- 
sentheil, größtentheils kahl und werden wahrscheinlich einmal zur Er- 
richtung von geodätischen Signalen benützt werden (Pratscha). Die 
westlich von Sarajevo mit wenig Wald sich steil erhebende Kalkmauern 
des Igman, werden dann auch als Observatorien dienen, da sie die Do- 
liane oder die größte innere Niederung dieses Berglandes beherrschen, 
welche von Sarajevo aus nach Westen und Nordwesten sich erstreckt. 

Doch noch viel vortheilhafter stellt sich das weiter nach Westen 
gelegene Gebirge unfern Voinitza; denn von der der Raduscha- 
Masse ziemlich isolirten Setz-Kuppe muß ein Beobachter einen 
grossen Theil des westlichen und nördlichen Bosniens überblicken, 
und dazu noch manche Herzegovinerspitze übersehen können. 

Nach Herrn Pertussier’s „La Bosnie 1822* und Dr. Sendt- 
ner's „Reisejournal (Ausland 1848)“ sollen auch mehrere Punkte auf 
der Strasse vom Berge Prolog aus über Schvitza, Kupris oder Keupris, 
nach Travnik Fernaussichten erlauben, vorzüglich wenn man die Pässe 
verläßt und die Berge besteigt, welche die daselbst vorhandenen 
großen Combes oder geschlossenen Kessel umgeben. In diesem 
Falle sind z. B. der Berg T'schitzer bei Livno, der Koprilnitza (oder 
Koprivnitza), der Paß östlich von Kupris mit seinen Dolomitbergen in 
der Nähe und einer Aussicht auf die Prusatzergegend, sowie das 
obere Verbastbal u. s. w. zu empfehlen. Zwischen Seoplie und Travnik 


412 Boue. 


scheint wenigstens auf der Bergstrasse der Rücken des Radovan wenig 
Fernaussiehten zu gestatten. Der östliche Abhang verflacht sich ziem- 
lieh und ich bemerkte daselbst doch sehr wenig Waldungen. 

Wendet man sich von Sarajevo gegen Nordost, so erlauben 
hie und da hohe kahle Kalkflächen oder hohe sehr bewaldete 
Rücken (wie auf dem Plotscha zwischen dem Zepa, dem Pjenovatz und 
den Quellen der Tzrni-Jadar) beschränkte Aussichten nach den benach- 
barten Thälern, doch auch da stehen gegen die Höhen viele sowohl 
aus Tannen als aus Buchen bestehende dichte Wälder oft sehr im 
Wege. Zum Trianguliren müßte man sich da meistens mit kleinen 
Dreiecken und Signalen aushelfen, so z. B. für die oberen Zuflüsse 
der Krivaja-Rieka, die Jadar- und Kladinathäler u. s. w. Bei der 
alten Burg Kuzlat ist die Bergaussicht ebenfalls beschränkt. 

Geht man im Gegentheil von Sarajevo nordwärts, so begeg- 
net man, so weit mir Einsicht in jener Gegend von Ferne gegönnt 
war, fast dieselbe Terrainbildung mit der tiefen geschlängelten 
Furche der Bosna. Nach Herrn Sendtner bietet das Gebirge west- 
wärts von Zenitza eine ziemlich bedeutende Ansicht gegen Nordosten 
und überhaupt für das Bosnathal muß man die Anhöhen besteigen, 
vorzüglich den hohen Stog zwischen derBosna und der Krivaja-Rieka, 
den Berg Osren vor der Vereinigung der Spretza mit der Bosna, den 
Krnin nordwestlich vonDoboj, den Vutschiak-Brdo nördlich von 
Fotscha u. s. w. Für die Tinjathäler und die oberen Zuflüsse der 
Spretza gibt der lange Bergrücken des Majevitza östlich von Sreber- 
nik und um die beiden Tuzla, Aufschluß. (Siehe Sendtner’s Bericht.) 

Wennman von Travnik nach Banjaluka marschirt, so überschreitet 
man die Höhen nördlich der Ugra, welche die grossartigsten Aus- 
sichten nach allen Seiten, ausser der südlichen, erlauben. Gegen 
Süden wird der Horizont durch zwei grosse Berge in ziemlich näch- 
ster Nähe beengt; der eine ist östlich der Vlasitsch, eine große 
theilweise felsige Kalkkuppe, während der westliche, durch seinen 
Namen von Trockengebirge, Suva-Planina, vortrefflich charakteri- 
sirt, einen sehr bewaldeten Rücken bildet. Das ist jener Wald von 
zehn Stunden, in welchem ich mich einen ganzen Tag verirrte. 

Ohne Zweifel wird der plateauförmige Gebirgsrücken nördlich 
der Ugra einst eine geodätische Pyramide tragen, denn von da aus 
kann man das bosnische Terrain fast bis zur österreichischen Grenze 
verfolgen. Man beherrscht eine Menge von tiefen von NW. nach 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 413 


S. O0. geriehteten Rinnen mit ihren von Tannen- und Buchenwaldun- 
gen bedeckten Berglehnen. Doch die Tiefe der Thäler machen es 
unmöglich eine Einsicht in die meisten zu gewinnen, so z. B. zu der 
wichtigen der obern Verbas; nordöstlich aber ist dieses mehr der 
Fall, wo man dann den Lauf der Verbania, der Verbanitza, Okrina 
und Usora weithin verfolgen kann. Durch diese Auseinandersetzung 
sieht man schon, was für eine Detailarbeit diese Thäler für einen 
Aufnahme-Ingenieur erfordern werden. (Siehe Profil 3.) 

Um einen Begriff von dem niedrigen Theile Bosniens 
südlieh der Sau zu bekommen, muß ich mich theilweise mit 
Herrn Sendtner's Schilderung begnügen; denn die interessanten 
Gegenden der Jalla sah ich nicht und nur zwei Ecken dieses Theils von 
Bosnien wurden mir bekannt, namentlich das Dreieck von dem Okrina- 
Becken bis zur Verbas und das Stück Bosniens zwischen Zvornik, 
der Ljuboschnitza und der Drina. Letzteres, ein kleines offenes Hügel- 
land, bietet von mehreren seiner Höhen die Mittel zu einer Übersicht, 
was in den anderen Theilen Bosniens keineswegs so leicht ist, weil 
da eigene, etwas höhere, sehr bewaldete Rücken herrschen und die 
Thäler theilweise sehr flach ausgehöhlt, durch Tannen und Buchen- 
waldungen oft versteckt, erscheinen. Südwestlich von Prinjavor genoß 
ich eine ziemlich ausgedehnte nördliche und nordöstliche Aussicht auf 
das nahe Ukrina-Becken. 

Überschreitet man die Verbas, so bekommt man leicht ein Bild 
destürkischen Kroatiens. (Siehe Kaznaeid's Bosnia, Herzegovina 
e Croazia Turea, Notizie reunite Zara 1862.) Ersteigt man nament- 
lich das inselartigaus dem Tertiären sich erhebendekleineKosaratz- 
Gebirge (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 12), so übersieht man 
nicht nur die ganze türkisch-österreichische Grenze der Una, son- 
dern das Auge reicht weithin nach Bihatsch und dem südlichen Theile 
dieses Landes (dito Fig. 16 u. 17). Die Spitze des Kosaratzerberges 
wird man einmal zur Verbindung mit den österreichischen Dreiecken 
brauchen. 

Anderseits war mir auch gegönnt über die Physiognomie des 
Terrains des Sanna- und Japra-Beckens vielen Aufschluß auf einer 
Exeursion nach Stari-Majdan zu bekommen. Von den zu überschrei- 
tenden kleinen flachen Hügeln gesehen, liegt das kroatisch-türkische 
Land wie eine Landkarte vor den Augen, man bemerkt wie sich die 
Wässer daselbst unter sehr flachen plateauähnlichen Hügelrücken 


414 Boue. 


fortwälzen und sieht am Ursprunge des Hauptflusses Bergreihen 
über Bergreihen übereinander steigen. Letztere gehören schon auf 
der Grenze zu jener großartigen Karstbildung mit ganz geschlossenen 
Kesselthälern mit oder ohne Wasser, aus welcher diese südwestliche 
Ecke des nördlichen Bosniens gegen die obere Herzegovina und die 
Likaner Gegend besteht. Natürlich erheischt eine Aufnahme dieses 
kesselartigen, manchmal staffelförmigen Auftretens, Detailarbeiten 
eigener Art. 

Ehe ich zu dem südlichen Theile Bosniens übergehe, glaube ich 
hier folgende Bemerkungen über die kahlen Berge und Bergflä- 
chen Bosniens überhaupt einschalten zu können. Wo größere 
Städte bestehen, erklärt sich ganz natürlich die Kahlheit der Berge 
durch den längern Holzbezug von jenen benachbarten einstens, wie 
das übrige Land, bewaldeten Gegenden, so z. B. bei Sarajevo, Trav- 
nik, Zvornik u. s. w. Anderswo auf ziemlich hohem Plateau haben die 
zur Viehzucht geneigten Einwohner die Wälder gelichtet oder vielleicht 
selbst niedergebrannt, um schöne Weiden zu bekommen, wie man es 
z. B. hie und da auf dem Plateau westlich von Novibazar oder unfern 
Sienitza, oder wie in Serbien zwischen dem Suvoborer und Rudniker 
Gebirge, sieht u. s. w. Anderswo war es die Karstbildung, welche zu 
permanenten oder nur zeitweiligen Seen Anlaß gab und auf diese Weise 
Grasflächen schuf, wo die Wucht des Gramineenwachsthums keinem 
Baum und selbst keinen Gesträuchsaamen das Keimen erlaubte, so z.B. 
in den Kesseln von Graovo, Schvitza, Kupris, der Tribuschnitza und 
Gatzko in der Herzegovina u. s. w. Endlich blieben noch andere Berg- 
flächen kahl, weil sie zu sehr von Erde entblößt waren und das Wasser 
so leicht durch die Kalksteine oder Felsenritze einsickern konnte. Solche 
dürre, steinige Flächen, wie in unseren Kalkalpen, findet man nörd- 
lich der Romania-Gebirge bei den lateinisch klingendem Orte Podro- 
monium und weiter nordöstlich, auch auf dem mit Gosauformation 
übersäten Plateau nördlich von Skender-Vakub auf dem Porim- 
Gebirge oder auf die Hippuriten- und Eocenkalke der Herzegovina, 
wie zwischen Mostar und Nevesin. Die Römer scheinen keineswegs 
in Bosnien wenigstens dazu beigetragen zu haben die Wälder zu 
vermindern, was aber in der Mitte der Herzegovina wegen der Nähe 
von Mostar wohl der Fall sein konnte. Auf dem Porim haben sie 
seheinbar, nach den Gräbern der letzten Kaiserzeit zu urtheilen, 
Militärposten gehabt. Die großen Hauptadern des Verkehrs in Bosnien 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 41 5 


waren ihnen in allen Fällen bekannt und man erstaunt selbst jetzt noch 
über die viele Ähnlichkeit in der Anlage, Steilheit und Breite gewisser 
gepflasterter Straßen im östlichen Thraeien und in Bosnien, wie zwi- 
sehen Goresda und Sienitza, oder die neben dem Tzerni-Jadarthale, 
südwestlich von Zvornik u. s. w. Die Türken haben nur diesen Bau- 
styl fortgesetzt. | 

Das südliehe Bosnien, mit welehem ich den südöstlichen 
Theil der politisch sogenannten Herzegovina bis zum Pirlitor-Schloß an 
der Sutschesa begreife, enthält manche hohe Warten, von wo aus man 
dieses ganze sehr gebirgige und größtentheils bewaldete Land bequem 
übersehen kann. Einen Hauptpunkt bildet eigentlich die höchste Spitze 
der europäischen Türkei, der Kom, dessen doppelte Kuppe (siehe 
Viquesnel Taf. 22, Fig. 19) sich gut für eine Pyramidaufstellung 
eignet. Von da überblickt man ebensowohl das ganze südliche Bosnien 
als Montenegro’s tiefe Furchen und Kalkkessel (sieheFig. 6). Daneben 
erheben sich wohl nördlich die fast eben so hohen Spitzen des Dor- 
mitor, Voin und Volojak, aber alle diese dolomitischen Nadeln 
werden wohl kaum ersteigbar sein. Der große hohe Bergrücken süd- 
lieh vom Kom, der sogenannte Kutschki-Kom, erlaubt die Aus- 
sicht nieht nur in einen Theil Montenegro’s, sondern auch in das Gre- 
tschar-Thal und Guzinie-Becken, und auf eine förmige Anhäufung von 
ersteigbaren Dolomitkegeln südlich des Redschitza-Thales. (Siehe 
Spencer's Zeichnung Travels in European Turkey in 1850, 1851, 
Bd. 1). Diese letzteren weniger nackten Felsberge stellen sich wie 
eine Masse von Zuekerhüten dar, wenn man sie von Östen oder von Anhö- 
hen um das Velika-Thal besieht. (Siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 21.) 
Ein Blick auf die Karte des obern Lim-Beckens mit seiner hohen Ge- 
birgsumgürtung genügt, um dem Ingenieur anzudeuten, wie leicht es 
daselbst ist, die erwähnten hohen Spitzen durch Dreiecke mit den 
andern südlich des Lim zu verbinden. Der Troitzaberg zwischen dem 
Gretschar und dem Vruja, westlich ober Guzinie, empfiehlt sich sehr 
als einen Hauptpunkt zu einer Übersichtspyramide. 

Neben diesen für Geodäsie so geeigneten Loecalitäten findet man 
noch weiter östlich, die Spitze des Bogitschevitza, südlich ober- 
halb des kraterförmigen Plava-See’s, dann die nördliche Seite der 
Mokra-Gora und des Glieb (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 10), 
von wo aus man ganz Süd-Bosnien mit seinen N. W. — S. O. Rinnen 
in derZahl von wenigstens vier oder fünf, namentlich die der Tara, der 


416 Boue. 


Tseheotina, des Lim und Uvatz und seiner dazwischen mit diehten 
Nadel- und Buchenhölzern bedeckten lang gezogenen Rücken (siehe 
Fig. 4), und östlich am Ursprung des Uvatz einige große trockene 
hohe, einst mit Wasser gefüllte runde Becken im Bihor, wie bei 
Ugrlo, und südlich von Sienitza erblickt. Auf dem bewaldeten Berg- 
rücken müßten hohe Signale der Aufnahme helfen. 

Um den Kessel Novibazar mit seinen sechs oder sieben 
Plateaus oder Gebirgen und seinen fast sternartigen acht Thälern 
namentlich die der Ilidga, Rnava, Godovo, (irrthümlich meine Kos- 
mik siehe meine Itineraires Bd. 2, S. 142 und 185), Jeleschnitza, 
Raschka, Liutzka-Rieka, Lepenatz, Joschanitza (in Novibazar selbst) 
und Dejeva, aufnehmen zu können, muß man nicht nur die Anhöhe 
des Klosters Gjurgjovi-Stupovi imN. O. der Stadt, sondern auch 
diejenige zwischen den Thälern von Rnava und Godovo, so wie die 
zwischen der Raschka und der Liutza-Rieka ersteigen und Signale 
auf allen diesen sechs oder sieben nördlichen Gebirgsmassen auf- 
steeken. Auf diese Weise wird man einestheils den Ursprung des 
Lepenatz bis nach Serbien in der Kovatscha-Planina verfolgen können, 
indem man auf der andern Seite südlich und westlich einen richtigen 
Begriff über die Rogosna-Planina, die Goreschda-Planina 
sammt ihrer Abtheilung mit einem Blicke in den separaten Kessel der 
Quelle der Rasckka und Liutzka-Rieka bekommen würde. 

Ein anderes Stück ähnlicher Aufnahme könnte man von den Höhen 
des Rogosna-Planina unternehmen, wo der Ibarlauf und das ser- 
bische gebirgige Terrain vor dem Auge liegt. (Siehe Viquesnel 
Taf. 22, Fig. 33.) Eine dritte locale Aufnahme wäre die vom Ugrlo- 
Becken von den Höhen westlieh oder östlich desselben, dann eine 
ähnliche für das Becken südlich von Senitza von letzterem Platze aus. 
Auch zwischen Ugrlo und Rojai passirt man schmale Anhöhen, die 
reiche Aufschlüsse über einzelne Thäler geben. Doch kommt auch 
Karst-Terrain überhaupt in Bihor vor. 

Die Aussicht über das Mileschevothal ist eigens auf diese Tiefe, 
von Süden aus gesehen, beschränkt. Ob aber die Spitzen der kleinen 
Berge zwischen Senitza und Priepol ferne Aussichten östlich nach 
Serbien und westlich nach dem Lim erlauben, kann ich nicht sagen. 
Aber das kleine Plateau des Berges Pobienik zwischen Priepol und 
Taschlitza verschafft dem Reisenden ein wahres Panorama, welches 
gegen Westen und Südwesten oder gegen die höchsten Gebirge der 


- .. ® = .. * - 
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 41 l 


Türkei von den Gebirgen nördlich vom Dormitor bis zum Kom, 
Prokletia und Glieb ganz vollständig ist. (Siehe Profil 4 und 6, 
Itineraires Bd. 2, S. 130 und Viquesnel Taf. 22, Fig. 15 und 
19.) Doch gegen Osten ist die Aussicht durch die hohen Gebirge 
längs des Lim heschränkt. Kein Zweifel, daß man bei einer 
Aufnahme Rücksicht auf dieses Plateau nehmen wird, wo man 
selbst eine kurze Basis recht schön messen könnte, um dann Drei- 
ecke nach dem Dormitor, dem Kom, dem Prokletia, die Mokra-Gora 
u. s. w. spannen zu können. Zu gleicher Zeit würde die allgemeine 
Gestaltung der zwar bewaldeten unbekannten Distriete von Pro- 
stienie und Vranigie zwischen dem Lim und der Tara bekannt 
werden. 

Von diesem Punkte aber bis über die Tara, Fotscha, Vischegrad 
Pratza, kurz bis zu dem erwähnten Centralrücken Bosniens, kenne 
ich nur ein mit Waldungen sehr bedecktes und wenig bevölkertes 
Land, wo ich wohl sah, daß die Bergrücken keine kleine Höhe er- 
reichen und ich selbst mehrere bedeutende besonders nördlich von 
Goresehda überschritt, aber wo ich überall nur im Schatten des 
Waldes war. Die einzigen mir bekannt gewordenen offenen Gegenden 
sind die um Pratza und Kolischitz oder die Pala-Gegend, welche 
letztere Localität aber ein breites Thal zwischen Bergen einnimmt und 
am südlichen Fusse des Gebirges liegt, auf welchem nördlich, am 
unteren Abhange, Sarajevo gebaut wurde. 

Überhaupt muß ich ein- für allemal bemerken, daß in Europa 
die Türkei wohl das einzige Land noch ist, wo Dörfer ganz in 
Wald versteckt vorhanden sind, wie wir es bei den alten Ger- 
manen in Römerszeiten vermuthen. Solche Wohnungen, fast ohne 
alle Ausrodung des Waldes, bestehen aber nicht nur in Bosnien und 
Bulgarien, sondern selbst noch hie und da in Serbien. Sie entsprechen 
der Furcht der Einwohner vor ihren Herrschern. Die genaue topo- 
graphische Aufnahme solcher Gegenden wird dadurch sehr erschwert; 
dies ist selbst der Fall mit den häufigen slavischen Dörfern, welche in 
Pflaumenbaum-Anpflanzungen wie vergraben erscheinen. Man wird 
daselbst viele partielle Aufnahmen bewerkstelligen müssen, vorzüglich 
um einzelne Thäler mittelst guter Ansichten von einigen Punkten genau 
nachzeichnen zu können. So z. B. für das Reschitza-, Tara-, Piva- und 
Bistritza (Ulok)-Thal sammt ihren Zuflüssen. Im Tarathal bemerkte 
ich selbst zwei sehr vortheilhafte Punkte, den einen auf einer Anhöhe 


A1s Boue 


nördlieh von dem Ausflusse der Piva in die Tara t) und den andern auf 
der steinigen dolomitischen Anhöhe nächst der Piva. Wahrscheinlich 
findet man noch Fern-Ansiehten, wenn man dieselbe Kette oder die 
Abdachung des Dormitor überschreitet, um von Jezera an der 
Tara nach dem Drobniaker-Distriet zu kommen oder weiter südlich 
im Kolaschiner-Distriet. 

In derHerzegovina?) wurden mir nur folgende für Aufnahmen 
wichtige Punkte bekannt, namentlich gewisse Gebirge unfern Livno, 
gewisse nackte Spitzen des Porim 3) östlich von Mostar aus, die 
Höhen des Blagaj-Schosses, von wo man das mittlere Thal der 
Herzegovina oder das untere Narenta-Becken kennen lernt. (Siehe 
Hilferding s Reise von Ragusa nach Mostar und Sarajevo; Zeitschr. 
f. Erdk. 1860 n. R., Bd. 9, S. 110 und 217.) Dann übersieht man 
andere Theile der obern Narenta von dem Kreschevo-Berge und von 
der nordöstlichen Eeke des Porim, indem von dem hohen Sattel zwi- 
schen dem Treschnitzathal hinter Kognitza und dem Bradinathal man 
eine ausgedehnte Aussicht, eben sowohl über den Porim als über den 
Vrabatz, Raduscha, so wie über einen Theil des tiefen und in seinem 


1) (Zeitschr. f. Erdk. 1860 N. S., Bd. 11, Heft 2.) Herr Blau verlängert die Drina 
bis über das Kloster Piva, so daß man auf seiner Karte das Pivawasser vermißt, 
welches man mir doch deutlich nannte und zeigte. Merkwürdigerweise will man 
sich nicht in den Gebrauch der Slaven fügen, welche oft keiner der Quellen eines 
Flusses den Namen dieses letztern geben. So geschieht es für die Jndge-Karasu 
oder Vistritza Macedoniens mit ihren zahlreichen Quellen (Bilischta, Gramusi 
u.s.%.), mit der Drina mit ihren drei Quellen der Tara, Piva und Sutchesa u. s. w. 
Doch finden wir Beispiele dieser geographischen Nomencelatur selbst im Westen 
Europa’s, wo z. B. die Gironde für die Vereinigung der Garonne und Dordogne gilt. 

?) Die Herzegovina zerfällt in vier natürliche Abtheilungen, namentlich 1. den nörd- 
lichen Theil oder dieRama, welche einst bis Ston oder Stagno in Dalmatien, reichte; 
2. den mittleren Theil, welcher das Land über die Berge, das Zacholmie, die Ge- 
gend östlich von Livno, das Zachlivnie, und diejenige zwischen Mostar, Blagaj 
und Stolatz oder die Chumska oder Cholmska umfaßt; 3. den südlichen Theil 
bei Trebigne, die Terbuina und Kanalia (J. Ministerstva narodnego prosvie- 
tscheniia 1850 Juli und Ausland 1850, S. 939 und 943), endlich A. die Nevesigne- 
undGatzkoer- Gegenden mit einigen kleineren geschlossenen Becken. Doch unter 
letztere gehören diejenigen von Nikschitsch, Graovo u. s. w. eigentlich schon zu 
Montenegro. 

3) Wahrscheinlich war der Porim einmal vielmehr bewaldet, die Nachbarschaft Mo- 
star’s muß seit Römers-Zeiten immerfort zu der Zerstörung seiner jetzt nur noch 
spärlichen Nadelhölzer-Waldungen (Pinus und Abies) beigetragen haben. 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei 419 


Laufe eine große Krümmung beschreibende Narenta. Da gibt es 
mehrere für Pyramidenerrichtung gut gelegene hohe Spitzen. 

Südlicher in der Herzegovina muß die Spitze des nackten V e- 
lesch (westl. von Nevesin) schöne Aufschlüsse über die Geomorphie 
des Landes geben, doch bestieg ich ihn nicht und passirte nur eine 
seiner Abdachungen, welche theilweise bewaldet war. Von dem zer- 
störten Orte Salem-Palanka, jetzt nur eine Greisslerbude und zwei 
Häuser, genoß ich eine sehr ausgedehnte Aussicht, besonders über 
die südwestlichen Zuflüsse der Narenta und die mittleren Gebirge. der 
Herzegovina (siehe Itineraires Bd. 2, S. 207). Dieser isolirte 
sehmale Rücken, würde sich eben so wie der Velesch für Aufnahme 
von Hauptsignalen wahrscheinlich eignen. 

Noch südlicher beherrscht man vom hohen kahlen Leber- 
sehnik-Rücken östlich von dem Gatzko-Thurme oder Konak des Beg, 
im Westen fast die ganze Breite der südlichen Herzegovina bis über 
den oberen Tribintschitza oder das Trebignethal, indem südlich das 
Dugagebirge sammt theilweise dem Paß, sowie selbst der Platz des Nik- 
schitscher Kessels zu sehen sein möchten, und nördlich das Verbathal 
sammt den Gebirgen von der obersten Narenta vor den Augen 
ausgebreitet erscheint. 

Östlieh vom Lebersehnik und südlich von dem Tsehemernopla- 
teau übersieht man Theile des Uskokenlandes (siehe Herrn Blau’s 
Karte), sowie die gewaltigen Massen des Voin (auch Voinik), des Dormi- 
tor und seiner nächsten Nachbarn. Doch muß der Grund der zahlreichen 
Thäler größtentheils wegen ihrer Tiefe unsichtbar bleiben, so daß 
die Aufnahme der Tusına und der kleinen Neben-Bäche, sowie des 
Sinjaevinadistrietes überhaupt eigene Aufnahmen erfordern werden. 

Solehe vortreffliche geodetische Stationen sollten mit einigen 
montenegrinischen, in dem Ostroggebirge südlich von Nikschitsch, in 
Grahovo, in dem Tschevo, in den Borovnik-Bergen, in der Piperska- 
Planina, im Djebetza u. s. w. sowie mit demjenigen des Kom’s, südlich 
in Verbindung gesetzt werden. Von letzteren übersieht man auf ein- 
mal die zahlreichen Quellen der Wässer, welche von allen Seiten 
abfließßen, doch scheinbar nicht die zu tief gelegenen zwei oder drei 
kleinen Seen (siehe akad. Sitzber. 1862, 2. Abth., Bd. 55, S. 652). 
Nach dem Obersten Karadezay wären die Gebirgsspitzen hinter Cat- 
taro (Berg Lovtschen u. s. w.) für eine Aufnahme vieler Bergkup- 
pen und Spitzen Montenegros sehr günstig, denn es war ihm auf 


420 Boue. 


diese einfache Weise ermöglicht, eine für die damalige Zeit ledige 
Karte Montenegros zu skizziren. In Nord-Albanien würden sich auch 
leicht solehe Punkte finden lassen, wie z. B. der hohe Sutorman, 
der Goleseh, der Tarposeh u. s. w., wo man dann auch zugleich 
eine Übersicht über das ganze leider so wüstgelegene grosse Becken des 
Sceutari Sees bekommt. Durch östlich und nördlich gelegene Berge, 
wie diejenigen um den obern Drinassi, um Schkrell oder östlich von 
Hotti, Podgoritza, sowie bei Spuge, kann man sich dieses Bild ver- 
vollständigen. 

In Nord-Albanien gibt es wieder kein centrales Gebirge, 
welches eine Landkarte des Landes vorführe, man muß sieh mit 
Stücken davon begnügen. Ohne Zweifel würde die sehr mögliche 
Besteigung der nördlichen Spitzen der Prokletia (siehe Viquesnel 
Taf. 22, Fig. 23), eine sehr ausgedehnte Aussicht, besonders gegen 
Süden und Südwesten gewähren, aber gegen Norden steht ihm über 
der langen und tiefen Furche des Zem oder Tzievna theilweise die 
Komkette im Wege. Man würde nur einen Theil von Süd-Bosnien 
und Montenegro sehen können. Gegen Südost aber würde man auf 
die hohen Kuppen des westlichen Theiles des Schar, namentlich den 
Jalesch und weiter südlich auf den Korab stoßen. Die große Niede- 
rung der Metoja würde nur durch einen leeren Raum angezeigt sein. 
Kein Zweifel aber, dafs man selbst die Peristerspitze bei Monastir so- 
wie den Tomor zwischen Berat und dem Desnitzerthale oder Klisura 
zu sehen bekäme. Die Schneegebirge unfern Monastir sah ich selbst 
deutlich von den Skanhöhen südlich von Spaß in der Myrdita (siehe 
Itineraires Bd. 1, S. 325). 

Mit einer solchen Aussicht wird wohl eine Pyramide die höchste 
Spitze dieses sogenannten „Vermaledeiten Gebirges“ einst krönen. 

Um eine Einsicht in den Myrditen und Dukajinen oder dem 
katholischen Albanesenlande zu gewinnen, kenne ich nur die Höhen 
hinter Kroja, der Kiapha-Mala und das Puchaberg-Plateau 
in der Myrdita. Die Lage von der befestigten Stadt Kroja auf der 
sogenannten Corniche, einer hohen Kalkmauer (siehe Profil 9), hat 
man lange Zeit nicht recht verstanden, aber ihren Ursprung verdankte 
sie nur den hinter der Stadt angelehnten Anhöhen, wodurch die Ein- 
wohner in dem Falle einer Belagerung oder Überrumpelung sich wie 
über eine Brücke tiefer in die Gebirge flüchten konnten. (Siehe 
Hahn’s Reise.) Von diesem Gebirge aus beherrscht man eben 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A21 


sowohl die ganze kleine Hügelreihe längs dem adriatischen Meere als 
das ganze Hismothal mit seinen verschiedenen Gewässern; doch 
trüben kleine Waldungen oft diese Aussichten. Es besteht aber weiter 
östlich gegen den schwarzen Drin ein hoher Rücken, von welchem 
Ingenieure diesen wilden Theil der Türkei gänzlich übersehen müßten. 

Von Puchaberg bekommt man nur einen kleinen Theil der 
Fande oder der oberen nördlichen Abzweigungen des Matthales und 
die Niederungen des untern Drin mit ihren kleinen Dolomitkegeln zu 
sehen. Es wäre dann dieser Punkt nur für ein Hauptsignal günstig 
gut gelegen. 

Vom Kiapha-Mala-Berg aber muß man noch weiter sehen 
können und zu gleicher Zeit eine Übersicht über die südliche steile 
Abdachung des Prokletia und der Malsorenberge bekommen. Die 
grosse Spalte des Schaliathales sammt ihrem cireusartigen Ende, 
überragt durch die Schneefelder des Prokletia sammt dem durch den 
Drin beschriebenen tiefen, gegen Norden gewendeten Bogen, sah ich 
selbst von einem Punkte auf den Höhen zwischen Sakat und Phliet 
in der Myrdita. (Siehe Turquie Bd. 1, S. 326 und Viquesnel 
Taf. 22, Fig. 20.) 

Das untere Thal der Drina oder die Zadrima-Gegend kann 
man sehr gut von den Bergen südlich von Daitsch sowie von dem 
spitzigen Berge des Velileschoder dem Schlossberge zu Lesch (Alessio) 
übersehen. Von da aus oder von der Anhöhe hinter dem katholischen 
Kloster am rechten Ufer der Drin oberhalb Lesch, bekommt man eine 
Einsicht in den kleinhügeligen Landstrich zwischen der Drin und der 
Bojana. Für die Antivarigegend und die österreichisch-albanesische 
Grenze muß man nur auf den nächsten Berg steigen. 

Weiter südlich erlaubt die Höhe des Gerabe- oder Gabar- 
Balkan wie diejenige des alten Schlosses Petreila eine ziemlich 
weite Aussicht auf Mittel-Albanien, welch letzteres besonders von den 
Römern einst ein ziemlich bewohntes und darum sehr wenig bewal- 
detes Hügelland ist, östlich allein wird es wirklich gebirgig. 

Östlich wird der Horizont theilweise durch steile Kalkmauern 
eines ziemlich hohen Gebirges begrenzt, welches aber in Mittel-Alba- 
nien hinter Elbassan sehr weit zurücktritt, so daß um weite Aussich- 
ten zu bekommen, man dieses Gebirge auf der Straße nach Ochri 
besteigen muß. Leider fehlen mir die nothwendigsten Auskünfte dar- 
über in den Reise-Route-Büchern Müller’s und Hahn’s. (Siehe 


422 Boue. 


Tafel’s Via Egnatia 1842.) Um den Lauf des Arzen und seiner 
Zuflüsse (Tzaranika u. s. w.) zeichnen zu können, müßte man einige 
steile Berge östlich von der Straße von Tiran zum Gabar-Balkan, 
die Kuppe des Petreila-Schlosses so wie den Festungsberg Nderrenje 
ersteigen. Die Umgebung von Duratzo würde auch durch hintenlie- 
gende Berge aufgenommen werden können. 

Für den nördlichen Theil der weiten Ebene des Seumbi und 
Devol stehen Anhöhen zu Dienste, und für die südlichen findet man 
südlich von Devol einige, oben kahle, nur unterhalb mit Gebüschen 
und kleinen Waldungen bedeckte niedrige Berge, welehe wenig Auf- 
schluß über die Gegend geben und höchstens einmal als Signal- 
örter für kleine Aufnahmen dienen können. 

Ein Riese aber, welcher dem mittlern Albanien seinen Charakter 
gibt, das ist der von N. —S. langgestreckte über 5000 Fuß hohe 
Tomor zwischen Berat und dem Desnitzathale oder Krisura. (Siehe 
Viquesnel Taf. 22, Fig. 34 und Profil 10.) Dieser über alle andern 
Massen herrschende Berg überrascht schon den Reisenden 2!/, Stun- 
den vor Tiran oder fast 6 Stunden vor dem Gabar-Balkan. Letztere 
Kuppe nimmt sich selbst nur als eine niedrige Einsattelung unter 
diesem im tiefen Frühjahre noch etwas mit Schnee bedecktem Berge 
aus. Er wird einst eine Aufnahmspyramide tragen, dessen Hilfe man 
oft in der Ausmessung Nord-Albaniens in Anspruch nehmen wird. 
Doch muß: dann die Tomoritza nicht mehr eine Räubergegend sein, 
welehe bis jetzt jedem Reisenden die Ersteigung dieser schönen Kalk- 
Alpen unmöglich gemacht. Da die Kuppe mit üppigen Weiden be- 
deckt ist, wie man es recht deutlich von der Anhöhe nördlich des 
Bubasi bemerken kann, so möchte die botanische Ausbeute eben so 
groß als die der Aussichten daselbst sein. Ein großes Stück Mittel- 
Albanien bis an die Meeresküste muß daselbst dem Touristen vor 
Augen liegen, indem man südlich das lange Thal des obern Vojutza 
mit seinen beiden Mauern, so wie den westlich breiten Abhang des 
Pindus beherrscht. Doch dieser letztere muß den Gesichtskreis gegen 
Osten sehr beengen, denn nur eine Furche trennt beide Kolosse. 

Nach Leakes' Reise (Travels in north. Greece a. Turkey 1835) 
von Goritza nach Berat am nördlichen Fusse des Tomor muß man 
nicht nur von jener Corniche, sondern besonders von einem höhern 
Standpunkte aus ein förmliches Bild der Gebirge des obern Seumbi, der 
Devol-Pässe, so wie der obern Theile des Berater-Ergent bekommen. 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 423 


In dem Vojutzathal bieten sich unter den Spitzen mehrere 
Berge als gute Observatorien. Ohne die untergeordneten bei Berat 
zu erwähnen, erlaubt schon der Skrapari-Berg bei Han-Tojari, 
wenigstens die Aussicht des untern Vojutzathales. Dann kommen aber 
das Gebirge hinter Klisura oder zwischen dieser an den Kalkfelsen 
angebaute Stadt und Tepedelen, so wie besonders der hohe Rand des 
mit Schnee gefüllten Circus des Nemertska-Malia westlich von 
Turanik-han oder Badiglione, weiter der Pal zwischen Sahli-Pascha- 
Han und Ostanitza, endlich eine gewisse Anzahl von Kuppen des Pindus, 
welcher auf der östlichen Seite des Thales eine noch höhere und 
besonders vollständigere Mauer als die westlich eingeschnittene und 
gespaltene bildet. (Siehe Pouqueville’s Beschreibung 1837.) 

Von allen diesen Bergen übersieht man einen großen Theil von 
dem mittleren und besonders südliehen Albanien, der Pindus allein 
ermöglicht eine Aussicht nach dem südwestlichen Macedonien, so wie 
im mittleren Devol- und Bilischta-Thale oder nach den oberen Zu- 
flüssen des Bistritza-Flusses. Von der Nemertska-Malia sieht man nicht 
nur die verschiedenen Kuppen des Pindus, so wie das ganze Vojutza- 
Thal, sondern vorzüglich das ganze westliche Albanien von jenem 
Thale und der Janinagegend an bis zu Delvino und Korfu. Der tiefe 
Becken Janina’s erscheint wie ein großes Loch im Erdboden. Man 
kann sich wohl denken, weichen Vortheil ein solcher Berg für eine 
rasche Aufnahme bietet und wie leicht man ihn mit gut gewähltem 
Punkten auf dem acroceraunischen Gebirge, so wie mit dem Tschika- 
Berg verbinden kann, woraus man dann das Detail des Küstengebie- 
tes, wie z. B. das bei Aulona, Carbonara u. s. w. vervollständigen 
könnte. (Siehe Dr. A. S. Reise von Korfu nach Janina und Rückreise 
über Sayades. Ausland 1859, S. 498, 544 und 583.) 

Von dem westlich von Ostanitza gelegenen Gebirgsrücken ist 
wohl die Aussicht sowohl nordwestlich als östlich durch die 
Nemerstka-Planina oder ihre Fortsetzung im ersten Falle, wie 
durch die Pindus-Kette im zweiten Falle, beschränkt, aber dagegen 
liegt das Terrain dazwischen :wie eine spitzig dreieckige Charte, 
unter dem Beobachter. Er kann auf diese Weise nicht nur den Lauf 
der Vojutza und ihrer Zuflüsse verfolgen, sondern noch genau die 
Oro-, und Topographie des großen hohen etwas geneigten Plateaus 
aufnehmen., welches als eine enge Spitze gegen Konitza anfängt und 
als breites Stück Land gegen Staria endet. Da diese Gegenden kahl 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd, I. Abth, 29 


AA Boue. 


oder nur hie und da mit einigen niedrigen Gebüschen bedeekt sind, 
so ließen sich hier wirklich das wellenförmige Terrain, die Rinnen, 
Ortschaften und Straßen, wie von einem Bilde vortrefflich abzeichnen. 
Überhaupt erkennt man an der Ausrodung der Waldungen im Epirus, 
daß die Römer daselbst viele Ansiedlungen hatten. 

Um dieses Stück Albanien weiter zu studiren und zugleich den 
übrigen westlichen Epirus zu übersehen, finden wir gewisse 
Anhöhen in der sogenannten Zagorie-Gau (bei Artischta), dann östlich 
von Janina den kahlen Mitschikeli-Berg und seinen südlichen so 
wie nördlichen Ausläufer, Von den Anhöhen bei den Pente-Pigadi oder 
fünf Brunnen reicht die Aussicht bis nach Arta und das Meer. Noch 
andere untergeordnete Aussichtsstandpunkte sind bei Suli u. s. w. Für 
das Aspropotamos-Thal muß man diePindus-Anhöhen des Marotzo, west- 
lich von Klinovo, so wie den Smokovo besteigen, welche auch Aussichten 
nach Thessalien und den griechischen Theil des Epirus gewähren. 

Der östliche Theil des südlichen Epirus ist nur mit 
hohen Bergen bedeckt, welche zur Pindns-Kette gehören, unter denen 
die höchsten scheinbar der Peristera-Vouna, Cacardista und 
südlicher der Djumerka sind, (sieheViquesnel Taf. 22, Fig. 43), 
während der minder höhere Zigos doch eine ausgedehnte Aussicht 
erlaubt. Von der erstern Spitze liegt wohl der ganze südliche Epirus 
bis über den Arta-Meerbusen einestheils, und bis über Janina andern- 
theils, panorama-artig unter den Füßen des Beobachters, aber östlich 
wird die Aussicht durch den Centralrücken des Pindus gehemmt. 
Von Zigos aber kann man das egäische wie das adriatische Meer in 
heiterer Witterung sehen, in den thessalischen Becken etwas hinein- 
sehen und einige Berge des Epirus vor Augen haben. (Siehe 
Turquie Bd. 1, S. 61), so wie auch Edw. Lear’s Journal of 
Landscape Painter in Albania, Ilyria u. s. w. 2. Aufl. 1852 und 
Xpovoypasıa rns hrreipov u. Ss. w. Athen 1857, 2. Bd.) 

In der thessalischen 1) unförmlichen viereckigen Truhe bildet der 
Olymp, als höchster mit wenigem Schnee befleckten Gipfel und aus 
einigen kahlen felsigen Kalkspitzen bestehend, die beste Warte). Von 


1) Siehe Bowen Mount Athos, Thessaly und Epirus 1852, Ussing griechische 
teisen und Studien Kop. 1857, Ausland 1859, S. 411 und 437. 

*) Siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 45, und Profil 15, Heusey, Le Mont Olympe et 
l’Acarnanie 1860 mit Karten. Ausland 1861, S. 292 Petermann’s geogr. Mit- 
theilungen 1861, S. 113. 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A25 


ihm aus beherrscht man nicht nur ganz Thessalien so wie das nörd- 
liche Griechenland bis zum Oeta und Eubea, sondern man hat vor 
sich auch eine ähnliche Karte von dem ganzen südwestlichen Mace- 
donien bis über Castoria, Salonik und den Athosberg in der chalidei- 
schen Halbinsel. Doch wenn das Bistritzathal und die Zuflüsse dazu 
wegen ihrer Tiefe nur als etwas versteckte Rinnen erscheinen, ist 
dieses mit Thessalien nur der Fall für die engen Spalten des schönen 
Tempe (Eekenbrecher, Monatber. Verh. f. Erdkunde Berlin 1848 
N. R. Bd. 5, S. 185) und im Gebirge Agrapha’s; alle andere Ge- 
genden liegen wie eine deutliche Landkarte auf. (Siehe Viquesnel 
Taf. 22, Fig. 46.) 

Andere vortreffliche Localitäten zur Aufnahme bilden der 
Kisavo-Berg für Tempe (Viquesnel Taf. 22, Fig. 45), der 
Pelion oder Mavro-Vuno (Mezieres M. sur le Pelion et l’Ossa 
1853 Ausland 1861, S. 930) für die Seekette, dann die südliche 
oder halb griechische Kette von Hellovo und Gura, so wie die trans- 
versale Anhöhe in der Mitte des tertiären und Alluvial-Beekens östlich 
vom Phersaliti oder vom Sataldscha Potamos für die Niederung, die 
Höhe von Elassona für einen obern Zufluß des Salambria. Weiter 
östlich findet man die Höhe hinter den Meteorenklöstern für das 
Cachiathal (Kriegk über die thessalische Ebene 1858 u. den Meteo- 
renklöstern Zeitschr. f. Erdkunde 1858 N. R. Bd. 4) und die Gebirgs- 
thäler des Agrapha-Gebirges hinter Phanari (siehe Profil 14), endlich 
die höchsten Spitzen dieses letztern, diejenigen des Kratschevo- 
Gebirges bei Milias für die obersten Zuflüsse des Cachia, so wie für 
die Wässer des Milias in Macedonien. 

Wenn auf diese Weise Ingenieure in Thessalien günstige Loca- 
litäten zur Aufnahme und weniger Detailarbeiten finden würden, so 
ist dieses nicht der Fall für das viel complieirte Macedonien, - 
dessen nördliche natürliche Grenze durch das Gemisch der Albanesen 
nordwestlich und dasjenige der Bulgaren nordöstlich überschritten 
wird. Als westliche Grenze nehmen wir den Pindus, den See Ochrida’s, 
den schwarzen Drin oder eigentlich die Korabkette mit ihrer süd- 
lichen Verlängerung, den Schar, den Karadagh, die Kurbetzka Planina, 
den Berg Kuniavo oder besser den Radomir-Kessel und die west- 
lichen Gehege des Rhodopus oder Despotodagh von der steilen Mauer 
der Rilo-Planina oder dem bulgarischen Dupnitza und Djumaa bis 
zu den griechischen Städten von Melenik, Seres, Drama und Cavaja. 

29 * 


426 Boue. 


Doch scheint, daß einst der Nestus oder Karasu (slav. Msta) als 
östliche Landmarke galt. 

Auf der Karte gefolgt zeigt diese Grenze, daß Macedonien gegen 
Nordost ziemlich breite Öffnungen hat, welehe die ackerbau- und 
industrietreibenden Bulgaren in ihrem Überschwemmungsproeesse, um 
die reichen macedonischen Thäler zu besetzen, benutzt haben, indem 
die Albanesen, ein Viehzucht treibendes Volk, nordwestlich in Mace- 
donien wie im südlichen Bosnien, nur hohe Berge (Schar) oder Weiden 
und bewaldete Gebirge, (Quellen der Morava, die Luma und schwarzen 
Drin-Thäler), besetzt haben. Doch bleibt immer die Frage, ob man von 
Macedonien vielleicht den ganzen obern Theil des Strymon trennen 
sollte, um die Grenze von der Kurbetzka-Planina über dem Gebirgs- 
rücken östlich von Egripalanka nach dem Dovenitza-Gebirge zu den- 
jenigen Theil des Despotodagh zuzuführen, welcher südlich von Dju- 
maa sich erhebt und zu der engen Spalte des Styrmons nur eine gut 
geschlossene Thüre hinzufügt? Auf diese Weise würden sich zu der 
großen ovalen Niederung von Sophia und den kleinern von Ichtiman, 
Samokov und östlich von Dupnitza noch die größern an den Quellen 
des Strymon um Radomir und Kostendil anschließen. Die erstere und 
letztere wären die Niedrigsten, die von Samokov die höchste, die andern 
meistentheils fast von einerlei Höhe. (S. TurquieB. 3, S. 573 1).) 

In der chalideischen Halbinsel bietet die Spitze des Berges 
Athos ?) die schönste Gelegenheit, um auf einmal jenes zerstückelte 
Land, so wie einen bedeutenden Theil von den nächsten Gegenden und 
Inseln zu Gesichte zu bekommen. Für den nördlichen Theil dieser Halb- 
insel kann ich die Anhöhen zwischen Lahana und Bahala auf der Straße 
von Salonik nach Seres empfehlen, von wo man aus einen guten Theil 
des Seres-Becken sammt den Takinos-See und Orphanos-Berg Kusch- 
nitza übersieht. Für die Aufnahme der reichen Gefilde, so wie der 
hie und da salpeterhaltige Boden des Doppel-Beckens Seres und 
Drama, genügt die Besteigung des kahlen kalkigen Manikion (siehe 
Profil 15), indem für erstern noch besonders diejenigen der bewal- 


1) Zu vergleichen mit meiner Darstellung in Mem. Soc. de Geographie de Geneve 
1863, Bd. 3, Lief. 2. S. 212. Nach Viquesnel würde die Höhe Samakov’s 
größer sein, als ich es angebe. (Siehe seine Karte.) 

2) Siehe Fräul.Walker’s Reise 1864 Taf. 4, Bowen’s Mount Athos, Thessaly a. Epirus 
1842, Chaix Bibl. univ. Geneve 1842, Bd. 41, S. 92. 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A2YT 


deten nördlich gelegenen Sultanitza-Gebirge (sieheViquesnel 
Taf. 22, Fig. 49) vortreffliche Dienste leisten, denn man überblickt 
von da zugleich die Ebene von Seres, das kleine Becken von Melnik 
und Theile vom Strumnitza-Thale, so wie den unteren Rhodopus. Mehr 
verschwommen erscheinen dann aber auf einmal alle diese Gegenden 
vom hohen Perindagh aus. 

Die Gegend von Salonik stellt sich äußerst vortheilhaft für 
die Messung einer trigonometrischen Basis dar, denn von da würde 
man nach mehreren auf hohen Bergen gestellten Pyramiden peilen 
können, wie z. B. 1° nach dem Kortiach und das Kassandra-Vor- 
gebirge in der Chaleis, 2° nach dem thessalischen Olymp, welcher da- 
selbst fast noch majestätischer als zu Larissa in Thessalien auftritt 
(siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 22), 3° nach den westlichen Ge- 
birgen gegen Niausta, 4° nach den nordwestlichen zwischen Vodena 
und Moglena und endlich noch nördlich nach den niedrigern hinter 
Kelketz. _ 

Zu Vodena genießt man nicht nur die schönen Aussichten von 
Wasserfällen und Vegetations-Üppigkeit in der Nähe 1), sondern man 
beherrscht auch die breite Niederung der Bistritza mit ihren Seen und 
salpeterhaltigen Moorgründen, indem man südlich die Gebirge um 
Niausta und Verria sieht, über welche die Massen des Olymp mit 
seinen Nebenstufen sich im wahren Sinne des Wortes auftkürmen. 
(Siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 28 und Taf. 8, S. 66 der Reise 
des Fräuleins Mary Walkers, through Macedonia to the Albanians 
lakes 1864.) Nördlich von Vodena beschränken hohe, theils bewal- 
dete Gebirge den Gesichtskreis. 

Im Jndje-Karasuerthale wurden mir als gute Aussichten 
und Aufnahmestellen folgende Punkte bekannt, namentlich die Höhen 
südlich von Servia für das Hügelland gegen Kojani, dann besonders 
das hochgelegene Plateau der Stadt Chatista, wo man die ganze 
Detailkarte der zahlreichen Furchen der Becken des Milias, der Pri- 
moritza, der Gramusi und eines Theiles der Bilischta mit ihren zahl- 
reichen Städten und Dörfern vor sich hat. Im Hintergrunde dehnt sich 
der mächtige Pindus theils kahl, theils mit Nadelholz bewaldet aus. 
‚ Im Gegentheil beschränkt der Burenos die Aussicht gegen Osten 
und Südost, wo auch etwas Karstterrain locale Aufnahme nur 


1) Cousinery,Voy. dans laMacedoine 1831 u.Guys, Le Guide de laMacedoine 1857. 


ns x 
A428 Boue. 


ermöglicht. Weiter nördlieh zwischen Drenova und Bogaskoi genießt 
man von den ähnlichen hohen Terrassen am linken Ufer der Bistritza 
ganz ähnliche Aussichten auf dem breiten Bilischta-Becken und dem 
Burenos tritt dann ganz nahe östlich auf. 

Zu Castoria auf dem höchsten Theile der Kalk-Halbinsel im 
See, befindet sich wieder ein Punkt, welcher sehr vortheilhaft für die 
richtige Mappirung des ganzen türkischen Pindus von Metzovo bis 
über Bilisehta, so wie des ihm von Osten nach Westen kreuzenden 
Gebirge des Kratschevo, Volutza und Olymp’s ist. Eine schö- 
nere Gebirgs-Aussicht im heitern Wetter kann man kaum genießen 
und wichtige Peilpunkte wie die der Smolika, Desnika u. s. w., gibt es 
daselbst in Menge. Ist der westliche und südliche Horizont damit 
ausgefüllt, so sieht man auf der andern Seite nur die ziemlich steilen 
Berge um den See. (Siehe Itin&eraires Bd. 1,S.276undViquesnel 
Taf. 22, Fig. 44.) 

Im Nordwesten derselben Stadt wäre die Ersteigung der kahlen 
Kalkpyramide des Vitzi (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 29) 
wohl der Mühe werth, weil man von da wie von Babschiol, am west- 
lichen Flusse des Passes der Neretschka-Planina Blicke in den Zuflüssen 
des obern noch wenig bekannten Devol-Beckens werfen kann. 

Für die Niederungen von Kailari und die Gegend von Ostrovo 
stellen sich mehrere Höhepunkte dar, wie gegen Westen die Anhöhe 
von Vlachoklisura, gegen Süden ein Theil des Burenos, nordwestlich 
der kahle Bergpaß von Kirli-Derbend zwischen Albankoi und Bania, 
dann weiter nördlich dieKuppe der Nidje oder Gornitschova zwischen 
der Ebene Monastir’s und Östrovo (sieheGrisebach ’s Reise), u.s. w. 
Möchte man auf der Ebene von Kaiları eine Basis messen, so würden 
die meisten Gebirgsrücken und Spitzen in der Rundung in das tri- 
gonometrische Netz leicht eingeschlossen werden können. 

Das prächtige und große Becken der Tscherna-Rieka oder 
Karasu, später Vardar-Sarigul, bei Monastir, wird noch vortheil- 
hafter durch hohe Gebirge von allen Seiten beherrscht, so daß die 
Aufnahme, dieses durch seine hohe Kultur ausgezeichnete Paradies der 
innern Türkei, keine lange Arbeit sein könnte. (Siehe Viquesnel 
Taf. 22, Fig. 30 und 31.) Erstens thront über alle Berge W. S. W. 
von Bitoglia oder Monastir die schlanke Spitze des Peristeri, von 
welcher das Auge eben sowohl über die, die Ebene östlich begrenzten 
mit Laubholz bewaldeten Gebirge als über den Kessel von Resna und 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A29 


Prespa und seine hohe Bergumzäunung sieht. Ich würde selbst 
glauben, daß man einige Bergrücken nordwestlich von Ochri sehen 
könnte, obwohl der Platz des See’s nur durch einen großen leeren 
Raum bezeichnet erscheinen möchte. (Siehe mein Profil 11 und 
Grisebach's Reise 1841.) 

Südlich von Peristeri ist besonders noch eine selbst noch im 
Juli beschneite Kuppe hinter Dragosch, die Sua-Gora, welche 
ähnliche Aussichten wie der erste Berg bieten muß. (Siehe Profil 10.) 
Dann kommt weiter der Pass der Neretschka-Planina (siehe 
Profil 12), von wo aus man auch oben sowohl südwestlich über den 
leeren Raum des Castoria-Sees als östlich nach der Ebene und dem 
Nidge sieht. 

Nördlich der Monastir-Ebene erheben sich auch Gebirge, dann 
nordöstlich ist der Pass zwischen Prilip und Trojak, welche beide 
Übersichten über den nördlichen Theil des Beckens liefern. Vom 
Trojak oder noch besser von der Höhe des kahlen Kalkberges 
Koziak, beherrscht man das Detail des Raetzer- oder Trojak- 
Beckens. Das Babusagebirge am Pass zwischen Keuprili und der 
erstern Ebene würde zugleich theilweise überbliekt werden. 

Gehen wir zurück auf Kastoria um von da nach Ochri und am 
Sehwarzen Drin zu kommen, so finden wir im Pindus mehrere vor- 
theilhaft stehende Kuppen wie der Grummista u. s. w., dann hinter 
Bilischta muß man von den Bergen beim Ausfluß des obern Devol, die 
Thäler des Beckens des letzteren theilweise übersehen können. 

Für die Goritza-Malikerebene stellt sich die kleine 
Anhöhe hinter jener Stadt, sowie auch das Gebirge östlich von Pojanı. 
Besteigt man diesen letztern, so wird man eine Aussicht im soge- 
nannten Drenovo-See und Morast bekommen. Das Becken des 
Ochrida-Sees kann man sowohl vom östlichen als vom westlichen 
einsäumenden Bergrücken übersehen. Wenn der erste einen Blick in 
die Presba-Niederung erlaubt, so mul das andere wenigstens über 
einen Theil des obern Laufes des Seumbi Aufschluß geben, indem 
die Gruka-Päße des Devol wohl kaum sichtbar sein werden, 
obgleich die Höhe der Bagora, oberhalb der Bagoroditza wohl die- 
jenige der östlich am See gelegenen Kette etwas übersteigt. 

Das Resna- und Presba-Becken kann man besonders von 
den zwei Gebirgspäßen übersehen, welche man auf der Straße von 
Monastir nach Ochri überschreiten muß, nämlich von Derbend 


A 30 Boue. 


zwischen den Quellen des Dragor und die Resna-Niederung und von 
dem etwas langen steinigen Pals Petrina zwischen letztern oder Jan- 
kovetz und der ziemlich geneigten Fläche, welche nach Ochrida führt. 
Nach Fräulein Walker's Beschreibung erfährt man, dafs die- 
ser Paß theilweise bewaldet ist, dal die Nebenrücken aber ziemlich 
nackt und höher als der Paß oben am Ende des Dragorthales ist. 
(Siehe ihr Werk, Kapitel 10 und die Tafel 12 und mein Profil 11.) 
Eine sehr sehöne Aussicht auf den Ochrida-See, die Stadt 
Ochri, die Schwarze Drinspalte und die Gebirge im Norden des Sees, 
genielst man von dem kahlen Rücken, welcher westlich von Struga sich 
erhebt, und welchen man überschreiten muß, wenn man im Becken 
des Scumbi gelangen will. (Siehe Tafel „Via militar. Romanor. Eg- 
natia 1842.«) Für eine Übersicht des Sateska-Rieka-Beckens 
wären locale kleine Übersichten zu gewinnen. Über das Thal des 
Schwarzen Drin kann ich nur die Anhöhen längs desselben wie 
bei der Stadt Dibre, sowie die Wasserscheidungskette zwischen die- 
sem Flusse und den Mat; dann besonders gegen Osten, nach Herrn 
Consul Hahn, die Besteigung des Korab sowie weiter nördlich 
jene eines Theiles des Jalesch, welcher durch das große Lumathal 
vom letztern westlich getrennt ist, bestens anempfehlen. Alle beide 
letztere weisse Kalkgipfel eignen sich für ein Panorama durch ihre ver- 
einzelte hohe Lage. (S. Profil 9.) Doch muß die Aussicht des Korab 
eher großartiger westlich als östlich wegen anderer Bergrücken sein, 
da ich auf der letztern Seite nur einen ungeheuren langen Rücken, 
aber ohne hervorragende Gebirgspartien, bemerken konnte. (S. Consul 
Hahn’s neue Reise in den ak. Denksch., hist. Classe 1867, Bd. XV.) 
Als mit ihm zu vereinigende Dreieckpunete kann ich die höch- 
sten Spitzen des Schar mit großem Vortheile vorschlagen, nament- 
lich die höchste Kuppe des Jalesch, die Kobelitza und Ljubeten 
(Ljubatrn-) Pyramiden (siehe Grisebach’s Schilderungen und 
Viquesnel Taf. 22, Fig. 24—26), welche nördlich die ganze Nie- 
derung der Metoja beherrschen und leicht weiter mit dem Schalleschoß, 
mit einer Spitze westlich von Detschani, mit dem Peklen und Glieb zu 
verbinden wären. (Siehe Profil 7.) Möglich wenigstens für den Lju- 
beten, daß man ihn sowie die Snegpolje mit dem Kopaonik in einem 
großen Dreiecke vereinigen könnte. 
Südlich des Schar liegt das große mit diesem parallel laufende 
Thal von Tetovo, dann weiter südlich ein zweites ähnliches, dann 


Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. Ag 


kommen aber eine ziemliche Anzahl von Thälern, welehe meistens 
von Südwest nach Nordost laufen. (Siehe Profil 7.) Vom Schar aus 
erscheinen in der Ferne über diesem, sehr wellenförmigen erhabenen 
Terrain, die mit einzelnen Schneeflecken selbst im Sommer gesegne- 
ten Gebirge bei Monastir und selbst diejenigen südlich von Gafa- 
dartzi. Im Südost liegt vor dem Auge ein Theil der macedonischen 
tertiären Vardar-Niederung zwischen Skopia, Istib, Karatova und 
Keuprili. Ihr bulgarisch-serbischer Name scheint wenigstens theil- 
weise das untere Polog zu sein, indem das obere vielleicht den öst- 
lieh hügeligen Theil des Tetovo Distrietes bezeichnet, wo der Tzar 
Stephan Dusehan einst ein Jagdsc